Das Symbol, das auf den Bauch der Fregatte gemalt war, war dezent (…) – ein Nest kleiner, stilisierter Schlangen, eingerahmt von zwei größeren, die sich unter dem Bug des Schiffes überkreuzten.
Kapitel 12
Wer sich allgemein die philosophische Frage nach dem Preis des Siege(r)s im Titel des anderen großen Finales einer Star Wars-Buchtrilogie in diesem Jahr gestellt hat, bekommt mit dem nur einen Monat später erschienenen Abschlussroman zur Vorgeschichte von Großadmiral Thrawn und den Chiss die Antwort: Es wird ein Teurer Sieg. Mit meiner dritten und somit auch letzten Rezension zu Timothy Zahns im Jahr 2023 von Blanvalet rasant aufgeholten Romantrilogie Thrawn – Der Aufstieg ist die Reihe nun also komplett und schließt das Jahr der großen Rückkehr von Mitth’raw’nuruodo auf der Star Wars-Bildfläche ab. Die erwähnten Besprechungen zu den ersten beiden Bänden könnt ihr jeweils hier und hier noch einmal nachlesen. Für die am 20. September bei Blanvalet erschienene deutsche Ausgabe von Band 3 war erneut Andreas Kasprzak verantwortlich. Die englische Originalausgabe Lesser Evil wurde einst zu ihrem ursprünglichen Erscheinungsdatum am 16. November 2021 bei Del Rey von den Kolleginnen Janina und ein weiteres Mal von Ines rezensiert.
Achtung: Auch wenn diese Rezension die Handlung des finalen Bands natürlich nicht spoilert, gilt das als Abschluss einer Trilogie naturgemäß nicht für die Vorgängerbände. Seid also vor kleineren Spoilern zu Drohendes Unheil und Verborgener Feind gewarnt.
Wenn ihr die Vorgänger bereits gelesen habt und folglich mehr zur Handlung oder einen Einblick in den Anfang des dritten Buches sucht, werdet ihr auf der Verlagsseite, in der unten verlinkten Leseprobe und im Klappentext des Romans fündig:
Wie wurde Großadmiral Thrawn zu einem der brillantesten Star Wars-Bösewichte? Das phänomenale Finale der neuen Thrawn-Trilogie von SPIEGEL-Bestsellerautor Timothy Zahn.
Seit Jahrtausenden ist die Chiss-Aszendenz eine Quelle der Stabilität und der Hoffnung in den unbekannten Regionen der Galaxis. Doch diese Stabilität wird untergraben von einem Feind, der die Vergangenheit kennt. Denn der ordnende Einfluss der Chiss beruht auf vergangenen Kriegen und schrecklichen Taten, von denen alle glaubten, sie seien längst vom Sand der Zeit begraben worden. Um einen Bürgerkrieg zu verhindern, muss Thrawn tief in die Vergangenheit eindringen. Was er findet, birgt die Gefahr, dass es seine Heimat zerstören wird. Doch vielleicht muss das Reich der Chiss vernichtet werden, um die Aszendenz zu retten …
Klappentext
So teuer der Sieg, so lang der Weg dorthin…
Ein Grund, warum diese Rezension etwas länger auf sich warten ließ, ist einfach die schiere Überlänge von Zahns neustem Werk. Wer nach dem großartigen ersten und dem stark nachlassendem, aber trotzdem noch tollen zweiten Band nun erfahren möchte, wie alles ausgeht, muss sich im Deutschen nämlich durch sage und schreibe 752 – Siebenhundertzweiundfünfzig! – Seiten schlagen. Auf die Schnelle fällt mir kein anderer jemals von mir gelesener Star Wars-Kanonroman ein, der eine vergleichbare Länge aufweist. Aber es handelt sich hierbei auch um Zahns (vorerst?) letzte Gelegenheit, sich literarisch im Reich der Chiss auszutoben und alle offenen Handlungsstränge rund um die längst liebgewonnenen Charaktere Thrawn, Thalias, Che’ri, Samakro, Ba’kif, Ar’alani, ihren Kampf gegen die Bedrohung der Grysk für die Aszendenz und das Schicksal der Magys, ihres Planeten Neuer Morgen und der Rolle der Paccosh zum Ende zu bringen. Dann hatte Zahn natürlich auch die Aufgabe, am Ende trotz einiger Weichenstellung in Band 1 und 2 zur bereits bekannten Ausgangslage der „imperialen“ Thrawn-Trilogie überzuleiten und den Bogen zu seinen ersten Kanonromanen zu spannen. Insgesamt kommen hier also viele Aufgaben für ein einzelnes Buch zusammen, die eine ausgiebige Länge und genug Zeit für ein zufriedenstellendes Finale rechtfertigen würden. Aber weiß Zahn sie auch gut zu nutzen?
Um es im Gegensatz zum Roman kurz zu halten: Nein. Zwar schließt die Handlung noch unmittelbarer an Band 2 an, als der mit seinem bereits kurzen Zeitsprung auf Band 1 folgte, sie tritt dabei aber im direkten Vergleich sofort derart auf die Handbremse, dass einem die ersten paar Hundert Seiten wie eine Ewigkeit vorkommen. Dazu kommt, dass die Bedrohung für die Aszendenz durch den mysteriösen Grysk Jixtus, der zuvor nur höchst selten im Hintergrund auftrat und im Finale von Verborgener Feind die Chiss-Aszendenz noch um ein Haar bei Hoxim in einen Bürgerkrieg gestürzt hätte, sich von Grund auf neu aufbauen muss. Jixtus hat zwar deutlich mehr Szenen, mit Nakirre von den Kilji als Gegenentwurf und neuen Sekundär-Antagonisten sogar einen primären Dialogpartner. Nur leider ist diese Paarung, durch deren Augen wir einen Großteil der Schlüsselszenen des Romans erleben – um Thrawns taktisch raffinierte Überraschungspläne bei ihrer Entfaltung und nicht schon bei der Planung zu sehen – für diesen Zweck durchaus unglücklich gewählt. Jixtus‘ geheimnisvolle Bedrohlichkeit ist gänzlich verflogen, er führt sich weitestgehend dämlich auf und auch seine Charakterisierung wirkt so uncharismatisch, sodass man sich mehr als einmal fragt, warum ausgerechnet jemand wie er bei einem Volk wie den Grysk so viel zu sagen hat.
Chaostheorie in den Unbekannten Regionen
Darüber hinaus ist die langsame Handlung derart konfus gestaltet, dass man sich lange abseits vom Offensichtlichen und bereits Vorbereiteten fragt, wohin es überhaupt konkret soll. Die Handlung von Band 1 war dicht, stringent und linear, in Band 2 – der übrigens in der Rückschau immer besser erscheint und, wie mein Kollege Tobias einmal im JediCast sagte, einem guten Wein gleich reift – wurde dann der Fokus sehr breit gefächert und die Handlung bereits ausgebremst. Jetzt in Band 3 ist sie aber streckenweise so chaotisch, dass es den im Reich der Chiss als Chaos bezeichneten Unbekannten Regionen den Namen streitig macht.
Das Pacing ist auch nicht immer gelungen, wenn wichtige Ereignisse viel zu schnell abgehandelt werden und innerhalb weniger Seiten schon auserzählt sind, unwichtigeres dafür ganze Kapitel in Anspruch nehmen darf. Nichtsdestotrotz hat die Gegenwartshandlung zahlreiche Highlights zu bieten und schafft es im Finale sogar, eine der am spektakulärsten beschriebenen Star Wars-Raumschlachten der Romanreihe zu liefern, die sich dank der Länge auch ihre Zeit nehmen darf, aus mehreren Perspektiven der wichtigsten Figuren erlebt zu werden. Zahns bekannte Stärken glänzen in voller Pracht, wann immer Thrawn auftaucht und in das Geschehen eingreift, was zwar nur ab und zu und erst nach langer Zeit so richtig geschehen darf, aber im Vergleich zum direkten Vorgänger zum Glück wieder mehr stattfindet. Wenn die seit Band 1 nach einer Fortführung gerufenen offenen Fragen um Yiv den Eroberer wieder aufgegriffen werden oder Thalias ein – später leider etwas im Sande verlaufenes – Geheimnis um Thrawns Vergangenheit und auch um das Herz der Aszendenz lüftet, erfüllt der Roman wieder seine Bestimmung als starker Abschluss einer starken Trilogie.
Thrass & Thrawn, das dynamische Duo
Diese Punkte beziehen sich in erster Linie ausdrücklich nur auf die Gegenwartshandlung, denn das unangefochtene Highlight des Romans stellen die zu jedem Band der Trilogie gehörenden und insgesamt 12 zählenden Erinnerungen-Kapitel dar. Nach Thrawns Ausbildung und den Plänen vom Agbui Haplif fiel die Wahl für das Format in Band 3 auf Mitth’ras’safis‘ Perspektive und seine Vorgeschichte mit Thrawn, noch vor den Ereignissen rund um die Legends-Version des Charakters. Wie üblich werden dabei behandelte Artefakte, Bündnisse und Feindschaften jedes Mal ihrer Platzierung entsprechend auch direkt in der Haupthandlung wichtig, das Highlight stellt aber die Beziehung der späteren Brüder dar. Thrass als Point of View-Charakter und Gegenfigur zu Thrawn stellt in dieser Funktion Thalias, Che’ri und selbst Eli Vanto aus der imperialen Trilogie mühelos in den Schatten. 752 Seiten lang nur die beiden bei ihren Missionen und Abenteuern zu erleben, würde mir definitiv besser gefallen, als dabei von Vogelschauen oder seitenlangen und immer gleichen Diskussionen zwischen Nakirre und Jixtus unterbrochen zu werden.
Obwohl ich mich selbsterklärt ausschließlich Kanon-Geschichten zuwende, muss ich auch zugeben, dass ich nach dem Roman und seinen allzu deutlichen Anspielungen darauf große Lust verspüre, einmal Timothy Zahns Legends-Roman Die Kundschafter nachzuholen. Über Thrass finden viele Elemente daraus spätestens jetzt in Teurer Sieg endgültig ihren Weg in den Kanon und vor allem gegen Ende hin beschlich mich das Gefühl, es hier mit einer ähnlich großen dramaturgischen Lücke zu tun zu haben, wie wenn man Drohendes Unheil ohne Thrawn: Allianzen zu kennen lesen würde. Ines‘ Hinweise in ihrer Rezension, dass in Die Kundschafter aber Thrawns und Thrass‘ Beziehung vollkommen anders dargestellt wird und nur manches zur hier gewählten Version passt, hat dieses Vorhaben für mich aber auch schnell wieder begraben. Kanon-Thrass als Charakter kann man zweifellos auch mit dadurch eventuell entstehenden Wissenslücken zufrieden genießen. Mit einem in der zweiten Hälfte des Romans thematisierten MacGuffin pflegt Zahn, der schließlich als einer der bedeutendsten „Gründungsväter“ des alten EU gilt, übrigens noch ein weiteres spannendes Element in die Handlung ein, welches stark an ähnliche Plotpoints aus Legends-Zeiten erinnert, man denke nur an die zahlreichen Geschichten nach Endor. Ich kann nur als Kanon-Fan sprechen, aber Teurer Sieg schafft meiner Meinung nach von allen drei Romanen am stärksten den Spagat zwischen Kanon und Legends und Fans beider Lager dürften richtig glücklich mit der Trilogie werden, da sie in der Form veröffentlicht werden konnte und man nun eine universell für beide Versionen gültige Vorgeschichte von Großadmiral Thrawn und seinem Volk vorliegen hat.
Fazit: Der Abschluss einer Trilogie – und das Ende einer Saga
Die besten Star Wars-Geschichten außerhalb der Kinoleinwände und TV-Bildschirme zeichnet aus, dass sie möglichst selbständig funktionieren und von den Filmen unabhängige Orte, Charaktere und Handlungsstränge erkunden dürfen. An prominenter Stelle beweist vor allem das geschlossene Literaturprojekt Die Hohe Republik diesen Umstand aktuell aufs Neue. Aber auch Thrawn – Der Aufstieg lebt von seiner Geschlossenheit neben der großen Galaxis, die sich völlig unbeeindruckt von dem, was hier geschieht, weiterdreht. Zahn durfte jetzt drei Romane lang eine ganz eigene, isolierte Ecke der Galaxis, mit all ihren Welten, Fraktionen und vor allem ihren Figuren, die ihre eigenen Wünsche, Ziele, Sehnsüchte und Probleme mitbringen, zeigen. Raumschiffe, Spezies, Technik: bei der Gestaltung all dessen hatte Timothy Zahn freie Hand und durfte sich austoben, sodass nicht nur eine wunderbare Star Wars-, sondern auch eine astreine, geschlossene Science-Fiction-Geschichte entstehen konnte, die dann auch noch gut geschrieben ist.
Zwar hängt Band 2 mit seinem gewählten Fokus etwas fest und Band 3 bleibt mehr als die erste Hälfte über chaotisch und tritt auf der Stelle. Dennoch erfüllt die Trilogie bravourös ihren Zweck, eine Vorgeschichte zu Thrawns Vorgeschichte (siehe oben) zu liefern und dabei nicht einfach nur alle wichtigen Elemente in kürzester Zeit checklistenartig abzuarbeiten (ich meine dich, Solo: A Star Wars Story…). Im Gegenteil, seine Herkunft, sein Name, der sich nach und nach erst entwickelt, sein notwendiges Exil und sogar das Schimärensymbol erhalten über alle drei Bände hinweg eine sich Stück für Stück zusammenfügende Originstory, die den Charakter formt und mit der später spielenden imperialen Trilogie eine in bester Star Wars-Tradition gestaltete sechsteilige Saga bildet. Seinem Schöpfer Zahn gelang dabei, das, wozu Dave Filoni bislang nicht imstande war: eine der besten Thrawn-Geschichten aller Zeiten zu erschaffen und uns daran zu erinnern, warum man so ein großer Fan dieses besonderen Charakters ist.
Wir danken Blanvalet für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Gewinnspiel [BEENDET]
Mit freundlicher Unterstützung von Blanvalet verlosen wir 5x Thrawn – Der Aufstieg: Teurer Sieg!
Um am Gewinnspiel teilnehmen zu können, müsst ihr nur nachfolgende Frage beantworten und das unten stehende Formular ausfüllen:
Wie heißt die Spezies, von deren Schiffen das auf den drei Covern zu sehende Schimärensymbol ursprünglich stammt?
Das Gewinnspiel ist beendet!
- Die Preise werden unter allen Einsendungen verlost.
- Nur eine Einsendung pro Person/Familie/Haushalt!
- Einsendeschluss ist Sonntag, der 07. Januar 2024, um 23:59
- Die Preise werden nur innerhalb der Bundesrepublik Deutschland versendet!
- Sämtliche gesammelten Daten dienen nur dem Zweck des Preisversands und werden nach dem Ende des Gewinnspiels und dem Versand der Preise wieder gelöscht.
- Alle Angaben ohne Gewähr! Eine Barauszahlung der Gewinne ist ausgeschlossen.
In diesem Sinne: Möge die Macht mit euch sein!
Update 08.01.2024 11:48: Die Auslosung
Die gesuchte Spezies sind die Paccosh! Von den Einsendungen mit der richtigen Antwort wurden folgende:r Gewinner:in aus dem Lostopf gezogen:
- Rene S. aus Rostock
- Marion S. aus Garching
- Lina S. aus Mühlenbeck
- Florian G. aus Remscheid
- Michael F. aus Hamburg
Herzlichen Glückwunsch und viel Spaß beim Lesen!
Und vielen Dank an Blanvalet für die Bereitstellung der Preise!