Zweite Rezension: Thrawn Ascendancy: Chaos Rising von Timothy Zahn

Nach dem ganzen Hin und Her mit dem Veröffentlichungsdatum ist es endlich soweit. Am 1. September kam der langersehnte erste Teil der Ascendancy-Trilogie Chaos Rising heraus und natürlich habe ich den Roman sogleich verschlungen. Und egal wie oft ich mir noch anhören muss, dass Timothy Zahn als Autor von Thrawn überholt ist und und und… für mich ist der Roman der Beweis, dass man Autoren eben doch nicht gleich abschreiben soll, auch wenn einem das Thema nicht gefällt.

Für die Inhaltsangabe verweise ich auf die exzellente Rezension von Ines, die bereits am 1. September erschienen ist. Es sei gesagt, dass wir uns wieder auf eine Schnitzeljagd der Thrawn-Art begeben und einen Bösewicht jagen, der mich am Ende ein klein wenig an die Worte des Bendu aus Rebels erinnert hat.

Obwohl die Geschehnisse in eine vergangene und gegenwärtige Handlung geteilt sind, ergänzen sich dieses Mal, anders als beispielsweise noch in Thrawn: Allianzen, beide hervorragend. Die Erinnerungen, wie die Vergangenheitskapitel betitelt werden, umreißen dabei die Kadettenzeit Thrawns sowie Ar’alanis eigenen Aufstieg, sowohl in der Flotte als auch der Irizi-Familie. Die Kapitel haben mir insofern ganz besonders gefallen, als sie einen sehr viel verletzlicheren Thrawn zeigen, der durchaus bockig reagiert und auch nicht immer das bekommt, was er will. Und gerade in der Vergangenheit zeigt sich, wie früh Ar’alani schon eine, gewissermaßen unfreiwillige, Mentorenrolle für Thrawn eingenommen hat.

An dieser Stelle schließe ich mich Ines an: Geballte Chiss-Lore ist nach vielen, vielen Romanen endlich eingetrudelt. Und was für eine. Neben Familienintrigen, Hierarchien und Namensverwirrungen wird hier ganz viel Worldbuilding betrieben. Und was mich daran besonders erfreut hat: Die Chiss sind – selbstverständlich – kein Strahlemann-Volk. Im Gegenteil, das Kastensystem und die ganze Familienpolitik sind schon für sich problematisch, aber gerade der Umgang mit ihren „Sky-walkern“ ist eine moralische Problematik, die ich sehr begrüße. Die besondere und vor allem tragische Rolle der Navigatoren der Chiss ist für mich dabei eine der besten Erfindungen überhaupt. Che’ri und Thalias waren für mich tolle Figuren, mit denen ich mitgefiebert und -gelitten habe. Gerade der Gegensatz zwischen einer älteren Navigatorin, die bereits ihre Machtfähigkeiten verloren hat, und einer aktiven, jungen Navigatorin war an vielen Stellen sehr berührend. An anderen Stellen hätte ich die herrschenden Familien gerne an die Wand geklatscht, für die Art und Weise wie mit den Navigatoren und deren Familienmitgliedern verfahren wird.

Die Chiss, die sich so gern als überlegen sehen, haben eben genauso Fehler und Schattenseiten in ihrer Gesellschaft. Da war insbesondere auch das Augenmerk auf Csillas Hauptstadt bemerkenswert, doch das möchte ich euch selbst herausfinden lassen und nicht spoilern. Ein kleineren Wehrmutstropfen in den Erinnerungskapiteln verspüre ich allerdings bei der etwas beiläufigen Erwähnung von Thrass, Thrawns Bruder in Legends. Das kleine bisschen Fan-Service hätte mich natürlich gefreut, aber gut das ist natürlich Detailmeckerei. Aber ohne zu viel zu verraten gab es da auch noch die ein oder andere interessante Familieninfo zu Thrawn, die vielleicht noch einmal im Folgeband aufgegriffen wird.

Dafür darf Ar’alani in der Gegenwart gewissermaßen den Aufpasser für Thrawn spielen. Ich fand eigentlich nicht, dass sie stark unter Thrawns Genialität gelitten hat. Zwar hält sie oft ihren Kopf für ihn hin und stimmt seinen Plänen zu, allerdings hatte ich das Gefühl, dass sie auf gleicher Ebene mit Thrawn taktiert, auch wenn sein Plan wieder mal ausgefallener ist. Sie erfüllt da ein bisschen die Rolle von Eli Vanto im ersten Thrawn-Roman, aber im Gegensatz zu ihm sagt sie Thrawn auch unverblümt ins Gesicht, ob sie seinen Plan vernünftig hält oder nicht. Ich hoffe allerdings trotzdem, dass in den Folgebänden das noch stärker herauskommt und auch nicht nur mit Thrawn zusammen agiert, sondern ähnlich wie in Thrawn: Treason auf einem anderen Schiff unterwegs ist als er. Besonders amüsiert hat mich gerade bei Ar’alani auch ihre eigene Art mit Autoritäten oder Regeln umzugehen, die ihr nicht passen. Einfach mit der Tradition zu brechen und einen Fremden in das Familienanwesen einzuladen schien sogar Thrawn ein bisschen Angst zu machen.

Überhaupt sind Zahn die Chiss-Charaktere sehr gut gelungen. Mitnichten haben wir hier einen Einheitsbrei, sei es der etwas mürrische aber um das Wohl der Chiss bemühte Ba’kif, der zweifelnde aber loyale Samakro oder die intriganten Syndics, deren Namen ich euch jetzt nicht spoilern möchte. Alle sind durchweg interessant gestaltet und wirken lebendig und nicht nur wie zweidimensionale Thrawn-Abklatsche oder Stereotypen. Ich hoffe wir sehen einige von ihnen auch in der Zukunft wieder!

Mich hat tatsächlich überrascht dass der Roman so viel aus Legends übernimmt, bzw. aus den anderen Kanonromanen. Neben einer lustigen Episode in der wir die Begegnung Thrawns mit Anakin Skywalker aus dessen Sicht erleben dürfen, sind Teile von Die Kundschafter mit eingebaut und sogar Spieler des Online-Rollenspiels The Old Republic kommen auf ihre Kosten. Zahn hat ja bereits mehrfach betont, dass er versucht, seine Romane dahingehend soweit es im Groben möglich ist, kongruent zu halten. In Chaos Rising hat das auch sehr gut funktioniert und ich hoffe, dass es auch in der Art und Weise weitergeht und Zahn sich dann nicht selbst im Weg steht.

Es mag bei mir als erklärtem Thrawn-Fan überraschend sein, aber ich hatte anfangs damit geliebäugelt dem Roman „nur“ vier von fünf Holocrons zu geben. Ein paar Dinge, die ich weniger positiv empfand, wie beispielsweise das etwas zu lapidare Unverständnis der Familienpolitik durch Thrawn, haben mich am Anfang etwas härter mit dem Roman ins Gericht gehen lassen. Aber jetzt wo ich das Buch sozusagen nochmal Revue passieren lasse gab es für mich doch zu viele Pluspunkte, um Chaos Rising die fünf Holocrons vorzuenthalten. Ich freue mich schon auf die Folgebände und wie sich die Dynamik zwischen Thrawn, Che’ri und Thalias sowie Ar’alani weiterentwickelt.

Der Rezensent vergibt 5 von 5 Holocrons!
Der Rezensent vergibt 5 von 5 Holocrons!

4 Kommentare

    1. Es geschehen Zeichen und Wunder: ich gebe dir bei deiner Bewertung eines neuen Thrawn-Buches Recht! Es ist wirklich eine erfrischende Lektüre und auch wenn Zahns Vorurteile bezüglich seiner Figur nach wie vor bestehen bleiben, fällt das gar nicht so sehr auf dank der tollen Point-of-view-Charaktere, durch deren Augen wir die Handlung sehen. Che’ri, Thalias, Ar’alani, Thurfian und die anderen sind Zahn wirklich gelungen und das Worldbuilding ist auch fabelhaft. Ich bin gespannt auf Band 2 und hoffe, dass Zahn diese solide Basis für zwei weitere gute Romane nutzen kann.

  1. Wirklich ein tolles Buch. Definitiv mein Favorit der bisheriger Kanon-Thrawn Romane.

    Die Verbindung zu Alliances war eine schöne Überraschung, damit hatte ich nicht gerechnet. Hat aufheben Fall auch geholfen die Geschichte zeitlich einzuordnen, da sie ansonsten ja doch sehr für sich steht.

    Die Figuren sind wirklich toll, da schließe ich mich meinen Vorrednern an.

    Ich fand es auch schön ein ziemlich in sich abgeschlossenes Buch zu erhalten, Ich hatte befürchtet das hier zu viel offen bleibt für den nächsten Band…

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