Rezension: Die Hohe Republik: Der Pfad der Rache von Cavan Scott

Mit Die Hohe Republik: Der Pfad der Rache erschien am 29. August 2023 die Fortsetzung des Young-Adult-Handlungsbogens der zweiten Phase der Hohen Republik bei Panini. Das Werk kann als direkter inhaltlicher Nachfolger von Der Pfad der Täuschung angesehen werden, auch wenn zusätzlich die Kenntnis der Comic-Reihe sicherlich hilfreich ist, um sich zumindest am Anfang besser zurechtzufinden. Chronologisch ist er zusammen mit Die Vernichtung, welcher 2024 bei Blanvalet erscheinen wird, der letzte Roman der zweiten Phase der Hohen Republik. Wie es Cavan Scott gelingt, die unzähligen Fäden zusammenzuführen, und wo der Roman die Schwächen der ganzen Phase ausbaden muss, erfahrt ihr in dieser Rezension.

Die spinnen, die Nornir

Fangen wir doch direkt mit den (Schicksals-)Fäden an. Zu Beginn – vor allem dank dem phänomenalen Der Pfad der Täuschung – waren meine Hoffnungen auf die zweite Phase der Hohen Republik sehr hoch. Zum Zeitpunkt dieser Rezension habe ich nun alle Werke dieser Phase, auch die englischen Erwachsenenromane, die erst 2024 auf Deutsch erscheinen werden, gelesen und muss meine Begeisterung etwas dämpfen. Die ganze Phase fühlt sich an wie eine zusammengestückelte Erzählung, die nicht das kohärente Gefühl einer gleichlaufenden Geschichte wie noch in der ersten Phase versprüht. Das liegt primär daran, dass sie daran scheitert, zentrale Fragen zu beantworten, die aus der ersten Phase erwachsen sind. Doch dazu am Ende noch etwas mehr.

Cavan Scott macht jedenfalls das Beste aus der undankbaren Aufgabe, nun am Ende irgendwie einen logischen Schluss zu finden, und scheitert daran zumindest teilweise. Das merkt man alleine am Umfang des Werkes, welches auch im Englischen zu einem der umfangreicheren YA-Romane gehört. Das merkt man darüber hinaus aber noch mehr am trotz des Umfangs sehr überhasteten Ende, weil wohl noch mehr Inhalt nötig gewesen wäre, dies aber den Rahmen gesprengt hätte. Den Platz hätte Scott aber in meinen Augen noch gebraucht, weshalb der eigentlich wichtige Epilog gefühlt in die Kurzgeschichtensammlung Geschichten von Licht und Leben gewandert ist, welche im November bei Panini erscheinen soll.

Ansonsten kann auch Scott die narrativen Schwächen der Phase nicht allein mit dem letzten Roman dieser ausbessern, versucht aber zumindest, die in Phase II aufgeworfene Fragen so gut es geht zu beantworten. Einige Schicksalsfäden und vor allem viele Fragen, die man sich nach Phase I gestellt hat, hängen trotzdem weiter in der Luft. Vor allem die in meinen Augen noch unsägliche Darstellung des Konfliktes auf Dalna – von dem wir in Phase I immer wieder hören – samt der konträr zur späteren Erzählung verlaufenden Darstellung der Ereignisse. Sowohl nach Cataclysm (Die Vernichtung) als auch nach diesem Roman ist es mir weiterhin schleierhaft, wie die Jedi am Ende noch zu Sündenböcken erhoben werden konnten, wie sie es 150 Jahre später auf dem Planeten sind. Noch viel schlimmer ist aber die Überbenutzung des Gleichmachers bei gleichzeitig unverhältnismäßigen Reaktionen der Jedi darauf. Ständig werden – so hart es klingt – billige Ausreden gefunden, wieso die Bedrohung nun doch nicht so schlimm sein könnte. Wieso auch die Panik, der Weg ist schließlich nur mit zu Staub zerfallenen Jedi gepflastert! Hier wäre entweder eine konsequentere Auslöschung aller Zeugen (wie im Vorgänger) oder das Motto „weniger ist mehr“ angebracht gewesen!

Darüber hinaus dreht sich jedoch sehr viel um Figuren, die erst in dieser Phase eingeführt wurden, und deren Werdegang, was zumindest hinsichtlich dieses Punktes einen gewissen Abschluss und etwaige Antworten bedeutet. Die Mutter wird komplett erklärt und ihre Motivation ergründet, während auch die Jedi-Figuren – zu denen aber einfach meist die Bindung wie noch in Phase I fehlt – größtenteils ein zufriedenstellendes Ende ihrer Arcs erhalten. Vor allem bei den beiden Hauptfiguren Marda und Yana Ro fehlt es dann aber wieder an einem solch zufriedenstellenden Ende und sie werden Opfer des erwähnten überhasteten Finales. Deutlich wird das vor allem, wenn man die sehr relevante Kurzgeschichte rund um Marda bedenkt, die in Geschichten von Licht und Leben enthalten sein wird, und sich fragt, wieso das nicht ein eigenständiger Roman geworden ist.

Auf der Suche nach Planet X (reloaded)

Der Roman hält das Versprechen, welches ein anderer auf dem Cover trägt. Das mag verwirrend klingen, bedeutet aber einfach, dass wir nun endlich Planet X besuchen. Das fügt dem Roman eine sehr spannende Komponente hinzu, die zumindest in den Grundzügen ein paar weitere Antworten in dieser Phase bereithält. Leider zeigt sich auch hier wieder das Hinhalte-Syndrom, denn wo Fragen beantwortet werden, erwachsen gleich sehr viele neue. Da ich nicht so sehr darauf eingehen will, was die Gruppe dort erwartet, sei nur gesagt, dass Scott einige weitere Komponenten zur Mystik rund um die Namenlosen, Gleichmacher und Co hinzufügt, die hier noch nicht weiter aufgelöst werden. Das wird – den Titeln nach zu urteilen – wohl primär Aufgabe der zweiten Welle der dritten Phase werden, da dort in fast allen Titeln die „Nameless“ im Fokus stehen.

Ansonsten hebt sich Planet X angenehm ab und trägt auch Abwechslung hinsichtlich der Handlungsorte mit in den Roman hinein, der ja für seinen Umfang doch recht lange Zeit auf Dalna spielt. Das Worldbuilding gefällt dabei und wirkt konsistent zum Comic Das Auge des Sturms, welcher am Ende von Phase I gespielt hat. Auch narrativ hält der Planet durch seinen Einfluss auf die Machtempfindlichkeit einige schöne und teils auch gruselige Ideen bereit, die die Truppe dort vor Herausforderungen stellen und auch Marda einiges an Leistung abverlangen.

Schwester Oberin

Der Roman hält des Weiteren endlich mehr Kontext zu Mutter sowie ihrer Motivation des Rachefeldzuges bereit und ich muss leider gestehen, dass mich die ganze Story am Ende eher enttäuscht hat. Nachdem ich das Werk nun – nach der englischen Version zum Release – noch einmal gelesen habe, ist mir noch deutlicher geworden, welch eine Chance man sich eigentlich mit der Namensgebung und der Hintergrundgeschichte entgehen lassen hat. Zumal die andere Deutung erstens naheliegender war und noch eine viel tiefere Ebene erzeugt hätte, die emotional verfänglicher gewesen wäre. Doch da diese Rezension spoilerfrei bleiben soll, halte ich mich mit weiteren Details zurück.

Darüber hinaus haben wir noch andere Ordensmitglieder in diesem Roman, allen voran die Comicfigur Matty, die sympathisch und direkt, teils auch etwas zu treudoof, daherkommt, sowie die Jedi-Ritterin Oliviah, welche ebenfalls in Scotts Hauptcomicreihe ihr Debüt feierte – um genau zu sein, trat sie zuerst im Mini-Comic Friede und Einheit und erst später in der eigentlichen Hauptreihe auf. Oliviah ist im Gegensatz zu Matty jedoch einfach nur unsympathisch und das ist ja keine Neuigkeit in dieser Phase der Hohen Republik. Schon im Comic empfand ich Vildar Mac nicht als sympathische Hauptfigur und so setzt sich diese Reihe mit Oliviah fort. Sie ist unfreundlich zu Matty ohne erkennbaren Grund, neigt zu Überheblichkeit und vertraut ihren Mit-Jedi quasi keine Geheimnisse an. Teilweise war es für mich einfach frustrierend, ihre Stellen zu lesen.

Mardas geschlossene Faust

Umso besser, dass nicht Oliviah, sondern Marda eine viel größere Rolle im Roman spielt. Nachdem sie im Vorgängerroman zunehmend eine Glaubenskrise und letztlich Glaubensevolution durchlebt hat, ist sie nun gefestigter denn je und das kommt bereits in den ersten Kapiteln zu Geltung. Zumindest in ihrer Ansicht, wie die Macht zu verwenden oder eher nicht zu verwenden ist. Im Gegenteil dazu ist sie als Person nun massiv in die Zweifel gerutscht und hier brilliert Scott dabei, die Schuldgefühle, Selbstzweifel und letztliche Emanzipationsbestrebungen darzustellen, während man auch immer selbst mit der Frage hadert, ob man nun noch mit dieser Figur mitfiebern darf oder beziehungsweise sollte. So motiviert vor allem Marda einen als Leser bis zum Ende dranzubleiben, und wenn man bedenkt, welche Entwicklung sie in nur zwei YA-Romanen durchläuft, spricht das Bände darüber, wieso die Nachfahren 150 Jahre später nicht anders sein können, als sie nun mal sind. Lediglich am Ende des Romans scheint es so, als wisse der Autor nicht so recht, wohin er mit der Figur will, und schneidet erst eine Art Redemption-Arc an, bevor er wieder eine 180°-Wende vollzieht und sie noch in extremere Gefilde führt. Das verwirrt und wird erst mit der bald erscheinenden Anthologie Geschichten von Licht und Leben noch auf ein stabileres Fundament gestellt, sodass man sich erst danach wirklich sicher sein kann, welche Richtung Marda nun einschlägt.

Spannend ist der Roman auch dadurch, dass Marda und Yana quasi die Rollen tauschen. Zwar bleibt Yana die skeptische und opportune Anhängerin des Pfades, während Marda wirklich glaubt, aber die Methoden und die Sympathieskala wechseln eindeutig die Besitzerin. Yana ist nun wirklich eine Figur, mit der man mitfiebern kann, die aber – je nach Geschmack zu lange – einfach nur mäandert, anstatt einzusehen, welchen Weg sie gehen muss. So ist aus dem Epilog aus Der Pfad der Täuschung wenig übriggeblieben und sollte man den Roman direkt im Anschluss ohne Kenntnis der Comic-Reihe oder des Hörspiels The Battle of Jedha lesen, fragt man sich schon, was aus den Plänen des Herolds und ihr geworden ist, ihre ehemalige Geliebte Kor zu rächen.

(K)ein gelungenes Prequel

Ich habe oben bereits darauf Bezug genommen, dass Phase II insgesamt nicht das für mich war, was ich mir erwartet hatte und was uns versprochen wurde. Viele Fragen wurden kaum aufgegriffen und wenn sie es wurden, dann seltsamerweise konträr zum Narrativ 150 Jahre später. Da hilft es nicht, dass der Pfad noch so Fake-News-produzierend dargestellt wird, da die Nachfahren der Bewohner, die in diesem Roman Opfer des Pfades werden, wohl eher durch die Familiengeschichte geprägt werden als die Scheinlügen des Pfades.

Phase II der Hohen Republik hat sich insgesamt sehr stark auf einzelne Stories fokussiert, die alle irgendwie losgelöst wirkten. Das hatte zur Folge, dass man eine klarere Hierarchie bilden konnte, was nun wirklich wichtig war. Wieso sollte ich die Erwachsenenromane lesen, wenn es da gar nicht um den Pfad an sich geht, sondern nur die Auswirkungen seiner Aktionen und mir jeglicher Kontext fehlt? Wieso erhalten wir nur zwei sehr starke Young-Adult-Romane, während die Marda-Ro-Story in Geschichten von Licht und Leben ja beweist, dass es mehr Relevantes zu erzählen gegeben hätte? Wieso lagert man das eigentlich Spannende also aus und nutzt Phase II nicht vollends? Diese Fragen begleiten mich nun schon durch viele Podcasts und Rezensionen und eine zufriedenstellende Antwort finde ich nicht. Daher verbleibe ich mit dem Rat, dass die beiden YA-Romane und notfalls die Comic-Reihe – sodann sie auf Deutsch komplett verfügbar ist – ausreichen, um ein Fundament für Phase III zu etablieren, denn nur dort spielt die wirklich relevante Musik.

Fazit

Der Pfad der Rache ist insgesamt ein durchaus lesenswerter Star Wars-Roman, der für sich genommen in einer fast noch höheren Liga spielen könnte. Doch als Teil des Gesamtprojektes hat er auch das Bündel dessen zu tragen und muss daher, so gut es geht, mit dem umgehen, was zur Verfügung steht. Parallel wirft er aber noch viel mehr Fragen auf – die nicht beantwortet werden – während er andere Fragen – deren Beantwortung man sich erhoffte – oftmals überhastet oder inkonsistent zu Phase I auflöst. Auch hier liegt die Schuld keineswegs nur bei diesem Roman, da auch Die Vernichtung keine konsistente Antwort bereithalten wird. Nichtsdestotrotz ist die Charakterarbeit an Marda und Yana bis auf das zu offene Ende ein Highlight und der Roman daher für Fans der Hohen Republik und dem insgesamt besserem Der Pfad der Täuschung eine absolute Pflichtlektüre. Ein Prädikat immerhin, das in Phase II eine gewisse Seltenheit erlangt hat.

Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

Star Wars: Die Hohe Republik ist ein mehrjähriges Buch- und Comicprogramm, dessen zweite Phase 380 Jahre vor Episode IV spielt und einen neuen Einstiegspunkt bietet. Weitere Infos, News, Podcasts und Rezensionen gibt es in unserem Portal und in der Datenbank. Beachtet auch unsere Guides zur Lesereihenfolge von Phase I und Phase II.

Gewinnspiel [BEENDET]

Mit freundlicher Unterstützung von Panini verlosen wir 1x Die Hohe Republik: Der Pfad der Rache.

Um am Gewinnspiel teilnehmen zu können, müsst ihr nur nachfolgende Frage beantworten und das unten stehende Formular ausfüllen:

Wie heißen die Wesen, die der Pfad nutzt, um Machtnutzer zu bekämpfen?

Das Gewinnspiel ist beendet!

  • Der Preis wird unter allen Einsendungen mit der richtigen Antwort verlost.
  • Nur eine Einsendung pro Person/Familie/Haushalt!
  • Einsendeschluss ist Sonntag, 24. September 2023, um 23:59
  • Der Preis wird nur innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der Schweiz versendet!
  • Sämtliche gesammelten Daten dienen nur dem Zweck des Preisversands und werden nach dem Ende des Gewinnspiels und dem Versand des Preises wieder gelöscht.
  • Alle Angaben ohne Gewähr! Eine Barauszahlung des Gewinnes ist ausgeschlossen.

In diesem Sinne: Möge die Macht mit euch sein!

Update 25.09.2023 10:20: Die Auslosung

Gleichmacher und Namenloser, bzw. im englischen Leveler und Nameless sind Namen für das gesuchte Wesen. heißt die von Kradon auf Jedha geführte Bar! Von den Einsendungen mit der richtigen Antwort wurden folgende:r Gewinner:in aus dem Lostopf gezogen:

  • Lutz R. aus Stralsund

Herzlichen Glückwunsch und viel Spaß mit dem Comic!
Und vielen Dank an Panini für die Bereitstellung des Preises!

Ein Kommentar

  1. Danke für die Einordnung. Ich habe jetzt nur die letzten drei Absätze gelesen, weil ich mich nicht spoilern lassen wollte, aber anscheinend wird meine bisherige Befürchtung ja bestätigt, dass Phase II ziemlich zer-phase-rt ist. Prospektoren hier, der Pfad da, der Planetenzwist dort. Dass die „Prequel-Trilogie“ (denn offensichtlich ist ja die ganze Struktur von „Die Hohe Republik“ an der Kino-Saga orientiert) so wenig in die „Klassische Trilogie“ (= Phase I) einzahlt, ist schade obendrein. Ich kenne bislang erst 3 Romane und 1 Comic, wirklich relevant erschien mir nur das YA-Werk. Mal sehen, wie ich es am Ende wahrnehme. 🙂

Schreibe einen Kommentar