Rezension: Die Hohe Republik: Geschichten von Licht und Leben

Am 19. Dezember 2023 erschien bei Panini mit Geschichten von Licht und Leben die deutsche Übersetzung von Tales of Light and Life. In dieser Kurzgeschichtensammlung aus der Hohen Republik finden sich zehn Stories, die von den Autor*innen des Literaturprojekts verfasst wurden und dabei die bisherigen Phasen entweder erweitern, überbrücken oder einleiten. Wieso das Werk sogar für Leser der englischen Bücher spannend ist und wie die Mischung am Ende gelang, erfahrt ihr in dieser Rezension!

Phasensprung

Was versucht das Werk eigentlich zu leisten? Zunächst einmal sind alle Geschichten irgendwo nahe an den bisher etablierten Phasen der Hohen Republik angesiedelt. Sprich es finden sich Beiträge zur ersten Phase (200 Jahre vor den Filmen) als auch zur zweiten Phase (150 Jahre vor Phase I) in dem Werk. Zudem leiten einige der Geschichten auch den Status Quo zu Beginn der dritten Phase (1 Jahr nach Phase I) ein, was die Sammlung gut in die Veröffentlichungsreihenfolge (auch im Deutschen) einordnet. Besonders spannend ist, dass hier auch Medien deutlicher verbunden werden, da auch Figuren, die sonst nur in Erwachsenenromanen Hauptrollen haben, auftreten und ausgebaut werden. Deutlichste Beispiele dafür sind Axel Greylark aus den Erwachsenenromanen der zweiten Phase als auch Bell Zettifar aus den drei Flaggschiffwerken der ersten Phase (Das Licht der Jedi, Im Zeichen des Sturms, Der gefallene Stern). Einige dieser Stories sind deshalb auch wichtig, um ein komplettes Bild zu erhalten, weshalb an Puristen einer bestimmten Medienart der Rat ergeht, dieses Werk nicht auszulassen.

Alles in allem funktioniert das Konzept der Lückenfüller-Funktion sehr gut. Besonders hervorzuheben sind dabei natürlich die Geschichten, die Fragen beantworten (Der Weg eines Jedi – Bells Story) oder neue Figuren einführen, die wir in der kommenden Phase III noch öfter sehen werden (Coruscant ruft – Amadeo Azzazzos Story). Ebenfalls macht die Kontextualisierung und Nachbereitung einiger Figuren sehr viel Spaß. So wird endlich die toxische Beziehung zwischen Axel und einer (nicht seiner) gewissen Mutter etabliert, was zumindest verdeutlicht, wieso sie Kontakt zueinander hatten (Die Königsblüte). Ob es dadurch glaubwürdiger wird, sei dahingestellt, aber hier möchte ich nicht zu sehr den nächstes Jahr erscheinenden deutschsprachigen Erwachsenenromanen der zweiten Phase vorweggreifen. Was mich auch zu einem wichtigen Punkt führt: Diese Sammlung hat kaum ein verbindendes Element, weshalb es durchaus möglich ist immer die Story zu lesen, die zum aktuellen Fortschritt in der Hohen Republik passt. Habt ihr gerade Der gefallene Stern beendet? Dann lest Nach dem Fall von Claudia Gray. Seid ihr fertig mit Der Pfad der Rache, dann erfahrt in Eine Faust hat keine Klauen von Tessa Gratton, was wir eigentlich in der Phase selbst noch über Marda Ro hätten erfahren sollen.

Selbstfindung in 10 Facetten

Was wiederum jedoch ein verbindendes Element ist, ist der Fokus auf Geschichten rund um jüngere Protagonist*innen aus der Hohen Republik. In den zehn Geschichten stehen chronologisch Axel Greylark, Marda Ro, Rooper Nitani, Ram Jomaram, Affie Hollow, Vernestra Rwoh, Bell Zettifar, Keeve Trennis, Amadeo Azzazzo und schließlich Crash aus Mitternachtshorizont im Fokus. Wie man sehen kann: alles Figuren, die ihr 30. Lebensjahr noch vor sich und das 20. wenn überhaupt, dann nur knapp gestreift haben. Das passt auch zur Einordnung des Werks in die YA-Kategorie, wo sich sonst auch Werke mit dieser Altersgruppe finden (Aus den Schatten, Der Pfad der Täuschung, etc.).

Zu dieser Tatsache habe ich zwei Beobachtungen. Zum einen gelingt der Transfer von Figuren aus anderen Werken, die nicht dem YA-Sektor zugeordnet werden, sehr gut. So ist Bell ja eigentlich nur eine von vielen POV-Figuren in den Erwachsenenromanen, kann hier aber durch die Verlagerung ins YA-Segment mehr Raum und Selbstreflexion entfalten. Seine Sorgen und Ängste rund um einen guten Freund spiegeln sich so gut in der Vorgeschichte mit seinem Meister, was in einem Erwachsenenroman – rein vom Umfang her gesehen – keinen Platz gefunden hätte. Gleiches lässt sich wohl auch zur Einführung von Mirro Lox und vor allem Amadeo Azzazzo sagen, die in einem zukünftigen Roman nie in dieser Breite hätte stattfinden können, aber wiederum so wichtig ist, um die Verbundenheit der Figuren zum Jedi-Orden zu verstehen und bereits eine Bindung zu ihnen zu haben. Gerade Amadeo hat sich zu einem Anwärter auf einen der Lieblinge der dritten Phase gemausert, ohne, dass er formal bisher in dieser aufgetreten ist. Lydia Kang hat also ganze Arbeit geleistet.

Andererseits schränkt das auch das Figurentableau enorm ein und das ist auch spürbar. Gerade Figuren wie Affie Hollow, Vernestra Rwoh oder Keeve Trennis können in dieser Sammlung nicht so glänzen wie ich es mir erhofft hätte. Das Problem daran ist, dass deren Reisen wohl hauptsächlich in den kommenden Werken fortgesetzt werden sollen und ihre Rolle hier deshalb eher zur plakativen Brückenerzählung verkommt. Man merkt das zumindest bei Die Macht weist den Weg (Vern) und Licht im Dunkel (Keeve) daran, dass die eigentlichen Hauptfiguren in den Hintergrund rutschen und reinen Nebenfiguren ohne jegliche vorherige und (höchstwahrscheinlich) zukünftige Relevanz Raum gegeben wird, um ihre Geschichte zu entfalten. Die hat dann aber auch keine metaphorische oder symbolische Funktion, in der sich unsere Hauptfiguren wiedererkennen könnten, und wirken dadurch fehl am Platz. Wie Geschichten, die vielleicht so passiert sind, aber die nicht erzählungswürdig wären, da die persönliche Ebene, die man sonst in YA-Werken erwartet, zu sehr in den Hintergrund rückt.

Gerade hier wäre es vielleicht hilfreich gewesen andere Figuren in den Fokus zu nehmen, die das Feld der YA-Protagonist*innen gesprengt hätten. Wie wäre es mit einer Story rund um Estala Maru oder Sskeer von Cavan Scott, statt Keeve Trennis, deren Entwicklung verständlicherweise den Comics vorbehalten bleiben soll? Oder ein Ausflug zu Ghirra Starros von Justina Ireland, der ihre Rolle in Phase III etabliert und vorbereitet hätte?

Aus diesen beiden Beobachtungen – dass einerseits der Transfer entsprechender Figuren in den YA-Sektor spannende neue Blickwinkel ermöglicht und andererseits sich die einst in YA etablierten Figuren in ihrem eigenen Medium Fehl am Platz anfühlen – erwächst der Wunsch, dass dieser YA-Sammlung auch noch eine Sammlung folgt, die erwachsenere Charaktere in den Fokus rückt und dadurch auch dieser eher unterrepräsentierten (da fast nur im Erwachsenenroman relevanten) Gruppe der Hohen Republik mehr Kontext gibt. Stories zu wenig charakterisierten Charakteren aus Phase II wie Creighton Sun oder Aida Forte wären hier denkbar, aber auch Erzählungen zu Yodas Suche oder Lina Sohs Ringen mit all den Rückschlägen in der ersten Phase. Spinnt man das weiter, wäre fast ein FACPOV-artiges Werk nach dem Ende des gesamten Hohe-Republik-Projektes angeraten, damit auch wirkliche Nebenfiguren wie Keven Tarr, Nihil XY und natürlich Mikkel Sutmani ihren Moment im Rampenlicht haben können. Kommt auf die Wunschliste für 2025!

Der unverhoffte Faktor

Kommen wir zum letzten großen Punkt: Wieso ist das Werk nun auch für englischsprachige Leser interessant? In den USA gab es zwei Ausgaben des Werkes. Eine enthielt neun Kurzgeschichten, während die andere eine zehnte von Alyssa Wong enthielt, aber leider exklusiv dem Händler Barnes & Noble vorbehalten war. Ich habe am Rande mitbekommen wie umständlich und kostspielig es für einige in unserem Team war, sich diese Edition zu besorgen, und kann die Entrüstung nachvollziehen. Ein exklusives Cover, ein Poster oder eine Widmung sind ja noch in Ordnung, aber eine komplette Story dem Rest der Welt quasi vorzuenthalten, war eine neue Stufe des Exklusivitäts-Irrsinns.

Doch dank Panini und den Nachfragen einiger Fans konnte die zehnte Geschichte schließlich in der deutschen Version des Buches abgedruckt werden. Das bedeutet, dass man nun keine Unsummen für den Import der exklusiven Ausgabe zahlen muss (außer man sammelt natürlich die englischen Ausgaben), sondern auch durch den Kauf der deutschen Taschenbuchausgabe in den Genuss der Story kommen kann.

Und ich muss sagen, dass sich das Warten durchaus gelohnt hat. Ich hatte die Story bisher nicht gelesen und auf die deutsche Ausgabe gewartet und war letztendlich positiv angetan. Alyssa Wong schafft es, die in Mitternachtshorizont etablierten Figuren und den Zustand auf Corellia einzufangen und webt darum eine Geschichte, die ebenfalls einen neuen Protagonisten für die dritte Phase einführt. Wong bringt mit dieser Story gleichsam eine tolle Form der Repräsentation und damit einen spannenden neuen Charakter in das Projekt und damit ordnet sich die Geschichte – passenderweise, wenn man die Co-Autorenschaft beim bald erscheinenden Roman Flucht von Valo bedenkt – zusammen mit Daniel José Olders Story (Wo sich der einsame Reisende zu Hause fühlt) am Ende doch in die Wohlfühlkategorie ein. Freundschaft, Zugehörigkeitsgefühl und Hoffnung, gepaart mit dem nötigen Witz und auch der sinnstiftenden Tragik machen diese Geschichte(n) somit zu weiteren Highlights des Werks.

Fazit

Ich habe diese Rezension nicht so aufgebaut, wie ich es bei einer Erstrezension gemacht hätte. Wenn ihr kurze und prägnante Eindrücke zu jeder einzelnen Story wollt, seinen euch jeweils Patricias Rezension zur englischen Standardausgabe als auch Ines‘ Rezension zur Story von Alyssa Wong ans Herz gelegt. Mir war es wichtig, zu verdeutlichen, dass der YA-Ansatz in dieser Form sehr gut funktioniert und durch die Einbindung von Figuren, die dem Medium sonst fremd sind, einen Mehrwert entfaltet. Trotzdem schwankt die Qualität natürlich leicht, was aber keine Story so wirklich schlecht macht. Im Gegenteil erwächst einfach das Gefühl, dass die entsprechende Figur gerade nicht im Fokus steht und gegenüber der Handlung in den Hintergrund rückt. Diese Geschichten machen deshalb trotzdem noch Spaß, erwecken nur den Anschein, dass es sich eher um ein Hinhalten statt eines Hinbringens handelt. Der Großteil des Geschichten vollzieht die Funktion der Verbindung zwischen den Phasen und die dem Umfang angemessene Charakterisierung alter und neuer Figuren jedoch so gut, dass man das Werk als Fan der Hohen Republik in jedem Fall lesen sollte. Und zwar unabhängig davon, ob man sonst YA-Romane liest!

Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

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Star Wars: Die Hohe Republik ist ein mehrjähriges Buch- und Comicprogramm, das hunderte Jahre vor den Skywalker-Filmen spielt und die Jedi in ihrer Blütezeit zeigt. Weitere Infos, News, Podcasts und Rezensionen gibt es in unserem Portal und in der Datenbank. Beachtet auch unsere Guides zur Lesereihenfolge von Phase I, Phase II und Phase III.

3 Kommentare

  1. Dieser Kommentar hat nicht direkt etwas mit dieser Nachricht zu tun.
    Ich hab da mal eine Frage.
    Ich weiß nicht ob die hier so angebracht ist und würde verstehen wenn sie unbeantwortet bleibt.
    Es geht leider um Krieg: Im Zuge des Krieges im Gaza-Streifen kursieren in den sozialen Medien eine riesige Anzahl an Falschmeldungen und Propaganda von beiden Seiten aus.
    Auf Instagram sehe ich jedoch regelmäßig wie Daniel José Older und E.K. Johnston Falschinformationen und auch Antisemitische Tweets teilen und diese zum Teil auch von anderen Star Wars Autoren geliked worden sind.
    Ich möchte außerdem klarstellen dass ich mich ausschließlich auf solche Beiträge beziehe und nicht auf andere, welche lediglich auf das Leid in Gaza aufmerksam machen oder die israelische Regierung in einem respektvollen Rahmen kritisieren.
    Ich wollte nur fragen wie ihr damit umgeht?
    Denn ich befinde mich da in einer molarischen Zwickmühle…

    1. Ganz ehrlich? Ich hab Twitter und Co vor einem halben Jahr verlassen (schau vielleicht einmal im Monat kurz rein was meine Freunde machen, meide aber offizielle Accounts) und bin damit ganz gut gefahren. Wegschauen ist natürlich keine Lösung, aber erfahrungsgemäß wird in solchen Filterblasen auch immer viel gelabert, was außerhalb keinen juckt… Ich würde aber sagen, etwaige Aussagen dieser Menschen sollten direkt auf jenen Plattformen angegangen werden, wo sie sie tätigen, und am besten im Dialog mit ihnen. Wir billigen solche Aussagen zwar nicht, aber derart Weltpolitisches hat auf unserer Seite keinen Platz. Nicht, weil wir kein Mitleid hätten mit den leidenden Menschen in Kriegsgebieten wie Israel/Palästina – die Kriegsverbrechen dort verurteilen wir auch aufs Schärfste und sehnen uns eine Besserung der Lage herbei. Es sind Themen, die uns im Alltag, im Gespräch miteinander und mit Familie und Freunden natürlich dauerhaft begleiten. Sondern einfach weil das Gesprächsklima darum online extrem toxisch ist und wir denken, dass es genug Orte im Internet gibt, wo man das ausdiskutieren kann, und wir dieses Gesprächsklima nicht in unseren Kommentarspalten haben wollen. Ich denke, da spreche ich für das gesamte Team. Wir sind eine Star-Wars-Seite, und dabei bleibt es.

      Aber naja – nichts für ungut. Hier geht es jetzt bitte um „Tales of Light and Life“ und sonst erst mal nichts. Danke.

  2. Ich kann dieser Rezension eigentlich nur zustimmen.
    Mir hat das Werk auf jeden Fall super gefallen, auch wenn der Young-Adult-Charakter schon auffällt. Mich stört das jedoch kaum, vielleicht auch weil ich selbst ein junger Erwachsener bin, wer weiß.
    Dennoch würde ich mich sehr freuen auch ältere Figuren oder Nebenfiguren im Fokus stehen zu sehen.
    Schade fand ich auch dass eigentlich alle Geschichten aus Sicht der Guten erzählt werden, Geschichten von Nihil oder anderen Piraten oder gar Drengir wäre bestimmt erfrischend gewesen.

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