Aus einem Gespräch mit Timothy Zahn

NFCZahnGestern hatten wir spontan die Chance, uns auf der Noris Force Con 4 in Nürnberg kurz mit Timothy Zahn zu unterhalten. Es war kein formelles Interview, aber er hat ein paar Dinge gesagt, die ihr vielleicht interessant findet, daher werden wir sie hier aus dem Gedächtnis zitieren.

  • Auf eine Frage des Kollegen Jürgen hin: Falls der neue Kanon Figuren wie Thrawn oder Mara Jade wiederverwenden würde, würde er sich sehr geehrt fühlen. Änderungen an den Figuren machen ihm nichts aus – wie er bereits in seinem Panel betonte und dann auch uns gegenüber nochmal wiederholte, ist er als Autor sehr gut, das in seinem Kopf irgendwie hinzubiegen, dass es zu seinen Büchern passt. (In der Tat war das ja eine Stärke der Autoren des Erweiterten Universums… was nicht passt, wird passend gemacht.)
  • Zahn hat ein paar negative Rezensionen zu Aftermath gelesen, in denen der Stil des Buches stark kritisiert wurde. Das Buch selbst hat er noch nicht lesen können. Von unserem Team hatte nur ich das Buch bereits gelesen und meine Meinung ist da ja auch hinlänglich bekannt, sodass ich sagte, dass mir der Stil stellenweise auch negativ aufgefallen war. Timothy Zahn meinte daraufhin sinngemäß: „Wenn den Lesern der Stil auffällt, wenn er sie mehr beschäftigt als die Handlung, dann ist das ein Versagen des Autors.“ Ich finde zwar, dass jeder Stil auch irgendwo seine Zielgruppe hat, muss ihm bei Aftermath aber Recht geben.
  • Zahn würde gerne wieder Star Wars-Romane schreiben und wartet nur auf den Anruf von Del Rey. Einzige Bedingung: Es muss um eine spannende Figur oder ein spannendes Ereignis gehen (oder beides). Die Ära wäre ihm vollkommen egal – kann auch gerne 1.000 Jahre vor den Filmen sein.
  • Meine Freundin und ich waren große Fans der Fernsehserie Heroes und freuen uns bereits auf die Fortsetzung Heroes Reborn. In seinem Panel erwähnte Zahn, dass er eine Prequel-Novelle zur Fortsetzung geschrieben hat. Wir haben ihn gefragt, worum es darin geht. Offenbar handelt es sich um die Vorgeschichte eines katholischen Priesters (ich meine, der Name war Bonacieux) unter dem Titel „A Matter of Trust“ (in etwa: „Vertrauenssache“), die demnächst erscheinen wird. Zahn mochte die Staffeln 1 und 4 der ursprünglichen Serie, fand aber, dass sie sich dazwischen etwas verloren hat (eine Meinung, die wir teilen). Er durfte die ersten fünf Drehbücher von Heroes Reborn lesen und findet, dass die Produzenten aus ihren Fehlern gelernt haben. Unter den Fehlern sieht er z.B. auch Figuren mit zu starken Superkräften, z.B. Peter Petrelli, Sylar oder auch Hiro Nakamura, sowie zu viele Figuren im Allgemeinen.
  • Wir haben auch kurz über das Thema Figurentode gesprochen. Im SWEU sind ja Chewbacca, sowie Zahns eigene Schöpfung Mara Jade getötet worden. Zahn hielt von beidem nicht sonderlich viel, aber besonders Vector Prime (Die Abtrünnigen, das Buch, in dem Chewie starb) kritisierte er scharf. Seiner Meinung nach sind derartige effekthaschende Figurentode nicht das, was Star Wars definieren sollte, und er freut sich, dass Chewies Tod nun nur noch eine Legende ist. Ich warf dann ein, dass die Großen Drei und andere klassische Figuren auch nicht jünger werden und dass ja auch in der klassischen Trilogie bereits die Hauptfiguren der Prequel-Trilogie starben (Obi-Wan, Anakin, Yoda). Zahn meinte daraufhin, dass die Tode wichtiger Figuren auch bei Star Wars durchaus akzeptabel sind, sofern sie gut dafür verwendet werden, um die anderen Figuren zu entwickeln. Das illustrierte er mit einem Beispiel aus der Serie Firefly bzw. dem dazugehörigen Kinofilm Serenity, das ich sicherheitshalber mal in eine Spoilerbox packe:
Spoiler zum Joss-Whedon-Film Serenity

  • Der Tod von Shepherd Book am Anfang des Filmes ist Zahns Meinung nach ein gelungener Schachzug, da er der Entwicklung von Nathan Fillions Figur „Mal“ Reynold dient und ihm neue Motivation für den anstehenden Kampf liefert. Den Tod von Wash am Ende des Filmes hingegen fand er allerdings ziemlich sinnlos und reine Effekthascherei. Sowas soll es bei Star Wars nicht geben, denn es ist nicht The Walking Dead oder Game of Thrones, wo Figuren einfach mal massenweise sterben können.

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  • Mit Blick auf Das Erwachen der Macht, einer Fortsetzung der Geschichte nach Die Rückkehr der Jedi-Ritter und den starken Anleihen von Episode VII an die klassische Trilogie (etwas, das Zahn selbst in seinen Büchern vermeiden wollte) sagte Timothy Zahn: „Wir werden sehen, was J.J. Abrams tun wird. Ich weiß, was ich tun würde.“ Daraufhin schauten wir zu dem Stapel seiner Bücher, der auf seinem Signiertisch lag, und ich meinte: „Naja, das wir wissen auch.“ Und er: „Genau.“

Wie gesagt, es war kein formelles Interview, mehr ein spontanes Gespräch. Dennoch, wir hoffen, ihr fandet diese Eindrücke daraus genauso faszinierend wie wir. Auf jeden Fall ein spannender und sehr netter Gast, den die Noris Force Con da aus dem Erweiterten Universum eingeladen hat.

6 Kommentare

  1. Ich fand auch gut, dass er im Panel sehr deutlich beschreiben hat, dass die Aufträge zu Büchern von Lucasfilm ausgehen und die Verlage dann die für die Geschichte besonders gut passenden Autoren vorschlagen. Viele tun ja immer so, als ob die SWEU-Autoren völlig eigenmächtig und gegen den Willen von Lucasfilm agieren.

    1. Naja, die Autoren haben durchaus viel Gestaltungsfreiheit bei den Figuren (in den meisten Fällen) und bei späteren Romanen durfte Zahn z.B. auch vorschlagen, in welcher Ära er welche Story erzählen möchte. Aber du hast Recht: Alles muss letztendlich von Lucasfilm abgesegnet werden. Niemand agiert völlig eigenmächtig außer Lucasfilm selbst.

  2. Cooles Gespräch – war das ein Interview oder einfach ein Gespräch zwischen Tür und Angel? Ich mag Interviews, bei denen sich die beiden Parteien auf Augenhöhe begegnen, da kommen interessante Sachen heraus dabei. Und danke, dass du mir in Erinnerung gerufen hast, dass Chewies Tod mit dem neuen Kanon für nichtig erklärt wurde. Das habe ich gar nicht realisiert und jetzt liebe ich die neue Timeline noch mehr 😉

    1. Er hatte gerade eine Verschnaufpause vom Autogramme geben, da haben wir ihn uns einfach spontan geschnappt und ein wenig „auf Augenhöhe“ miteinander geplaudert. Wir standen da im Kreis herum (ich glaube, Zahns Frau war auch mit dabei… zumidest denke ich, dass sie das war) und haben ein paar Meinungen ausgetauscht. Waren so 15 Minuten oder so.

      Also nein, wie gesagt, kein formelles Interview (niemand hat mitgeschrieben oder aufgenommen oder irgendwas), sondern ein rein formloses Gespräch. Keine vorgefertigten Fragen.

    2. So wirkt es auch – sehr angenehm zum Lesen und irgendwie nicht so, als müsse er um jeden Preis ein Produkt verkaufen. Klassische Interviews langweilen mich schnell einmal. 🙂

  3. Solche Gespräche sind mir wesentlich lieber als genannte „formelle Interviews“, da Fragen und Antworten sich spontan entwickeln und man dabei immer mal wieder überrascht werden kann. Man hat nicht das Gefühl man würde den 10 Filmen sehen, der nach einem sich immer wiederholenden Muster geschrieben wurde.

    Besonders bei Leuten wie Zahn, der ja nun als eine der bedeutensten Kreativen des SWU gelten dürfte. Auch wenn er nicht an den Filmen mitgearbeitet hat.

    Eine weitere Geschichte von ihm wäre absolut großartig. Es wundert mich, dass da seitens LF noch nichts kam…

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