Rezension: Star Wars #92: Darth Vader: Der Schatten des Schattens, Teil 4 & Obi-Wan, Teil 5

Der Sturm ist vorüber. Aber ich weiß, am Horizont wartet bereits der nächste.

Obi-Wan Kenobi

Nach längerer Pause geht es mit unseren Rezensionen zu Paninis monatlicher Comic-Heftreihe weiter. Die überaus sandige Heftnummer #92 enthält dabei den Abschluss von Obi-Wan und natürlich ein neues Kapitel zu Darth Vader. Bei ihren erschienenen Covern fallen direkt zwei Besonderheiten auf, denn einerseits landete die Ausgabe für Abonnent*innen des Journal of the Whills im März mit der #109 als Variantcover und somit kostenloses Abogeschenk im Briefkasten, das aber wiederum das reguläre US-Cover des enthaltenen Darth Vader #26 vom Künstler Rahzzah zierte. Normalerweise verwendet Panini nämlich ausgesuchte US-Variantcover für seine eigenen Variantausgaben, doch in diesem Fall – womit wir zur zweiten Besonderheit kommen – wählte der in Stuttgart heimische Verlag ein Variant von Alex Maleev als überall erhältliches reguläres Kiosk-Cover aus. Für die Comicshop-Ausgabe wurde wieder Phil Fotos Cover von Obi-Wan #5 verwendet. Hier einmal alle drei Varianten im direkten Vergleich:

Kommen wir nun zum Inhalt und damit zum kreativen Sandkasten, in dem die Kreativen der Geschichten des Hefts hoffentlich viel Spaß hatten:

Die fünfte und finale Story um den großen Jedi-Meister Obi-Wan Kenobi, der seine Tagebücher vorerst schließt, als sich der Sandsturm wieder legt. Doch in den Gefahren der Jundland-Wüste auf Tatooine entdeckt er kurz darauf etwas völlig Unerwartetes … UND: Sand – Der nächste Teil der aktuellen Darth Vader-Story. Anakin Skywalker sagte in Angriff der Klonkrieger einst zu Padmé Amidala: „Ich mag Sand nicht“. Doch was bedeutet er nun für den Dunklen Lord der Sith?

Es fällt auf, in beiden Geschichten geht es zentral um das beliebte, raue, kratzige und ganz und gar nicht Padmés dermatologischen Eigenheiten entsprechendem Element. In dem schlicht Ben betitelten Finale von Christopher Cantwells fünfteiliger Geschichte um den ehemaligen Jedi-Meister endet der Sandsturm, der Obi-Wan die letzten Hefte über Erlebnisse aus seiner Vergangenheit hat sinnieren lassen. Damit kommt auch die Haupthandlung wieder in der Gegenwart an und schickt den Einsiedler auf eine nächtliche Reise zu Sturmtruppen und Sandleuten. Dabei zieht er das ein oder andere Resümee aus den vorherigen Ausgaben und erinnert sich an den Kern dessen, was einen Jedi ausmacht und trifft in den richtigen Momenten auch seine Entscheidungen, danach zu handeln. Dabei trifft Cantwell als Autor den alten Ben aus der klassischen Trilogie nun auch über das Voice-over der Tagebucheinträge hinaus extrem gut. Vor allem bei einer ungewöhnlichen Begegnung und den daraus entstehenden Dialogzeilen wird Alec Guiness‘ Interpretation des Ben Kenobi auf den Comicseiten wieder lebendig und führt die Miniserie charakterlich zu einem runden Abschluss. Außerdem erfahren wir bis zu einem gewissen Punkt, was aus dem in der Disney+-Serie Obi-Wan Kenobi eingeführten Eopie Akkani wird und warum es in Episode IV nicht mehr bei ihm ist. So schließt der Comic subtil und fast nebenbei eine Lücke zwischen der Serie und der Saga, genau wie es Star Wars-Literatur, in der bekannte und etablierte Figuren im Mittelpunkt stehen, auch tun sollte.

Jene Verbindung visuell gestalten durften Adriana Melo als Zeichnerin und Wayne Faucher an den Farben. Melos Zeichnungen reihen sich für mich zwar etwas hinter denen von Madibek Musabekov aus dem letzten Heft ein, dennoch gelingt es ihr, Tatooine als Setting und seine besondere Atmosphäre samt einheimischer Spezies ganz hervorragend einzufangen. Ihre menschlichen Gesichter hingegen sind in Totalen noch seltsam undeutlich und grob, während sie in Nahaufnahmen sehr detailliert und liebevoll ausgearbeitet sind, dass sie ihren wesentlichen Teil dazu beiträgt, die Immersion mit Cantwells Alec Guinness-Obi-Wan zu vollenden. Kolorist Wayne Faucher haucht der hauptsächlich nachts spielenden Episode dann den Rest nötiger Dynamik ein, der am Ende auch visuell schön den Weg ins Licht, den die Galaxis, Obi-Wan und auch die Geschichte mit der am Horizont aufkeimenden Hoffnung gehen, widerspiegelt. Insgesamt kommt die Miniserie Obi-Wan so zu einem simpel fokussierten, zugänglichen und doch um tiefe Schlüsse der vorherigen Kapitel für seine Titelfigur erfüllten Ende.

Für Darth Vaders zwischen Episode V und seinem Opfer in Episode VI angelegte fortlaufende Reihe ist derweil noch kein Ende in Sicht. Wie passend, dass sich der Sandsturm in Obi-Wan bereits gelegt hatte und der in Darth Vader im selben Heft nicht. Greg Pak macht es sich dabei mit seinem diesmaligen Streich Sand inzwischen so einfach, dass es beinahe keine Dialogzeilen gibt, die nicht in den für die Reihe typischen und Wort für Wort identisch aus den Filmen entnommenen roten Flashbacks vorkommen. Stattdessen wechseln sich die Flashbacks mit einer langen Actionszene ab, in welcher der Dunkle Lord sich Kitsters Podrenner schnappt, damit er zu ihm und Sabé gelangen kann, die beide im Sandsturm gefangen sind. So geht es weiter mit den oft erzwungenen Parallelen, die uns Pak zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart der Comichandlung aufzeigen will, um Vaders Entwicklung voranzutreiben. Dass der Imperator das für jeden viel zu offensichtliche am Ende des Hefts auch noch ausspricht, sei dabei geschenkt. Die Handlung selbst und der aktuelle Konflikt auf Gabredor III gehen dabei nur geringfügig voran, selbst für ein zwanzigseitiges Comic-Kapitel.

Raffaele Ienco hat sich vermutlich ebenso, wie Pak beim Schreiben des Skripts Zeit sparen konnte, diese beim Zeichnen gewonnen, war doch der Großteil das Abpausen in den Filmen dargestellter Szenen, genau wie bei einer Comic-Adaption der jeweiligen Bewegtbildmedien. Ironischerweise sieht nur der in der ersten enthaltenen Geschichte noch wunderbar getroffene Obi-Wan in Iencos Flashbackzeichnungen diesmal seltsam misslungen aus, was auf alle anderen bekannten Figuren wie Qui-Gon und Padmé zum Glück nicht zutrifft. Vaders dargestellte größere Aktionen, die den Rest des Hefts dominieren, bleiben nachvollziehbar und übersichtlich, was mir das Gefühl gibt, dass Ienco sich ohne Paks mitunter in der Reihe öfter peinlich gestrickte Dialoge mehr entfalten kann. Carlos Lopez schafft es mit seinen Farbakzenten noch dazu, das Heft trotz des Sandes wohin das Auge reicht nicht zu monoton aussehen zu lassen. Auch immer sehr schönes optisches Foreshadowing, wenn Anakin in den roten Flashbacks sein eigentlich blaues Lichtschwert einsetzt, dass dann dementsprechend ebenfalls rot wirkt.

Zusammenfassend kann man aber sagen, dass die fünf Hefte #88-92 mit Obi-Wan als Erst- und Hauptstory wunderbar unterhalten und man eine Menge, oft auch nachdenklichen, Lesespaß damit hat, wenn man Darth Vader einfach als Zweitstory mit unterdurchschnittlicher Action akzeptiert. Unter dem Aspekt fällt auch meine Bewertung für #92 nicht allzu tief auf, wenn man Vader weniger in die Bewertung einfließen und sich den Leseeindruck nach der sehr guten ersten Story nicht schmälern lässt. Außerdem fällt in einer derart Flashback-lastigen Ausgabe wieder einmal auf, welch tolle Übersetzungsarbeit Matthias Wieland für Panini leistet, indem die Zeilen der deutschen Synchronisation der entsprechenden Szenen entsprechen. Ich bin jedenfalls sehr gespannt, ob Yoda für die Comichefte ab Nummer #94 ein vergleichbares Niveau halten kann.

Bewertung: 4 von 5 Holocrons
Bewertung: 4 von 5 Holocrons

Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

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