Interview mit Darth Maul– und Thrawn-Zeichner Luke Ross

Von Spider-Man über Captain America bis hin zu Darth Maul und Großadmiral Thrawn. Luke Ross hat ein beeindruckendes Résumé an hochkarätigen und bekannten Comics vorzuweisen. Der brasilianische Zeichner, der Star Wars-Fans in jüngster Zeit wohl vor allem durch die Comics Darth Maul, Das Erwachen der Macht und Thrawn bekannt sein dürfte, kann auf eine große Bandbreite an Illustrationen zurückgreifen, die er seit 1992 auf dem amerikanischen Markt demonstriert. Er ist zudem einer der wenigen Zeichner, die sowohl für Dark Horse als auch für Marvel an Star Wars arbeiten durften, also für Legends und Kanon! Im Interview mit der Jedi-Bibliothek erzählte uns Luke Ross wie er zu seiner Arbeit für Marvel kam, was die Herausforderungen bei den großen Verlagsfirmen sind und welche Figuren er schon immer mal zeichnen wollte.

Wie kamst du dazu, Comics zu zeichnen, und woher kommt deine Inspiration?
Ich habe 1992 damit begonnen, professionell an Comics für den amerikanischen Markt zu arbeiten, dank der Hilfe einer Talentagentur aus Sao Paulo. Ich zeigte ihnen meine Muster und drei Monate später nahm ich meinen ersten Job an, nämlich Blood is the Harvest für den Verlag Eclipse Comics, der inzwischen nicht mehr im Geschäft ist. Danach hab ich nie wieder damit aufgehört, an Comics zu arbeiten. Meine Inspiration kann aus allerlei Quellen kommen: Comics, Filmen, Musik, Photographie, Gemälde, etc. Aber die Kreditkartenrechnungen sind auch eine gute Motivation, hahaha!

Wann hast du erstmals für Marvel gearbeitet?
1994 arbeitete ich für DC Comics. Ich weiß nicht mehr genau welcher Comic das damals war, aber irgendein Redakteur bei Marvel sah meine Seiten und bot mir an, Spider-Man 2099 zu zeichnen. Da ich schon seit der Kindheit ein großer Spidey-Fan bin, ergriff ich die Chance. Ein paar Monate später bot Ralph Macchio, der legendäre Marvel-Redakteur, mir an, den Zeichnerposten bei Spectacular Spider-Man zu übernehmen, wo ich fast drei Jahre lang dabei blieb.

Du hast viele ikonische Star Wars– und Marvel-Charaktere in Angriff genommen, von Darth Maul bis hin zu Captain America. Ist es beängstigend, mit so bekannten Charakteren zu arbeiten?
Ja, auf jeden Fall! Die Charaktere aus beiden Universen haben ganze Legionen von Fans, aber Star Wars-Fans sind dafür bekannt, noch leidenschaftlicher zu sein, weswegen ich gestehen muss, dass ich nervöser bin, wenn ich an Star Wars-Projekten arbeite.

Was machst du lieber: neue Charaktere erschaffen oder bereits etablierte zeichnen?

Eldra Kaitis Konzeptzeichnung von Luke Ross
Charakterstudie: Eldra Kaitis

Ein bisschen von beidem. Als Fan mag ich es, klassische, etablierte Charaktere zu zeichnen, und es ist auch meine Chance, meine eigene Version jener Figur zu präsentieren. Aber es gibt nichts Befriedigerendes bei der Zusammenarbeit mit ganzen Universen wie Marvel oder Star Wars als dabei zu helfen, eine neue Figur zu erschaffen oder zu etablieren.

Hast du einen persönlichen Favoriten bei den Star Wars-Charakteren, die du designen durftest?
Mein Favorit ist Eli Vanto, da seine Persönlichkeit mir erlaubt hat, seine Körpersprache besser zu erkunden, aber ich mag auch Nevil Cygni, Angel und die anderen Piraten, die wir in Ausgabe #2 von Thrawn zu sehen bekommen. Ich habe auch die Padawan Eldra Kaitis für Star Wars: Darth Maul erschaffen und ich war sehr glücklich über diese Figur – meine erste Twi’lek und eine tapfere Jedi mit einem traurigen Schicksal.

Erstellst du deine Seiten als Gesamtwerk oder konzentrierst du dich eher auf die Komposition einzelner Panels?
Ich konzentriere mich lieber auf das Panel, aber manchmal, wenn ich eine sehr wichtige Seite habe, versuche ich, für sie ein Gesamtlayout zu gestalten, bei dem ich ein spezielles Panel hervorhebe und dann die anderen darum herum anordne.

Bist du Das Erwachen der Macht, Darth Maul und Thrawn anders angegangen? Wenn ja, wo liegen die Unterschiede?
Die Unterschiede liegen beim Rendering-Stil, den ich verwendet habe. Bei Das Erwachen der Macht wollte ich ursprünglich detaillierter arbeiten, aber die Abgabefristen für die sechs Ausgaben waren zu eng gesteckt, also wählte ich einen Stil, der näher an meiner Arbeit an Hercules war. Letzten Endes waren die Redakteure bei Marvel und Lucasfilm sehr glücklich mit der Arbeit, die ich geleistet habe. Bei Darth Maul hatte ich etwas mehr Zeit für die Arbeit, weswegen ich mich für einen Stil entschied, der kräftigere Schatten und Details hatte, was für einen Charakter wie Maul und die Geschichte die wir erzählten, auch besser passte, finde ich. Bei Thrawn war die natürliche Entscheidung, den Stil aus Darth Maul weiterzuführen, da es auch ein Comic über einen „Schurken“ war. Ich fühlte mich wohl damit und erneut waren sowohl meine Redakteure als auch die Fans glücklich mit dem Stil.

Republic #78: Loyalties (19.10.2005)
Republic #78: Loyalties (19.10.2005)

Gab es einen merklichen Unterschied bei der Arbeit für Dark Horse (bei Republic #78: Loyalties/Darth Vaders Aufstieg) und Marvel?
Der große Unterschied ist, dass ich bei der Arbeit für Marvel ganz besonders darauf achten muss, was Kanon ist und was nicht, um Fehler zu vermeiden, aber wenn ich die Chance habe, versuche ich, ein paar versteckte Anspielungen auf Legends einzubauen, um dem aufmerksameren Leser, der das Material liebte, das vor dem Kanonschnitt veröffentlichte, ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern.

Was ist deiner Meinung nach deine bisher gelungenste Illustration?
Ich bin sehr glücklich mit meinem Zeichenstil bei Darth Maul und Thrawn und zudem hat Nolan Woodard bei beiden dieser Comics herausragende Arbeit mit den Farben geleistet. Seine Farbarbeit passt sehr gut zu meinen Zeichnungen und hebt sie hervor und aus diesem Grund denke ich, dass diese beiden meine bisher beste Star Wars-Arbeit sind.

Was waren beim Zeichnen deine Lieblingsszenen in Thrawn und Darth Maul?
Bei Thrawn ist es eine Großseite aus Heft #4. Jody Houser bat mich, eine Montage zu zeichnen, die eine Reihe von Ereignissen beschreibt, die dazu führen, dass Thrawn eine weitere Beförderung erhält. Ich bin sehr zufrieden mit dieser Seite, da ich mit dem Layout spielen konnte, um den Verlauf der Zeit zu vermitteln.

Meine Lieblingsszene in Darth Maul ist die Sequenz, in der Maul endlich gegen Eldra Kaitis kämpft. Es war die Sequenz, in der wir erkennen können, dass Darth Maul fast schon Sympathie für diese Jedi hegt. Und es war sehr emotional, das zu zeichnen, weil es der Höhepunkt war, der die ganze Geschichte über aufgebaut worden war.

Gab es eigentlich irgendeinen besonderen Grund für die Änderung von Elis Aussehen? Jemandem ist aufgefallen, dass er in den ersten Vorschauseiten eher blass aussah und zur Freunde aller hat er nun etwas mehr Farbe im Gesicht.
Ich habe ihn immer gleich gezeichnet. Mir war nicht bewusst, dass Elis Aussehen sich irgendwann geändert hat. Manchmal ist die Arbeit, die wir in den Vorschauseiten sehen, nur eine vorläufige Version und nicht die final abgesegnete Version des Comics.

Welche unhöfliche Geste macht der Kadett in der ersten Thrawn-Ausgabe?
Es ist keine tatsächliche Geste, hoffe ich zumindest! 🙂 Das Skript verlangte eine unhöfliche Geste, aber keine, die irgendeiner irdischen Geste entspricht. Das grausame Lächeln des anderen Kadetten sollte daher bedeuten, dass es keine gute Geste war. Ich habe mir also etwas ausgedacht, von dem ich noch nie gehört hatte, das aber unhöflich genug aussehen könnte, um das dem Leser zu vermitteln.

Wie kamst du erstmals mit Star Wars in Kontakt? Hast du irgendwelche Lieblingsfilme, -szenen oder -charaktere?

Thrawn #6 (Luke Ross Variant Cover) (11.07.2018)
Thrawn #6 (Luke Ross Variant Cover) (11.07.2018)

Ich war noch ein Kind als ich Eine neue Hoffnung zum ersten Mal sah, aber was mich dazu brachte, in jenes Universum einzutauchen, waren die Star Wars-Comics, die Marvel damals veröffentlichte, insbesondere die von Zeichner Al Williamson. Ich mochte immer schon Han Solo, Luke, die Droiden und Vader.
Meine Lieblingsfilme der Star Wars-Reihe sind Eine neue Hoffnung, weil er der allererste war und mich als Kind die Sterne in einem anderen Licht sehen ließ, und Rogue One, weil ich mich dabei fast genauso fühle wie damals, als ich Eine neue Hoffnung sah. Oh, und ich liebe Star Wars Rebels.

Kamst du (über die klassischen Comics hinaus) in Kontakt mit dem Erweiterten Universum bevor du deine eigenen Comics in diesem Universum zeichnen durfest?
Nicht allzu sehr. Ich kannte ein paar Comics von Dark Horse, aber damals produzierte ich bereits so unglaublich viel, dass mir selber kaum Zeit zum Lesen blieb. Wenn ich so darüber nachdenke muss ich sagen, dass das eigentlich immer noch meine Realität ist.

Wenn du einen Comic über irgendeine Star Wars-Figur oder -Ära zeichnen könntest, was würdest du dir aussuchen und warum?
R2-D2. Ich würde liebend gerne einen Comic zeichnen, der die Ereignisse aus Star Wars aus Droidensicht zeigt.

Welche anderen Projekte von dir sollten Star Wars-Fans sich definitiv anschauen? Hast du irgendwelche neuen Projekte in Arbeit?
Da die ersten Star Wars-Filme von Kurosawa-Filmen inspiriert wurden, denke ich, dass ihr Samurai: Heaven & Earth mögen würdet, die Samurai-Serie, die ich mit Ron Marz für Dark Horse Comics gemacht habe. Und ja, ich habe ein neues Star Wars-Projekt! Aber mir ist es leider noch nicht gestattet, darüber zu sprechen, tut mir leid! 🙂

Apropos, gibt es irgendwelche Neuigkeiten zur Samurai: Heaven and Earth-Serie? Ich finde, die ist ein echtes Juwel, und von dem, was ich gehört habe, bereist Shiro im dritten Band die Karibik?
Fantastisch, dass du danach fragst! Danke! Freut mich, dass sie dir gefällt! Ja, das stimmt, auf seiner Suche nach Yoshiko wird Shiro sich an Bord eines Piratenschiffs auf dem Weg nach Amerika wiederfinden. Oh, ich hoffe nur, ich könnte ein bisschen Extrazeit haben, um mehr an diesem Projekt zu arbeiten und Ron Marz dabei zu helfen, diese Saga für die Fans der Serie bald zum Ende zu führen.

Luke, danke dir für das Interview!
Vielen Dank für die Gelegenheit und auch für die Geduld! 🙂

Interview geführt von Janina. Die Übersetzung stammt von Florian. Wir danken Luke Ross für die Bereitstellung der Artworks!

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