Rezension: Kopfgeldjäger, Band 1: Für eine Handvoll Credits

Heute erscheint bei Panini der erste Sonderband zum ersten Handlungsbogen Galaxy’s Deadliest der Bounty Hunters-Reihe, welcher zwischen März und September 2020 ursprünglich bei Marvel in monatlicher Veröffentlichung erschienen ist. Darin begleiten wir Valance aus Jagd auf Vader erneut, treffen mit Bossk und Boba Fett aber auch auf weitere Größen der Kopfgeldjäger-Szene. Außerdem enthält der Sonderband noch den One-Shot Kopfgeldjäger: Die Kehrseite der Madaille, welcher ursprünglich in Empire Ascendant #1 aus dem Dezember 2019 enthalten war.

Darf’s ein bisschen mehr sein?

Kopfgeldjäger sind eine Klasse für sich in Star Wars. Bei der Ankündigung von The Mandalorian war bei uns im Team die Angst groß, dass wir die eher wenig spannende Jagd nach Kopfgeldern nun in Serienform bekommen und selbst die Ankündigung einer Comic-Reihe zu Kopfgeldjägern löste nicht unbedingt Euphorie-Stürme aus. Vielmals findet in meinen Augen ein Fehlschluss von Boba Fett auf die Profession der Kopfgeldjäger statt. Nur weil ersterer sehr beliebt ist, muss es sein Beruf noch lange nicht sein. Doch wie projiziert sich das alles jetzt auf den ersten Handlungsbogen der danach titulierten Comic-Reihe?

Um vom Großen ins Kleine zu gehen würde ich zunächst einmal anführen, dass die Geschichte insgesamt mit ihren Anleihen an Romeo und Julia und den damit verbundenen Irrungen und Wirrungen durchaus spannend ist und gerade mit ihrer Auflösung am Ende des Heftes ein paar Erkenntnismomente beschert. Es gibt jedoch ein großes Aber und das bezieht sich auf die Wege der Figuren im Heft. Wir folgen nicht nur Valance auf der Suche nach seiner Mentorin, sondern auch Boba Fett, Bossk und mindestens zwei weiteren Kopfgeldjägern, die alle die Ersten sein wollen, die die genannte Mentorin Nakano Lash finden. Das führt dazu, dass wir ständig die Orte, Figuren und Motivationen wechseln und man sich vorkommt wie bei einer Aneinanderreihung von einzelnen Geschichten, die alle nicht genug ausgebaut werden.

So kommt es dann eben dazu, dass mir Boba Fetts Motivation bis zum Ende ein Rätsel blieb und Bossk eher wie der inkompetente Nebendarsteller auftrat. Zu keiner Zeit hab ich wirklich mit den Figuren abseits von Valance mitfiebern können und das resultiert nicht daraus, dass sie das Gegenteil von Valance erreichen wollen, sondern an der fehlenden Charaktertiefe. Bei Boba und Bossk setzt man einfach auf ihre vorherige Bekanntheit und vor allem Boba braucht scheinbar keine wirkliche Motivation, der muss einfach dabei sein. Das ist am Ende leider in meinen Augen nicht genug und hat gerade im Mittelteil für mich zu vielen Verwirrungen geführt. Ich versteh durchaus die stilistische Idee viele Jäger auf eine Spur zu schicken, um Dringlichkeit zu suggerieren, aber dabei darf eben nicht die Balance zwischen Dringlichkeit und Charakterarbeit aus dem Auge verloren werden.

Ein spannender Kern

Entgegen der Balance verlieren wir jedoch Valance nicht so leicht aus den Augen und daran merkt man, dass wir hier dem eigentlichen Hauptcharakter folgen. Entgegen seiner Kollegen kommt seine Vergangenheit mit Lash besser zur Geltung und auch seine Vorgeschichte aus Jagd auf Vader wird nicht so absolut vorausgesetzt, vor allem da in diesem Comic das Imperium kaum eine Rolle spielt. Trotzdem wäre es ratsam Jagd auf Vader vorher zu kennen, um gerade Valance‘ weichere Momente besser nachvollziehen zu können. Gerade durch seine Ambition Lash vor allen anderen zu finden, wird seine Bindung zu ihr sehr schön dargestellt und auch für die ein oder andere Nebenfigur findet die Geschichte teils sehr tragische Wendungen.

Das ist am Ende auch das zweischneidige Schwert über das ich anfangs geredet habe: Was auf dem Cover steht, deckt sich nur in Teilen mit dem was darin ist. Die Story ist durchzogen von fesselnden, spannenden Momenten und Wendungen, die sich bei klassischer Literatur mit einem nötigen Kniff bedienen und vielleicht manchmal die Lösung eines Bandenkrieges etwas zu romantisch verklärt voraussetzen. Dies wird jedoch leider sehr häufig durch den plakativen Kopfgeldjäger-Cool-Guy-Stempel torpediert. Sobald die Geschichte sich mal nicht auf bekannte Filmfiguren stützt baut sie nämlich durchaus auch neben Valance spannende Figuren wie beispielsweise die innerlich zerrissene und trauernde T’onga auf.

Ein Fest für die Augen

Wenig überraschend gibt es in einem kopfgeldjägerfokussierten Comic viele bildgewaltige Szenen und gerade zu Beginn des Sonderbandes – beim fehlschlagenden Auftrag – erhalten wir einige Kampfszenen der vielen beteiligten Kopfgeldjäger, allen voran natürlich Boba Fett, dem innerhalb des Comics quasi noch ein eigenes Cover gewidmet wurde, nur um sein Auftreten anzukündigen. Ansonsten schafft man es jede Figur unverwechselbar darzustellen, wobei natürlich die Mischung aus Nautolanern, Trandoshanern, Cyborgs und mandalorianischen Rüstungen sehr hilfreich ist. Auch Figuren wie Ooris Bynar – ein Thisspiasianer – werden mit ausreichend Wiedererkennungswert umgesetzt. Tatsächlich halfen diese Unterscheidbarkeiten und auch das Lettering dabei sich trotz der häufigen Ortswechsel vergleichsweise gut zurechtzufinden, was aber natürlich nicht alle Verwirrung, die auch aus der Geschichte selbst resultieren, aufwiegen kann.

Von der künstlerischen Qualität könnt ihr euch in den Vorschauseiten von Panini selst überzeugen:

Der Titellostopf

Beim Thema Übersetzung habe ich übrigens keine größeren Probleme feststellen können. Einzig der deutsche Titel des ersten Handlungsbogens und damit dieses Sonderbandes Für eine Handvoll Credits könnte generischer und in diesem Fall unpassender nicht sein. Ich meine auch der englische Titel Galaxy’s Deadliest zeugt jetzt eher von Marketing als Inhaltsumschreibung, aber im Fall des deutschen Titels kommt der Umstand hinzu, dass viele Kopfgeldjäger in diesem Heft gar nicht auf der Jagd nach Credits sind: Boba stimmt zu ohne Details zu kennen, T’onga will Rache und Valance seine Mentorin retten. Aber gut Kopfgeldjäger mag man nun mal zunächst mit Credits assoziieren und daher schien der Titel wohl naheliegend zu sein. In dem Zusammenhang wäre es auch gut eine einheitliche Schreibweise von Credits beizubehalten und nicht in Die Kehrseite der Medaille plötzlich in Kredits abzudriften.

Exkursion für die Rebellion

Wie am Anfang angesprochen beinhaltet der Sonderband ebenfalls eine kurze Comic-Geschichte aus Empire Ascendant #1. Darin soll Valance im Auftrag von Han Solo Pläne und den Techniker für eine neue Schildtechnologie zur Rebellion bringen. Ohne viel vorwegzunehmen hat mir diese kleine Geschichte in ihrer Kompaktheit sehr gut gefallen und wir erfahren darin ein Puzzleteil, welches Episode V ergänzt. Ob diese nötig gewesen wäre ist eine ganz andere Frage, aber auch hier können wir Valance weichere Charakterisierung erneut sehen, was ihn immer mehr zum Sympathieträger macht.

Fazit

Wie schon bei Jagd auf Vader bin ich am Ende etwas unsicher wie ich das Werk nun bewerten soll. Einerseits sticht die Hauptgeschichte aus der Vogelperspektive sehr positiv hervor, doch sobald man genauer in die einzelnen Ortswechsel hineinschaut, sieht man teilweise sehr blasse Filmfiguren und andererseits wieder sehr tiefgehende Comicfiguren. Insgesamt hatte ich Spaß mit der Geschichte, denke aber, dass ein weniger umfangreiches Schaulaufen von beliebten Figuren im Austausch für eine tiefergehende Charakterarbeit an manchen Stellen, dem Werk als ganzes wesentlich besser bekommen wäre.

Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.

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