Rezension: Rogue One: A Star Wars Story – der Filmroman von Alexander Freed

Voller Begeisterung haben die meisten von uns Rogue One im Kino gesehen. Und natürlich geht nach dem Kinobesuch für uns Literaturfans der nächste Griff direkt zum Roman zum Film, welcher dieses Mal von Alexander Freed verfasst wurde und im Vereinigten Königreich beim Verlag Century erschienen ist, kurz nach der US-Erstausgabe von Del Rey. (Vorsicht, die Rezension enthält Spoiler zum Film!)

Rogue One: A Star Wars Story (03.01.2017)
Rogue One: A Star Wars Story (03.01.2017)

Obwohl ich Rogue One als Film genial fand, waren meine Erwartungen an den Roman eher mäßig. Erstens hatte mich 2015 die Romanfassung zu The Force Awakens von Alan Dean Foster massiv enttäuscht. Zweitens befürchtete ich, dass Alexander Freed wieder nicht meinen Geschmack treffen würde. Kanon-Lesern ist er ja schon als Autor von Battlefront: Twilight Company bekannt, einem Buch, das mich leider nicht mitreißen konnte, da mir die Figuren zu wenig Charaktertiefe hatten und ich mit den durch die Bank desillusierten Soldatenfiguren nicht warm werden konnte. Wie würde also wohl ein Filmroman von Alexander Freed werden?

Zur Handlung selbst muss ich nicht viele Worte verlieren. Wie für einen Filmroman üblich, folgt das Buch hier recht genau dem Film und gibt alles wieder, was auch im Film zu sehen ist. Dazu kommen natürlich die im Film unsichtbare innere Handlung, d.h. Gefühle und Gedanken der Figuren, sowie gelegentliche kurze zusätzliche Szenen oder verlängerte Gespräche und Diskussionen. Außerdem reichert Freed den Roman noch mit kleinen Zwischenkapiteln an, die Dokumente und Schriftverkehr einiger Akteuere zeigen. So finden wir im Roman beispielsweise Dokumente aus Mon Mothmas Akten oder die dienstliche Korrespondenz zwischen Galen und anderen wichtigen, am Bau des Todessterns beteiligten Offizieren. Der Mehrwert der Dokumente besteht meist darin, dass man als Leser einen noch besseren Einblick in die Entscheidungsprozesse bei Rebellion und Imperium gewinnt. Aber auch das letzte Dokument, in welchem Mon Mothma sich Gedankenn zu Jyn macht, ist gut platziert und rundet den Roman mit einer Art Nachruf auf Jyn Erso ab.

Auch die Protagonisten von Rogue One gewinnen stark an Profil durch Freeds Darstellung ihres Innenlebens. Vor allem Jyn Erso trat mir beim Lesen viel plastischer als Person vor Augen als im Film. Freed arbeitet bei der Figur Jyn mit dem Leitmotiv der Höhle, in welcher sie sich als Kind vor Krennic und seinen Todestruppen versteckt hat. Immer wieder taucht diese Höhle in Jyns Gedanken auf und stellt in ihrem Leben als Erwachsene ein Art psychologisches Gefängnis dar, aus dem sie nicht ausbrechen kann. So wird Jyns Charakter als getriebene, rastlose Figur deutlicher.

Auch von außen, durch die Perspektive von Cassian Andor, wird Jyn weiter charakterisiert. Freed hat hier eine kluge Entscheidung getroffen, indem er in Szenen mit Jyn und Cassian oft aus Cassians Perspektive schreibt. Cassian ist als Agent ein sehr guter Beobachter und Menschenkenner und durchschaut Jyn teilweise besser als sie es selbst tut. Cassian beobachtet bei Jyn immer wieder „a need in her eyes“, was ihn dazu bringt, mit ihr mitzufühlen.

Rogue One: Eine Star Wars Story (22.05.2017)
Rogue One: Eine Star Wars Story (22.05.2017)

Auch Saw Gerreras Rolle wird im Roman insofern erweitert, dass Jyn immer wieder daran zurückdenkt, was sie von ihm gelernt und was sie in der Zeit bei ihm und seinen Rebellen erlebt hat. Im Film kommt dieser Aspekt ein wenig zu kurz. Zwar spricht Saw davon, dass Jyn mit 16 Jahren schon seine beste Soldatin gewesen sei, aber da wir sie nie in Aktion mit Saw sehen, bleibt einem dies als Zuschauer nicht im Bewusstsein. Jyn könnte, wenn Saws Satz nicht wäre, ebenso gut die typische Jedermann-Figur sein (wie Luke oder Rey), die plötzlich durch Irrungen und Wirrungen des Schicksals in die Kriegshandlungen hineingeworfen wird und eigentlich keine Ahnung hat, was da vor sich geht. Der Roman dagegen erinnert uns immer wieder an den richtigen Stellen daran, dass Jyn kein einfaches Mädchen ist, sondern mehr Kampferfahrung hat als man ihr ansieht.

Sehr viel mehr über die Vorgeschichte der Rogue One-Kämpfer erfahren wir aber leider nicht. Wer darauf hofft, zu erfahren, welche Schandtaten Cassian Andor schon im Namen der Rebellion begangen hat, was genau Bodhi Rook meint, wieder gutmachen zu müssen, oder warum Baze Malbus seinen Glauben verloren hat, der wird enttäuscht werden. Die Politik des Hinhaltens der Storygroup sorgt leider weiterhin dafür, dass sämtliche Figuren in Romanen, zu denen man später vielleicht gerne mal noch eine Vorgeschichte veröffentlichen will, ihre Vergangenheit verdrängen und höchstens in Form von extrem vagen Anspielungen an sie denken. Bei Rogue One passt das mit der Verdrängung allerdings wenigstens gut, da die Figuren alle als von ihrer Vergangenheit getrieben dargestellt werden. So stören die fehlenden Rückblenden im Fall dieses Romans nicht allzu sehr.

Aber auch die Nebenfiguren setzt Freed gekonnt in Szene. So wird beispielsweise die Zerstörung von Jedha City aus der Perspektive des kleinen Mädchens, das Jyn zuvor in der Stadt gerettet hatte, und einer Gruppe von zurückgelassenen Sturmtrupplern beschrieben. Obwohl diese Figuren nur einen sehr kurzen Auftritt haben, schafft es Freed in diesen Szenen, die düstere Atmosphäre und die schockierende Wirkung des Todessterns einzufangen.

Unterhaltsam geschrieben sind auch die Szenen aus Sicht von Admiral Raddus (welcher immer von Menschen als „Aliens“ spricht, was mich zuerst extrem verwirrt hat, aber eigentlich logisch ist) und K-2SO. Dessen Todesszene wird paradoxerweise noch viel trauriger dadurch, dass wir sie aus seiner eigentlich sehr wenig emotionalen Droiden-Sicht erleben. Er rechnet sich sich seine Restlebensdauer in Sekunden aus und spielt Szenarien durch, wie die Mission noch gelingen könnte. Was auf den ersten Blick kühl und rational klingt, ist jedoch eine der emotionalsten Szenen des Buches, dank Freeds genialer Umsetzung.

Was dem Roman weniger gut gelingt, ist das Einweben der vielen Cameos und Gags, die im Film vorkommen. Die Szenen wirken in Romanform immer etwas gezwungen und entfalten nicht dieselbe überraschende oder witzige Wirkung wie im Film. Allerdings laste ich dies nicht dem Autor an, da ich auch nicht wüsste, wie man einen Cameo-Auftritt in Romanform gut umsetzen könnte. Vielleicht wäre es besser gewesen, diese Szenen im Roman wegzulassen und sich in dem Fall nicht so sklavisch an das Filmskript zu halten.

Lohnt es sich also, den Filmroman zu lesen? – Ich würde sagen: Ja, denn man kommt den Figuren beim Lesen eindeutig näher als im Kino. Allerdings sollte man keine großartigen Enthüllungen erwarten. Alles in allem hat Alexander Freed einen gut geschriebenen und soliden Roman zum Film geliefert. Dafür bekommt er von mir vier von fünf Holocrons.

Der Rezensent vergibt 4 von 5 Holocrons!
Die Rezensentin vergibt 4 von 5 Holocrons!

Wir danken Penguin Random House UK und dem Century-Verlag recht herzlich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Rogue One: A Star Wars Story in der britischen Ausgabe von Century könnt ihr euch auf Amazon.de¹ bestellen. Die US-Ausgabe von Del Rey ist ebenfalls auf Amazon¹ zu finden. Wer den Filmroman auf Deutsch lesen will, muss noch bis zum 22.5.2017 warten. Die deutsche Ausgabe kann bereits auf Amazon.de¹ vorbestellt werden.

Was ist eure Meinung zu Alexander Freeds Rogue One-Roman?

5 Kommentare

  1. Meine einzige Beschwerde bei diesem Roman ist tatsächlich, dass Saws innere Handlung nicht Bezug auf die Onderon-Folgen aus The Clone Wars und seine tote Schwester nimmt. Ich finde, das hätte man passend unterbringen können.

    Ansonsten kann ich mich bei Lob und Kritik voll und ganz Ines anschließen. Das ist ein packender Filmroman, der meinem Empfinden nach selbst infolge von 2-3 Kinogängen auch ein neues Erlebnis bietet, weil die Gefühlswelt der Figuren im Roman viel plastischer dargestellt wird als der Film es vermag. Da der nur mittelmäßige emotionale Bezug zu den Charakteren in meiner Filmrezension auch mein größtes Manko an Rogue One war, kann ich hier sagen, dass der Filmroman diese Lücke füllt. Zwar fehlen noch diverse Vorgeschichten, wie Ines es angesprochen hat, aber die Beweggründe für Entscheidungen der Figuren sowie deren Gedankenwelt im Hier und Jetzt sind erstklassig dargestellt.

    1. Da gibt es derzeit Lieferschwierigkeiten… du könntest ggf. die UK-Version von Century bestellen (vom Format her identisch, nur anderes Verlagslogo). Ansonsten musst du wohl – genau wie ich – abwarten, bis das Del-Rey-HC lieferbar ist. Ich habe derweil das E-Book gelesen.

    2. Danke für die Info Florian. Ist Century eine Art Schwesterverlag von Del Rey? Habe eben gesehen das ich von Aftermath die Century Version besitze… ist mir bisher nicht aufgefallen…

    3. Also international gesehen gehören beide zu Random House (genauso wie der deutsche Blanvalet-Verlag), aber das eine ist halt ein US-Verlag und der andere ein UK-Verlag… eine engere Bindung existiert da nicht.

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