Endlich ist der Galaktische Atlas auch in deutscher Sprache verfügbar. Nachdem das Kinder-Sachbuch bereits im November beim britischen Verlag Egmont und im Dezember in den USA bei Disney-Lucasfilm Press (hier unter dem Titel Galactic Maps) erschienen war, bringt Ravensburger das Werk von Autor von Egmont-Redakteur Emil Fortune und Illustrator Tim McDonagh offiziell heute auf den deutschen Markt. Übersetzt wurden die Texte von Wolfgang Hensel. Im Folgenden werde ich euch meine Eindrücke schildern, ob es sich lohnt, das Buch (auch als erwachsener Leser) anzuschaffen. Wenn ihr noch eine zweite Meinung hören wollt, könnt ihr euch die Rezension meines Kollegen Florian zur britischen Ausgabe durchlesen.
Ich bin eigentlich keine sehr fleißige Leserin von Star Wars-Sachbüchern, da mich trockene Informationstexte schnell langweilen und ich in reinen Daten und Fakten („Wie lang ist ein Sternzerstörer und welche Bewaffnung hat er an welchen Stellen?“) keinen Mehrwert für mich sehe. Allerdings hat mich 2016 das Sachbuch Star Wars Propaganda mit seinem Fokus auf Kunst und seiner Aufmachung als In-Universe-Kunstband sehr begeistert. Als ich erfuhr, dass auch der Galaktische Atlas einen ähnlichen Ansatz verfolgt, war mein Interesse geweckt und ich beschloss, dass es Zeit für meine erste Sachbuch-Rezension sei.
Konzept
Auch der Galaktische Atlas kommt als In-Universe-Buch daher. Im Vorwort stellt sich der Hüter des kartographischen Werkes Ameel Fortoon (Abwandlung des Namens des Autors Emil Fortune) als Direktor des Graf-Archivs vor. Leser der Reihe Abenteuer im Wilden Raum wissen, dass die Mitglieder Familie Graf Forscher und Entdecker sind. Ameel Fortoon präsentiert uns nun die Karten eines ithorianischen Künstlers namens Gammit Chond (Anagramm des Namens des Illustrators Tim McDonagh), welcher ein mich ein wenig an Karl May erinnert. Er soll seinen Heimatplaneten nie verlassen haben und die Karten nur auf Basis von Erzählungen anderer geschaffen haben. Dieses Konzept bedeutet natürlich, dass die Informationen aus dem Atlas eventuell nicht zu 100% verlässlich sind. Fehler und Ungereimtheiten im Atlas kann die Story Group somit getrost auf die Uninformiertheit von Gammit Chond schieben. Wobei ich finde, dass dies auch seinen Charme hat: Wir bekommen nicht Fakten präsentiert, sondern eben nur „die Wahrheit von einem bestimmten Standpunkt aus“.
Aufbau
Nach dem Vorwort folgt eine Karte der gesamten Galaxie, auf welcher alle im Buch behandelten Planeten an ihren Positionen abgebildet sind. Die Karte erhebt allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Viele Planeten sind hier nicht verzeichnet, obwohl sie kanonisch sind. Man hat sich hier auf die aus Sicht der Herausgeber für die Zielgruppe relevantesten Planeten entschieden. Die Übersichtskarte dient zugleich als Inhaltsverzeichnis, denn jeder Planet ist einem bestimmten Abschnitt zugeordnet und am Rand finden sich die entsprechenden Seitenzahlen. Bevor dann aber die eigentlichen Karten der Planeten folgen, wird noch eine Zeitleiste der wichtigsten galaktischen Ereignisse sowie eine Galerie berühmter Persönlichkeiten vorgeschoben. Hierbei beschränkt man sich allerdings auf die Handlungen und Figuren der Filme und Serien.
Der Hauptteil, welcher die Karten enthält, ist in vier Abschnitte aufgeteilt. Jedem Abschnitt ist nochmals eine Doppelseite mit einer detailreicheren Karte eines Teils der Galaxie und einer Kurzbeschreibung der Planeten vorangestellt. Eine eigene Karte bekommen dann aber wiederum nur die interessanteren Planeten, die auch genügend hergeben. Die Karten selbst sind nicht als Landkarten zu verstehen, nach denen man sich an einem Ort orientieren kann, sondern sollen mehr die Landschaften und Stimmung eines Ortes einfangen. Wichtige Orte, historische Ereignisse und bekannte Persönlichkeiten eines Planeten werden bunt gemischt auf je einer Doppelseite vorgestellt.
Am Ende des Buches findet sich noch eine Doppelseite namens „Bestiarium“, auf welcher die verschiedenen Kreaturen aus dem Buch im richtigen Größenverhältnis zueinander dargestellt werden.
Zeichnungen und Layout
Die Zeichnungen sind das echte Highlight dieses Buches. Tim McDonagh hat die Stimmung eines jeden Planeten wirklich überzeugend eingefangen und die Karten sind so detailreich und bieten so viel zu entdecken, dass man sich stundenlang darin verlieren kann. Hier kommt dem Buch natürlich auch seine gigantische Größe zugute: Eine aufgeklappte Doppelseite hat beinahe schon die Größe eines DIN-A2-Blattes. Allerdings scheint es so, als habe man trotzdem noch nicht genügend Platz gehabt. Die kurzen beschreibenden Texte zu einzelnen Details auf den Karten sind nämlich extrem klein gedruckt. Da viele Seiten auch noch, passend zu den Planeten, in dunkleren Farben bedruckt sind, ergibt sich die ungünstige Kombination von kleiner schwarzer Schrift auf dunklem Hintergrund. Ich persönlich fand es daher ziemlich anstrengend, den Atlas abends bei gedämpftem Wohnzimmerlicht auf dem Sofa zu lesen. Bei Tageslicht oder mit einer Leselampe ist das Lesen deutlich angenehmer.
Zielgruppe und Informationswert
Dass das Buch sich an Kinder als Zielgruppe richtet, merkt man ihm natürlich an. Die Texte sind kurz und einfach gehalten und beim Anblick der Karten-Doppelseiten, auf denen es so viele kleine Details zu entdecken gibt, denkt man sofort an eine Vorlesesituation zwischen Eltern und Kind. Eltern können ihren Star Wars-begeisterten Kindern die kurzen Informationstexte vorlesen, etwas zu den Figuren und Ereignissen erklären oder ihr Kind auf bestimmte Details aufmerksam machen. Das Kind kann derweil die detailreichen Karten neugierig betrachten und immer wieder spannende Dinge finden, darauf zeigen und sich erklären lassen, was das ist. Ich denke, für diese Situation ist das Buch eigentlich gemacht. Allerdings sind die Zeichnungen keineswegs „kindisch“ und auch nicht übertrieben bunt, sondern sind mit ihrem historisierenden Stil auch für erwachsene Betrachter ansprechend.
Auch an der Themenauswahl merkt man, dass Kinder die Zielgruppe sind, denn der Fokus des Buchs liegt, neben den Filmen, sehr stark auf The Clone Wars und Star Wars Rebels. Teilweise werden auch Informationen aus Jugendromanen (z.B. Diener des Imperiums, Verlorene Welten, Die Waffe eines Jedi, etc.) und Comics (z.B. Star Wars, Darth Vader, Chewbacca, etc.) aufgegriffen. Erwachsenenromane werden nur integriert, wenn sie interessante Hintergrundinformationen zu Serienfiguren bieten (z.B. das Treffen von Kanan und Hera in Eine neue Dämmerung oder Cham Syndullas Attentatsplan in Die Sith-Lords). Ich verstehe diesen Fokus angesichts der Zielgruppe vollkommen. Mir persönlich hätte das Buch aber noch besser gefallen, wenn Ereignissen und Schauplätzen aus Romanen mehr Platz eingeräumt worden wäre. Im Gegensatz dazu ist mir The Clone Wars fast zu präsent im Buch. Ein paar wenige Landkarten bestehen quasi nur aus Ereignissen aus einem einzigen Handlungsstrang der Serie, was mir persönlich etwas zu dünn ist und das Konzept dieser Karten unterläuft. Das Schöne an ihnen ist ja gerade, dass hier verschiedenste Ereignisse aus unterschiedlichen Zeiten und Medien auf einer Doppelseite zusammenkommen. Trotzdem habe ich mich über jede literarische Anspielung gefreut. Mein Highlight ist natürlich, dass Thane und Ciena aus Verlorene Welten tatsächlich beide eine eigene Abbildung bekommen haben.
Enthält das Buch auch für erwachsene Leser neue Informationen? – Auf jeden Fall. Selbst wenn man alle Filme, Romane, Comics und Serienfolgen in- und auswendig kennen sollte, findet man bestimmt unter den vielen Kreaturen, die auf jeder Landkarte zu sehen sind, noch einige, die man noch nicht kannte.
Übersetzung
Etwas ärgerlich ist dann aber doch stellenweise die schlampige Übersetzung. So wird uns an mehreren Stellen Admiral Ackbar als „General“ vorgestellt. In der englischen Version steht entweder „Admiral“ oder, in Bezug auf seine Zeit auf Mon Cala, „Captain“. Wie man hier bei der Übersetzung einen „General“ aus dem Hut gezaubert hat, ist mir schleierhaft. Aus Shaak Ti wird, obwohl sie in der Galerie der wichtigen Persönlichkeiten noch korrekterweise als Frau vorgestellt wird, später auf einmal „der Jedi-Meister“. Auch bei Dr. Aphra hat der Übersetzer nicht das Geschlecht der Figur recherchiert und bezeichnet sie folglich als „der Archäologe“. Durch unsaubere Übersetzung wirkt es auf der Seite über die Schlacht von Endor auch so, als sei General Crix Madine höchstpersönlich beim Bodeneinsatz auf dem Waldmond dabei gewesen und hätte die Truppen angeführt. Auch die offizielle Richtlinie von Lucasfilm, dass Monde mit arabischen statt lateinischen Zahlen nummeriert werden sollen, wird nicht beachtet, sodass in der deutschen Version „Yavin IV“ statt (wie in der englischen) „Yavin 4“ zu lesen ist.
Auch abgesehen von Übersetzungsfehlern hapert es bei „Dr. habil. Wolfgang Hensel“, wie sich der Übersetzer ein klein wenig selbstherrlich im Impressum nennen lässt, manchmal im Ausdruck. Zu Jabba heißt es beispielsweise: „Er hing den in Karbonit eingefrorenen Han Solo […] als Wandschmuck auf“ (richtig: „hängte“).
Fazit
Insgesamt halte ich den Galaktischen Atlas für ein sehr gelungenes Kindersachbuch, das aber auch für Erwachsene interessant ist. Dem englischen Original hätte ich wohl volle fünf Holocrons gegeben. Die deutsche Version bekommt aufgrund einiger Übersetzungsfehler einen Stern Abzug.
Wir danken Ravensburger für das Rezensionsexemplar!
Gewinnspiel [BEENDET]
Mit freundlicher Unterstützung von Ravensburger habt Ihr nun die Chance, 1x den Galaktischen Atlas bei uns zu gewinnen.
Ihr müsst dazu nur folgende Frage beantworten:
Welcher Planet wurde aus den Sternenkarten des Jedi-Archivs gelöscht?
Schickt uns eine E-Mail mit dem Betreff „Atlas“, der Lösung und eurer Adresse an Adresse nach Ende des Gewinnspiels entfernt. Einsendeschluss ist der Sonntag, der 5. Februar 2017, um 23:59. Der Atlas wird unter allen Einsendungen mit der richtigen Antwort verlost.
Bitte nur eine Teilnahme pro Person bzw. Haushalt! Möge die Macht mit euch sein!
Update 06.02.2017 19:00: Der Gewinner
Kamino wurde aus den Sternenkarten des Jedi-Archivs gelöscht.
Aus den sehr zahlreichen Teilnehmern wurde folgender Gewinner gezogen:
- Linda V. aus Böblingen
Herzlichen Glückwunsch und viel Spaß mit dem Gewinn! Und dem Rest vielen Dank für die Teilnahme!