Rezension: Thrawn Ascendancy: Chaos Rising von Timothy Zahn

Thrawn ist zurück – doch dieses Mal erleben wir ihn nicht als Großadmiral, sondern es geht ganz zurück zu den Anfängen, nämlich zu seiner Zeit im Reich der Chiss! Dorthin entführt uns Timothy Zahn in seinem neusten Roman Thrawn Ascendancy: Chaos Rising, welcher am 1. September beim Verlag Del Rey erschienen ist.

Der Roman beginnt mit einem unerwarteten und scheinbar unmotivierten Angriff einiger unbekannter Kriegsschiffe auf das Reich der Chiss. Während sich die Politiker noch fragen, was das denn bitte war und wie man die Schuldigen finden kann, macht sich Senior Captain Thrawn auf den Weg, um die komplexen Hintergründe des Angriffs aufzudecken. Doch obwohl Thrawn bekanntlich brillant beim Lösen solcher Rätsel ist, ist dies gar keine so leichte Aufgabe, denn die Politik des Reichs der Chiss wirft ihm immer wieder Steine in den Weg. Erstens verbietet die Außenpolitik der Chiss jegliche Form der Einmischung in externe Konflikte oder gar Präventivschläge, was Thrawn in seinem militärischen Handeln einschränkt. Und zweitens intrigieren auf Csilla diverse Vertreter der neun Herrscherfamilien, bei denen Thrawn nicht gerade hoch in der Gunst steht und die nur auf eine Gelegenheit warten, ihn aus dem Militär zu entfernen. Glücklicherweise kann er sich auf seine Vertrauten verlassen, zu denen unter anderem Ar’alani gehört, aber auch die neunjährige Navigatorin Che’ri und ihre Betreuerin Thalias.

Unterbrochen wird die Gegenwartshandlung immer wieder durch Kapitel mit der Überschrift „Memories“ (Erinnerungen), in denen wir noch weiter in Thrawns Vergangenheit zurückblicken und erleben, wie er als Kadett von einer der Herrscherfamilien adoptiert wird, sein erstes Kommando bekommt und sich durch diverse unkonventionelle Aktionen bei den Herrschenden unbeliebt macht.

Zunächst einmal muss ich etwas loswerden: Hallelujah! Die Macht sei gepriesen! Wir haben endlich Chiss-Lore! Ich kann gar nicht genug betonen, wie glücklich mich das macht! All das an Hintergründen zu den Chiss, was ich in der vorigen Thrawn-Trilogie (Thrawn, Thrawn: Alliances, Thrawn: Treason) vermisst habe, kommt jetzt in geballter Form: Wir erfahren, wie die Gesellschaft der Chiss funktioniert mit ihren mächtigen Familien-Clans und einer Art Kastensystem innerhalb der Familien, je nachdem, ob man blutsverwandt oder nur adoptiert ist. Zu einem großen Teil hat Zahn hier seine Vorarbeit aus den Legends in den Kanon übertragen. Wir sehen außerdem, wie innerhalb dieses Systems die Machtverhältnisse sind und wie man darin aufsteigen und fallen kann. Wir erfahren, wie die Politik und das Militär der Chiss funktionieren, welche Philosophien dort vorherrschen und wie die Chiss zu ihren Nachbarvölkern stehen. Wir erfahren genauer, wie die Chiss-Namen funktionieren und sich im Laufe eines Lebens oder einer Karriere auch verändern können. Wir betreten den Planeten Csilla und erleben, welche Geheimnisse sich dort verbergen. Und – darüber habe ich mich am allermeisten gefreut, denn ich liebe dieses Konzept – wir bekommen Einblicke in das Leben der jungen Chiss-Navigatorinnen, die als machtbegabte Kinder die Kriegsschiffe der Chiss durch den Hyperraum im „Chaos“ steuern (so nennt sich die schwer zu navigierende Gegend, in der sich das Reich der Chiss befindet).

Chaos Rising - Thrawn-Poster für B&N von Jeremy Wilson
Chaos Rising – Thrawn-Poster für B&N von Jeremy Wilson

Die Integration der Navigatorin bzw. „Sky-walker“ Che’ri und ihrer Betreuerin Thalias, die ebenfalls früher Sky-walker war, löst gleichzeitig ein weiteres Problem, das ich mit den vorangehenden drei Thrawn-Büchern oft hatte: Sie hatten zwar jede Menge Hirn in Form von Thrawn, aber ihnen fehlte teilweise das Herz. Während der kühl kalkulierende Thrawn wenig Anlass bietet, mit ihm mitzufühlen, stellen die beiden Sky-walker mit ihren außergewöhnlichen Lebensgeschichten eine emotionalen Anknüpfungspunkt für uns Leser dar. Man muss sich nur vorstellen, wie schrecklich es wohl ist, als kleines Kind im Alter von fünf Jahren aus der Familie gerissen und auf ein Kriegsschiff gesteckt zu werden, wo man große Verantwortung trägt und ständig von einer Betreuerin zur nächsten abgeschoben zu wird, nur um dann mit 13 oder 14 gesagt zu bekommen, dass man nutzlos geworden ist, weil die Machtbegabung (bzw. „Third Sight“, wie es die Chiss nennen) nachgelassen hat. Che’ris bockige Reaktion auf eine neue Betreuerin, ihr ständiges Spielen auf dem „Questis“ (dem Handy-Äquivalent bei den Chiss) oder ihre auf den ersten Blick übertrieben wirkende Traurigkeit, weil sie bestimmte Malstifte nicht haben kann, wirken sehr authentisch und aus dem Leben gegriffen. Man kann sich sehr gut vorstellen, dass ein Kind, das so oft seine Bezugspersonen verloren hat, sich genau so verhalten würde. Ebenso glaubhaft wirkt Thalias, bei der die Auswirkungen einer Kindheit als Sky-walker noch immer zu spüren sind und die deshalb einerseits noch immer auf der Suche nach ihrem Platz im Universum ist, andererseits aber die Situation von Che’ri besonders gut nachvollziehen kann. Insgesamt fungieren die beiden als eine Art Ersatzfamilie für Thrawn, was dem sonst so kühlen Chiss auch einmal gut tut.

Thrawn selbst ist wie immer der perfekte Taktiker, der immer drei Schritte vorausplant und mit seiner Kunstanalyse alle beeindruckt. Stellenweise ist er, wie wir das schon kennen, vielleicht auch ein bisschen zu genial, um es noch glaubhaft zu finden. Aber Fans des (in diesem Roman noch nicht) Großadmirals werden das verschmerzen können. Interessant ist auf jeden Fall, dass wir den jungen Thrawn in Chaos Rising, vor allem in den Memories-Kapiteln, auch mal in einer ganz neuen Position wahrnehmen: als jemanden, der zwar die geniale Idee hat, aber noch nicht die Befehlsgewalt, um sie umzusetzen. Wenn seine Vorgesetzten seine tollen Ideen nicht annehmen, quengelt er wie ein Kind an der Supermarktkasse so lange herum, bis er seinen Willen bekommt. Zumindest für mich hatten diese Szenen immer etwas Amüsantes.

Thrawn Ascendancy: Chaos Rising mit blauem Schnitt

Leider leidet eine Figur besonders stark unter Thrawns Genialität und das ist Ar’alani (bzw. Ziara, wie sie in den Memories-Teilen heißt). Sie wird viel zu oft zur Erfüllungsgehilfin von Thrawn reduziert, die seine Ideen unterstützt und als höherrangige Offizierin ihren Kopf hinhält und Thrawn verteidigt, wenn er mal wieder in den Augen der Politiker Mist gebaut hat. Ich hätte mir gewünscht, dass Ar’alani in dem Roman mehr Chancen bekommen hätte, ihre Genialität unabhängig von Thrawn zu zeigen, und dass mehr Input und Ideen von ihrer Seite gekommen wären. Immerhin legt sie ja nicht umsonst so eine steile Karriere im Chiss-Militär hin.

Die Handlung des Romans an sich verläuft wieder nach dem typischen Thrawn-Muster, das auch schon in der vorangegangenen Thrawn-Trilogie Anwendung fand: Thrawn verfolgt detektivisch eine Spur von Hinweisen auf die wahren Hintergründe des Angriffs auf die Chiss, sammelt Beweise und kommt der Wahrheit Schritt für Schritt näher. Dabei nutzt er seine Talent, die Kunst anderer Kulturen zu analysieren, und es kommt natürlich auch zu Raumschlachten. Diese sind aber nicht so extrem mit komplizierten Manövern gespickt, wie ich es in meiner Rezension zu Thrawn: Treason noch kritisiert hatte. Die „Memories“-Kapitel dienen hauptsächlich dazu, uns mit Thrawns und Ar’alanis Vorgeschichte bekannt zu machen, die politischen Strukturen der Chiss zu etablieren und zu zeigen, woher Thrawn sein Vorwissen zu den am aktuellen Konflikt beteiligten Parteien hat. Insgesamt funktioniert das Zusammenspiel der beiden Zeitebenen in diesem Roman noch besser als in Thrawn: Alliances, da sich hier nichts doppelt, sondern die „Memories“ die Gegenwartshandlung sinnvoll ergänzen und bereichern.

Was Zahn auch in diesem Roman wieder sehr gut hinbekommt, ist die Verknüpfung seiner Star Wars-Bücher – ob Legends oder Kanon – miteinander. So spielt beispielsweise Thrawns Mission auf Batuu mit Anakin Sykwalker, die in Thrawn: Allianzen erzählt wurde, auch in Chaos Rising wieder eine wichtige Rolle. Aus den Legends übernimmt Zahn nicht nur das System der Herrscherfamilien der Chiss, sondern baut auch die Vagaari und den Tod von Mitth’ras’safis aus Die Kundschafter in einem Nebensatz ein, sodass der „Zahn-Kanon“ nach wie vor Bestand hat.

Wie bewerte ich nun diesen Roman insgesamt? – Was die Handlung und Figuren an sich angeht, würde ich vier Holocrons vergeben. Allerdings hat mich das wundervoll ausgearbeitete Worldbuilding zu den Chiss sehr begeistert, das ich in den vorherigen Thrawn-Romanen schmerzlich vermisst hatte. Vor allem die Idee der Sky-walker halte ich für das bisher spannendste neue Konzept in der Kanon-Literatur. Dank der Sky-walker hatte ich zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder das Gefühl, dass ein Star Wars-Roman nicht nur gut geschrieben ist und mich beim Lesen gut unterhält, sondern mich auch danach noch beschäftigt und meine Fantasie beflügelt. Ich könnte stundenlang darüber nachdenken oder mich darüber unterhalten, wie es denn wohl ist, als Sky-walker bei den Chiss aufzuwachsen oder wie es sich wohl anfühlt, mit der Macht durch den Hyperraum zu navigieren. Und das ist es doch eigentlich, was die Faszination von Star Wars ausmacht. Die Sky-walker schubsen den Roman also in den Hyperraum und verhelfen ihm in meiner Wertung zu den vollen fünf Holocrons. Das ist der Thrawn-Roman, den ihr wirklich sucht!

Bewertung: 5 von 5 Holocrons
Bewertung: 5 von 5 Holocrons

Wir danken Penguin Random House UK und dem Del Rey-Verlag recht herzlich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Thrawn Ascendancy: Chaos Rising in der britischen Ausgabe von Del Rey könnt ihr euch auf Amazon¹ bestellen. Ein Erscheinungstermin für die deutschsprachige Ausgabe wurde noch nicht angekündigt.

Was ist eure Meinung zum ersten Band von Thrawn: Ascendancy?

Gewinnspiel [BEENDET]

Mit freundlicher Unterstützung von Penguin Random House UK und Del Rey habt ihr nun die Gelegenheit, ein Exemplar von Thrawn Ascendancy: Chaos Rising mit blauem Schnitt zu gewinnen! Dafür müsst ihr nur folgende Frage richtig beantworten, das Formular unten ausfüllen und schon nehmt ihr an der Verlosung teil:

Welchen Namen trug Ar’alani in ihren jungen Jahren?

Das Gewinnspiel ist beendet!

  • Das Buch wird unter allen richtigen Einsendungen verlost.
  • Nur eine Einsendung pro Person/Familie/Haushalt!
  • Einsendeschluss ist Sonntag, der 6. September, um 23:59.
  • Das Buch wird nur innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der Schweiz versendet!
  • Sämtliche gesammelten Daten dienen nur dem Zweck des Buchversands und werden nach dem Ende des Gewinnspiels und dem Versand des Buches wieder gelöscht.
  • Alle Angaben ohne Gewähr! Eine Barauszahlung des Gewinns ist ausgeschlossen.

In diesem Sinne: Möge die Macht mit euch sein!

Update 07.09.2020 12:05: Die Auslosung

Ar’alanis Name in jungen Jahren lautet Ziara! Von den vielen Einsendungen mit der richtigen Antwort wurden folgende Glückliche aus dem Lostopf gezogen:

  • Gerda D. aus Garrel

Herzlichen Glückwunsch und viel Spaß mit dem Buch!
Und vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung des Preises!

Ein Kommentar

  1. Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ein paar Schönheitsfehler hier und da, mehr nicht. Dazu eine interessante Kombination aus Charakteren und allerlei Verknüpfungen und Hintergrundinfos. Mehr wünsche ich mir echt nicht von einem SW-Buch. Gehört zu meinen Top 5.

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