Rezension: Doctor Aphra von Sarah Kuhn

Der Hörspiel-Kanon entwickelt sich weiter: mit Doctor Aphra: An Audiobook Original, verfasst von Sarah Kuhn und vertont von einem kompletten Cast, gibt es nun eine weitere Geschichte für alle Fans der auditiven Unterhaltung. Ob das Hörspiel mit Dooku: Jedi Lost mithalten kann, auch etwas für Aphra-Neulinge ist und dem Comic gerecht wird – das erfahrt ihr in unserer heutigen Rezension!

Die Geschichte – auch etwas für Neulinge?

Wer sich die Inhaltsangabe für Doctor Aphra durchgelesen hat, der mag kurz stutzig geworden sein. Denn die Geschichte des Hörspiels ist an sich keine neue, sondern stammt aus Kieron Gillens Darth Vader-Comicreihe von 2015:

Doctor Chelli Lona Aphra ist eine begabte Archäologin mit wenig Achtung für Gesetz und Regeln. Als eine ihrer waghalsigen Missionen missglückt wird sie gerettet – von niemand Geringerem als Darth Vader höchstpersönlich. Der dunkle Lord der Sith benötigt Aphra, um einige Aufgaben für ihn zu erledigen, und so landet sie kurzerhand in einem gefährlichen Arbeitsverhältnis mit Vader. Doch wie wir Aphra kennen, verfolgt sie ihre eigenen Pläne und hat immer ein Ass im Ärmel. Zusammen mit ihren Droiden BT-1 und Triple-Zero, der nichts lieber tut als Menschen zu foltern, macht sie sich auf die Jagd nach Wissen. Doch auf der Suche nach der ihrer eigenen Zukunft wird sie von ihrer Vergangenheit eingeholt.

Lassen wir zuerst einmal die Katze aus dem Sack: ich hatte vor diesem Hörspiel wirklich keine Ahnung, wer Aphra ist, abgesehen davon, dass sie nach seltenen Gegenständen sucht und gerne in Schwierigkeiten gerät. Doch auch ohne die Comics zu kennen, fand ich mich gut in dieser Geschichte zurecht. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, etwas nicht zu verstehen oder eine Wissenslücke zu haben, die ein Comic-Leser nicht hat. Gelegentlich war es etwas schwierig, alle Charaktere auseinander zu halten, aber meist wurden sie oft genug mit ihren Namen angesprochen, sodass man wusste, wer überhaupt spricht. Als Aphra-Neuling kommt man in diesem Hörspiel also voll und ganz auf seine Kosten.

Die Charaktere – alte Bekannte und neue Gesichter

Dr. Chelli Lona Aphra ist eine Frau, die weniger sarkastisch gar nicht sein könnte. Sie hat für jede neue Bekanntschaft einen Spitznamen und für jeden Spruch einen Konter. Zu Beginn war ich skeptisch, ob man nicht nach wenigen Kapiteln genervt davon sein würde, dass sie wirklich nie den Mund hält. Doch ganz im Gegenteil: Mit ihren vielen Kommentaren und (selbst-)ironischen Witzen kann sie einen wirklich zum Lachen bringen. Vor allem kritisiert sie sich dabei auch selber, zeigt Einsicht und macht eine tolle Charakterentwicklung durch, was sie zu einer großartigen Protagonistin macht.

Auch Aphras Gefährten BT-1, dessen Kommentare aus Pieptönen bestehen, und der Folter-affine Triple-Zero sind immer dabei. Besonders Triple-Zero bleibt einem in Erinnerung, da er auf die typische Protokolldroiden-Art ständig seine Meinung kundgibt. Ähnlich wie C-3PO wandert er damit auf einem schmalen Grad zwischen nervtötend und liebenswürdig.

Darth Vader hingegen ist niemandem ein neues Gesicht. Mit seinem bestimmenden Ton und dem Fehlen jeglicher Skrupel mag ihm wohl niemand gerne über den Weg laufen. Kurze Bekanntschaften machen wir auch mit den Helden der klassischen Trilogie. Auch, wenn sie keine allzu großen Rollen spielen, waren sie eine erfreuliche Begegnung in diesem Hörspiel.

Sana Starros ist Comic-Lesern wahrscheinlich auch ein Begriff. Abgesehen von dem Zusammenfassungs-Comic Star Wars Saga #1, den ich vor einiger Zeit rezensiert habe, war sie für mich allerdings ein neuer Charakter, auf den ich gespannt war. Bei Sana habe ich das Gefühl, sie noch nicht zu 100 Prozent einordnen zu können – doch vielleicht war genau das die Absicht. Schließlich betrachten wir sie aus Aphras Sicht, und dieser fällt der Umgang mit Sana durch eine turbulente gemeinsame Vergangenheit auch nicht immer leicht.

Die Qualität

Erzählt wird Aphras Reise von ihr selber. Die Aufnahme der Geschichte lässt sich hören, als würde sie direkt vor einem sitzen und von ihrem letzten Abenteuer erzählen. Dabei spricht sie den Zuhörer teilweise sogar an – ein perfektes Mittel um gänzlich mitzufiebern. Aphras Sprecherin Emily Woo Zeller macht einen grandiosen Job dabei, alle Facetten von Aphras Gefühlswelt einzufangen. Perfekt ergänzt werden Aphras Erzählungen von Dialogen aus dem eigentlichen Geschehen.

Auch Nicole Lewis als Sana Starros hat mir wirklich gut gefallen. Die zwei Sprecherinnen haben gute Arbeit geleistet, die Chemie der beiden Frauen hörbar zu machen.

Wie es bei Star Wars kaum anders zu erwarten ist, hat auch dieses Hörspiel eine extrem hohe Qualität. Bekannte Musikthemen untermalen die Stimmung und Soundeffekte sorgen dafür, dass man Schüsse wirklich um sich herum hört. Positiv anmerken möchte ich hier Darth Vader, dessen Atem immer deutlich zu hören war, wenn er sich im Raum befand. So entstand das Gefühl, als würde er einem über die Schulter schauen, wie er es auch bei Aphra tut.

Eine kleine Anmerkung habe ich dann doch: Prinzessin Leia wird hier von Catherine Taber gesprochen, die den meisten als Stimme von Padmé Amidala aus The Clone Wars oder aus E.K. Johnstons Romanen bekannt sein dürfte. Dadurch, dass ihre Stimme unter Fans so einen hohen Wiedererkennungswert hat frage ich mich, ob sie hier die beste Wahl war. Ich musste jedenfalls ständig an Padmé denken, als Leia gesprochen hat, und fand dies ablenkend. Hier wäre vielleicht Julie Dornan, die Leia in Star Wars Rebels spricht, die bessere Wahl gewesen.

Doctor Aphra – eine würdige Ergänzung des Kanons?

Mit Doctor Aphra erhält der Kanon sein zweites Hörspiel. Dooku: Jedi Lost machte dabei den Anfang, aus dessen kleineren Fehlern man meiner Meinung nach gut gelernt hat. Doctor Aphra ist stringent erzählt, springt weniger hin und her als Dooku und alle Stimmen sind gut trennbar und ihren Charakteren zuzuordnen.

Mit Dooku: Jedi Lost und Doctor Aphra betrachtet man allerdings auch zwei verschiedene Paar Schuhe – Dooku erzählt eine neue Geschichte, Aphra adaptiert eine bekannte. Bei Dooku hatte ich das Gefühl, dass mir mehr Handlung präsentiert wurde, dafür hat Aphra die wesentlich kurzlebigere und, wie ich finde, spaßigere Geschichte. An nur zwei Abenden habe ich mich mit Aphra auf die Reise begeben und dabei gelacht und mitgefiebert.

Doctor Aphra: An Audiobook Original besitzt insgesamt also kaum Fehler und nimmt einen auf qualitativ höchstem Niveau mit auf ein wildes Abenteuer im Weltall. Wie es mit dem Comic mithält oder diesen vielleicht sogar ergänzt berichtet euch Julian in einem Kommentar. Von mir jedenfalls bekommt Doctor Aphra als eine für mich neue Geschichte ganze 5 von 5 Holocrons. Und mein Regal freut sich bald über viele neue Aphra-Comics!

Bewertung: 5 von 5 Holocrons
Bewertung: 5 von 5 Holocrons

8 Kommentare

  1. Ich kann mich der Meinung von Patricia nur anschließen! Ich hatte den Comic 2016 rezensiert – omg, das ist schon vier Jahre her? – und ihm seiner Zeit vier Holocrons verliehen. Aber die Umsetzung zum Hörspiel ist derart gut gelungen, dass ich meine eigene Rezension nochmal lesen musste um zu verstehen, wieso ich damals einen Holocron abgezogen hatte.
    An der Adaption vom Comic zum Hörspiel hat mir aber vor allem gefallen – und das unterscheidet die beiden stark- , dass das, was wir als Hörer hören, eine Aufnahme von Aphra selbst ist und sie uns die Geschichte erzählt. Aphra hält aber nicht nur einen Monolog, sondern ihre Erzählung wird in guter Balance von Dialogen und Effekten unterbrochen bzw. ausgebaut. Dazu immer passend die bekannten Star Wars-Themen von John Williams im Hintergrund, die auch manch mal für sich alleine gestellt werden und so eine Pause kreieren um das Geschehene aufarbeiten zu können. Die gecasteten „Stimmen“ haben mir alle sehr gut gefallen. The Clone Wars hatte ich nur die siebte Staffel auf englisch gesehen, daher gab es für mich zu keiner Zeit zu einer Verwechslung von Leia mit Padmé.
    Zusammenfassend würde ich sagen, dass mir Doctor Aphra als Hörspiel deutlich besser gefallen hat, weil der Charakter von Aphra selbst durch die vielen Gedanken und Sprüche viel besser zur Geltung kommt, als es im Comic der Fall ist!

  2. Vorneweg: Ich habe alle Aphra Comics gelesen, würde mich aber nicht als ihr Fan bezeichnen.

    Das Audiobook hat jedoch alles richtig gemacht. Die Story ist zwar nicht neu, aber wegen den Jahren die seit Erscheinen der Comics vergangen sind war es wieder interessant und frisch (und eben aus einer anderen Sicht erzählt).

    Dem Audiobook konnte ich deutlich leichter folgen als Jedi Lost. Ich weiß nicht ob es an der Struktur der Geschichte oder an der Qualität der Tonabmischung liegt, hier konnte ich problemlos zuhören während nebenbei irgendwelche Arbeiten erledigt wurden. Bei Jedi Lost musste ich mich da mehr konzentrieren um bei der Story zu bleiben.

    Gerne also mehr in dem Stil, auch eine Adaption der weiteren Aphra Comics würde ich gerne hören.

  3. Überraschend angenehmes Hörspiel.
    Ich kann brickraster da nur zustimmen, Dooku: Jedi Lost hat einem wesentlich mehr Aufmerksamkeit abverlangt. Dieses Hörspiel konnte bequem nebenher laufen, während ich am PC andere Arbeiten erledigt hab.

    Die Story wurde meines Erachtens gut erzählt und da ich die Vorlage nicht kenne, kann ich das nicht vergleichen. Aber man hat gemerkt, dass es einen roten Faden gibt und ein passenden Anfang und ein gutes Ende gefunden. Die Art der Audiologs und Nacherzählungen der Handlung hat mir auch sehr gut gefallen und hat mich an Landos Versuche in Solo erinnert das gleiche zu tun.

  4. Sehr cooles Hörspiel! Ich kannte Aphra davor nur von den Comicbuch-Covern hatte aber noch keines davon gelesen. Als Origin-Einsteig ist das Hörspiel denke ich auch ideal. Die Sprecherin passt einfach perfekt und ich habe sie und vor allem auch Triple Zero sofort ins Herz geschlossen. Auch die Hintergundgeschichte und Beziehung zu Sana fand ich interessant und schön geschrieben. Ebenso die witzigen Interaktionen mit Vader.

    Einige Dinge fand ich aber doch etwas unrund. Ich glaube es liegt auch daran, dass dieses Hörspiel fast komplett auf den Darth Vader und Star Wars Comics basiert, wo Aphra jeweils nicht der Hauptcharakter ist. So wirkt die Geschichte dann leider teils sehr episodenhaft und warum Vader für die Missionen auf die er sie dann schickt ausgwrechnet eine Ärcheologin braucht erschließt sich mir eher nicht. Hatte eher Geschichten in Richtung Indiana Jones erwartet. Stattdessen besorgt sie Vader eine Droidenarmee und findet raus, dass Padme einen Sohn hatte und soll diesen Luke dann aufspüren und gefangen nehmen. Wir als Leser wissen das ja alles schon und wissen auch das sie Luke nicht schnappen wird von daher fand ich das eher uninteressant. Dass dann auch noch wirklich jeder wichtige OT Charakter einen Auftritt hat fand ich auch übertrieben insbesondere beim Imperator! Sowas lässt die Galaxis immer unnötig klein erscheinen. Und die Rebellen haben jetzt ein Gefängnis? WtF.

    Trotzdem war ich dank Aphras Art sehr gut unterhalten und möchte gern mehr mit diesem Charakter erleben. Denke ich werde mich mal an die Fortsetzung in den dann nach ihr benannten Comics wagen. Vielleicht werden die ja sogar auch noch als Hörspiel umgesetzt. Da würde ich mir dann aber wünschen, dass sich die Geschichte mehr von der OT löst und sie endlich mal das macht wofür sie doch eigentlich lebt: unauthorisierte ärcheologische Expeditionen. Und vielleicht gibt es ja doch noch Hoffnung für sie und Sana? Ich bin gespannt.

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