Rezension: The Book of Boba Fett 1×02: „Die Stämme von Tatooine“

Na gut. Vielleicht fürchtet er den Rancor.

Fennec Shand

Nachdem wir in der letzten Folge im äußerst gemütlichen Erzähltempo erleben durften, wie Boba erste Schritte als Tatooines Daimyo geht und sich nebenbei im Bacta-Tank an die Flucht aus dem Sarlacc und der zweiten Handlungsebene der Serie erinnert, geht es nun direkt mit dem gefangenen Attentäter weiter. Fennec konnte ihn in der Gegenwart der ersten Folge gefangen nehmen und nun wird er in Bobas – immer noch karg besetztem – Thronsaal verhört. Allerdings erweist er sich als ziemlich schweigsam und so muss ein alter Falltürtrick her, um ihn dazu zu bringen, seinen (angeblichen?) Auftraggeber zu verraten. Wir sehen allerdings nicht etwa Jabbas zweiten Rancor Muchi aus The Bad Batch wieder, denn es stellt sich heraus, dass die Grube nach wie vor leer ist. Selbst diese Finte bringt also einen todesmutigen und schweigsamen Attentäter zum Reden. Plot Device oder bewusste Abwertung dieser neuen Gruppe namens „Nachtwindorden“?

Wie man es nach letzter Woche für das offensichtlichste hielt, behauptet der Attentäter jedenfalls, dass er vom Bürgermeister von Mos Espa geschickt wurde. Boba und Fennec beschließen also, ihm einen Besuch abzustatten, wo es erst einmal zu einer kleinen humoristischen Szene am Empfangstresen kommt. Skurrile Gestalten wie der Mann am Empfang oder der Majordomo wirken durch Bobas kühles, bedrohliches Auftreten besonders komisch und sorgen so für etwas heitere Momente. Beim Bürgermeister Mok Shaiz angekommen wird der Attentäter erst einmal erschossen und Boba für seine Dienste gedankt. Der Bürgermeister ist also doch nicht der Strippenzieher und er rät Boba, dass auch in Garsas Zuflucht nicht alles so ist, wie er denke.

Als er dem auf den Grund gehen will, wird er aber von einer großen Überraschung unterbrochen; den ersten Live-Action Hutten seit der DVD-Veröffentlichung von Episode IV im Jahr 2004. Sie werden als Zwillinge und Vettern von Jabba bezeichnet und natürlich wollen sie ihren Anspruch auf dessen Reich geltend machen. Als Unterstützung haben sie einen alten Bekannten dabei, dessen Auftritt vielen den ersten großen Fanboy-Moment der Serie beschert haben dürfte; Black Krrsantan, der Wookiee-Kopfgeldjäger, der seit den frühesten Marvel-Heften des Kanons sein Unwesen treibt, feiert sein Live-Action-Debüt! Es bleibt abzuwarten, inwiefern er weiter auftauchen und es zu einem direkten Schlagabtausch mit Fett kommen wird – wie die Hutten selbst sagen, wird das später geklärt werden. Sie ziehen von dannen, Boba liegt fortan wieder im Bacta-Schlaf und das war es schon mit der Gegenwartshandlung in der Folge. Inklusive Intro also 15 Minuten von 48 Minuten Laufzeit, bis der Abspann rollt.

„Disney+ ist doch das mit den vielen Marvel-Charakteren oder? Also, hier bin ich!“

Den Rest der Episode befinden wir uns in der Vergangenheit und Bobas Zeit bei den Tusken. Nach der ersten Folge war es für mich fast zu befürchten, dass uns diese Struktur nun länger erhalten bleibt, wo ich doch Bobas Gegenwart für deutlich spannender halte. Ich habe die langlebige CW-Serie Arrow zwar nicht lang verfolgt, allerdings erinnert mich die parallele Erzählweise sehr an dieselbe – sogar der zu überwindende Zeitunterschied von fünf Jahren ist identisch. Da ich mich in dieser Folge aber mehr darauf einlassen konnte und nach letzter Woche schon wusste, dass es mich erwartet, hat es durchaus Spaß gemacht. Allmählich wird deutlich, dass wir hier hauptsächlich Bobas Charakterentwicklung vom gnadenlosen Boba Fett der Originaltrilogie oder Krieg der Kopfgeldjäger erleben und dieser Handlungsstrang, vom Tatooine-Worldbuilding abgesehen, seine Daseinsberechtigung in der Geschichte der Galaxis hat. Apropos Worldbuilding: unfassbar, wie stark sich das Bild, welches wir bisher im Kanon von Sandleuten hatten, spätestens mit dieser Serie wandelt. Beispielhaft sei hier die Art genannt, wie Anakin in Episode II Shmis Leiche trägt und dies hier mit Boba (der sich immer mehr in den Stamm einlebt) und einem toten Tusken gespiegelt wird. Um zu verhindern, dass weitere Tusken gewaltsam zu Tode kommen, erbeutet er ihnen sogar Speederbikes der Plünderbande von letzter Woche – wobei er nebenbei Lukes alte Jugendfreunde Camie und Fixer rettet. Wer sich an Star Wars (2015) #5 erinnert, hat erlebt, wie so eine Begegnung auch ausgehen konnte…

Herzlich willkommen bei Fett’s Fahrschule & Sohn!

Mit den Speedern plant Boba, gemeinsam mit den Tusken den Gewürzzug (hehe, das Wortspiel musste sein..) der Pykes zu stoppen, da er durch ihr Dünenmeer fährt und dabei munter auf Tusken und Banthas schießt. Er lernt ihre Welt, Kultur und Waffen kennen und gibt ihnen dafür einen Crashkurs in seiner, technologischeren Welt. Altbekannte Motive der seit jeher George Lucas inspirierenden Kurosawa-Klassiker und alter Western, die sich schon bei The Mandalorian bewährt haben, werden auch hier wieder bedient. Die folgende Actionszene beweist auch wieder mal eindrucksvoll, dass solche Szenen auch in einer Streamingdienst-Serie zu überzeugen wissen und sich nicht hinter der ähnlichen Zugfahrt in Solo: A Star Wars Story verstecken muss. Und wer von euch musste auch als der Fahrerdroide im Wüstensand landet und davon krabbelt an General Grievous denken?

Nach den Verhandlungen mit den gefangenen (und teilweise unmaskierten!) Pykes ist die Route für die Tusken sichergestellt und Bobas Stellung als Anführer unter ihnen gefestigt. Zu diesem Anlass wird er einem gewürzlastigen Ritual unterzogen, das ihn in einer traumartigen Sequenz zu einem Baum führt, aus dessen Ast er sich seinen Gaffii-Stick baut und ihm die Gewänder angelegt werden, in denen wir ihn in The Mandalorian Staffel 2 erstmals wiedergesehen haben. Sehr schön, zu erleben, wie Favreau, der beide Serien schreibt, diese Backstory schon im Hinterkopf hatte, als es um Bobas Design und Waffen in letztgenannter Serie ging und wie er nun die Chance hat, sie durch diese Serie auch zu zeigen. Alles führt zueinander und wirkt rund, so kann durchdachtes Storytelling in einem größeren Universum funktionieren. Die Folge endet mit einem rituellen Kampftanz und ich bin tatsächlich gespannt, was unser gebeutelter Boba nun noch mit diesem Stamm erleben wird, vor allem, wenn wir uns parallel zu The Mandalorian befinden und wir die übrigen Punkte der „Story-Checklist“ abarbeiten.

Simba… äh, Boba…

Mich persönlich konnte die Serie nun auch mit dieser Folge catchen. Mit den Hutten werden spannende Gegenspieler mit Konfliktpotenzial eingeführt, Black Krrsantans Auftritt hat mich unglaublich gefreut und auch die Vergangenheit ist nach der Gewöhnung von letzter Woche interessanteres Terrain geworden. Perfekt verkörpert wird meine Meinung zur Serie durch meinen Eindruck vom Main Title Theme – letzte Woche fand ich es noch gewöhnungsbedürftig und beinahe langweilig, heute wirkt es vertrauter, darf sich weiter entfalten und auch mich dabei mitnehmen.

Bewertung: 4 von 5 Holocrons
Bewertung: 4 von 5 Holocrons

8 Kommentare

  1. Stimme dir in allen Punkten zu. Ich habe mich letzte Woche noch mit Kritik und auch Lob zurückgehalten, da es noch zu wenig war, um wirklich die Qualität zu bewerten. Nach der Folge sehe ich das alles recht positiv. Die beiden Hutten waren eine wirkliche Überraschung (obwohl ja eigentlich so naheliegend) und auch die Verknüpfungen zu den Comics und dem bisherigen Kanon allgemein sind große Pluspunkte. Das haben wir bei Mando ja schon so toll befunden, schön, dass es sich hier noch fortsetzt. Mal sehen, ob noch weitere alte Bekannte von Boba einen Besuch auf Tatooine einrichten können.

  2. Ich fand die zweite Folge auch besser; die erste hatte mich ja nicht wirklich überzeugt.

    Sehr genial fand ich die Ankündigung des Hutten-Auftritts mittels der Trommel. Einfach aber effektiv und hatte irgendwie auch einen starken Anklang von Jurassic Park für mich. Das Ganze hat ein gewisses Selbstbewusstsein und Auftreten, welches Boba noch abgeht, was Boba ja auch einige Sticheleien bzgl. seiner fehlenden Sänfte einbringt.

    Die Handlung an sich fand ich zwar wenig originell, aber auch nicht schlecht.

  3. Diesmal kann ich mich der Rezension tatsächlich anschließen. Nach der Ernüchterung letzte Woche und dem innerlichen leichten Anfreunden mit einigen Kritikpunkten (Morrison als Fett, Rückblenden, etc.) konnte ich die Folge wesentlich mehr genießen. Ich würde zwar ebenfalls gerne mehr in der Gegenwart sehen, da ich mir die Vergangenheit schon genauso vorgestellt hatte, aber dafür wurden wir hier jetzt mit einer guten Actionszene und leichtem Humor belohnt. Das passt. Und ich glaube, dass die Vergangenheitsszenen doch noch der Schlüssel dazu werden, warum Fett jetzt überhaupt plötzlich Verbrecherlord werden will.

    Das Auftauchen der Hutts und vor allem von Black Krrsantan war mein persönliches Highlicht! Geil.

    Was mich allerdings weiterhin stört: Seit Ep. VI sind 5 Jahre vergangen!?! Warum war Boba Fett so lange bei den Sandleuten?!? Der hätte nun schon längst weiterziehen können. Und warum wollen die Hutts genaus JETZT Jabbas Thron wieder haben? Big Fortuna wäre doch einfacher zu Ersetzen gewesen. Hätten die Hutts einfach gesagt, dass er für sie gearbeitet hat, wäre das Problem gelöst gewesen. Nun schleicht sich hier Unverständnis in mein Schädel. Aber vlt. wird auch das noch gelöst. Bin jetzt jedenfalls gespannt auf die nächste Folge.

    1. Die Hutts kommen genau jetzt ins Spiel da ihr Handlanger Bib Fortuna von Boba ermordet wurde. Ich denke dass Bib Fortuna für die Hutts gearbeitet hat und es zu ihrer Zufriedenheit lief. Ist nur eine Vermutung um es zum jetzigen Zeitpunkt für mich Rund zu haben.

      Wie kriegen es die paar Männer eigentlich hin zwei fette Hutten plus Sänfte zu tragen? 🙂

    2. Repulsortechnik – aber gerade nur so stark eingestellt, dass die Träger noch ächzen müssen, damit der gewünschte Eindruck erhalten bleibt 😉

  4. Bin nun gestern auch mit der zweiten Folge fertig geworden (vor „The Book of Boba Fett“ war noch „Bad Batch“ dran) und fühlte mich dabei ganz gut unterhalten. Obwohl ich über den Rückblick vorher gestöhnt habe, muss ich sagen, dass sich dieser neuer Einblick in die Kultur der Tusken durchaus gelohnt hat. Auch weil die Regisseure hier in einer Einstellung eindeutig einen meiner Lieblingsfilme – „Lawrence von Arabien“ – zitieren. Überhaupt finden sich dort einige Parallelen, wobei es immer wieder erstaunt, wie viele Facetten man so etwas leerem wie der Wüste Tatooines abringen kann.

    Auch wenn Boba so gar nichts mit der Figur zu tun hat, die sich aus dem alten EU herausentwickelt hat, bin ich mehr als gespannt, wo die Reise jetzt hingeht. Und ob es zwischen ihm und Black Krrsantan noch zu einer Auseinandersetzung kommen wird. Bis jetzt hat sich der beste Bounty Hunter in der Reihe ja nun nicht wirklich mit Ruhm bekleckert.

    Dennoch: Ich genieße diese Zeiten. Hätte mir in meiner Kindheit einer gesagt – gerade während der langen Durststrecke von 1983 bis 1999 – das wir irgendwann mal in schöner Regelmäßigkeit mit Star Wars Serien versorgt werden … 😉

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