Am 17. Dezember 2018, also ca. ein Jahr nachdem Episode VIII – Die letzten Jedi in den Kinos lief, ist das Buch Canto Bight im Zuge der Journey to Star Wars: Die letzten Jedi in Deutschland beim Verlag Blanvalet erschienen. Hier handelt es sich nicht direkt um einen Roman, sondern eher um eine Sammlung von vier Novellas, die bekanntlich etwas länger als Kurzgeschichten sind. Die Geschichten handeln von Wesen, die in Canto Bight leben oder dorthin gekommen sind, um ihr Glück zu machen. Die Erzählungen stammen von den Autoren Saladin Ahmed, Rae Carson, Mira Grant und John Jackson Miller. Für Saladin Ahmed und Mira Grant ist das jeweils ihr erstes und bisher einziges Werk im Star Wars-Universum. Rae Carson konnte mich schon mit einem Young Adult-Roman als Vorgeschichte zu Solo – A Star Wars Story überzeugen. Meine Meinung zu Meistgesucht könnt ihr in meiner Rezension nachlesen. Außerdem schrieb sie auch eine Kurzgeschichte für den Band Star Wars: From a Certain Point of View.
Den Anfang macht Saladin Ahmed mit der Geschichte Die Regeln des Spiels. Darin geht es um einen einfachen, naiven Vaporatoren-Verkäufer, der einen Aufenthalt in Canto Bight gewonnen hat, weil er der beste Verkäufer des Jahres war. Das klingt im ersten Moment langweilig, aber er wird auf eine Interessante Art in Ereignisse verwickelt, die die Geschichte spannend und lesenswert machen. Der Autor schaffte es, mich von Anfang an zu fesseln. Ich habe mit dem Hauptcharakter mitgefiebert und war auf den Ausgang der Geschichte gespannt. Das Ende ist nicht vorhersehbar und gefällt mir persönlich sehr gut. Die Erzählung hat gute Wendungen und passt sehr gut ins Star Wars-Universum. Ich hoffe, dass Saladin Ahmed noch weitere Ausflüge in unser geliebtes Universum macht, denn von diesem Autor möchte ich noch mehr Star Wars-Geschichten lesen.
Mira Grant folgt dann mit ihrem Erstlingswerk im Star Wars-Universum, das den Titel Der Wein in Träumen trägt. Hier ist die Hauptfigur eine Sommelière, die nach Canto Bight reist, um ein besonderes Geschäft abzuschließen. Wie bereits bei Herrn Ahmed liefert auch Mira Grant ein sehr gutes Erstlingswerk ab. Die Charaktere sind wunderbar aufeinander abgestimmt. Obwohl ich kein Weinkenner bin, fand ich es erfrischend, eine solche Person in den Fokus einer Star Wars-Geschichte zu stellen. Die Autorin lässt den Leser bewusst im Dunkeln über die Beweggründe der Figuren, was zu überraschenden Wendungen führt. Ich wünsche mir deshalb auch von Mira Grant zukünftig weitere Star Wars-Geschichten.
Die dritte Geschichte ist von Rae Carson und handelt von Lexo Sooger, dem Starmasseur aus Zords Spa und Badehaus, der in Canto Bight lebt und arbeitet. Der Titel Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen ist Lexo Soogers Lebensmotto, das in der Geschichte etwas durcheinander gebracht wird. Etwas verwirrend für mich ist aber die Tatsache, dass diese Figur im Buch als männlich und in Star Wars: Die letzten Jedi: Die illustrierte Enzyklopädie als weiblich bezeichnet wird. Nach meinen Nachforschungen mit Florian konnten wir anhand der englischen Originalausgaben feststellen, dass der Fehler in der illustrierten Enzyklopädie ist. Rae Carsons Geschichte ist gut, aber nicht so gut wie die ersten zwei. Ich bin mit Lexo Sooger nicht richtig warm geworden. Der Geschichte fehlt ein wenig Spannung, da alles zu sehr vorhersehbar ist. Dem Hauptcharakter fehlt es ein wenig an Tiefe und dadurch wirkt er etwas blass.
Der Veteran im Star Wars-Universum macht mit Der Ritt den Abschluss in diesem Band. John Jackson Miller erzählt von dem Proposition-Spieler Kaljach, der verzweifelt versucht, den großen Gewinn zu machen. Der Autor ist für mich eine Person im literarischen Mittelfeld. Ich wurde von Ihm schon mitgerissen wie z.B. bei der Reihe Knights of the Old Republic oder beim Roman Kenobi. Dennoch hatte er aber auch seine schwachen Momente wie bei Knight Errant. Bei Der Ritt brauchte ich sehr lange, um mit dem Hauptcharakter warm zu werden. Der Anfang zieht sich ein wenig, aber dann nimmt die Geschichte an Fahrt auf.
Meine Gesamtbewertung bezieht sich natürlich nicht nur auf die einzelnen Stärken oder Schwächen der Geschichten, sondern auch auf die Verknüpfung untereinander und zu dem Film Star Wars: Die letzten Jedi. Den Autoren ist es gut gelungen, einen Aha-Effekt zu erzeugen. Ich saß immer wieder mit dem Gedanken da: „Ah, deshalb ist die Situation in der anderen Geschichte so gewesen!“ Dadurch werden diese vier kleinen Geschichten zu einer großen. Außerdem bekommt der Leser auch mehr Hintergrundinformationen zu einigen Figuren aus Episode VIII, die sich dort nur im Hintergrund bewegen. Wenn man sich vor dem Lesen des Buches die oben erwähnte Enzyklopädie zu Star Wars: Die letzten Jedi durchliest, dann hat man beim Lesen sogar die richtigen Figuren aus dem Film vor dem geistigen Auge.
Ich hatte meinen Spaß mit den Geschichten und den Figuren und würde mich freuen, wenn zu Episode IX: Der Aufstieg Skywalkers auch wieder so ein Buch erscheint. Bei Episode VII: Das Erwachen der Macht gab es ja auch schon mit Geschichten aus einer weit, weit entfernten Galaxis: Spezies, Band I ein ähnliches Buch, das in Maz Kanatas Schloss spielte.
Trotz der beiden letzten Geschichten, die etwas gegenüber ihren Vorgängern schwächeln, aber dennoch gut sind, gebe ich dem Buch 5 von 5 Holocrons, da ich dafür höchstens ein halbes Holocron abgezogen hätte. Wer mehr zu der Casinostadt auf Cantonica erfahren will, dem kann ich dieses Buch wärmstens empfehlen. Neue und relevante Informationen zur Skywalker-Saga darf man aber hier nicht erwarten. Es ist ein Buch, das einen Teil unserer geliebten Galaxis genauer beleuchtet, um ihm mehr Tiefe zu verleihen. Wer so wie ich an dieses Buch heran geht, der wird seine Freude damit haben.
Wir danken Blanvalet für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Was Lexo Sooger angeht: Im Einzelband der „Illustrierten Enzyklopädie“ zu Episode VIII wurde dieser leider angesichts seines kleidartigen Gewands und des Halsschmucks tatsächlich im Eifer des Gefechts fälschlicherweise zur Masseurin, aber im aktuellen Sammelband der Enzyklopädien wurde das bereits wieder zum „Masseur“ korrigiert.
Gut, dass es korrigiert wurde. 🙂
Als ich das Bild in der Enzyklopädie gesehen habe und dort Masseurin stand, dachte ich zuerst an einen Übersetzungsfehler im Roman. Jetzt verstehe ich auch wie dieser zustande gekommen ist.
Ich lese gerade den Band und muss hier mal meinen Frust loswerden. Also die erste Geschichte „Die Regeln des Spiels“ war ja noch ok. Obwohl sie ziemlich vorhersehbar und daher auch nicht spannedn war. Ich weiß nicht, wie Jürgen das anders sehen kann.
Aktuell bin ich bei der zweiten Geschichte und das ist so ziemlich das Schlimmste was ich je von Star Wars gelesen hab. Ich weiß nicht, ob ich einfach zu ungebildet bin, die Übersetzung echt mies ist oder der Schreibstil einfach Grütze ist. Manche Sätze ergeben überhaupt keinen Sinn. Ich muss jeden dritten Satz 4-5 mal lesen, um überhaupt ansatzweiße zu verstehen, was mit der Autor sagen möchte. Also ganz fürchterlich. Hier kommt keine Lesefluß /- spaß auf. Ich lese alles von Star Wars, aber dies ist das erste mal, dass ich überlege etwas abzubrechen. Geht es denn nur mir so?
Das schöne an einer Anthologie ist, dass du eine unliebsame Geschichte auch einfach überspringen und mit der nächsten weitermachen kannst. 🙂