Marvel-Mittwoch: Obi-Wan #1 und Star Wars #23

Zum 4. Mai geht nicht nur die Star Wars-Hauptserie weiter, auch ein Debüt gibt es zu feiern: mit Obi-Wan #1 startet eine Miniserie zum Lieblings-Jedi vieler Fans, Obi-Wan Kenobi! Wie die Fortsetzung von Zannahs Geschichte und der Start von Obi-Wans Tagebucheinträgen Maximilian und Patricia gefallen haben, erfahrt ihr unterhalb der Spoilerwarnung.

Achtung: Im Marvel-Mittwoch rezensieren wir die Hefte samt Handlung und etwaigen Plot-Twists, sodass ihr in diesem Beitrag und auch in den Kommentaren Spoiler zu den Ausgaben vorfinden werdet. Lesen und Mitdiskutieren sind erwünscht, erfolgen aber auf eigene Gefahr!

Obi-Wan #1: „Youngling’s Challenge“ – rezensiert von Patricia

Passend zu den Feierlichkeiten des 4. Mai liefert Marvel heute den Start einer neuen Comic-Miniserie, die von niemand Geringerem handelt als Obi-Wan Kenobi höchstpersönlich. Erzählt in der Form von Tagebucheinträgen des Jedi-Meisters, erleben wir ausschlaggebende Momente aus Obi-Wans Leben mit – verfasst von Christopher Cantwell, mit Zeichnungen versehen von Ario Anindito und koloriert von Carlos Lopez.

Zum Inhalt

In einer regelrechten Flut an neuen Inhalten über Obi-Wan Kenobi erscheint nahezu zeitgleich mit Mike Chens Roman Brotherhood das erste Heft der Comic-Serie Obi-Wan. In Folge der Live-Action-Serie mit Schauspieler Ewan McGregor wird später dann auch noch der Young-Adult-Roman Padawan erscheinen, sodass sich ein auf den ersten Blick wirres Chaos an Geschichten ansammelt, die allesamt denselben Charakter in den Vordergrund stellen. Spannend wird es also ganz besonders, wenn es um die Verbindungen der Werke untereinander geht – hier eröffnen sich Möglichkeiten, die es in Star Wars zwar schon zuvor gab (beispielsweise in dem Versuch der Journey to-Initiative), die aber bisher nicht wirklich glücken wollten, zumindest, was die Relevanz der literarischen Geschichten angeht. Diesen Aspekt werde ich daher immer im Auge behalten, auch wenn sich vielleicht erst, wenn alle Werke erschienen sind, etwaige Unstimmigkeiten oder hoffentlich viele Übereinstimmungen finden lassen werden.

Obi-Wan #1 (04.05.2022)
Obi-Wan #1 (04.05.2022)

Nun aber genug zu den Publishing-Strategien an sich und rein in den Comic: Obi-Wan nutzt eine Erzählweise mit mehreren Zeitebenen. Während Obi-Wan in dem zum Zeitpunkt des Comics spielenden Hier und Jetzt einige seiner Erinnerungen mit Pinsel und Papier festhält, erleben wir als Leser diese Momente in Form von Flashbacks, die mit Obi-Wans Kommentaren hinterlegt sind. So zieht sich ein angenehmer roter Faden durch die Geschichte, die nicht unnötig verkompliziert und vollgepackt ist, sondern einen Moment beleuchtet, den sicherlich viele Leser – wenn auch in weniger dramatischer Form – nachempfinden können werden.

Besonders gefallen hat mir dabei die Erzählstimme Obi-Wans, die neben seiner leicht verwitterten und vielleicht auch schon abgestumpften Art dennoch etwas Herzliches und Episches an sich hat. Obi-Wans Gefühle in der Gegenwart, seine Angst vor etwas ungewiss großem Bösen, spiegeln sich auch in der Erinnerung wider, die er dem Leser – beziehungsweise seinem Tagebuch – erzählt. Dies spannt einen schönen Bogen über die Ausgabe, wodurch die Geschichte mit Gehren nicht komplett wahllos erscheint, sondern tatsächlich auch von etwas ausgelöst wird. Der Sandsturm liefert außerdem einen praktischen Rahmen für die gesamte Miniserie, Obi-Wan einen Grund für seine Erzählungen zu liefern, und ich bin gespannt, was ihn zu seiner nächsten Erinnerung inspirieren wird.

Die Charakterisierung des Gegenwarts-Obi-Wans, den wir (was den Kanon betrifft) ja bereits aus den Filmen kennen, ist meiner Meinung nach stimmig und präsentiert ein Leben, wie man sich das eines Einsiedlers in der Wüste eben vorstellt. Neben den alltäglichen Tätigkeiten und Sturmvorbereitungen wird es dann also vor allem spannend, wenn wir den kleinen Obi-Wan als Jüngling erleben. Hier sehen wir die einfühlsame Seite Obi-Wans, der seine Freundin zu besänftigen versucht, der aber ebenso aufmüpfig ist, wie wir es teils aus den Prequel-Filmen kennen. So sollte es uns eigentlich kaum überraschen, dass auch er einst die Regeln der Jedi gebrochen hat. Wie sich herausstellt, wurde Obi-Wan zwar im seinem Jüngling-Clan gemocht, dennoch war Gehren seine einzige Freundin – übrigens eine schöne Anspielung an Leias ikonisches Zitat „You’re my only hope.“

Aber auch thematisch ist Obi-Wans Konflikt mit seiner besten Freundin ein wenig subtiles Foreshadowing auf seine Zukunft. Eine enge Bezugsperson, die Visionen eines Elternteils hat und diesen aus Angst nachgeht? Wie man so schön sagt, sind aller guten Dinge drei, und so war Gehren wohl nur der Beginn von Obi-Wans Konfrontationen mit diesem Thema, welche in Anakin ihren dunklen Höhepunkt und in Luke wiederum ihr Gleichgewicht fand. Es ist nicht immer leicht, neue Geschichten zu etablierten Charakteren zu erzählen, welche die Wahrnehmung dieser Personen nicht maßgeblich verändern und dennoch einen neuen Blickwinkel auf deren Reise erlauben, und zumindest diese erste Erinnerung hat den schmalen Grat zwischen Irrelevanz und zu offensichtlichen Geschehnissen für mich gemeistert. Mit der Wahl einer Miniserie hat man hier wohl die beste Möglichkeit der Umsetzung einer weiteren Geschichte zu Obi-Wan gefunden. Ob die kommenden Erinnerungen genauso sehr auf Obi-Wans weiteres Leben anspielen werden wie diese und wie sie sich in das Gesamtgefüge der bereits bekannten Aspekte einordnen, bleibt erstmal vorsichtig abzuwarten.

Etwas schade finde ich, wie das Abenteuer mit Gehren letztendlich verläuft. Natürlich lässt sich das Verhalten der Jünglinge entschuldigen, wenn man bedenkt, dass sie lediglich Kinder sind, doch nachts leichtfertig im Pyjama durch die Ebenen Coruscants zu hüpfen, erscheint mir doch ziemlich naiv. Dennoch bewundere ich Obi-Wans Hingabe gegenüber seiner Freundin, auch wenn er sie ultimativ verliert. Gehren selbst wurde für mich als Charakter nur wenig zum Leben erweckt, erfüllt ihren Zweck in der Geschichte jedoch, um dann vermutlich vorerst im Nichts der Nebencharaktere zu verschwinden. Interessant ist an ihrer Geschichte noch am meisten, dass es während der Prequel-Ära weitere Jedi gab, die den Orden verlassen haben, und das bereits in einem sehr jungen Alter. Spannend finde ich zumindest die Zabrak Nodrus Cay, die hoffentlich keine Eintagsfliege bleibt und von der ich gerne noch mehr erfahren würde. Wie Gehrens Abenteuer letztendlich ausging, interessiert mich im Gegenzug leider weniger, aber vielleicht soll es das auch gar nicht, immerhin scheint selbst Obi-Wan damit abgeschlossen zu haben.

Einer der besten Momente der Ausgabe war für mich, als Obi-Wan zum ersten Mal einen Gedankentrick anwendet, der hier nur mäßig funktionieren will, später jedoch zu seinem Markenzeichen wird. Und auch seine kleine Strafaufgabe, die Yoda ihm erteilt, konnte mich zum Schmunzeln bringen. Anakin hatte sicherlich eine Menge Spaß, sollte Obi-Wan ihm je diese Anekdote aus seinem Leben erzählt haben.

Zu den Zeichnungen

Ario Anindito als Zeichner mit an Bord zu haben, ist so ziemlich immer ein Erfolgsversprechen – und so auch hier. Die Darstellung Obi-Wans ist unverkennbar an Alec Guinness angepasst und dem Darsteller nahezu aus dem Gesicht geschnitten. Den hohen Erwartungen wird Anindito allemal gerecht. Auch die Umgebung gefällt mir gut: die Eröffnungssequenz der Ausgabe wirkt fast filmmalerisch mit den einzelnen Ausschnitten und Perspektiven des Planeten, sodass die künstlerische Gestaltung die Einöde und gleißende Hitze Tatooines toll zur Geltung bringt. Hervorzuheben ist hier auch die Koloration von Carlos Lopez, dessen eintönige, aber nicht zu Einheitsbrei verschwimmende Farbgebung perfekt zum Setting passt.

Wer genau aufgepasst hat, hat vielleicht auch bemerkt, dass das Aurebesh, das Obi-Wan in sein Tagebuch schreibt, „some kind of end“ bedeutet, und somit den Satz beendet, den er in der Sprechbox beginnt. Diese kleinen Spielereien werten den ohnehin schon angenehm gestalteten Comic nochmals auf.

Die Atmosphäre Coruscants ist im Gegensatz zu Tatooine dann düster und kühl, was die beiden Zeitebenen gut trennt. Im Nachthimmel und Hintergrund des Planeten hatte ich mehr Flugverkehr und generellen Trubel erwartet, aber der Fokus auf Obi-Wan und Gehren tut dem Comic auch keinen Abbruch. Wieder einmal zeigt Anindito, dass er auch großes Talent dafür besitzt, nicht-humanoide Spezies darzustellen, und besonders die (zugegebenermaßen doch etwas menschenähnliche) Nodrus Cay und ihr Erscheinen aus den Schatten hat mir extrem gut gefallen.

Irritiert hat mich lediglich der Hautton von Obi-Wan und Gehren. Dieser ist bei beiden Charakteren seltsam rosastichig, sodass man sie aufgrund dessen schon fast einer anderen Spezies zuordnen könnte. Hier könnte in zukünftigen Ausgaben noch etwas nachjustiert werden, sollte man dem jungen Obi-Wan oder gleichaltrigen Menschen ähnlicher Hautfarbe noch einmal begegnen.

Fazit

Obi-Wan #1 ist ein interessanter Einstieg in ein multimediales Geschichtennetzwerk rund um Obi-Wan Kenobi, das sich über verschiedene Altersklassen und literarische Medien bis natürlich zur Live-Action-Serie spannt. Die erste Ausgabe der Miniserie ist kurzweilig und charaktergetreu, doch es bleibt abzuwarten, inwieweit die Geschichte mit den anderen Medien verbunden wird oder ob diese kleinen Anekdoten aus dem Leben des Jedi-Meisters für sich allein stehen sollen. Die Zeichnungen sind auf gewohnt hohem Anindito-Niveau mit leichten Abstrichen, was die Koloration des Flashbacks betrifft. Zwar wird man nicht absolut vom Hocker gerissen, was auch definitiv schwierig ist, wenn man einen Großteil der Geschichte eines Charakters bereits kennt, doch für Obi-Wan-Fans und Leser, die gerne Lücken des Kanons gefüllt wissen, kann der Start der Serie nach der ersten Ausgabe problemlos empfohlen werden.

Wie hat euch die erste Ausgabe Obi-Wan gefallen? Mögt ihr die Erzählstruktur und was sagt ihr zu Obi-Wans Erinnerung aus seinen Jünglingstagen? Lasst es uns gerne in einem Kommentar wissen!


Star Wars #23 – rezensiert von Maximilian

„Together?“ „Together.“

Davan und Frell

Heute steht neben Obi-Wan Kenobi auch die Star Wars Hauptreihe wieder in den Startlöchern. Bereits die 23. Ausgabe ist es, seit dem Neustart nach Episode V und es ist so viel passiert. Wir befinden uns weiterhin im Crimson Reign Handlungsbogen, der seinen Titel mit den anderen laufenden Reihen derselben Zeit teilt, doch von Crossover-Stimmung ist hier quasi nichts zu spüren, worüber ich im Moment gar nicht traurig bin.

Star Wars #23 (04.05.2022)
Star Wars #23 (04.05.2022)

Charles Soule entführt uns auf eine undurchdachte Rettungsmission, und mitten in eine Schlacht gegen einen ramponierten Sternenzerstörer, die uns von Ramon Rosanas und Rachelle Rosenberg künstlerisch präsentiert werden.

Ich bin ehrlich, seit langem habe ich mich mal wieder auf ein Einzelheft der Hautreihe gefreut und ich wurde nicht enttäuscht. Kes Dameron und seine Pathfinder (ich tue mich hier schwer mit dem Begriff Pfadfinder) sind an Bord des Sternenzerstörers Tarkins Whill angekommen und versuchen seine Frau Shara Bey zu retten, die ja inzwischen vom Commander Zahra aufgemischt wurde. Gleichzeitig führt besagte Kommandantin eine Schlacht gegen die nun wieder vereinte Flotte der Rebellion, die allerdings absolut erbärmlich ist, nicht zuletzt auch dank Zahra selber, die mehrere Divisionen aufgerieben hat.

Die Schlacht läuft nicht gut und teilweise muss man sich fragen, wie die Rebellen es überhaupt so weit geschafft haben, wenn sie sich durch recht einfache und vorhersehbare Manöver grundlegend hinters Licht führen lassen. Auf der anderen Seite steht da Commander Zahra, die ihre Truppe im Griff und einen Plan hat. Obwohl sie die Schlacht letztlich verliert, da sie nicht mit den Angreifern von Innen und deren Opfern gerechnet hat, wird sie nicht als chronische Verliererin dargestellt, wie es bei den „Bösen“ in Star Wars ja leider zu oft der Fall ist. Hier jedoch zeigt sie, was das Imperium zu leisten bereit ist, was das Imperium leisten kann. Mit einem einzelnen Sternenzerstörer und ohne sich die Finger wirklich schmutzig zu machen, schaltet sie mehrere Schiffe der Flotte aus und vernichtet gleichzeitig sämtliche Bodentruppen. Gleichzeitig demoralisiert sie die Feinde. Also das muss wirklich hoch gelobt werden, bevor man sagt, dass ihr Zerstörer letztlich abstürzt. Aber selbst hier muss man ihr anrechnen, dass die ihrer Mannschaft den Befehl zur Flucht gibt, statt fanatisch daran festzuhalten, dass alle auf ihren Posten bleiben sollen. Das hat man ja bei Imperialen gerne.

Neben der Schlacht, die uns von außen fesselt, spielen sich weitere Emotionen bei den Szenen der Pathfinders ab, die sich im Inneren des Zerstörers befinden, um Shara zu retten. Sie bemerken natürlich, dass dies längst keine reine Rettungsmission mehr ist, sondern mehr dahinter steckt und greifen so Schlussendlich merklich und mit großem Gewicht in den Ausgang der Schlacht ein. Obwohl ich mit ihnen nie ganz warm geworden bin, unter anderem, weil ich Dameron nicht mag, werde ich das Team nach 23 Ausgaben doch ein wenig vermissen. Wobei, vielleicht haben ja ein paar überlebt.

Die Zeichnungen sind von gewohnt herausragender Qualität und können sich absolut sehen lassen. Besonders Sternenzerstörer sehe ich mir unglaublich gerne an, auch wenn ich mich frage, warum er auf dem letzten Bild weniger Schäden hat als vor seinem Absturz mit Explosion. Nicht nur der Schildgenerator auf der Brücke ist wieder heil, von den Auswirkungen der Explosion ist auch nichts zu sehen. Das betrifft allerdings wirklich nur das letzte Bild. Alle anderen Seiten sind auch inhaltlich perfekt abgestimmt. Besonders die Pfadfinder zeigen dieses Mal sogar echte Emotionen und können diese auch rüberbringen, im Gegensatz zu Zahra, die auch eine Maske tragen könnte. Aber das muss bei Imperialen so sein, sonst würden sie ihren Job nicht richtig machen.

Mir hat die #23 jedenfalls unglaublich viel Spaß gemacht und ich kann sie dieses Mal wirklich empfehlen.

Wir danken Marvel für die Bereitstellung der digitalen Vorab-Exemplare, ohne die unsere Marvel Mittwoche nicht möglich wären.
Nächste Woche erscheint nach aktueller Planung dann Halcyon Legacy #3
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