Der Dunkle Lord präsentiert uns heute sein letztes Abenteuer in diesem Jahr und hat nicht als einziger viele Fragezeichen im Gesicht. Nach dem Verlust seines Lichtschwerts geht Vader nämlich in die Höhle des Auges des Nebelsumpfes.
Wie immer enthalten unsere Marvel-Mittwoch-Rezensionen Spoiler und sollen damit einen regen Austausch in den Kommentaren ermöglichen.
Zum Inhalt
Zu Beginn feiert Ochi seinen Sieg über Vader, bis ihm eine Umbaranerin die Feierlaune vermiest und zu Bedenken gibt, dass er es hier immer noch mit Vader zu tun hat. Bei Umbaranerin musste ich natürlich direkt an Sly Moore denken, auch wenn das schwer eindeutig festzustellen ist. Im Comic selbst wird sie nicht namentlich genannt, sollte sie aber noch Leben zu sein wäre sie wohl die wahrscheinlichste Botschafterin Palpatines, da sie bereits in den Filmen regelrecht an seinen Schuhsolen klebte.
Spannend ist dann jedoch, dass Vader in den Höhlen zu wissen scheint welche Fragen er stellen muss und daran ist Ochi nicht ganz unschuldig. Dieser musste in der letzten Ausgabe ja unbedingt mit dem Wissen angeben, dass Palpatine einen großen Plan für die Galaxis hat. Vader weiß also wonach er suchen muss und tut das auch irgendwie die komplette Ausgabe lang.
Hier kommen wir zum Knackpunkt in dieser Ausgabe. Ich habe im letzten Marvel-Mittwoch zu Darth Vader #7 geschrieben, dass mich das Konzept des Auges aus dem Nebelsumpf nicht überzeugt und das ändert sich heute auch nicht merklich. Wir erfahren, dass es scheinbar ein Geschöpf Palpatines ist, der voller Selbstzufriedenheit in seinem rotierenden Stuhl auf Coruscant sitzt und die Prüfung seines Schülers beobachtet. Wodurch? Vielleicht durch ein AUGE im Nebelsumpf.
Versteht mich nicht falsch, all die Rückblenden, die Fragen wer Vader ist und was er will und all die anderen verzweigten Fragen, die hin- und hergeworfen werden, machen zwar viele spannende Rückblenden auf, schaffen es aber nicht wirklich den Dunklen Lord plastischer zu machen. Es geht sehr viel um die Wahl des richtigen Weges und das wird durch Rückblenden auf den Tod Kenobis, Palpatines Machtergreifung und der Offenbarung der Wahrheit gegenüber Luke untermalt. All das waren Entscheidungsmomente und nur bei letzterem hat er sich entschieden, mit seinem Sohn den Imperator stürzen zu wollen – eine Ambition, die ihm jetzt zum Verhängnis wurde.
So setzt sich Vader am Ende auch mit dem Willen durch, Antworten zu erhalten, und wird vom Auge des Nebelsumpfes mit einem weiteren Rätsel belohnt: dem Wegfinder. Ich habe ja schon in der letzten Rezension angesprochen, dass der Wegfinder und die Kenntnis Vaders von Exegol noch Teil dieses Handlungsbogens werden können und ich war dementsprechend nicht überrascht. Gerade wenn man den Filmroman kennt, weiß man wie das Auge und der Wegfinder miteinander verbunden waren. Am Ende kommt dann wieder Ochi und versucht Vader endgültig aufzuhalten, worauf dieser sich auf weitere Teile freut, die er nach seinem Gang durch die Lava bitter nötig hat.
Hier kommt nun also mein großer Kritikpunkt an dem zweiten Handlungsbogen. Der erste rund um Sabé und das Erbe Padmés hatte sehr viel Originalität und war dementsprechend erweiternd für das Bild, das wir von Darth Vader haben. Auch die Anzeichen für seine Tendenz Richtung heller Seite im Übergang zu seinem Auftreten in Episode VI waren toll eingebaut worden und alles fühlte sich schlüssig an. Das ist hier zwar insgesamt auch so, aber wir erleben hier das gleiche Quest-System wie in Episode IX und zwar mit genau den gleichen Abläufen. Suche nach Antworten, Nebelsumpf, Wegfinder, etc. Wenn Vader jetzt als nächstes noch eine Vision hat, wie der abgestürzte Todesstern aussehen wird, und dann einen Dolch anfertigt, haben wir den perfekten Retcon für all die Schwächen in Episode IX. Nur bringt das Vader voran? Ich würde sagen: nicht unbedingt. All die Gedanken, die er in dieser Ausgabe hatte, waren nichts Neues und seine Zweifel waren bereits einmal stärker. Er durchlebt all seine Erinnerungen mit verschiedenen Blickpunkten und heute war es eben die Frage der Wahlmöglichkeiten und ob er wählen kann, oder ob über ihn entschieden wird. Wenn er jetzt dem Wegfinder folgt, welcher von einem Wesen stammt, das er selbst im Dunstkreis seines Meisters verortet, lässt er erneut zu, dass über ihn entschieden wird – und dann ist die Aussage des Heftes schlussendlich irgendwie selbst negiert worden.
Die Zeichnungen
Im Gegensatz zu den bisherigen Ausgaben habe ich heute auch bei den Zeichnungen irgendetwas vermisst. Zum einen erhalten wir diesmal kaum nennenswerte Vollbilddarstellungen der wichtigen Figuren und auch in den Rückblenden fehlt etwas der kompositionistische Charakter der bisherigen Ausgaben. Bisher sahen wir den gefallenen Anakin Skywalker sein Lichtschwert schwingend, während über ihm die traurigen Gesichter der Jünglinge zu sehen waren – alles in allem also Posterqualität. In diesem Heft werden einfach die Szenen aus den Filmen mit Rot hinterlegt, ohne neuen Zugang zu diesen Momenten. Ich glaube, dass es sich deshalb auch weniger danach anfühlt, als ob wir etwas Neues, Plastischeres über Vader erfahren: Wir haben das alles eben schon mal gesehen.
Fazit
Sowohl der Inhalt als auch die Zeichnungen unterstützen sich heute gegenseitig, aber eher mit Tendenz ins Negative. Die ganze Geschichte rund um die Wahl wird auf 20 Seiten gestreckt, nur damit Vader am Ende wohl doch dem Wegfinder folgen wird, wie es sein Meister vorgesehen hat. Sollte sich das als Irrtum erweisen, bin ich gerne bereit, meine Einschätzung zu der Ausgabe zu ändern, aber bisher verläuft in meinen Augen die ganze Frage rund um die Wahl ins Leere. Wenn Vader in Episode VI eine Wahl trifft, dann werde ich sicherlich nicht an diese Pseudo-Wahl denken, die ihn genau dahin bringt, wo sein Meister ihn – selbstgefällig grinsend – haben wollte, sondern an die Entscheidung im ersten Handlungsbogen, Sabé und Co. zu verschonen.
Wie fandet ihr das Heft?
Wir danken Marvel für die frühzeitige Bereitstellung des digitalen Rezensionsexemplars, wodurch diese Marvel-Mittwoch-Rezension überhaupt ermöglicht wurde.