Rezension: Die Hohe Republik, Band 2: Die Gejagten

Im zweiten Sonderband zur dritten Phase der Hohen Republik sammelt die Gruppe rund um Keeve Trennis ihre Kräfte und Panini die Marvel-Einzelhefte sechs bis zehn, die von April bis August 2024 erschienen sind. Warum der am 22. April 2025 bei Panini erschienene Sonderband weiterhin schleppend in die Gänge kommt und eher wie ein zu langes Prequel als eine eigenständige Story wirkt, soll diese Rezension klären.

Wir nehmen dieses Kind und schieben es woanders hin …

Der erste Sonderband endete mit dem Reveal von Tey Sirrek und einem Kind, das von Sskeer in einer Höhle bewacht wird. Soweit so gut. In diesem Sonderband startet erstmal alles mit einer überlangen Rückblende. Ich frage mich schon, wieso wir eine komplette zweite Phase bekommen haben, wenn dann alle Figuren, die aus dieser Phase wieder auftreten, sich erneut an diese erinnern müssen. Und das ist ja keine Erinnerung für alle, die Phase II nicht gelesen haben, sondern eine komplett neue Handlung rund um Tey und Vildar. Sowas lässt sich doch sicherlich auch in der zweiten Phase einbauen und hier mehr Zeit sparen. Von einer plötzlichen Szene am Ende des Rückblicks ganz zu schweigen – ich unterstütze die Botschaft, doch nicht den Weg dahin …

Gleiches trifft auf das mysteriöse Mädchen zu. Die hätte sich ja vielleicht mal erinnern können. Stattdessen steht sie rum, sagt nichts – das ist in ihrem Machtkult immerhin üblich – und wird dann eben entführt, damit man nach Sskeer mal wieder was zu retten hat. Nachdem das Mädchen übrigens wieder gefunden wurde, darf Sskeer wieder gerettet werden und danach kommt das Hörspiel Tempest Breaker. Und glaubt mir: Die Rettungsleine reißt nicht ab.

Also wenig Kontext zum Mädchen, Tey Sirreks aufgezwungene Erinnerung, obwohl man eine ganze Phase Zeit hatte und die dauerhafte Erklärung für jedwede Tat rein aus einer Kette an Rettungsversuchen bilden einen fünfteiligen Arc. Wenig Innovatives und vor allem wenig Tempo bei der Erzählung!

Lourna und die MenschlTwi’lekichkeit

Einziger Lichtblick ist – wohl im vorauseilenden Gehorsam Richtung Hörspiel – die Wiedergutmachung von Lourna Dee durch Cavan Scott. Sie wird wiedergutgemacht – einst missverstandene und naive Thronerbin, jetzt einzig vernünftige Figur in diesem Jedi-Ensemble. Sie widmet sich dem Kind, hat in den richtigen Momenten eine Lösung, lockert die Stimmung mit lustigen Sprüchen und humorvollen Szenen auf. Lediglich die Introspektion fehlt noch. Sie wirkt dadurch oft wie ein Comic-Relief. Doch im Vorwissen um die Existenz eines um sie kreisenden Hörspiels von sechs Stunden, sind diese Momente dann sicherlich dort zu finden. So wie auch schon bei Die Orkanläuferin der Fall.

Es passt aber gut zu ihrer Geschichte, dass sie sich um das Mädchen sorgt. Gerade als diese entführt wird. Denn sie selbst hat ja unter einem ähnlichen, nicht selbstbestimmten Schicksal gelitten und dadurch einen Gerechtigkeitssinn, dass junge Mädchen selbst wählen sollen, was sie tun wollen. Sie projiziert ihre fehlende Chance zur freien Wahl auf dieses Kind und setzt daher alles daran, sie zu retten. Was sie menschlicher und damit nahbarer macht. Etwas mehr ist für ihren Redemption-Arc dann aber schon noch notwendig.

Mehr Kontext zu Boolan?

Boolan spielt in dieser zweiten Hälfte der vorerst aus nur zehn Heften bestehenden Reihe eine größere Rolle. Doch auch seine genauen Forschungen und Ansichten bleiben vage. Spannend ist im Ansatz lediglich die Verbindung zu Sskeer und seine Faszination über dessen Krankheit, die ihm die Macht raubte. Wenn Boolans Behauptungen stimmen, könnte Plagueis ziemlich neidisch auf dessen Forschungen sein. Andererseits behauptet der Bombenträger aus Phase II auch alles, um zu bekommen, was er will. Wenn er sonst schon nichts vom Pfad gelernt hat, dann das.

Boolan ist also eine der größeren Enttäuschungen in diesem Comic, da er auch in den anderen Medien immer nur so oberflächlich und mysteriös inszeniert wird, wir aber endlich mal Antworten wollen. Gerade in der Parallelität zu Tears of the Nameless/Die Tränen der Namenlosen, hätten sich hier gute Synergien ergeben. Doch auch hier müssen wir wohl auf die nächste Kurzreihe warten, die nach dem Hörspiel spielt und Fear of the Jedi heißt oder aber schon auf das Hörspiel vertrauen. Beides Fakten, die diesen Sonderband nicht gerade aufwerten und eher wie eine Wartebank erscheinen lassen, auf der alle Figuren auf die „wichtigeren“ Auftritte warten.

Stiefelkreis der Jedi

Zudem ignoriert der Comic auch noch die Rolle der Namenlosen gegenüber der Jedi. Mehr als einmal gelingt es diesen, sich den Wesen zu nähern und dabei keine direkten Beeinträchtigungen zu spüren. Keeve gelingt es sogar, einem den Kopf zu durchtrennen. Die Jedi sind hier also wirkliche Schlächter und wischen den sonst so bedrohlichen Effekt wie Crait-Staub von ihren Schultern. Zu einer epischen Comic-Inszenierung passt das. Zu einer kohärenten Erzählung – erneut in Parallelschaltung zu Die Tränen der Namenlosen – eher weniger.

Die einzige Erklärung, die ich mir für meinen Kanon zurechtlegen kann, ist, dass die Namenlosen ja aktiv kontrolliert werden und kybernetisch manipuliert wurden. Sprich: Sie haben keinen Effekt mehr auf die Jedi, außer das wird aktiv eingeschaltet oder vom Herren gefordert. Und Boolan will vielleicht nur sehen, wie sich alles entwickelt.

Fazit

Ich fühle mich ein wenig wie der Sonderband. Nur bin ich transparenter dabei. Warum? Ich habe sehr oft auf das Hörspiel Tempest Breaker verwiesen und auf Antworten dort spekuliert oder vertröstet. Und genau das Gleiche tut der Comic auch. Er sagt es nur nicht, sondern inszeniert sich selbst als relevant, obwohl die einzige Handlung aus Rettung – Entführung – Rettung besteht. Dazwischen ein wenig Streit, Humor und Selbstzweifel und fertig ist die perfekte Dehnübung für die Handlung, bis die eigentliche Story in Tempest Breaker aufgegriffen werden kann. Ein Prequel an sich ist ja nicht verkehrt, wenn es aber doppelt so lang ist, als die enthaltene Story es rechtfertigen würde, kommt es nicht zum gewünschten Punkt, sondern verkommt zur überlangen Erklärung vor einem inhaltlich vielversprechenderen Doppelpunkt.

Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

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Star Wars: Die Hohe Republik ist ein mehrjähriges Buch- und Comicprogramm, das hunderte Jahre vor den Skywalker-Filmen spielt und die Jedi in ihrer Blütezeit zeigt. Weitere Infos, News, Podcasts und Rezensionen gibt es in unserem Portal und in der Datenbank. Beachtet auch unsere Guides zur Lesereihenfolge von Phase I, Phase II und Phase III.

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