Rezension: Servants of the Empire 1: Edge of the Galaxy von Jason Fry

Star Wars Rebels: Servants of the Empire #1: Edge of the Galaxy
Star Wars Rebels: Servants of the Empire #1: Edge of the Galaxy (21.10.2014)

Edge of the Galaxy ist der erste Band der vierteiligen Star Wars Rebels-Jugendromanreihe Servants of the Empire von Jason Fry, die ab Mai 2015 auch bei Panini als Diener des Imperiums auf Deutsch erscheinen wird. Edge of the Galaxy, der erste Roman rund um den angehenden imperialen Kadetten Zare Leonis, erschien am Dienstag bei Disney-Lucasfilm Press und beginnt im Jahr 6 vor der Schlacht von Yavin und spielt somit vor der TV-Serie. Band 2, der im März 2015 als Rebel in the Ranks erscheinen wird, wird sich dann mit der Star Wars Rebels-Folge Ezra undercover (Breaking Ranks) überschneiden, die am 3. November in den USA startet.

Der Inhalt: Dhara Leonis, eine Tochter aus einer imperialen Musterfamilie, wird in die Imperiale Akademie von Lothal aufgenommen. Ihr Bruder Zare, der wie sein pro-Imperialer Vater das Imperium als Chance auf eine bessere Galaxis sieht, die zu formen der jungen Generation zufällt, kann es kaum erwarten, ihr dorthin zu folgen. Doch zuvor muss er noch ein Jahr lang eine Schule für Angewandte Wissenschaften (AppSci) besuchen, bis er das richtige Alter erreicht. (Zare wird im Laufe des Buches 15, ist also mehrere Monate älter als Ezra Bridger.) Im Laufe dieses Schuljahres, das gefüllt ist mit Grav-Ball-Turnieren, lernt er jedoch eine andere Seite des Imperiums kennen, als Freunde verschwinden, Morde geschehen, Minderheiten diskriminiert und Planeten ausgebeutet werden…

Erwartungen: Was erwarte ich von Jugendromanen? Nun, eigentlich kurzweilige Unterhaltung für zwischendurch. Ich wuchs mit den Jedi-Padawan-Büchern von Jude Watson auf und die waren zunächst auch recht kurzweilig, bevor sie dann irgendwann eher düstere Pfade beschritten. Die seitherigen Jugendromanreihen wie The Clone Wars: In geheimer Mission und Rebel Force fand ich nur noch bedingt interessant, teils sogar etwas lächerlich. Der erste Star Wars Rebels-Jugendroman Ezras Spiel von Ryder Windham, den der Kollege Maximilian hier rezensiert hat, war wieder etwas besser, alles in allem aber auch sehr leichte Kost für zwischendurch. Gute Unterhaltung, aber nicht mehr. Und mit dieser Erwartung ging ich an Edge of the Galaxy heran.

Leichte Kost? Von wegen! Jason Fry war mir bisher als Sachbuchautor sehr positiv aufgefallen, aber Sachbücher sind eine Sache – narrative Fiktion ist wieder etwas Anderes. Und wenn Edge of the Galaxy ein gutes Beispiel seiner Arbeit als Geschichtenerzähler ist, dann lasst den Mann so viele Star Wars-Bücher schreiben, wie er will. Gut, der Anfang des Buches hat mich noch etwas verwirrt. Die ersten Seiten sind gefüllt mit Grav-Ball-Szenen, die der Sportfan Jason Fry auch entsprechend detailliert ausgeschmückt hat (mehr dazu hier). Mein Auge hat da angefangen, Passagen voller Sportjargon nur noch zu überfliegen – ist halt wirklich nicht mein Fall. Aber der Rest des Buches schlägt einen zunehmend düstereren Ton an…

Zare Leonis gestaltet sich als sehr sympathische und sehr interessante Figur. Er sieht das Imperium als Quell für Ruhe und Ordnung in der Galaxis und rationalisiert selbst fragwürdige Entscheidungen, die einem einzelnen Planeten schaden, damit, dass sie vielen anderen Planeten zum Wohl gereichen werden. Er glaubt, das Imperium bringt absolute Gerechtigkeit für alle. Er übersieht dabei, dass unter der Oberfläche dieses vermeintlichen Gerechtigkeitsstaats einige kontrollsüchtige Funktionäre lauern, denen das Wohl des Individuums – pardon – am Gesäß vorbeigeht, ganz zu schweigen davon, dass der Imperator selbst jemand ist, der seinen Aufstieg an die galaktische Spitze mit Intrigen, Massenmord und Vernichtung erreicht hat (wovon Zare natürlich keine Ahnung hat). So ein Staat kann es nach außen hin noch so gut meinen, im Inneren ist er korrupt und das zeigt sich auch irgendwann.

Der geborene (An-)Führer. Zare ist eine Führungsperson und das erkennt auch Athletic Director Fhurek, der Sportdirektor seiner Schule, ein kontrollsüchtiger Mann mit einigen, nennen wir es Komplexen, von denen Xenophobie nur der geringste ist. Er verkörpert eine Art Schulhof-Göbbels, der allerdings nicht überzeichnet ist, sondern tatsächlich intelligent und freundlich daherkommt, bis er seinen wahren Charakter offenbart. Er sieht in Zare einen Seelenverwandten und möchte ihn unter seine Fittiche nehmen, erkennt dabei aber nicht, dass Zare einen starken moralischen Kompass hat, imperiale Propaganda hin oder her.

Freunde hat Zare auch. Mit der Mathematikerin Merei Spanjaf und dem Bauernjungen Beck Ollet, beides Mitglieder von Zares Grav-Ball-Mannschaft, ergibt sich eine Dynamik, die Harry Potter, Hermine Granger und Ron Weasley nicht unähnlich ist. Beck Ollet ist auch der Katalysator der Dramatik des Buches, denn es ist der Raubbau an Lothals Agrarlandschaft, der Zare die Augen für mögliche Schwächen im imperialen System öffnet. Und diese Öffnung wird weit aufgerissen, als die Ausbeutung der Umwelt plötzlich rebellische Aktivitäten zur Folge haben, in die auch Beck verwickelt wird. Das ganze führt dann schrittweise zu Zensur in der Presse, Verfolgungsjagden mit imperialen Truppen und kleineren Völkermorden. Dinge, die selbst Zare und seine verständnisvolle, aber entschieden pro-Imperiale Schwester Dhara nicht guten Gewissens erklären können.

Geradezu verstörend sind manche Szenen im Buch. Ein Jugendfreund von Zare und Dhara hat ein Sturmtruppentraining an der Akademie begonnen und als Zare ihn wiedersieht, reagiert dieser nicht mehr auf seinen Namen, sondern nur noch auf seine Dienstnummer. Das Buch hat einige dieser Szenen, bei denen der Leser einfach Gänsehaut bekommt. Ich kam mir bisweilen vor wie im Finale von Antonio Skármetas Roman Mit brennender Geduld, in dem die Unterdrückung der Pinochet-Diktatur in Chile thematisiert wird – Menschen, die ein diktatoriales Regime einfach verschwinden lässt, und niemand redet darüber, auch wenn tief im Innern jeder weiß, was passiert ist, ist in der lateinamerikanischen Literatur besonders wichtig, da eben kulturell relevant (googlet mal „los desaparecidos“, also „die Verschwundenen“), und Jason Fry jagt mir eine Gänsehaut über den Rücken, wenn er das gewollt subtil einbaut.

Ein intelligenter Roman. Dieses Buch ist nichts Triviales. Als Jason Fry gefragt wurde, was einen seiner Jugendromane von einem regulären Roman unterscheidet, sagte er ganz nüchtern: „Die Länge.“ Ein Jugendlicher wird diesen Roman sicher spannend finden und je nach Alter auch einige Problematiken daraus einordnen können, aber ich denke, ein Erwachsener wird ihn erst wirklich zu schätzen wissen. A New Dawn bietet uns eine Innenansicht der imperialen Herrschaft aus der Sicht des einfachen Volkes. Tarkin zeigt uns die Perspektive der Führungselite. Edge of the Galaxy zeigt uns das Leben eines Sohns einer Familie, die irgendwo dazwischen ist – eine angesehene Familie mit guten Verbindungen zum planetaren Management, die aufgrund schlechter Erfahrungen mit den Separatisten und der Handelsföderation einen ausgeprägten imperialen Fanatismus entwickelt hat; eine Familie, die mit der lokalen Gouverneurin perdu ist, aber keine Verbindungen zu interstellaren Funktionären wie Sektorgouverneur Tarkin hat.

Lust auf mehr macht dieser Roman allemal. Er ist gut geschrieben, zeigt sehr langsam, fesselnd und überzeugend eine Charakterentwicklung, die der Klappentext bereits vorwegnimmt, nutzt die Sportszenen auch zur Erkundung von Zares Persönlichkeit und spiegelt in ihnen die Realität abseits des Spielfelds wider und ebnet den Weg für eine Star Wars Rebels-Folge, auf die ich jetzt sehr gespannt bin. Ich hatte mit einem Sportroman gerechnet oder mit simpler Schwarzweißmalerei, aber im Laufe des Buches hat man so viele Graustufen gezeigt – von wohlmeinenden Imperialen bis hin zu charakterlich verdorbenen Imperialen, von aktiven Widerstandskämpfern bis hin zu schweigenden Mitläufern des Regimes -, dass dieses Vorurteil jeglichen Halt verloren hat. Ich kann euch nur sagen: Lest es, es ist wirklich gut, und trotz des erwähnten Anspruchs des Buchs kommt man recht schnell durch, da es ja nur 176 Seiten hat. Die 5 Holocrons sind hier reine Formsache.

Der Rezensent vergibt 5 von 5 Holocrons!
Der Rezensent vergibt 5 von 5 Holocrons!

9 Kommentare

  1. Der Aufbau der Story und der Charaktere erinnert in der Tat sehr stark an Harr Potter, allerdings ohne den Einfallsreichtum und die Tiefe. Die Geschichte und ihre Akteure sind – trotz all der von Florian genannten Bestandteile – ziemlich platt und kriegt nur im allerletzten Augenblick gerade noch die Kurve, um überhaupt einen Spannungsbogen und Interesse für den zweiten Band aufzubauen. Einer meiner beiden Neffen (13) hat sich unter Aufbietung von 2,5 Jahren Schulenglisch erfolgreich durch das Buch gekämpft, war aber ebenfalls eher enttäuscht, er ist von den SW Comics einfach mehr gewöhnt.

  2. Den Vergleich mit Harry Potter hatte ich beim Lesen auch sehr schnell im Kopf und musste dabei konkret an „Order of the Phoenix“ denken. Ähnlich wie dort wird auch hier das Leben der Schüler von der allmächtigen Regierung überrannt. Aufmüpfigkeit führt zu Bestrafung und Schlimmerem. Gravball tritt an die Stelle des Quidditch, und Themen wie Rassismus und ziviler Ungehorsam werden ebenfalls angesprochen. Gestört haben mich diese Ähnlichkeiten nicht, ganz im Gegenteil, da ich sie ähnlich bedrückend und überzeugend umgesetzt fand wie bei Potter. Natürlich lässt Fry Rowlings frische Originalität, überbordende Detailverliebtheit und beißenden Humor missen, aber für ein so kurzes Buch ist der Wechsel von „schöner, heiler Welt“ zum Albtraum IMHO überzeugend und schlüssig vollzogen worden. Als langweilig habe ich es jedenfalls nicht empfunden, und kleine, subtile Details versetzen dem Leser immer wieder kleine Stiche.

    Als besonderen Verdienst empfinde ich die Tatsache, dass mir Zare schon jetzt enorm sympathisch ist und ich wirklich gespannt bin, wie sich seine Geschichte entwickeln wird.

    Um es kurz zu machen: Ich bin vollauf zufrieden!

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