Timothy Zahn im Interview zu Thrawn Ascendancy: Chaos Rising

StarWars.com hat Autor Timothy Zahn zu seinem neusten Buch Thrawn Ascendancy: Chaos Rising interviewt, das am 1. September erschienen ist und bereits von Ines rezensiert wurde. Er spricht dabei unter anderem darüber, nach welchen Überlegungen er die Gesellschaft der Chiss aufgebaut hat und wie er auf die Idee der Sky-walker kam. Wir haben das Interview für euch übersetzt.

StarWars.com: In dieser Buchreihe werfen wir einen Blick auf Thrawn, bevor er der Großadmiral wurde, den wir alle kennen und lieben. Wie war es, sich in diese Figur zu jener Zeit hineinzuversetzen?

Timothy Zahn: Es war interessant. Thrawn und seine Art, mit Dingen umzugehen, sind in meiner Vorstellung ziemlich fest gesetzt. Wir sehen ihn in einem anderen Umfeld bei seinem eigenen Volk. Dort hat er andere Hindernisse und Ziele, als zu der Zeit, in der er es mit den Imperialen zu tun hatte. Er muss sich dieser Gesellschaft erst noch beweisen und gewinnt langsam Freunde und Verbündete, aber gleichzeitig auch Feinde. Anders als im Imperium sind dies seine eigenen Leute, deshalb wird es eine gewisse Intimität und Befriedigung geben, wenn er Freunde findet, oder Bedauern, wenn es um einen Gegner geht. Und natürlich gibt es jede Menge Politik im Reich der Chiss und das ist etwas, das Thrawn einfach nicht gut kann.

StarWars.com: In Chaos Rising fühlt es sich manchmal wirklich so an, als ob Thrawn der Gute in der Geschichte sei. Er versucht sein Volk zu retten und alle, die im Chaos leben, aber es gibt immer ein, zwei Zeilen, die einen daran erinnern, dass der auf eine gefährliche Art gerissen, berechnend und skrupellos ist. Wie findest du da die richtige Balance?

Timothy Zahn: Es kommt darauf an, dass man weiß, was er will, was seine Ziele sind. Sein Ziel ist es, primär sein Volk vor Bösem zu schützen und dann auch die anderen unschuldigen Völker rund um das Reich der Chiss. Er wird tun, was auch immer nötig ist, um genau das zu erreichen. Seine Skrupellosigkeit zeigt sich, wenn ihm etwas im Weg steht, was da nicht sein sollte oder von dem er denkt, dass es da nicht sein sollte. Er ist gewillt, durch dieses Hindernis durchzumarschieren, egal wie schlimm die Konsequenzen auch sein mögen.

StarWars.com: Das Reich der Chiss und ihre Heimwelt, Csilla, stehen in dieser Geschichte im Vordergrund. Wie bist du an die Entwicklung der Feinheiten dieser Gesellschaft herangegangen?

Timothy Zahn: Ich habe in anderen Büchern hier und da einige Anspielungen angebracht. Ich habe die Neun Herrscherfamilien erwähnt und dass sich diese Zahl ändern kann und dass man einer anderen Familie zugeordnet werden kann. Die Idee war, eine Art Erbherrschaft zu haben wie die Borgia-Familie in Italien. Aber in diesem Fall kommen und gehen die Mitglieder der Familie, so dass man nicht die Stagnation bekommt, zu der dies leicht führen könnte. Die Frage war also: „Wie füge ich diese Aspekte zusammen, um eine stimmige Gesellschaft zu erhalten?“ Ich hatte die vier Ecken des Hauses, aber ich musste nun die Innenausstattung bauen und viele interessante Dinge geschahen, als ich begann, das zu tun. Vieles davon ist das, was man „Konsequenzen austesten“ nennt. Wenn es neun Herrscherfamilien gibt, wie funktioniert dann der Rest der Gesellschaft? Ich habe mich früh dazu entschieden, dass die Chiss nicht die gleiche demokratischen Gewaltenteilung haben, die wir aus den USA kennen. All das passiert in der Syndicure. Ich überlegte mir also: „Wie funktioniert das, wie hält man so ein System stabil, wie verhindert man, dass es eine komplette Diktatur wird?“ Die Familien bekämpfen sich natürlich untereinander. Man nimmt all diese Teile und versucht, aus ihnen etwas zu machen, das funktioniert. Um es nochmals zu sagen: Ich hatte die Basis für dieses Buch und musste nur noch alles ausfüllen. Die Kultur der Chiss ist eine interessante Mischung aus ständigen Familienzankereien, bis eine klare und gegenwärtige Gefahr droht und alle zusammenkommen. Wenn du planst, sie anzugreifen, möchtest du sie nicht alle auf einer Seite vereint sehen. Sie sind kein Gegner, dem du gerne gegenüberstehst.

Chaos Rising - Thrawn-Poster für B&N von Jeremy Wilson
Chaos Rising – Thrawn-Poster für B&N von Jeremy Wilson

StarWars.com: Die Chiss haben auch einen interessanten Blick auf den Rest der Alien-Spezies, die im Chaos leben. Warum denken sie, dass sie über allen anderen stehen?

Timothy Zahn: Das ist ein weiteres Beispiel für das Austesten folgender Konsequenzen. Wenn man sagt, dass es einem egal ist, dass eine Spezies oder ein Planet von bösen Wesen niedergemacht wird, und dass man erst eingreift, wenn es einen direkt betrifft – diese Einstellung führt dazu, dass man sie für minderwertig hält und das eigene Volk als wichtiger erachtet. Es kommt alles wieder zum Ausgangspunkt zurück. Thrawn hält das für eine sehr kurzsichtige Denkweise und wir sehen ihn darüber mit Ar’alani diskutieren und ihre Antwort ist: „Wenn wir anfangen, anderen zu helfen, wo hören wir dann auf?“ Das Tolle an dieser Sorte von Buch ist es, dass man sich mit Problemen aus der realen Welt befassen kann, aber in einer Welt, die nicht unsere eigene ist. Wir haben diese ganze Ethikdiskussion darüber, welche Verantwortung die Gesellschaft einer Supermacht hat. Das Ziel ist es, diese Idee den Leserinnen und Lesern auf faire Art und Weise zu präsentieren, die Fragen zu stellen und die Vor- und Nachteile zu benennen, sodass die Leserin oder der Leser sich selbst eine Meinung bilden kann.

StarWars.com: Es ist schön, dass wir verschiedene Meinungen innerhalb des Reichs der Chiss bekommen und Thrawn sie alle in Erwägung zieht. Wenn er mit anderen spricht, scheinen sie oft überrascht zu sein, wenn sie gegensätzliche Meinungen äußern und Thrawn sie nicht sofort ablehnt.

Timothy Zahn: Eine der schlimmsten Dinge, die eine Gesellschaft tun kann, ist, einer Seite den Stempel „böse“ aufzudrücken, denn dann verschwindet jegliche Hoffnung auf Dialog. Man kann denken, dass die andere Seite Unrecht hat, aber wenn man sie „böse“ nennt, gibt es keine Basis für eine Unterhaltung mehr, es gibt keinen Versucht mehr, Meinungen zu ändern – das führt nirgendwohin. Die Idee ist doch, die andere Seite davon zu überzeugen, dass man Recht hat; man kann immer noch denken, dass die falsch liegen, aber man möchte sie davon überzeugen. Das Kennzeichen eines guten Anführers ist es, dass er nichts unüberlegt ablehnt. Ziehe alle Optionen, alle Seiten in Betracht. Du kannst zu dem Schluss kommen, dass eine Idee falsch ist, aber sie einfach auszuschließen, das verhindert Kommunikation, Kompromisse und ist letztendlich kontraproduktiv.

StarWars.com: Um auf die Alien-Spezies zurückzukommen, die einen Auftritt im Buch haben: Viele sind neu und wir bekommen einen besseren Eindruck davon, wer im Chaos lebt. Gibt es irgendwelche Ähnlichkeiten zwischen den Spezies, die ihnen erlauben, sich im Chaos gut zu entwickeln?

Timothy Zahn: Es gibt nichts wirklich Bestimmtes, das sie gemeinsam haben, außer dass sie wegen der Schwierigkeiten, die Langstreckenreisen in der Gegend mit sich bringen, kleinere Gesellschaften sind. Das Reich der Chiss ist eine relativ ruhige Gegend, sodass man hin- und herreisen kann, ohne einen Navigator anzuheuern oder einen Sky-walker an Bord haben zu müssen. Aber für die meisten Planeten außerhalb der Grenzen des Reichs der Chiss gibt es da dieses Dickicht, durch das man erst mal hindurch muss, da sind Trümmer und die Hyperraum-Routen verändern sich ständig. Man muss einen Navigator anheuern, um sich dort fortbewegen zu können. Deshalb sind die Handelskontakte und politischen Allianzen tendenziell geringer zwischen diesen Spezies.

StarWars.com: Sky-walker spielen in diesem ersten Band auch eine große Rolle und sie scheinen eine sehr einzigartige Verbindung zur Macht zu haben. Was war deine Inspiration für diese Figuren und warum der Name „Sky-walker“, abgesehen von den offensichtlichen Gründen?

Timothy Zahn: Es sollte eigentlich nur ein schöne kleine Anspielung sein, als Thrawn zum ersten Mal Anakin trifft, aber dann bekam ich diese Trilogie angeboten und mir wurde klar, dass ich den Namen jetzt an der Backe hatte. (lacht) Es war gut, dass ich den Bindestrich dazwischen gesetzt habe, sodass die Leute nicht verwirrt sind. Der Name selbst ergibt Sinn, diese Leute durchqueren wirklich die Sterne. Ich wollte etwas anderes, ich wollte nicht wieder einfach nur den Hyperantrieb reinwerfen. Er ist toll, aber er ist Standard und fast zu einem Klischee geworden. Ich wollte dem Ganzen etwas mehr Beschränkungen auferlegen. Sobald man eine Komplikation einbaut, hat das Auswirkungen, die eine Erklärung wert und interessant für die Leserinnen und Leser sind. Für die im Chaos reisenden Wesen heißt es also: Wenn du es nicht allein durch diesen Raum schaffen kannst, musst du jemanden engagieren, der das kann. Sie sind von anderen abhängig und diese anderen, die Navigatoren, brauchen ihren eigenen Moralkodex. Was bedeutet das alles für die Gesellschaft als Ganzes? Wenn man jemanden angreifen will, darf der Navigator nichts ausplaudern. Und das führt alles wieder zurück zu der Tatsache, dass das keine leicht zu erkundende Gegend ist. Es macht das Ganze interessant und ist eine weitere Herausforderung für die Gesellschaft und die Leserinnen und Leser.

StarWars.com: Die Interaktion zwischen Thrawn und Anakin über Batuu wird nun aus Thrawns Perspektive erzählt und erlaubt uns mehr Einblicke in das Ganze. Hattest du schon eine Idee für die Szene aus Thrawns Sicht, als du sie damals in Thrawn: Alliances geschrieben hast?

Timothy Zahn: Himmel, nein. Ich wusste noch nicht mal, dass ich diese Bücher schreiben würde. (lacht) Die Szene sollte einfach aus Anakins Sicht sein, als ich sie damals schrieb. Ich dachte, es sei ein schöner kleiner Cameo-Auftritt. Die Szene nun im aktuellen Buch wieder zu verwenden, ist ein guter Weg, um die Geschichte in der Timeline zu verankern. Es ging also nur darum, eine Schippe draufzulegen und zu überlegen, wie Thrawn und Che’ri die Situation erlebten. Es hat viel Spaß gemacht, aber ich hätte nie erwartet, dass ich das tun können würde. Eine Interaktion hat mindestens zwei Teilnehmer und sie sehen dieselbe Sache immer ein wenig anders, sie haben ihre eigenen Hintergründe und Erfahrungen und es war toll, das mit dieser Szene erkunden zu können.

StarWars.com: Chaos Rising enthält einige große Raumschlachten. Was für Recherchen stellst du an, wenn du diese Szenen schreibst?

Timothy Zahn: In den Filmen hat man nicht wirklich Zeit, die internen Taktiken und Diskussionen zu betrachten, die während der Schlacht in den Schiffen stattfinden. Das ist also ein großer Vorteil, wenn man Schlachten in Büchern beschreibt. Wenn ich mich an eine Schlacht herantaste, denke ich darüber nach, wer der Gegner ist, was seine Taktiken und Schwächen sind. Was sind die Schwächen der Chiss, was ihre Stärken? Und ich entscheide auch, wie die Schlacht enden soll. (lacht) Das ist ziemlich alles. Ich stelle sicher, dass ich beide Seiten verstehe, und dann lasse ich es krachen!

StarWars.com: Was, glaubst du, wird Fans, die das Buch und die Buchreihe lesen, am meisten begeistern?

Timothy Zahn: Es ist unmöglich, das vorherzusagen. (lacht) Ich hoffe, sie haben Freude daran, mehr über die Kultur und Familienstruktur der Chiss zu erfahren und zu sehen, woher Thrawn kommt. Obwohl er einzigartig ist, gibt es trotzdem eine Menge anderer interessanter Chiss-Figuren. Manche davon verstehen Thrawn, manche dulden ihn einfach und einige hassen ihn. Man kann nicht nur ein Buch über das Reich der Chiss schreiben. Es muss der Hintergrund für ein anderes Abenteuer sein. Ich musste all diese Aspekte miteinander verweben und einen guten, soliden Eindruck in die Kultur vermitteln, aber gleichzeitig auch sicherstellen, dass Thrawn es allen zeigt. Das Ziel ist es, die beiden Dinge im Gleichgewicht zu halten.

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