Rezension: Star Wars: The Old Republic Encyclopedia

Als im Jahr 2011 das Videospiel Star Wars: The Old Republic startete wurden die Spieler von einer Vielzahl an Storylines, Figuren und Fraktionen überflutet und so lag die Entscheidung nahe sich dieses Problems mithilfe einer umfassenden Enzyklopädie anzunehmen, wie es bisher eher bei bei den Filmen üblich war. Das knapp 10 Monate nach Veröffentlichung des Spiels bei Dorling Kindersley – nur auf Englisch – erschienene Begleitwerk, welches von einem Autorenteam rund um Charles Boyd (welcher heute noch Creative Director des Spiels ist), Hall Hood, Ian Ryan, James B. Jones, Joanna Berry und Zach Bush verfasst wurde, stellt auf über 350 Seiten in großem Format alles vor, was man inhaltlich zum Spiel im 1.0-Zustand wissen muss. Ob sich aufgrund des Alters der Enzyklopädie auch heute noch eine Anschaffung lohnt und wie gelungen die Abdeckung von acht Klassen und zahlreichen Planeten, Spezies und Fraktionen ist, soll im Zentrum dieser Rezension stehen.

Star Wars: The Old Republic Encyclopedia (15.10.2012)

Ein Gefühl des Umfangs

Denken wir an die jüngste Geschichte der Enzyklopädien zurück, so haben wir immer weniger für unser Geld bekommen und einige Infos waren nicht aufklärend, sondern wurden entweder komplett ignoriert (wie Palpatines Rolle in der Enzyklopädie zu Episode IX) oder nur oberflächlich und fast lieblos abgehandelt (wie in der Enzyklopädie zu Solo: A Star Wars Story). Das einzige wirkliche Leuchtfeuer im neuen Kanon stellte da die Rogue One-Enzyklopädie dar, die auch von außen geballtes Wissen erwarten ließ. Genau diesen Effekt hat die SWTOR-Enzyklopädie, sobald man sie einmal in Händen hält und aufschlägt. Das Format der beiden ist ähnlich, jedoch bringt es die zu SWTOR auf fast doppelt so viele Seiten und ist allein dadurch schon eine Wucht. Samt Schutzumschlag und bedrucktem Hardcover ohne Schriftzug macht sie auch leicht in jedem Regal was her. Auch die Seiten im Inneren sind wertig, auch wenn einige Bilder – da aus dem Spiel entnommen in niedriger Auflösung – nicht immer sonderlich klar wirken. Trotzdem kommen vor allem spielexterne Konzeptzeichnungen sehr gut zur Geltung. Die Frage ist nun, ob auch der Inhalt mit der Aufmachung mithalten kann, oder die Enzyklopädie mehr Schein als Sein ist…

Noch Fragen?

Sollte man nach diesem Buch noch Fragen rund um das Spiel, die Vorgeschichte oder Spezies haben, dann hat man es wohl nicht richtig gelesen. Es umfasst nicht nur die Zeit 300 Jahre nach KOTOR, sondern auch eine komplette Übersicht über die Vorgeschichte der Galaxis. In den ersten Kapiteln wird rekapituliert wie sich aus dem Unendlichen Reich der Rakata zunächst der Jedi-Orden und dann die Republik erhob, wie die Sith aufstiegen und fielen und welche Rolle die Mandalorianer spielten. Diese Zeitstrahl-ähnliche Darstellung wird in den späteren Kapiteln, die den jeweiligen Fraktionen gewidmet sind, noch viel mehr ausgebaut, gibt dem Leser zum Einstieg aber direkt einen guten Überblick zu welchem Status Quo er sich in die Schlacht wirft (Bild 1). Dann folgen Kapitel zur Republik, den Jedi (Bild 2), dem Imperium, den Sith, den Mandalorianern und schließlich der Unterwelt, bevor im letzten Drittel Spezies und Planeten vorgestellt werden. Jedes Fraktionskapitel zeigt dabei zunächst eine detaillierte Geschichte der Gruppierung und beleuchtet dann sehr genau die dazugehörigen Klassen samt Gefährten, Ausrüstung und Spielerschiff (Bild 7 und 8).

Was ich gerade beim Übergang von Historie zu Spielerklassen (Bild 3 und 4) gut finde ist, dass es nicht so wirkt, als bekäme man nun eine Klasse vorgestellt. Vielmehr wirkt es, als ob gezeigt wird welche Arten von Berufsgruppen es in diesen Fraktionen gibt und mit welchen Verbündeten diese sich am sinnvollsten umgeben. So werden auch die beiden Unterklassen – die vor 7.0 noch klassenspezifisch waren – inhaltlich begründet und nach deren Vorgehen unterschieden. Man bricht also nie den In-Universe-Berichtcharakter dieser Enzyklopädie, indem man Dinge mit Gamedesign-bezogenen Argumenten erklärt, sondern sorgt dafür, dass die Erklärungen aus dem Universum selbst stammen. Wieso ist mir dieser Punkt so wichtig? Die Enzyklopädie eignet sich damit auch für jene, die das Spiel noch nie gespielt haben und einfach nur ein kohärentes Nachschlagewerk für diese Ära haben möchten. Es ist eine Enzyklopädie und kein „Lösungsbuch“, wohin viele solcher Werke zu Videospielen oft abzurutschen drohen. Während ein Gameguide von 2011, nach all den Patches, heute nur noch sehr geringen Mehrwert hätte, verliert diese Enzyklopädie zumindest in ihrer Erklärungskraft kaum etwas. Und selbst ich als langjähriger Spieler habe durch die komprimierte Zusammenschau von Ereignissen und Details neue Zusammenhänge entdeckt, die sonst auf viele Spielstunden erstreckt verloren zu gehen drohen.

Waren die überhaupt im Spiel?

Auch wenn ich nun schon einige Male auf den Umfang des Werkes hingewiesen habe, so ist es ja auch kein Wunder bei einem solch umfangreichen Spiel. Doch die Liebe zur Vollständigkeit und zum Detail sieht man meines Erachtens am besten im Spezies-Abschnitt. Jede im Spiel vorkommende Spezies wird vorgestellt und mit ihren Traditionen und Lebenskontexten präsentiert. Selbst Spezies, die man kaum zu Gesicht bekommt oder nur in speziellen Nebenmissionen, wie beispielsweise die Drall auf Corellia. Immerhin bei den nicht-empfindungsfähigen Spezies hat man nicht jeden Zeldrate [sic!], die als Missionsziel fungiert, vorgestellt, aber immerhin die wichtigsten wie Terentatek, Tauntaun oder Acklay.

Die gleiche Liebe zum Detail erfahren dann die auf einer oder zwei Doppelseiten vorgestellten Planeten, die zunächst mithilfe einer übersichtlichen Galaxiskarte verortet werden (hier erneut zugänglich für Nicht-Spieler, die diese Verortung nicht über die Schiffskarte vornehmen können). Dann wird meist zunächst die Geschichte des Planeten vorgestellt und auf der folgenden Doppelseite sein derzeitiger Status zum Zeitpunkt des Spiels. Bei Tython sind demnach zunächst die Machtkriege und das Verlassen Tythons Thema, bevor es nach 22.000 Jahren von Satele Shan wiederentdeckt wurde. Daraufhin wird der neue Jedi-Tempel als Jedi-Rückzugsort vorgestellt und neue Bedrohungen wie die Fleischräuber verortet (siehe Bild 6).

Zum Schluss wird auf eine zur damaligen Zeit noch unbekannte Zukunft verwiesen, mit sich neu formierenden Kräften, was – mit heutigem Wissen – schon die wichtigsten Protagonisten für die erste Erweiterung auf Makeb in Stellung brachte. Auch der umfangreiche Index darf bei einem solchen Nachschlagewerk natürlich nicht unerwähnt bleiben, bei dem jeweils nach Erwähnungen und Haupteintrag unterschieden wird.

Fazit

Die Star Wars: The Old Republic Enzyclopedia ist ein massives und mit Details fast überlaufendes Sammelwerk an Informationen nicht nur rund um das Videospiel, sondern fast der ganzen Ära der Alten Republik. Man kann dem Versprechen auf dem Schutzumschlag „The Definitive Guide to the Epic Conflict“ also ruhig Glauben schenken und auch heute noch bietet sie nicht nur einen guten Überblick für Neueinsteiger oder langjährige Spieler, sondern auch für Personen, die diese Ära einfach systematischer als nur per Wiki-Einträgen erkunden wollen. Gerade dadurch, dass die Enzyklopädie viele Zusammenhänge erst herstellt, die im Spiel einige Spielstunden auseinanderliegen, entfaltet sie auch für langjährige Spieler potenzielle Aha-Momente. Mit dem Griff zu diesem Werk kann man in puncto Enzyklopädie nichts falsch machen, sofern man sie noch findet, denn die letzte Neuauflage ist bereits 5 Jahre her.

2 Kommentare

  1. Für mich immer noch das Beste der Referenz/Enzyklopädie-Werke im SW Universum. Zum einen wegen des reichhaltigen Bildmaterials, aber gerade auch, weil es sich nicht nur um die Hauptfiguren dreht, wie sonst oft, sondern eigentlich alles recht gleichberechtigt nebeneinander steht und so auch die nebensächlichen Dinge und Personen gut zur Geltung kommen.

    Hatte die spätere Neuauflage auch eine Ergänzung erfahren oder war es einfach nur ein unveränderter Neudruck?

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