Anfang April erschien bei Disney Lucasfilm Press der Roman Into the Light von Claudia Gray. Nur knapp zwei Monate später legt Panini bereits die deutsche Übersetzung mit In das Licht vor. Der Roman markiert den Auftakt des finalen Roman-Dreigespanns aus YA-, Jugend- und Erwachsenenroman der dritten Phase der Hohen Republik. Nun laufen alle Fäden langsam aber sicher zusammen und Konflikte aus der ersten Phase finden ihre Auflösung. Warum das ein hehres Ziel ist, die Masse an Figuren jedoch zum größten Problem des Romans wird und die Handlung zu lange hergeleitet wird, soll diese Rezension beantworten.
Das Expositionsproblem

Es ist bekanntlich eines meiner Lieblingswörter und gerade in der dritten Phase der Hohen Republik ein immerwährender Begleiter: Exposition. Doch wir sind mittlerweile in der dritten Welle der dritten Phase angelangt und die Zeit der Expositionen sollte langsam mal zu Ende sein. Doch trotzdem holt Gray nochmal zum Rundumschlag aus und verbringt das erste Drittel des Romans damit, die Handlung herzuleiten. Was passierte in Tempest Breaker, was im Tränen der Namenlosen, wer war nochmal Nan, warum ist Reath so wichtig, wieso jagen wir Marchion Ro, etc. Alle Fragen, die keiner Erklärung mehr bedürfen, und trotzdem werden sie beantwortet.
Besonders deutlich wird das bei der Darstellung aller Figuren als gleichwertig wichtig – und dadurch oberflächlich. Bell Zettifar und Vernestra haben Point of View-Passagen, die dann aber im Rest des Romans keine Rolle mehr spielen. Sie nehmen aber Platz ein, gedenken ihrer verlorenen Meister und Freunde (auch hier auf dem Tempeldach nichts Neues) und werden dann auf eine parallele Mission geschickt, die wir nicht wieder sehen werden. Die eigentliche Haupthandlung setzt dann nach dem ursprünglich als recht belanglos empfundenen Hörbuch-Zweiteiler Seeds of Starlight und Haunted Starlight an. Die wohl einzige Exposition, die wirklich wichtig ist – zumal deutsche Leser*innen die Audible-exklusiven Hörbücher, die nur auf Englisch erschienen sind, nicht kennen werden. Hoffnung macht jedoch, dass jüngst das erste der Hörbücher – Der Stolz des Padawans – auch auf Deutsch erschienen ist.
Ein Perspektiven-Dilemma
Nun wäre die Vermutung naheliegend, dass sich ab dem ersten Drittel des Romans alles mehr zentriert und dadurch auch greifbarer wird. Doch auch hier spielt Gray zu sehr mit ihren ganzen Figuren. Schlimmer noch: Sie kann sich nicht entscheiden, wer was wann wie erleben soll. Es kommt in den Kapiteln daher zu regelmäßigen Wechseln der Point of View-Figur – und das bis zu vier oder fünfmal innerhalb eines Kapitels. Die Konsequenz: kaum eine dieser Episoden entfaltet wirklich emotionale Tiefe oder greifbare Figurenentwicklung. Immer, wenn es spannend wird oder eine Figur mal in sich geht, schneidet Gray weg zur nächsten Figur.
Noch schlimmer, teilweise wissen wir gar nicht, welche Figur jetzt eigentlich was erlebt. Das ist besonders dann schwierig, wenn es um Figurenwissen geht, was nicht alle Charaktere teilen. Weiß jetzt Reath plötzlich schon was, was er eigentlich gar nicht weiß, oder sind wir noch in den Gedanken von Azlin Rell unterwegs? Das ist leider nicht immer leicht zu erkennen.


Die Figuren sind dadurch oftmals eher Plot-Träger, die nur die Handlung voranbringen oder, noch schlimmer, nur kommentieren. Gray bringt Figuren aus ihrem ersten Die Hohe Republik-Werk zurück, nimmt neue auf und pflegt etablierte Figuren weiter. Am Ende sind wir bei so vielen Point-of-View-Figuren, dass eine Bindung zu keiner so wirklich möglich ist. Wozu es dann noch Point of Views von Figuren braucht, die ein Kapitel lang auftreten und ansonsten keine Rolle spielen, erschließt sich mir auch jetzt noch nicht. Zumal diese teilweise nichts mit der eigentlichen Handlung nach dem ersten Drittel des Romans zu tun haben und trotzdem währenddessen Seiten bekommen. (Ja, Spice-Pilot – ich meine dich!)
Im Roman Im Zeichen des Sturms war das damals ähnlich. Sehr kurze Kapitel, sehr viele Figuren und sehr viele Schauplätze auf Valo. Aber der Roman war umfangreicher und zudem ein Erwachsenenroman, der das Chaos des Kampfes dadurch auch unterstrichen hat. Hier sind Perspektivwechsel nicht immer narrativ begründet, sondern auch dann angesagt, wenn die Figuren abends nur alleine herumsitzen und jeder mal an irgendwas denken soll. Außerdem haben sich die YA-Romane bisher auf weniger Hauptfiguren konzentriert und dadurch ausgezeichnet, dass junge Figuren eine charakterliche Reise und Entwicklung durchmachen. Das trifft in diesem Roman maximal auf eine Figur zu und ist dabei auch nicht sonderlich nachvollziehbar hergeleitet. Dazu fehlt es eben genau an der emotionalen und charakterlichen Tiefe.
Täglich grüßt der Drengir
Ein Problem ist aber auch, dass sich die Figuren oft gegen eine blasse Antagonistin stellen müssen. Diese bekommt in dem Roman nachträglich eine Ambition, die die Lücke bis zur ersten Phase schließen soll und auch dabei wieder arg gewollt wirkt. Aber gut: Dieses Wissen könnte uns bisher nur verborgen worden sein – überzeugend finde ich die Erklärung trotzdem nicht. Zumal diese von vielen Zufällen in den vorherigen Werken abhängt und in der ersten Phase bereits von der Figur hätte forciert werden müssen, wenn sie angeblich seit In die Dunkelheit an diesem Plan feilt. Stattdessen war ihr Auftreten in Phase I eher der Kristallforschung verschrieben.
Auch abseits davon ist die Antagonistin oft in der Kategorie „Böse Leute tun böse Dinge“ beheimatet. Einmal sogar wortwörtlich, wenn sie Ghirra Starros erpresst, nur weil sie Langeweile hat. Doch um wirklich nachzuvollziehen, was sie antreibt und was sie mit der gewonnenen Macht will, bräuchte es auch den Mut, mehr als nur ab und an mal eine Seite mit ihrer Sicht aufzuwenden. Wo wir wieder beim Perspektiven-Dilemma wären. Es sind einfach zu viele Figuren – so viele, dass nicht einmal die Hauptantagonistin noch Platz findet.
Platz finden hingegen die Drengir. Zwar nicht in puncto Seitenzahl, aber immerhin in Bezug auf ihre neue Heimat. Am Ende der angesprochenen Hörbücher ging die Reise nach Kashyyyk und genau dort verursachen sie nun Aufregung. So viel Aufregung, dass sich die Angriffe irgendwann leicht redundant anfühlen. Nicht nur die Figuren, sondern auch wir Leser fühlen uns hingehalten von den stets ähnlichen Angriffen, die auch in der Beschreibung der Kampfszenen keine neuen Ideen im Kampf gegen die Drengir zeigen. Sie müssen halt bekämpft werden, also schneidet sich Reath hier durch und Azlin brutzelt da was an und fertig ist die Szene.


Das Worldbuilding für Kashyyyk funktioniert hingegen sehr gut und auch die Neuschöpfung, um die sich dann auch der finale Konflikt dreht, hat mir inhaltlich gefallen. Nur auch hier beklemmt einen das Gefühl, dass wir etwas hingehalten werden. Mindestens viermal wird in dem Roman darüber gesprochen, dass die Wookiees bald darüber sprechen, dass sie mit den Jedi sprechen und ihr Geheimnis teilen. Ja, nicht nur in meiner Rezension klingt das wie eine wortwörtliche Matrjoschka, sondern auch beim Lesen fühlt es sich so an. Die Krise auf Kashyyyk ist dringend, also wäre eine narrativ spürbare Dringlichkeit auch passend gewesen.
Hoffnung (auf die restlichen Werke)
Das alles klingt nun reichlich kritisch, doch dazu ist eine Rezension ja da. Die Hohe Republik insgesamt ist eine Ära, in die ich gerne zurückkehre und die auch in diesem Roman noch magische Momente erschafft. Aber eben weniger als sie es könnte.
Denn erst am Ende des Romans, wenn dann auch der Brückenschlag zu In die Dunkelheit klar wird, gelingt es Gray, die Magie oder eher die Macht der Hohen Republik zu kanalisieren. Sie traut sich Entwicklungen zu, die endgültig sein werden und den Figuren gerecht werden, und gibt bestimmten Charakteren auch Rückschläge, die sie von einem hoffnungsvollen Lichtblick wieder in die selbstgewählte Dunkelheit zurückwerfen. Das fühlt sich alles richtig, wichtig und glaubhaft an und verknüpft Plotentwicklung mit der nötigen Gravitas.
Doch auch hier scheinen dann Momente durch, die Emotionalität rauben. Entweder, weil nicht alle Entscheidungen so konsequent getroffen und vor allem beibehalten werden. Oder, weil wir nicht genug mit den Figuren mitfiebern konnten, da sie zu wenig Tiefe aufgrund zu oft wechselnder Sichtweisen bekamen. Leider teilweise auch beides.
Trotzdem oder gerade deshalb habe ich die Hoffnung, dass die noch folgenden Werke diese Zuversicht und Gravitas des Endes des Romans als Startgeber nehmen und direkt mit dem Mut einsteigen, sich auf die wichtigen Figuren festzulegen. Wir können die Figuren noch so gut kennen und ihre Geschichte noch so lange verfolgen: Wenn in den entscheidenden Momenten keine Zeit ist, auch in sie hineinzuschauen, ihrer Perspektive Zeit zu geben und dadurch mit ihnen mitzufühlen, dann verpufft die in der Theorie emotionale Szene eben trotzdem.
Fazit
In das Licht spiegelt dem Titel nach den ersten YA-Roman der Hohen Republik – In die Dunkelheit – wider. Das erfüllt er auch inhaltlich und schließt die Klammer damit zufriedenstellend. Wie Claudia Gray das jedoch herleitet und wie sprunghaft sie in ihrer Wahl der Hauptfiguren ist, stört das Gesamtbild. Mit keiner Figur eifern wir so wirklich mit, alle sind Plot-Träger ohne viele emotionale Momente oder gar inneren Monologen. Wenn diese jedoch mal hervorstechen, wird der Wunsch nur größer, mehr darüber zu erfahren. Doch da muss schon der vierte PoV in diesem Kapitel auch noch seinen Senf dazugeben. Am Ende entsteht eine Melange, die zwar das Projekt um einen Etappensieg bereichert, selbst aber nicht zu den Werken gehört, die der Hohen Republik ihre Seele geben.
Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

Star Wars: Die Hohe Republik ist ein mehrjähriges Buch- und Comicprogramm, das hunderte Jahre vor den Skywalker-Filmen spielt und die Jedi in ihrer Blütezeit zeigt. Weitere Infos, News, Podcasts und Rezensionen gibt es in unserem Portal und in der Datenbank. Beachtet auch unsere Guides zur Lesereihenfolge von Phase I, Phase II und Phase III.
Ich glaube die Exposition hat man diesmal extra so gewählt, sodass man Into the Light direkt nach Into the Dark lesen kann. Ist natürlich nur eine Vermutung, aber Charles Soule möchte es mit Trials of the Jedi auch so handhaben: https://bsky.app/profile/charlessoule.bsky.social/post/3lohphy52hc24
Da bin ich aber skeptisch, ob das bei Light/Trials sinnvoll funktioniert. In Light kamen ja noch gar nicht die Nameless vor, die in Trials ja zentral sein werden.