Rezension: William Shakespeare’s The Force Doth Awaken von Ian Doescher

William Shakespeare's The Force Doth Awaken (03.10.2017)
William Shakespeare’s The Force Doth Awaken (03.10.2017)

William Shakespeares frühneuenglische Sprache und die Geschichte von Star Wars – diese Kombination hätte man bis vor einigen Jahren noch nicht für möglich gehalten. Doch seit 2013 hat Ian Doescher nun schon mit beträchtlichem Erfolg sämtliche Filme der Original- und Prequel-Trilogie in Versform und an den literarisch gebildeten Fan gebracht. Da ist der logische nächste Schritt natürlich die Adaption des ersten Sequel-Films unter dem Titel William Shakespeare’s The Force Doth Awaken. Genau dieses Buch ist nun am 3. Oktober bei Quirk Books erschienen. Doch kann das siebte Shakespeare-Theaterstück mit seinen Vorgängern mithalten?

Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich ein großer Fan der Reihe bin, da ich als Englischlehrerin, Sprachen-Fan und Star Wars-Nerd natürlich genau in die Zielgruppe falle, die ich eigentlich für extrem klein gehalten hätte. Doch der Verkaufserfolg der Reihe beweist, dass es wohl noch viel mehr Exemplare wie mich gibt, bei denen sich diese so unterschiedlichen Interessen überschneiden. Ian Doeschers Bücher begeistern mich jedoch nicht nur aufgrund der wunderschönen Sprache, der gekonnten Versform und der amüsanten Vorstellung, dass Figuren aus Star Wars so altertümlich sprechen. Auch inhaltlich fügen die Shakespeare’s Star Wars-Adaptionen den Filmen immer noch eine weitere Ebene hinzu. Dazu tragen vor allem die tiefgründigen Monologe und literarischen Anspielungen bei, aber auch die intelligente Umdeutung von Figuren wie R2-D2 und Jar Jar Binks. Auch versteckt Doescher in jedem seiner Werke diverse Easter Eggs, die ich immer mit Begeisterung gesucht habe.

Auch in The Force Doth Awaken lässt Doeschers Sprachgewandtheit wie immer nichts zu wünschen übrig. Die Dialoge in elisabethanischem Englisch sind geschliffen und treffend geschrieben. Als kleine Leseprobe möchte ich euch hier General Hux‘ Ansprache vor seinen Truppen geben, die Doescher in der poetischen Form einer sogenannten „Villanelle“ umgesetzt hat:

HUX
This is the weak Republic’s final hour,
The end of those who foster such unrest.
They shall observe the strong First Order’s pow’r!

E’en now, far hence, th’Republic false and dour
Doth lie unto a galaxy oppressed.
This is the weak Republic’s final hour!

Supporting the Resistance, they devour
All chance for peace, which else might manifest.
They shall observe the strong First Order’s pow’r!

The fierce machine you built shall make them cow’r,
and bring an end unto the Senate pest –
This is the weak Republic’s final hour!

Th’Republic’s fleet, once a colossal tow’r,
shall crumble like an old bird’s feeble nest –
They shall observe the strong First Order’s pow’r!

At our vast might and boldness they shall glow’r.
Then bow – our eminence at last confess’d.
This is the weak Republic’s final hour –
They shall observe the strong First Order’s pow’r!

Wunderbar, wie Doescher hier das extrem repetitive Reimschema mit seinen nur zwei verschiedenen Reimen und der ständigen Wiederholung bestimmter Sätze nutzt, um selbst zu zeigen, wie sehr Hux sich in Rage redet und wie inhaltsleer sein Geschrei eigentlich ist. Selbst beim Lesen dieser Verse hört man ihn förmlich brüllen. Und genau solche Szenen, in denen die poetische Sprache einen echten Mehrwert bringt, gibt es in The Force Doth Awaken wieder zuhauf, beispielsweise auch als sich Rey und Kylo während ihres „Gedankenlese-Duells“ passenderweise seitenweise Metaphern aus dem Wortfeld „in einem Buch lesen“ um die Ohren hauen. Selbst eine im Film recht zweifelhaft anmutende Szene wie die Umarmung zwischen Rey und Leia am Ende wird von Doescher durch eine ausgesprochene Gegenüberstellung der Parallelen der Figuren aufgewertet.

William Shakespeare's The Force Doth Awaken - Illustration 1
William Shakespeare’s The Force Doth Awaken – Illustration 1

Natürlich dürfen auch einige Elemente, die mittlerweile schon Traditionen der Reihe sind, nicht fehlen. So geben auch in diesem Buch die „jolly monsters“, in diesem Fall die Rathtare, in Form eines Liedes kund, was sie bewegt. Und auch das Meta-Gespräch zwischen zwei unwichtigen und nur in einer Szene auftauchenden Figuren findet wieder statt. Dieses Mal handelt es sich dabei um einen jungen und einen alten Sturmtruppler der Ersten Ordnung. Der ältere, der schon unter dem Imperium gedient hat, erzählt dabei dem jüngeren, wie anders damals alles war, als es noch einen Todesstern statt der Starkiller-Basis und eine Rebellion statt des Widerstandes gab – eine humorvolle Anspielung auf die vielen Parallelen zwischen Episode IV und VII.

Auch bei den Easter Eggs hat Doescher mal wieder nicht gespart. So macht Poe seinem Namen etwa alle Ehre und wirft mit Zitaten von Edgar Allen Poe um sich, während Finn seine Kennbuchstaben „FN“ im wahrsten Sinne des Wortes nicht los wird. Aber auch Fans der Tales of the Jedi-Comics, des Musicals Hamilton, der Romane von Charles Dickens und des Cameos von Daniel Craig sollten während der Lektüre Ausschau nach Anspielungen halten. Wahrscheinlich existieren noch viel mehr Anspielungen, die ich nicht entdeckt habe. Laut Ian Doeschers Aussagen im Nachwort, sollen wohl auch BB-8s Pieptöne dechiffrierbar sein, wenn man weiß, welche Buchstaben man überspringen muss. Leider bin ich dazu zu untalentiert. Wenn es jemandem von euch gelingen sollte, lasst es mich wissen.

Und wo wir schon beim Thema sind: Auch Chewie wird in diesem Band erstmals verständlich, denn seine Aussagen werden in Fußnoten ins Shakespeare-Englisch übersetzt. Dadurch entstehen nicht nur zahlreiche humorvolle Situationen, in denen Chewie Hans Notlügen und Fehleinschätzungen entlarvt, sondern wir bekommen als Leser auch die Trauer des Wookiees beim Tod seines besten Freundes hautnah mit. Eine schöne Idee, die Chewbacca zusätzliche Tiefe verleiht.

Dazu ergänzend sind die wunderschönen Holzschnitt-Zeichnungen von Nicolas Delort wieder ein Genuss fürs Auge. Allein das Cover mit BB-8 mit Mantel und Hut schafft das Unmögliche: den goldigen kleinen Droiden noch süßer aussehen lassen! Aber auch im Buchinneren finden sich zahlreiche weitere Highlight.

Bei all dem Lob gibt es leider auch eine Sache, die in The Force Doth Awaken weniger gut funktioniert als in den Vorgänger-Bänden: die Monologe. Diese sind zwar gewohnt gut geschrieben, allerdings können sie nicht, wie sonst, zusätzliche Gedanken oder Verknüpfungen enthüllen, weil eben so wenig über die Identitäten der Figuren und ihre Vergangenheit bekannt ist. Dasselbe Problem hatte auch schon der Roman zu Das Erwachen der Macht. Bei The Force Doth Awaken ist es aber besonders schade, da die Stärke der Shakespeare Star Wars-Reihe ja gerade in den Monologen und den augenzwinkernden „Asides“ liegt. Diese sind hier leider viel flacher geraten als sonst. Das ist aber nicht Ian Doeschers Schuld, denn der kann natürlich auch nur mit den Informationen arbeiten, die er bekommt. Vielleicht wäre es aber eine bessere Idee gewesen, mit den Shakespeare’s Star Wars-Umsetzungen der Sequels zu warten, bis die gesamte Trilogie veröffentlicht und alle Geheimnisse enthüllt sind.

Außerdem ergeben sich meiner Meinung nach auch aus dem schnellen Tempo von Das Erwachen der Macht sowie aus den häufigen Szenenwechseln Probleme für die Shakespeare-Umsetzung. Die Szenen sind oft extrem kurz geraten, ständig treten Figuren auf und gehen ab, es herrscht ein regelrechtes Gewusel auf der imaginären Bühne. Doescher muss noch viel öfter als in den vorigen Bänden mit dem Stilmittel des Balkons oder dem „Einfrieren“ von Figuren arbeiten. Auf dem Papier, in Dramenform und in der Sprache Shakespeares wirkt das sehr unruhig, gehetzt und wenig Shakespeare-haft. Man kann sich nur noch sehr schwer vorstellen, dass das Geschehen wirklich so auf einer Bühne stattfinden könnte. Ich weiß nicht, ob dieses Problem lösbar gewesen wäre. Natürlich könnte die Shakespeare-Umsetzung freier werden gestaltet werden und sich nicht mehr an die Szenenabfolge des Films halten. Andererseits ist ja aber gerade der Wiedererkennungseffekt von Szenen und Dialogen das Attraktive an Ian Doeschers Werken. Ich wüsste also auch keinen Ausweg aus dem Dilemma.

Insgesamt ist William Shakespeare’s The Force Doth Awaken trotzdem eine sehr amüsante Lektüre. Ian Doescher überzeugt wie gewohnt mit seinen Sprachkünsten, witzigen Ideen und gekonnt eingestreuten Easter Eggs. Abgerundet wird der Gesamteindruck durch die liebevoll gestalteten Holzschnitt-Zeichnungen Nicolas Delorts. Dadurch, dass über die Identität der Figuren aus Das Erwachen der Macht noch zu wenig bekannt ist, bleiben jedoch die sonst tiefgreifenderen Monologe hinter den Erwartungen zurück. Auch der häufige Szenenwechsel und das schnelle Tempo den Films beißen sich ein wenig mit dem Shakespeare-Konzept. Insgesamt bekommt Ian Doescher für seine Arbeit von mir 5 Holocrons, das Buch aber nur 4, da es aufgrund äußerer Umstände nicht ganz an die Vorgänger herankommt.

Der Rezensent vergibt 4 von 5 Holocrons!
Die Rezensentin vergibt 4 von 5 Holocrons!

Wir danken dem Verlag Quirk Books recht herzlich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Wie hat euch William Shakespeare’s The Force Doth Awaken gefallen?

Gewinnspiel [BEENDET]

Mit freundlicher Unterstützung von Penguin Random House und Quirk Books verlosen wir 1x William Shakespeare’s The Force Doth Awaken! Beantwortet dafür einfach die nachfolgende Frage und füllt das Formular aus:

Wie übersetzte Ian Doescher Han Solos Spruch „Tut mir leid, die Sauerei“ ins Shakespeare-Englische? (Tipp: Schaut euch unsere früheren Rezensionen der Reihe an!)

Die Verlosung ist beendet!

Teilnahmebedingungen
  • Die Preise werden unter allen Einsendungen mit der richtigen Antwort verlost.
  • Nur eine Einsendung pro Person/Familie/Haushalt!
  • Einsendeschluss ist Dienstag, der 31. Oktober, um 23:59
  • Die Preise werden nur innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der Schweiz versendet!
  • Sämtliche gesammelten Daten dienen nur dem Zweck des Preisversands und werden nach dem Ende des Gewinnspiels und dem Versand der Preise wieder gelöscht.
  • Alle Angaben ohne Gewähr! Eine Barauszahlung der Gewinne ist ausgeschlossen.

In diesem Sinne: Vielen Dank und möge die Macht mit euch sein!

Update 01.11.2017 21:40 Der Gewinner

„Pray, goodly Sir, forgive me for the mess“ hat Ian Doescher Han Solos Spruch „Tut mir leid, die Sauerei“ aus Episode IV: Eine neue Hoffnung ins Shakespeare-Englische übersetzt.
Aus den zahlreichen Einsendungen hat unsere Glücksfee folgenden Gewinner gezogen:

  • Marcel M. aus Sand am Main

Herzlichen Glückwunsch und viel Spaß mit dem Buch!

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