Der finale Jugendroman der Hohen Republik ist da. Ende Juni erschien Ein mutiges Versprechen bei Panini und stellt gleichsam einen Abschied von Justina Ireland von der Ära der Hohen Republik, aber auch von Star Wars dar. Die Autorin hat angekündigt, nach Ein mutiges Versprechen und Die Suchende vorerst kein Star Wars mehr zu schreiben. Warum der Abschied und die Figurenauswahl nicht so gelingt, wie ich es mir erwartet hätte, und die Handlung gleichzeitig zwar konsequenzlos ist und trotzdem an eine Überforderung erinnert.
Im Exil ist was los

Der Roman spielt in großen Teilen auf Archio. Der Planet, der in Trotzt dem Sturm als Zuflucht von Imri etabliert wurde und wo Vernestra kurz vorbeischaute und zur Statistin bei Imris Weg zur Unabhängigkeit von ihr wurde. Jetzt hat er sich dort eingelebt und schätzt die Ruhe. Welche Ruhe? – das ist die Frage! Denn kaum, dass der Roman beginnt, trifft sich alles, was es an Konflikten in diesem Universum gibt, auf Aricho. Seuche, Nihil, Okklusionszone, Hutten, Korruption, Unwetter, tote Väter und ganz am Rande auch sowas wie Selbstzweifel.
Justina Ireland schreibt in weiten Teilen des Romans keine Handlung, sondern eine Art Broschüre für einen Die Hohe Republik-Themenpark. Alles muss nochmal irgendwie auftreten und alles wird dabei nur gestreift. Kein Konflikt – extern wie intern – hat wirklich Zeit, sich zu etablieren und aufgelöst zu werden. Besonders eklatant zu spüren am Ende, wenn die Seiten knapp werden und aufgebaute Bedrohungen ohne Konsequenzen gelöst werden. Aber nicht vorrangig durch das Zutun der Jugendlichen, sondern – bis auf Churos Verhandlungsgeschick – durch die Handlung, die ohne Einfluss der Kinder sowieso abgelaufen wäre. Ein wenig der „Jäger des verlorenen Schatzes ohne Indiana Jones“-Effekt.
Nur alles ist Anteillos
Die Ironie jedoch – all diese Abenteuerspielplätze, die den ganzen Roman wie eine Glocke überlagern, sind am Ende konsequenzlos. Es treten zwar alle Probleme der Ära nochmal auf, aber einen wirklichen Mehrwert hat das alles nicht. Es wird keine Lösung gefunden, keine neuen Erkenntnisse gewonnen, nichts zum Finale des Projekts beigetragen. Das sorgt dafür, dass wir von „Handlung“ erschlagen werden, sich am Ende aber kaum was verändert. Alles bleibt genauso wie es ist und trotzdem musste alles mal vorgekramt werden. Eine Entscheidung, die ich nicht wirklich verstehen und noch weniger gutheißen kann.
Was hatte Die Bewährungsprobe damals – als Justinas Erstaufschlag in der Hohen Republik – nicht für eine erfrischend banale Handlung. Aber der Roman hat auch nicht so getan, als würde er eine zu erzählen haben. Die Haupthandlung war eine innere. Eine der Figuren. Eine, die die Jugendcharaktere mit sich selbst auszutragen hatten. Von Verlust, Dunkelheit, Hass und Selbstzweifel. Aber auch von Freundschaft, Vertrauen und Zuversicht. Dem Glauben an das Gute. Eine, bei der Erwachsene und Jugendliche beim Lesen mitfühlen konnten. Eine, die wirklich was zu erzählen hatte und trotzdem nur einen abgelegenen Planeten und eine Höhle gebraucht hat. Ein Kammerspiel mit Fokus auf die Jugendfiguren, die ohne das Zutun der Erwachsenen handeln mussten.
Jugendliche auf der Seitenlinie
Das ist am Ende das zentrale Problem des Romans. Die Jugendlichen können nicht über die Erwachsenen hinauswachsen oder passen selbst nicht mehr in die Romankategorie. Imri allen voran ist einfach zu alt. Sein Konflikt – Aricho oder Coruscant – ist für sein Alter und seine Erlebnisse zu banal und zu lange im Fokus. Seine wirkliche Sorge, eine, die seine Rolle als Jedi hinterfragt, vielleicht sogar an seinen Schritt in die Dunkelheit aus Die Bewährungsprobe anschließt, wird nicht aufgemacht. Sie wäre wohl zu anspruchsvoll für einen Jugendroman gewesen. Ein Beweis mehr, dass Imri mittlerweile kein Jugend-, sondern ein YA-Roman-Charakter ist.
TepTep, die viel besser in die Altersgruppe passt und die wir nun auch schon lange kennen, bekommt stattdessen keine Point-of-View-Kapitel und muss nur als Projektionsfläche der anderen dienen. Sie und Imri zu tauschen, wäre ein Leichtes gewesen. Allein Churo und Zenny sind genau die richtigen Figuren mit richtigen Sorgen. Doch Ireland entkräftet beide inneren Konflikte durch die vielen externen, die durch die Erwachsenen des Romans dominiert werden. Die Kinder sind da meist nur noch Nebencharaktere, obwohl es ihr Medium ist. Sie rennen von A nach B, helfen den Erwachsenen und sind daher so überarbeitet, dass für ihre Entwicklung und Gedanken nur wenig Zeit bleibt. Eine Präsidentin ist korrupt und eine Wissenschaftlerin auf Fördergelder angewiesen. Ach ja, und die Nihil schweben über allem. Churo und Zenny sind dabei wie Zuschauer im eigenen Haus, die aber den Besuchern trotzdem hinterherputzen müssen. Der überfrachtete Planet und der Fail-Safe durch erwachsene Figuren entzieht dem Genre des Jugendromans dabei die Eigenständigkeit. Genau die Eigenständigkeit, die Die Bewährungsprobe nicht umsonst zum besten Jugendroman der Hohen Republik gemacht hat. Die Hoffnung, dass Justina Ireland da noch einen draufsetzen oder zumindest anknüpfen kann, ist leider nicht in Erfüllung gegangen.
Fazit
Am Ende ist der Roman und damit das Arbeitspensum der Jugendcharaktere so überfrachtet, dass sie selbst keine Zeit für eigenständige Entwicklungen bekommen. Sie sind meist Spiegelbild der anderen und rennen oktroyierten Problemen hinterher. Werden zu den Leidtragenden des Willens und der Handlungen der sie umgebenden Erwachsenen und können sich nur selten selbst daraus befreien. In diesem Punkt ist Irelands finales Werk vielleicht auch eine Allegorie auf die Probleme der modernen Jugend. Manch Zehnjähriger hat heute ja einen volleren Terminplan mit Judo-Training, Nachhilfe, Klangschalenyoga und Klavierunterricht als sein Erziehungsberechtigter. Dass da kaum noch Zeit für eigene Konflikte, Selbst- und Wegfindung bleibt, ist mittlerweile wohl auch im Star Wars-Universum ein um sich greifendes Problem.
Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

Star Wars: Die Hohe Republik ist ein mehrjähriges Buch- und Comicprogramm, das hunderte Jahre vor den Skywalker-Filmen spielt und die Jedi in ihrer Blütezeit zeigt. Weitere Infos, News, Podcasts und Rezensionen gibt es in unserem Portal und in der Datenbank. Beachtet auch unsere Guides zur Lesereihenfolge von Phase I, Phase II und Phase III.