Rezension: Krieg der Kopfgeldjäger: Abschaum und Verkommenheit

Nirgendwo wirst du mehr Abschaum und Verkommenheit vorfinden als hier!

Obi-Wan Kenobi

Nachdem wir diese Reihe eigentlich abgeschlossen haben, begeben wir uns mit unseren Rezensionen noch einmal zurück in den Krieg der Kopfgeldjäger. Im Mai 2022 erschien der Sammelband Abschaum und Verkommenheit bei Panini. Er enthält vier für sich stehende Kurzgeschichten innerhalb dieses Zeitraums, die aber trotzdem alle wichtig für den Krieg sind. Jede dieser Kurzgeschichten behandelt dabei ein anderes Individuum als Hauptfigur, doch in allen kommt die Jägerin Deva Lompop vor.

Obwohl von verschiedenen Autoren verfasst, haben alle vier One-Shots einen ähnlichen Aufbau, nämlich einen Gegenwartsteil und einen Vergangenheitsteil, die sich gegenseitig ergänzen und in denen der jeweils handelnde Charakter irgendetwas mit Deva zu tun hatte.

Die erste Geschichte ist Jabba the Hutt: Eine Frage des Vertrauens von Justina Ireland. Sie spielt direkt nach der Eröffnung des Crossovers und behandelt Jabbas Sichtweise auf die Jagd nach Boba Fett, der auf Nar Shaddaa den Karbonitblock mit Han Solo verloren hat. Dazu setzt er Deva ein, die durch eine Blutschuld an den Hutten gebunden ist. In einer Rückblende erfahren wir, dass Deva und Boba untereinander schon keine guten Freunde sind, und so ist sie nicht wirklich begeistert über den Auftrag. Letztlich endet er damit, dass Jabba eine Einladung von Crimson Dawn erhält und das Syndikat erfährt, wo Solo ist. Und wie das weitergeht, wissen wir ja schon.

An dieser Stelle fehlt mir ein wenig die Relevanz. Grundlegend geht es darum, dass Jabba eine Einladung bekommt, aber darum musste unbedingt eine Geschichte erzählt werden. Ich für meinen Teil hätte es nicht unbedingt wissen müssen, dass Boba und Deva mal zusammengearbeitet haben und sie dann ihren Ex-Lover gefressen hat, um Crimson Dawn zu schützen. Zumal Jabba in seinem eigenen One-Shot kaum in Aktion tritt.

Keine Frage, die Story ist spannend, wenn man sie denn liest, aber wirklich nötig war sie auch nicht, insbesondere wenn man bedenkt, dass sie ohne den Kontext des Crossovers nicht funktioniert. Die Zeichnungen von Ibraim Roberson und Luca Pizzari sind allerdings ohne Zweifel ein Highlight.

Ich bekomme es nicht mehr ganz zusammen, in welchem Comic Zuckuss von 4-LOM getrennt wurde, aber die zweite Geschichte berichtet von ihrer Wiederzusammenführung. Daniel José Older erzählt in 4-LOM und Zuckuss: Zuckuss muss sterben! von einem Freund, der um seinen Partner trauert und diesen dann doch wieder trifft. Es geht um Freundschaft und das Abschließen mit der Vergangenheit und sowohl für Krieg der Kopfgeldjäger als auch für Kopfgeldjäger um die Partnerschaft zwischen den beiden ungleichen Charakteren. Im Gegensatz zur Jabba-Geschichte ist hier also auch Relevanz dahinter.

Wie bei Daniel oft der Fall, finden sich jede Menge abstruser Monster und Gestalten in diesem One-Shot, die von Zeichner Kei Zama wunderbar umgesetzt wurden. Die Geschichte im Allgemeinen ist etwas abstrus, aber trotzdem recht lesenswert. Allerdings macht auch hier der Kontext die Musik, denn ohne diesen wundert man sich nämlich erstmal, was mit 4-LOM überhaupt passiert ist.

Alyssa Wong steuert Geschichte Nummer drei bei, die sich in die Doktor Aphra-Reihe wunderbar einfügt. Sie heißt Boushh: Gefunden und führt den benannten Kopfgeldjäger mit Domina Tagge zusammen. Das ist für den Krieg der Kopfgeldjäger nicht wirklich relevant, aber für die Aphra-Reihe dafür umso mehr. Ab dem Crimson Reign-Crossover nutzt Domina die Ubesen nämlich als wertvolle Ressource, um Aphra nach deren scheinbaren Verrat wieder aufzuspüren. Außerdem nutzt Alyssa Wong die Gruppe hier aktiv, um Dominas Machtposition noch einmal klar aufzuzeigen und wie überlegen sie nicht nur den anderen Mitgliedern ihrer Familie ist, sondern auch einem guten Teil der restlichen Galaxis. Das endet schließlich damit, dass sie ihren eigenen Bruder Gargamel – pardon, Silas – tötet und droht, es Boushh und Co in die Schuhe zu schieben. Nicht, dass es die Jäger stören würde, aber sie nehmen doch lieber den Deal der Tagge Corporation an, für sie zu arbeiten und daheim dafür wieder willkommen zu sein. Denn, wie wir ebenfalls hier lernen, Ubesen verlassen normalerweise ihre Welt nicht. Die Gruppe um Boushh wurde verbannt und muss nun im Exil leben und dauerhaft die Rüstungen tragen.

David Baldeón versteht es auch, diese Rüstungen gut zu zeigen und auch bei der einen helmlosen Szene nicht zu zeigen, wie Ubesen denn nun eigentlich aussehen. Auch die Tagges mit ihren sterilen Gängen und geputzten Räumen sehen klasse aus und vor allem die Charaktere selber heimsen einen großen Haufen Bonuspunkte ein.

Die letzte Geschichte stammt von Rodney Barnes und wurde von Guiu Vilanova gezeichnet. Sie gehört mehr oder weniger zur Darth Vader-Reihe und holt den Killerdroiden IG-88 ins Leben zurück. Barnes orientiert sich dabei lose an der Legends-Origin-Story des Droiden und packt hinten noch ein bisschen Schatten des Imperiums ran, ohne IG-88 jedoch direkt wieder zu zerstören. Am Ende will dieser sich zurückziehen und „nachdenken“.

Prinzipiell hat das insofern Bedeutung, als dass der Droide nun wieder genutzt werden kann, in der deutschen Literaturlandschaft ist das seither aber nicht geschehen. Lediglich in der vorangegangenen Geschichte Der Flug des Falken, die später spielt, kommt der Droide wieder vor, sodass er nicht tot bleiben konnte.

Insgesamt muss man One-Shots nicht unbedingt lesen, sie tragen aber doch zum Verständnis einzelner Aspekte einzelner Reihen bei, selber benötigen sie aber Vorwissen aus diversen Titeln. Keine der Geschichten ist besonders schlecht oder zeichnet sich besonders aus. Abschaum und Verkommenheit ist eine tolle Ergänzung zum Krieg der Kopfgeldjäger und den dazugehörigen Reihen, „mehr“ aber auch nicht.

Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!

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