Rezension: The High Republic: Into the Light von Claudia Gray leidet unter zu viel Personal

Claudia Gray gehörte, seit ich im Zuge des Kanon-Neustarts im Jahr 2014 wieder in die Star Wars-Literatur eintauchte, von Anfang an zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen. Aber als Teil des Projekts The High Republic konnte sie mich bisher noch immer nicht so recht überzeugen. Into the Dark, der Auftakt-YA-Roman war solide, mit einigen Schwächen, stellte uns aber immerhin mit Reath Silas einen absoluten Fan-Favoriten vor. In The Fallen Star fiel die Logik stellenweise auseinander wie Starlight Beacon. Und die Comics und Kurzgeschichten waren nice to have, aber auch nichts Weltbewegendes. Letzte Chance also nun mit dem finalen YA-Roman, Into the Light. Auf geht’s, Claudia!

Der Roman, welcher am 1. April 2025 bei Disney-Lucasfilm Press erschien, stellt den Planeten Kashyyyk in den Mittelpunkt. Dort gehen seltsame Dinge vor sich. Sowohl die dunkle als auch die helle Seite der Macht scheinen dort besonders stark zu sein, wofür sich auch die Nihil-Wissenschaftlerin Dr. Mkampa interessiert. Grund genug für die Republik, ein ziemlich großes Team unter der Führung von Reath Silas nach Kashyyyk zu senden, um den Wookiees zu helfen…

Reath und seine elf Jünger

Und damit, dass ich jetzt aufzählen muss, wer alles nach Kashyyyk fliegt, beginnt auch schon das Problem. Es sind nämlich so unglaublich viele Figuren, dass ich beim Schreiben gerade befürchte, welche zu vergessen und gleich in meinen Notizen nachsehen zu müssen. Mit von der Partie sind nämlich neben den Jedi Amadeo Azzazzo, Cohmac Vitus, Dez Rydan, Burryaga und Kelnacca auch noch die Crew der Vessel – Affie Hollow, Leox Gyasi und Geode – sowie Nachwuchswissenschaftlerin Avon Starros und, als Aussätzige und mehr oder weniger Gefangene auf dieser Mission, die Nihil Nan und der blinde Ex-Jedi Azlin Rell.

Sind da spannende Figuren dabei, deren weitere Entwicklung mich brennend interessiert? – Absolut. Gerade nachdem im YA-Vorgängerband, George Manns Meisterwerk Tears of the Nameless, Reath Silas und Amadeo Azzazzo so brillant in den Fokus gerückt wurden, hatte ich mir eine Anknüpfung daran gewünscht. Und die gibt es in Into the Light auch irgendwie in sehr kleinen Häppchen. Da denkt Amadeo mal an seinen verstorbenen Meister oder Reath daran, wie er den Nameless knapp von der Klinge gesprungen ist. Cohmac und Reath nähern sich schrittweise weiter aneinander an, was wirklich sehr schön geschrieben ist und mich emotional abgeholt hat. Aber zu solchen emotionalen Momenten kommt es leider viel zu selten und oft reicht es nur für einen flüchtigen Blick.

Zu wenig Zeit für Tiefe

Im Gegensatz zu Tears of the Nameless hat man als Leser*in in Into the Light nie genügend Zeit, zu den Charakteren eine Verbindung aufzubauen. Die Vielzahl an Figuren, von denen auch die meisten einen Point of View bekommen, sorgt nämlich dafür, dass die Aufmerksamkeit in viele Fitzelchen zersplittert wird und wir ständig zwischen den Perspektiven hin und herspringen. Schon in meiner Rezension zu The Fallen Star hatte ich kritisiert, wie sehr es mich stört, dass Claudia Gray nicht ein ganzes Kapitel lang bei einer Figur bleibt, sondern alle zwei bis drei Seiten ein Perspektivwechsel stattfindet. In früheren Romanen von Gray, gerade dem viel gelobten Lost Stars, gab es dieses schnelle Hin und Her noch nicht. Gerade das lange, tiefe und intensive Eintauchen in die Gedanken- und Gefühlswelt einer Figur sorgte doch dafür, dass wir als Leser*innen so sehr mit den Figuren mitfieberten. Ich frage mich wirklich, warum Claudia Gray in The High Republic eben diese große Stärke ihres Schreibstils aufgegeben hat.

Ich kann es mir nur damit erklären, dass sie – und ein ähnliches Problem hat ja auch Daniel José Older in seiner The High Republic Adventures-Reihezu viele Lieblingsfiguren des jetzt schon vier Jahre andauernden Projekts unbedingt mitschleppen will, auch wenn sie wenig bis keinen Mehrwert liefern. Die Geschichte der Crew der Vessel ist eigentlich schon lange auserzählt und tritt auf der Stelle. Dennoch bekommen wir ständig die Perspektive von Affie und darüber hinaus noch Szenen mit random Piloten, die sich der Byne Guild anschließen. Dez Rydan war zwar mal in Into the Dark ein interessant angelegter Charakter, aber nach so langer Zeit der Abwesenheit, in der inzwischen so viel anderes passiert ist, habe ich nun nicht händeringend auf seine Rückkehr gewartet. Vor allem dann nicht, wenn wir die Entwicklung, die er in der Zeit seines Barash Vows durchgemacht hat, dann nur so oberflächlich geschildert bekommen. Denn leider ist ja auch für ihn keine Zeit.

Selbst Reath, der eigentlich im Zentrum der Handlung steht, leidet durch die Vielzahl an Figuren. Er verbringt einen Großteil der Handlung nur damit, die Mission zu managen, von einer Figur zu anderen zu rennen, mit allen zu reden, deren Perspektiven zu verstehen und zu vermitteln. Dabei tritt er selbst viel zu stark in den Hintergrund und erhält kaum einmal die Möglichkeit zu reflektieren. Das wäre aber nötig gewesen, wenn man die Geschichte vom ehemaligen Padawan, der sich inzwischen zum Anführer entwickelt hat, erzählen möchte.

Trotz dieses Gefühls, zu wenig Zeit für Figuren zu haben, fühlt sich der Roman teilweise recht langatmig an, da das Pacing der Geschichte nicht stimmt. Into the Light kommt zu Beginn nur schwerfällig in die Gänge, nimmt sich viel Zeit dafür, nochmal zu rekapitulieren, was bisher geschah. Es dauert sehr lange, bis man als Leser*in überhaupt die Orientierung bekommt, wohin der Roman letztendlich möchte. Um diese Beobachtung mit nackten Zahlen zu untermauern: Erst in Kapitel 17 von 36, also kurz vor Hälfte, erreicht unser Team den Handlungsort Kashyyyk. Und selbst dort werden noch viele Seiten mit Reden und Kämpfen gefüllt, bis man dem Kern der Geschichte endlich näher kommt. Das dauert für meinen Geschmack dann doch alles etwas zu lange.

Die Magie von Kashyyyk

Auch die Wookiee-Charaktere sind leider unterentwickelt. Wenn es schon einen Roman gibt, der auf Kashyyyk spielt und zwei Wookiee-Jedi im Cast hat, dann erwarte ich doch tiefgreifende Einsichten in diese Figuren. Doch bedauerlicherweise bekommt Fan-Liebling Burry kaum eigene Szenen und über Kelnacca wissen wir am Ende auch kaum mehr als aus The Acolyte bekannt ist. Stattdessen erleben wir Kashyyyk größtenteils aus „Touristenperspektive“, nur um einen Plottwist, von dem nur Wookiees wissen, nicht vorzeitig zu verraten. Schade! Ich finde nicht, dass es dieser Twist wert war, so stark auf Wookiee-Perspektiven zu verzichten.

Dennoch muss ich sagen, dass gerade diese Touristenperspektive die Wunder von Kashyyyk natürlich perfekt einfängt. Die Besonderheiten der Kultur der Wookiees – ihre Feste, ihr langsameres Altern, ihre Verbundenheit mit den Bäumen, ihre Art, sich im Wald fortzubewegen, ihre Emotionalität und vieles mehr – fängt Into the Light wunderbar ein. Die Magie dieses besonderen Planeten kam auch bei mir als Leserin an und hatte einen großen Anteil am Lesevergnügen.

Eng verbunden mit der Magie des gewählten Ortes hat mir auch die Umsetzung des Leitmotivs des Titels „Into the Light“ gut gefallen. Wir haben mit Azlin und Nan zwei Figuren, die auf der Kippe zwischen Licht und Dunkelheit stehen und einen spannenden Kampf mit sich selbst ausfechten. Gleichzeitig findet auch auf dem Planeten Kashyyyk ein ähnlicher Kampf auf größerer Skala statt. Einige Handlungsstränge, die in Into the Dark eröffnet wurden, werden in Into the Light nun, passend zum Titel, in spiegelverkehrter Weise beendet. George Lucas würde sich angesichts dieses intelligent geplanten Aufbaus freuen: „It’s like poetry, it rhymes!“

Fazit

Leider schafft es Claudia Gray auch in ihrer letzten The High Republic-Geschichte nicht, an die Qualität ihrer eigenständigen Romane heranzukommen, da sie sich aufgrund eines riesigen Casts an Figuren verzettelt und dabei keiner Figur genügend Aufmerksamkeit schenkt. Kombiniert mit Pacing-Schwierigkeiten fühlt sich der Roman daher in Teilen gleichzeitig gehetzt und langatmig an. Trotzdem macht es Spaß, die liebgewonnenen Figuren weiter auf ihrem Weg zu begleiten und die magische Welt von Kashyyyk zu entdecken. Daher vergebe ich drei Holocrons.

Der Rezensent vergibt 3 von 5 Holocrons!
Bewertung: 3 von 5 Holocrons
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4 Kommentare

  1. Ja, es wuselte wieder mal definitiv zu viel Personal durch die Landschaft, aber die Geschichte fand ich soweit okay. Ich wünschte nur, wir kämen jetzt wirklich mal zum Ende und würden all die Themen rund um die verschiedenen „Machtvernichter“ auflösen. Die verordnete Unfähigkeit da wirklich mal voranzukommen nervt mich mittlerweile mehr als all die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für all die Figuren, von denen man sich nicht trennen mag. Auf Kashyyyk hätte man ja wirklich eine goldene Gelegenheit gehabt da mehr zu verstehen, aber man hat den Ball wieder mal ins Seitenaus gespielt, um alles für das große Finale aufzuheben. Wehe, wenn das schief geht….

    1. Ich verstehe deinen Kritikpunkt. Wobei ich gar nicht damit gerechnet hatte, dass vor dem Finale da noch eine große Erkenntnis kommt. Insofern hat mich das nicht zu sehr gestört. Ich gehe davon aus, dass wir ein Knallerfinale bekommen und sich da alles auflöst. Von einem YA-Roman erwarte ich mir halt immer gute Charakterarbeit.

  2. Ich hatte am Anfang des Buches damit gerechnet, dass die Hauptstory weiter geführt wird, indem man ein (generelles) Mittel gegen die Blight finden würde. Das würde auch passen weil die Blight ja erstmals in einem YA Roman erschien. Nun gut: umso gespannter bin ich nun auf Trials of a Jedi.

    Sehr komisch fand ich, dass man den Rod of Ages links liegen gelassen hat: man hat endlich ein Mittel gegen die Nihil und damit auch gegen die Blight und… er wird nicht mal erwähnt. Ich hätte sofort Reath mit Rod in den Keller des Jedi Tempels geschickt. Da muss ich glatt an eine gewisse Person mit einem bestimmten Pfad denken.

    1. Das stimmt, den Rod hätte man auf jeden Fall ausprobieren können. In „Trials“ müssen jetzt eigentlich mehrere Dinge noch aufgegriffen werden:
      – Rod (wobei Azlin den auf dem Backcover, glaube ich, rumträgt)
      – Verns Koordinaten
      – das Metall, das sie in „Tears of the Nameless“ gefunden haben (vielleicht in die Rüstungen eingearbeitet?)

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