Rezension: Crimson Climb von E. K. Johnston

Am 10. Oktober erschien bei Disney-Lucasfilm Press der Young-Adult-Roman Crimson Climb von E. K. Johnston. Das Buch ist, wie mittlerweile üblich, als Hardcover, E-Book und Hörbuch erschienen. Das Datum für die deutsche Veröffentlichung steht noch nicht fest. Das siebeneinhalb Stunden lange, ungekürzte Hörbuch wurde von Olivia Hack eingesprochen, die mit ihrer immer etwas angespannten Stimme erstmals ein Star Wars-Hörbuch vertont hat.

Crimson Climb (10.10.2023)
Crimson Climb (10.10.2023)

Zeitlich spielt er in der Zeit zwischen Hans Flucht, die wir aus dem Film Solo kennen, bis zu einem unbestimmten Zeitpunkt, bevor es zum Wiedersehen mit Han während des Films Solo kommt. Die Geschichte zeichnet Qi’ras Aufstieg von einer Art kleinen Anführerin der Weißwürmer auf Corellia zu einer der Führungsfiguren in Dryden Vos‘ Crimson Dawn nach.

Dass Qi’ra Karriere innerhalb Lady Proximas Gang ein abruptes Ende finden würde, war aus der Konstellation in Solo klar, aber sie hat Glück im Unglück und wird an eine der Auftraggeberinnen von Lady Proxima verkauft, die sie aber noch eine Weile unter deren Obhut belässt, sodass Qi’ra in einer durchaus angespannten Mehrparteiensituation gefangen ist. Und da man zu dieser Zeit auf Corellia nie weiß, wer gerade mit wem welche Aktion durchzieht und was Wahrheit oder nur Schein ist, ist es keine leichte Zeit. Aber mit Geduld und einem gewissen Gespür für die jeweiligen Situationen hält sie den Kopf über Wasser und Kurs auf eine neue, bessere Zukunft. Und es wird keinen wirklich überraschen, dass diese neue Zukunft in ihrer Situation mangels Alternativen natürlich nur in einem Aufstieg innerhalb der diversen Verbrechersyndikate bestehen kann.

E.K. Johnston beschreibt diesen Aufstieg in mehreren Etappen relativ gradlinig, auch wenn es natürlich in der Geschichte etwas auf und ab und hin und her geht. Soweit ist dies ja nicht schlecht, denn wir Leser bekommen so eine Menge Informationen über Qi’ra und die Personen und Organisationen, mit denen sie zu unterschiedlichen Zeiten zu tun bekommt, aber zum einen fehlt auch hier ein Spannungsbogen und zum anderen geht dies – wie auch in anderen Johnston-Romanen – nur mit einer eher oberflächlichen Entwicklung der Charaktere einher. Jeder bleibt, wie er oder sie ist, und wird nur etwas klüger oder geschickter, aber im Kern ändert sich nichts. Dabei wäre durchaus Raum und Anlass hierfür gewesen. Schließlich muss Qi’ra ja nicht nur mit ihrem Absturz in der Hierarchie fertig werden, sondern auch mit dem Verlust von Han. Dieser empfundene Verlust von Han und die widersprüchlichen Gefühle, die dieser in Qi’ra hervorruft, werden zwar immer wieder mal angesprochen, dann aber doch einfach in ihrer Ambivalenz so stehen gelassen. Da hätte ich mir klar mehr von diesem Roman erwartet. Der fehlende Spannungsbogen fällt dagegen weniger schwer ins Gewicht, auch wenn dort – trotz bekanntem Ausgang, dass sie lebt und ihre im Film gezeigte Rolle einnimmt – ebenfalls mehr drin gewesen wäre, denn sie trifft ja schon auf einige an und für sich interessante Gestalten, woraus man in diesem Milieu durchaus die eine oder andere spannende und gefährliche Intrige oder Mission hätte konzipieren können. Stattdessen kriegen wir auch hier nur Schonkost vorgesetzt. Und wie bei Krankenhauskost, schmeckt diese zwar nicht schlecht, aber auch nur, weil sie einfach nach gar nichts schmeckt. Sehr zurückgehalten hat sie sich – zum Glück – auch bei zwei anderen Themen, bei denen ich vorm Lesen doch etwas Sorgen hatte. Zum einen halten sich die Ausflüge in die Gangster-Fashion-Welt sehr in Grenzen und sind meist nur zur Verdeutlichung ihres Ab- oder Aufstiegs innerhalb der Gruppenhierarchie genutzt. Zum anderen bleibt das Thema (un)freiwillige sexuelle Beziehungen – trotz diverser Fan-Fantasien und E.K. Johnstons Vorliebe für derartige Provokationen – weiterhin etwas, was nur zwischen bestimmten Jedi in der Zeit der Hohen Republik mal vorgefallen ist, was einer gewissen Ironie nicht entbehrt. Der Roman braucht also keinerlei Trigger-Warnungen voranstellen.

Gemäß dem Motto „Brave Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin….“ stehen auch Qi’ra am Ende einige Türen sperrangelweit offen, durch die niemand aus ihrer Umgebung zuvor hatte gehen können. Ich bin noch etwas unschlüssig, wie ich diese Entwicklung bewerten soll. Mir persönlich erscheint diese Begegnung am Ende des Romans als etwas voreilig und unrealistisch und damit irgendwie als Cliffhanger für ein oder zwei weitere Romane, die dann die Geschichte bis zum Film Solo weiterspinnen. E.K. Johnston ist Trilogien ja durchaus nicht abgeneigt.

Fazit

Der Roman füllt ein gutes Stück der bisherigen Lücke in Qi’ras Biographie und ist damit grundsätzlich schon mal relevant, zumal Qi’ra ja zwischen Episode V und Episode VI ja noch mal eine wichtige Rolle spielt. Leider gelingt es E. K. Johnston auch in ihrem fünften Star Wars-Werk nicht eine echte Charakterentwicklung oder einen Spannungsbogen zu konstruieren. Alles verläuft – trotz einiger Hindernisse und Widersacher – immer zu glatt. Das Potenzial der Entwicklung der zurückgelassenen Qi’ra zu jener Figur, wie wir sie dann in Solo kennen lernen, wird leider nicht gehoben. Das Buch ist nicht schlecht, aber leider auch nicht wirklich gut.

Der Rezensent vergibt 3 von 5 Holocrons!
Bewertung: 3 von 5 Holocrons

9 Kommentare

  1. Ich bin gerade noch mitten im Hörbuch und kann dir zum Thema „Schonkost“ nur zustimmen. Für mich macht das Ganze streckenweise eher den Eindruck einer schlechten Fan Fiction. Gegen Anfang wird mir etwas zu stark und zu lange auf der Mitleidsschiene gefahren. („Die arme Qi’ra! Alle wollen sie nur schlagen und versklaven. Aber sie ist hart im Nehmen und irgendwann wird sie sich durchsetzen. Wartet’s ab!“) Dann geht mir der Aufstieg doch etwas zu schnell und teilweise zu unverdient. Teilweise wohl auch wegen ihres guten Aussehens fallen ihr immer irgendwelche Vorteile zu, die andere Syndikatsmitglieder, die auch schon länger dabei sind, so nicht zu bekommen zu scheinen. Eine zweifelhafte Message. Wirklich schräg finde ich auch, dass bei Crimson Dawn (und auch sonst in er Unterwelt) außer Dryden Vos selbst kaum ein Mann aktiv zu sein scheint. E.K. Johnston beschreibt das Ganze als kompletten Frauenclub. Weird! Sie scheint echt nicht nur ein Problem mit Anakin, sondern generell mit männlichen Figuren zu haben…

  2. Danke für die Rezension. Ich bin immer noch gespannt wie das Buch & die Comicreihe nach Ep5 um Sie dann die Geschichte des Charakters ausbauen wird. Ich finde das Potenzial ist da eine kleinere spannende Geschichte etwas Abseits der großen Ereignisse zu erzählen, aber bisher habe ich selbst nicht die Zeit gefunden die Comics zu Lesen und somit nachzuvollziehen was mit Crimson Dawn nach Solo passiert ist. Von dem Buch hätte ich mir auch eher gewünscht, dass es direkt nach Solo spiet und wir so erfahren wie Qi’ra mit Maul arbeitet und wann/warum diese sich dann irgendwann getrennt haben. Aber das kann ja dann auch in einer Fortsetzung passieren, sofern es wie du schon spekuliert hast zu einer Fortsetzung kommen sollte. Wenn das Buch dann auf Deutsch erscheint werde ich genauer wissen ob ich immer noch gespannt bin, wie es an der Stelle der Galaxis weitergeht.

    1. Ich wäre auch sehr an einer Fortsetzung von Solo interessiert, und da nicht nur vom Solo Handlungsstrang (gerne als Film!), sondern auch von Qi’ra. Aber als Author*in würde ich dafür jemand anderen als E. K. Johnston wünschen. Michael Reeves käme mir da in den Sinn, aber der weilt ja leider nicht mehr unter uns. Wer wäre denn da euer(e) Wunsch-Autor*in?

  3. Ach herrje, Frau Johnston schlägt wieder zu. Hatte nach Padme eigentlich keine Erwartungen mehr und so ist es allem Anschein nach wohl auch gekommen. Dabei bietet die Figur doch viele Möglichkeiten und ist so weit ich weiß auch noch nicht zu Ende erzählt worden (Comics hab ich noch nicht gelesen).

    Offenbar haben ihre Bücher ja trotz aller Makel genug Erfolg, um ihr immer weiter neue Aufträge zuzuteilen. An einem Mangel an Autoren kann es eigentlich nicht liegen oder? Gut bei Filmen und Serien setzt man ja auch nicht auf gute Drehbuchschreiber von daher auch irgendwie wieder konsequent^^.

    1. Mir ist nicht bekannt, ob es bei ihr der Fall ist, aber Verlage schließen gerne langjährige Verträge mit Autoren ab und bieten ihnen in diesem Rahmen dann immer mal etwas an und wenn der/die betreffende Autor*in auf die Idee anspringt, dann ist es meist schon geschehen und ein neues Buchprojekt in der Welt.

    2. Ich finde es immer schwierig da so genau festzulegen wo die stärken der einzelnen Autoren liegen aber ich würde einfach mal Claudia Gray & John Jackson Miller in den Raum werfen je nachdem wie man den Fokus setzt können glaube ich beide Autoren sehr gut funktionieren. Aber auch ein Rae Carson hat meiner Meinung nach in Meistgesucht schon bei Qi’ra funktioniert also warum daran nicht anknüpfen.

    1. Ein Veröffentlichungstermin für Deutschland ist noch nicht bekanntgegeben worden, aber erfahrungsgemäß kommen die Bücher von Disney-Lucasfilm Press ja meist mit ca. 9 Monaten Verzug, mal mehr, mal weniger.

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