Rezension: Die Hohe Republik, Band 2: Der Kampf um die Macht

Mit dem zweiten Sonderband der Die Hohe Republik-Comics vom Originalverlag Marvel endet auch schon die zweite Phase, die insgesamt nur aus 10 statt 15 Einzelheften bestand. Nachdem Das Gleichgewicht der Macht im Sommer 2023 nicht vollends meine Erwartungen erfüllen konnte und der fehlende rote Faden der Hauptgrund dafür war, steht nun die Frage im Raum, ob Band 2 die Handlung zu einem guten Ende bringen kann und dabei mehr mit seiner Figurenarbeit und Fokussierung überzeugt.

Ein Ziel vor Augen

Im Gegensatz zum ersten Sonderband und damit den ersten fünf Ausgaben wartet dieser hier nun mit einer erkennbaren Haupthandlung rund um den im ersten Sonderband schon kurz erwähnten Stab des Tagesanbruchs auf (Rod of Daybreak). Dieser wurde erstmals schon im Prolog von Der Pfad der Täuschung erwähnt und ist für den Pfad ein sehr wichtiges Relikt. Während unsere Hauptfiguren im ersten Sonderband noch umhermäanderten und kein wirkliches Ziel hatten, kristallisiert sich dieses nun langsam aber sicher in Form dieses Stabes heraus. Das Problem, welches daraus erwächst, ist, dass man den Pfad als solchen unzureichend im Comic etabliert hat, um nachvollziehen zu können, wieso dieses Relikt so wichtig ist. Trotzdem schafft es Scott im Verlauf der Handlung, diesen Stab und seine Bedeutung für den Pfad noch herauszustellen, weshalb die unwissende Ausgangslage für Leser und handelnde Figuren verkraftbar ist.

Trotz dieses Ziels merkt man der Handlung aber an, dass sie ganz im Gegenteil zu der Hauptreihe der ersten Phase rund um Keeve Trennis und Co fast schon zu langezogen wirkt. Teilweise ist einfach nicht genug Substanz da, um glaubhaft vermitteln zu können, dass es wirklich 10 Ausgaben gebraucht hätte. Ein Beispiel wäre da die Verteidigung der Bar „Erleuchtung“, die ja bis auf den kurzen Abstecher im ersten Sonderband in den Comics eigentlich kaum eine Rolle spielt. Nun muss sie aber dafür herhalten, dass unsere Hauptfiguren noch eine ganze Ausgabe länger hingehalten werden, bis sie sich der Verfolgung des eigentlichen Hauptziels widmen.

Das Ende der Handlung in Ausgabe neun und zehn ist dann wiederum eigentlich gelungen, leidet aber unter genau dem gleichen Problem des In-die-Länge-Ziehens wie bereits die Verteidigung der Bar. Statt sich der Pfad-Bedrohung und der Existenz dieser seltsamen Wesen vollends zu widmen, wird noch ein weiteres Comic-esques Artefakt aus dem Hut gezaubert, auf das Thanos stolz wäre, was aber am Ende einfach nur wieder drüber wirkt. Ja es schickt unsere Hauptfigur Vildar nochmal um eine Kurve mehr, die er kriegen muss, aber die Existenz der machtfressenden Wesen hätte für diese Funktion auch mehr als ausgereicht.

Eine wahre Freundschaft?

Wo wir bei Vildar Mac wären. Ich habe ihn in meiner Rezension des ersten Sonderbands nicht gerade als Sympathieträger beschrieben und das ändert sich nun auch nicht wirklich. Seine Kindheitstraumata werden etwas aufgearbeitet und es wird auch erklärt, wieso er am liebsten nach den Regeln spielt und die Ruhe auf Jedha dem Schlachtfeld bei den Togruta vorgezogen hat. Trotzdem bin ich nicht unbedingt wärmer mit der Figur geworden und da hilft auch die merklich forcierte Freundschaft zwischen ihm und Tey nichts, die man uns zu verkaufen versucht. Mir gefällt der Gedanke ja prinzipiell, da sich der grübelnde Vildar und der optimistische, lockere Tey gut ergänzen, aber etwas mehr Substanz und vor allem Zeit, um das zu etablieren, hätte für mich das Gesamtbild noch verschönert.

Im Gegensatz dazu wird Matty noch mehr auf die sowieso schon breite Seitenlinie verdrängt und muss bei der eigentlichen Haupthandlung zurückbleiben, um sich der Bar zu widmen, zu der nur sehr selten noch geschnitten wird. Auch Oliviah scheidet mehr oder weniger aus, weshalb sich der Hauptcast merklich verengt und das ist ebenfalls eine Verbesserung im Vergleich zum ersten Sonderband. Da habe ich ja noch kritisiert, dass zu viele Jedi an allen Ecken sind und wir ständig anderen Konstellationen folgen. Hier beschränkt sich dies zu großen Teilen auf Vildar und Tey. Das ist rein objektiv sowohl für den roten Faden als auch für den Fokus als Leser besser, stört mich nun aber wiederum, weil man uns die anderen Figuren ja erst vorgestellt hat und nun quasi aus dem Spiel nimmt. Das alles natürlich primär dafür, um sie für den Roman Der Pfad der Rache zu verwenden, aber das reicht als Erklärung für den geneigten Comic-Leser nur bedingt. Zumal man von manchen Figuren im Comic gar nichts mehr hört, obwohl ihr Zustand mehr oder weniger kritisch war.

Ende gut, alles gut?

Ohne zu viel vorwegzunehmen, kommt die Handlung am Ende natürlich zu einem halbwegs abgeschlossenen Ende und auch der Hauptantagonist des Pfades – der Herold – wird aus dem Spiel genommen. Dass das noch nicht alles ist, wissen unsere Helden ja nicht, denn sie werden Der Pfad der Rache erst noch lesen. Doch wie es zu diesem halbwegs verträglichen Ende kommt, ist mir etwas zu romantisiert. Schon im Hörspiel The Battle of Jedha gab es viele pathetische Reden und danach traute Einigkeit, was ich als Lösung für eine solch gut aufgemachte Konfliktlinie einfach nicht ernstnehmen kann. Der Herold hat die Leute im vorherigen Sonderband damit aufgehetzt, dass sie von den Jedi und anderen Machtkulten nur belogen werden, in diesem Sonderband fällt sogar der Vorwurf mancher Pilger, dass die Jedi und der Pfad zusammen intrigieren. Wenn sich am Ende nun also Vildar hinstellt und all das, was passiert ist, erklärt und alle dieser Story glauben, frage ich mich, wie sie sich vorher durch den Lügenvorwurf anheizen ließen. Das ist ja das Perfide an diesen Fake-News und Verschwörungsideologien: Man findet immer einen Grund, der Wahrheit nicht zu glauben, da die Wahrheit selbst nicht als solche akzeptiert, sondern manipuliert dargestellt wird.

Wenn nun also ein Jedi auf dem Marktplatz steht und einen gefangenen Herold dabei hat, nur um dann alle Leute wieder auf seine Seite zu ziehen, ist das schon seltsam, wenn der gleiche Versuch einer Festnahme des Herolds bei seiner Ansprache auf den Stufen des Palastes wenige Tage (wenn nicht nur Stunden) vorher diese Revolten überhaupt erst losgetreten hat. Hier findet man also in meinen Augen wieder zu einfache Auswege für komplexere Probleme, was in einer Fantasy-Story aber vielleicht auch den Funken Hoffnung darstellen darf, den man in der Realität oft vermisst.

Gewohnte Qualität

Das Zeichner-Team aus Ario Anindito, Andrea Broccardo, Marika Cresta und David Messina liefert eine gewohnt solide Arbeit ab. Panels wie die Befreiung der Eingeschlossenen durch Vildar Mac zeigen wichtige Charaktermomente im ausreichenden Fokus, während schöne Details in den Hintergründen eingeflochten werden, wie etwa die Freude Teys, als Vildar Mac den Herold zum Schweigen bringt. Auch die Kolorierung der Panels funktioniert sehr gut und unterstreicht die jeweilige Situation. So ziert ein blutroter Hintergrund die finalen Seiten auf Jedha, was von der Zerstörung und den Bränden in der heiligen Stadt zeugt.

Trotz des häufigen Zeichnerwechsels sind die Figuren unterdessen immer gut erkennbar und vor allem identifizierbar, auch wenn Tey oftmals etwas anders wirkt, wenn sein Gesicht zwischen jugendlich und doch eher erwachsen wechselt. Gerade bei Romanfiguren wie dem Herold oder Yana gefällt es mir besonders gut, sie nun auch in Comicform gesehen zu haben, was auch auf Ereignisse zutrifft, die in allen Medien ihre Schockwellen hinterlassen, aber hier eben visualisiert werden, allen voran der Fall der Statue und die Frage, wie sie so schnell im Sand versinken konnte, wenn wir sie kurz darauf wieder sehen.

Fazit

Der zweite Sonderband macht viel mehr richtig als sein Vorgänger, indem er einen roten Faden etabliert (wenn auch nicht direkt) und sich mehr auf einen kleinen Cast an Hauptfiguren fokussiert (was nach der Etablierung der anderen nun aber paradoxerweise nachlässig wirkt). Insgesamt schafft es Scott jedoch, eine gute zweite Hälfte seines Hauptruns der zweiten Phase abzuliefern und mit ausreichend Action auszustaffieren. Trotzdem merkt man dem Comic hier und da Längen an, was ich bei der Fülle an Handlung bei gleichzeitig begrenztem Platz in der ersten Phase der Hohen Republik nie für möglich gehalten hätte zu sagen. Am Ende erhält man mit der Reihe nichts, was für sich allein stehen kann. Das hätte ich im Vorfeld aber erwartet, da gerade die verschiedenen Romanklassen in der zweiten Phase ja recht abgekoppelt voneinander funktionieren. Stattdessen wirkt dieser Comic am besten zwischen Der Pfad der Täuschung und Der Pfad der Rache, während man zwischendurch in all den Wirren der Schlacht von Jedha noch ins gleichnamige Hörspiel beziehungsweise Skriptbuch schaut. Abgesehen davon sind die Hauptfiguren keine Charaktere, die man langfristig ins Herz schließt, was in meinen Augen aber ein generelles Problem der zweiten Phase darstellt.

Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Star Wars: Die Hohe Republik ist ein mehrjähriges Buch- und Comicprogramm, dessen zweite Phase 380 Jahre vor Episode IV spielt und einen neuen Einstiegspunkt bietet. Weitere Infos, News, Podcasts und Rezensionen gibt es in unserem Portal und in der Datenbank. Beachtet auch unsere Guides zur Lesereihenfolge von Phase I und Phase II.

Gewinnspiel [BEENDET]

Mit freundlicher Unterstützung von Panini verlosen wir 1x Die Hohe Republik, Band 2: Der Kampf um die Macht.

Um am Gewinnspiel teilnehmen zu können, müsst ihr nur nachfolgende Frage beantworten und das unten stehende Formular ausfüllen:

Auf welchem Planeten spielt der Sonderband Der Kampf um die Macht?

Das Gewinnspiel ist beendet!

  • Der Preis wird unter allen Einsendungen mit der richtigen Antwort verlost.
  • Nur eine Einsendung pro Person/Familie/Haushalt!
  • Einsendeschluss ist Sonntag, 18. Februar 2023, um 23:59
  • Der Preis wird nur innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der Schweiz versendet!
  • Sämtliche gesammelten Daten dienen nur dem Zweck des Preisversands und werden nach dem Ende des Gewinnspiels und dem Versand des Preises wieder gelöscht.
  • Alle Angaben ohne Gewähr! Eine Barauszahlung des Gewinnes ist ausgeschlossen.

In diesem Sinne: Möge die Macht mit euch sein!

Update 19.02.2024 09:38: Die Auslosung

Auf Jedah spielt der Sonderband Der Kampf um die Macht! Von den Einsendungen mit der richtigen Antwort wurde folgendes Gewinny aus dem Lostopf gezogen:

  • Thorsten E. aus Kaltenkirchen

Herzlichen Glückwunsch und viel Spaß mit dem Comic!

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