Janinas Rezension: Thrawn Ascendancy: Lesser Evil

Am 16. November erscheint der finale Band von Timothy Zahns Thrawn Ascendancy-Trilogie namens Lesser Evil und dank Del Rey konnte ich bereits vorab in Zahns neuestem Werk schmökern. Neben neuen und altbekannten Charakteren bewegen wir uns formgerecht in dem Roman auf den Höhepunkt des drohenden Bürgerkriegs der Ascendancy zu, den Thrawn und Konsorten irgendwie verhindern müssen. An dieser Stelle sei zur Sicherheit gesagt: Ohne Vorwissen der ersten beiden Bände macht Lesser Evil nur wenig Sinn, auch wenn anfangs nochmal die großen Ereignisse von Greater Good rekapituliert werden. Tatsächlich habe ich mich sogar dabei erwischt, wie ich nochmal in Chaos Rising und Greater Good nachschlagen musste, als so manche Personen oder Ereignisse zur Sprache kamen.

Die Handlung

Wie schon im ersten Band der Trilogie teilt sich auch in Lesser Evil die Handlung in einen Gegenwartsstrang und Erinnerungskapitel. In der Gegenwart setzt die Handlung direkt nach dem Hoxim-Vorfall aus dem vorigen Band ein. Die Intrigen und das Misstrauen innerhalb der Familien schaukeln sich weiter hoch, nicht zuletzt da Jixtus im Hintergrund munter stichelt. Statt der Nikardun und Agbui hat er sich nun eine dritte Handlangerschaft besorgt, die diesmal eher an religiöse Fanatiker erinnern und passenderweise Kilji Illumine genannt werden. Generalirius Nakirre, der Befehlshaber deren Flotte, ist zwar längst nicht dämlich und glaubt, er könne Jixtus irgendwann auch “erleuchten”, wie er das euphemistisch nennt, allerdings hat man als Leser daran doch stark seine Zweifel. Jixtus selbst ist unterdessen ausgerechnet bei der Clarr-Familie auf ein williges Ohr gestoßen, denn deren Patriarch Rivlex lässt sich ohne großes Hinterfragen von Jixtus vollständig aufs Glatteis führen. Jixtus “verkauft” ihm eine Holoaufnahme der Schlacht von Hoxim und schiebt dabei munter der Dasklo-Familie das Ganze in die Schuhe, die mit den Clarrs rivalisieren. Ohne jetzt auf die Dynamik zwischen den Neun Herrschenden, Vierzig Großen und den übrigen gewöhnlichen Familien einzugehen – das wäre nochmal ein ganzes Kapitel für sich – funktioniert Jixtus Intrige ganz einfach, indem keiner der Ansprechpartner mit seinen Rivalen auch nur in irgendeiner Weise vernünftig kommunizieren kann bzw. will. Und genau darauf verlässt sich der Grysk auch. Das klappt über weite Strecken der Handlung ganz gut und alles steuert tatsächlich recht dramatisch auf einen Bürgerkrieg hin. Doch natürlich hat Jixtus die Rechnung ohne Thrawn gemacht, der inzwischen immerhin mit mehreren – teils auch widerwilligen – Verbündeten aufwarten und damit versuchen kann das Unheil abzuwenden.

In den Memories dagegen lernen wir nach zahlreichen düsteren Erwähnungen aus den anderen Romanen nun endlich auch mal Thrass selbst kennen. Die Kapitel sind aus seinem Blickwinkel geschrieben, was dem Roman auch zunehmend mehr emotionalen Tiefgang verschafft. Die Legends-Leser werden übrigens an dieser Stelle überrascht werden, da sich die Beziehung zwischen Thrawn und Thrass doch etwas anders gestaltet, als man aus Die Kundschafter gewohnt ist. Vorab: das hat Zahn tatsächlich sehr gut gelöst und ich muss sagen, dass mir diese Version der beiden fast besser gefällt als die Legends-Variante. 

Das Für und Wider

Vorab, hier wird jetzt gespoilert, also lest auf eigene Gefahr, ansonsten springt runter zum Fazit.

Ein paar Negativpunkte muss ich auch als überzeugter Bläuli-Fan anbringen, denn die blaue, pardon, rosarote Brille setze ich auch ab und zu ab. Ein ganz typisches Merkmal von Zahns Thrawn-Romanen ist der Sherlock-Holmes Schachtelstil, in dem man als Watson immer des Rätsels Lösung hinterherrennt und darauf warten muss, dass entweder der Groschen fällt oder Thrawn den Erklärbär macht. Das ist bis zu einem gewissen Grad sehr amüsant und spannend, allerdings sind wir hier jetzt beim 6. Roman dieser Sorte angekommen, der sich um den gleichen Charakter dreht. So gern ich Thrawn lese und immer noch gierig mehr lesen möchte, ein Stilwechsel wäre wirklich auch mal angebracht. Bevor ich mit dem Roman angefangen habe, war ich tatsächlich dieses Mal im Zwiespalt. Einerseits habe ich mich wahnsinnig darauf gefreut diesen abschließenden Teil endlich zu lesen und zu erfahren, wie und ob die Chiss gegen Jixtus bestehen werden. Auf der anderen Seite habe ich dem Versteckspiel fast schon ermüdet entgegengesehen. Hinzu kommt, dass man hier nicht nur in einem Handlungsstrang dieses Rätselraten erlebt, sondern auch in den Memory-Kapiteln, was die Sprünge zwischen Vergangenheit und Gegenwart noch schwieriger macht. Man wird gerade ab der Mitte des Romans von einem Cliffhanger in den nächsten gejagt und da ist es fast schon nervig wenn man immer zwischen den beiden Handlungen springen muss. Insofern gebe ich dem Roman vor allem Abzüge im Lesefluss. Ich würde mir an dieser Stelle einfach auch mal wünschen, dass wir Thrawn und/oder die Chiss durch die Augen von beispielsweise Claudia Gray, Cavan Scott oder Charles Soule sehen könnten, um nur ein paar zu nennen.

Inhaltlich war ich zugegebenermaßen auch etwas enttäuscht von Jixtus. Er wird uns über zwei vorherige Romane als genialer Bösewicht und Drahtzieher präsentiert und durch die vorige Thrawn-Trilogie sind auch die Grysks als einer der gefährlichsten galaktischen Gegner in Szene gesetzt worden. In Lesser Evil fand ich Jixtus dagegen nicht sonderlich gefährlich. Ja, er zieht die Fäden im Hintergrund und kann sich anscheinend immer wieder mit Verbündeten umgeben, die ihrerseits entweder durchtrieben oder fanatisch sind. Aber ein großer Teil seines Erfolgs gegen die Chiss kommt durch deren eigene Streitigkeiten. Und sobald er seine Hand überspielt fällt das auch anderen als Thrawn auf. Es ist also etwas enttäuschend, dass der eigentliche Bösewicht dann am Ende relativ schlecht wegkommt.

Kommen wir zu den positiveren Punkten, die für mich ganz besonders herausgestochen sind. Da wäre zuallererst einmal der langersehnte Auftritt von Mitth’ras’safis, der mir als Nebencharakter wirklich ganz außerordentlich gut gefallen hat. Zwar ist er mit Thrawn nicht wie in Legends blutsverwandt, allerdings gelingt es Zahn hier sehr viel besser als im Legends-Pendant Die Kundschafter eine glaubwürdige Beziehung zwischen den beiden Charakteren aufzubauen. Thrass ist hier nicht ein miesepetriger Politiker, der einen soft Spot für Thrawn hat, sondern ein interessanter und vor allem aktiver Freund des späteren Großadmirals. Insofern wird hier auch viel besser in Szene gesetzt welches Ausmaß sein Tod auf Thrawn hat. 

Was Thrawn selbst angeht, so ist mir hier vor allem der gute Übergang zu dem späteren imperialen Offizier aufgefallen. Die Diskrepanz zwischen Rebels-Thrawn und Roman-Thrawn ist ein Thema für sich, aber zumindest wird durch Lesser Evil ein wenig Kontext geschaffen und Charakter entwickelt, der den späteren Thrawn etwas stimmiger erscheinen lässt. Dass es sogar einem der größten Befürworter Thrawns in Lesser Evil kalt den Rücken herunterläuft, als er die eigentlich schon fanatische Einstellung seines Untergebenen erkennt, trägt dazu bei, dass Thrawns spätere Taten mehr Sinn ergeben. Das hat für mich im Nachhinein seine Antagonistenrolle sehr viel stimmiger gemacht. 

Abseits von Thrawn haben gerade mir natürlich auch die verschiedenen Bündnisse und Rivalitäten zwischen den Chiss-Familien und ihren Individuen sehr gut gefallen. Die Chiss, die gerade im Legends-Bereich für lange Zeit diesen doch sehr eigenen Pseudo-Utopia Stand hatten, sind eben genauso kleinkariert wie jede andere Spezies der Galaxis. Das wurde zwar schon in den vorherigen Romanen gezeigt, doch Zahn treibt das in Lesser Evil verständlicherweise auf die Spitze. Die Rivalitäten, die in Greater Good bereits in den Vordergrund gerückt sind entwickeln sich hier, natürlich angestachelt von Jixtus, sehr nachvollziehbar fast in einen Bürgerkrieg. Doch ganz von den Intrigen abgesehen werden auch ein paar Familien und Einzelpersonen etwas herausgearbeitet. Die Stybla-Familie und ihre Historie, die sie mit den Mitth gewissermaßen verknüpft, ist hier zentral und wer genau liest wird hier bei ein paar Personen plötzlich einen Aha-Moment erleben. Auch unsere zänkischen Gegenspieler, Thurfian und Zistalmu werden nicht einfach links liegen gelassen, sondern erhalten eine charakterliche Entwicklung, da sich das Machtverhältnis zwischen ihnen ja mit Thurfians Aufstieg zum Patriarchen stark verändert hat. Und dann wären da natürlich noch unsere sky-walker, bzw. ehemaligen sky-walker. Ich will hier allerdings auch nicht alles vorwegnehmen, aber wo Lesser Evil narrativ nicht so überzeugt wie seine Vorgänger, besticht der Roman allen voran durch seine Charaktere.

Fazit

Und damit komme ich auch zum allgemeinen Fazit des Romans. Ich werde nicht müde zu sagen, dass ich immer gerne mehr von den Chiss – auch abseits Thrawn – lesen möchte. Allerdings plädiere auch ich jetzt einmal dafür, dass Thrawn bzw. Chiss in Romanform nicht alleine von Timothy Zahn bestritten werden müssen und sollen. Nach sechs Romanen wird man des Sherlock-Holmes-Stils doch etwas müde und gerade Literaturprogramme wie Die Hohe Republik zeigen, dass eine Thematik noch viel mehr brilliert, wenn sie nicht nur an einer Person hängt. Abgesehen davon hat mich Lesser Evil dennoch sehr gefreut, gerade wenn ich mich mehr mit den Charakteren und ihrer Welt beschäftigten konnte, anstatt dem nächsten Hinweis nachzurennen. Und letztendlich bietet Lesser Evil außerdem ein wichtiges Puzzleteil, um den späteren Thrawn glaubhafter zu gestalten, was als Abschluss der Trilogie ebenfalls ein wichtiger Kernpunkt war. Würde ich Lesser Evil mit Holocrons bewerten, so wäre ich hier vermutlich bei 4.5 Holocrons, mit dem Abzug für den repetitiven Stil der Handlung. Und jetzt gebt mir bitte endlich ein Chiss-Sachbuch!

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