Als der Band angekündigt wurde, war meine Vorfreude relativ gering. Ich bin kein großer Freund von Aliens und Kreaturen und Kurzgeschichten machen mir normalerweise viel weniger Spaß als Romane. Außerdem schien bei dem Konzept relativ wenig an relevanten Informationen über Die letzten Jedi enthalten zu sein, was meine Lesemotivation nicht gerade erhöhte. Mit dementsprechend geringen Erwartungen ging ich an das Buch heran.
Im Folgenden werde ich die vier Kurzgeschichten erst einzeln bewerten und dann meinen Gesamteindruck schildern.
Rules of the Game von Saladin Ahmed
In der ersten Geschichte begleiten wir den Vaporatoren-Verkäufer Kedpin Shoklop, welcher in seiner Firma den Titel „Salesbeing of the Year“ (deutsch: „Verkaufswesen des Jahres“) erlangt und eine Urlaubsreise nach Canto Bight gewonnen hat. Leider macht der gute Kedpin jedoch einen so naiv-touristischen Eindruck, dass er direkt bei seiner Ankunft am Raumhafen von dem Verbrecher Anglang Lehet ins Visier genommen wird, welcher ihn als lebende Bombe für einen Anschlag auf Canto Bights brutalen Polizeichef missbrauchen will. Dass gerade diese Geschichte am Anfang der Anthologie steht, halte ich für eine sehr gute Wahl, denn wir Leser sind ja, genau wie der Protagonist, neu in Canto Bight und da passt die Perspektive eines Touristen, welcher beeindruckt vom Prunk und Glanz der Stadt durch die Straßen geht, perfekt. Ich fühlte mich hier wirklich gut abgeholt und an der Hand genommen. Langsam konnte ich Stück für Stück die Wunder der Stadt entdecken und in Überlegungen schwelgen, was ich mir alles ansehen würde, wenn ich Touristin auf Canto Bight wäre. Kedpin Shoklop ist zwar ein sehr naives Wesen, das auf jeden Enkeltrick reinfallen würde, war mir aber trotzdem durchgehend sympathisch, sodass ich mit ihm mitleiden konnte und immer hoffte, dass er doch noch einen schönen Urlaub genießen darf. Insgesamt hat mich die Geschichte gut unterhalten und mir eine interessante Touristenführung durch Canto Bight geboten. Daher vergebe ich dafür 4 von 5 Holocrons.
The Wine in Dreams von Mira Grant
Hear Nothing, See Nothing, Say Nothing von Rae Carson
In dieser Geschichte haben wir es mit dem Masseur Lexo Sooger zu tun, der in einem luxuriösen Spa seine Brötchen verdient, in welchem regelmäßig auch die Eliten Canto Bights seine Dienste in Anspruch nehmen. Da diese während der Massage gern auch mal das ein oder andere Geheimnis ausplaudern, möchte der ambitionierte Verbrecherboss Big Sturg Ganna den Masseur gern als Informanten anwerben. Als dieser sich aufgrund seiner Lebensphilosophie, immer neutral und aus der Schusslinie zu bleiben („Hear Nothing, See Nothing, Say Nothing“), weigert, entführt Ganna Lexos Tochter Lula und Lexo muss nun alles tun, um sein geliebtes Kind wiederzubekommen. Diese Geschichte besticht vor allem durch den krassen Kontrast zwischen den einfachen Bürgern, repräsentiert durch Lexo Sooger und seine Tochter Lula, und den (einfluss)reichen Gangster-Eliten, die gleichzeitig auch die Fäden in der Politik ziehen. Während Lula als eine Art Leibeigene Kinderarbeit in den Fathier-Ställen leisten muss, um sich irgendwann freikaufen zu können, schwimmen die wohlhabenden Verbrecherbosse im Luxus und können die ärmeren Bewohner der Stadt zu ihren Spielbällen machen, die zwischen den Fronten aufgerieben werden. Deshalb ist Lexos verzweifelter Kampf gegen dieses System und für seine Tochter umso spannender zu verfolgen. Für eine durchweg unterhaltsame und spannende Geschichte mit einem sympathischen Protagonisten vergebe ich 4 von 5 Holocrons.
The Ride von John Jackson Miller
Das Gesamtkonzept
Insgesamt erfüllt die Anthologie durchaus ihren Zweck, denn als Leser hat man nach der Lektüre einen gute Vorstellung von der Stadt Canto Bight und ihren Bewohnern. Allerdings war das dann auch schon der gesamte Informationswert, den man aus dem Buch ziehen kann, was ich dann doch etwas dünn finde. Es wirkt nicht so, als hätte irgendetwas, was in diesen Geschichten passiert ist, noch weitergehenden Einfluss auf andere Erzählungen, weshalb man die Kurzgeschichten, auch wenn sie größtenteils unterhaltsam zu lesen waren, schnell wieder vergessen haben wird. Untereinander sind die Geschichten, die, wie gesagt, alle in derselben Nacht spielen, jedoch toll verknüpft und spielen immer wieder aufeinander an. Zum Beispiel möchte eine Figur aus Rules of the Game gern einen Termin bei Lexo Sooger buchen, doch der ist nicht da. Weshalb er nicht da ist, erfahren wir dann später in Hear Nothing, See Nothing, Say Nothing. Das Gesamtkonzept wirkt durch solche Kleinigkeiten wirklich gut durchdacht und stimmig.
Fazit
Mit meinen Einzelbewertungen der Geschichten komme ich auf einen Schnitt von 3,75 Holocrons. Dies zeigt auch gut, dass die Geschichten für sich genommen von einer guten Qualität sind. Letztendlich frage ich mich aber schon, ob ich einem Buch mit so wenig Relevanz 4 von 5 Holocrons geben kann. Mit anderen Werken, denen ich 4 Holocrons gegeben habe, wie Leia, Prinzessin von Alderaan oder Rogue One, kann Canto Bight einfach nicht mithalten. Und es gehört definitiv auch nicht zu den Büchern, die ich jedem ans Herz legen würde. Nur wer wirklich Komplettist ist, braucht dieses Buch in seiner Sammlung. Alle anderen können sich das Geld auch sparen, denn man verpasst nicht viel. Unter diesen Umständen runde ich in der Gesamtwertung auf 3 von 5 Holocrons ab.

Wir danken Penguin Random House UK und dem Century-Verlag recht herzlich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Canto Bight in der britischen Ausgabe von Century könnt ihr euch auf Amazon.de bestellen. Eine deutsche Ausgabe ist bis jetzt noch nicht angekündigt. Wenn sich das ändern sollte, erfahrt ihr es bei uns.
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