Rezension: George Lucas: Die Biografie von Brian Jay Jones

Am 6. Dezember des letzten Jahres erschien George Lucas: A Life von Brian Jay Jones, eine Biografie über das einflussreiche Leben des Filmemachers George Lucas, beim Verlag Little. Nun erschien die Biografie, die das Leben des „Selfmade-Man“ umfassend darstellt, pünktlich zum Kinostart von Star Wars: Die letzten Jedi am 6. Oktober 2017 in deutscher Sprache als hochwertige Hardcover-Auflage beim Hamburger Verlag Edel Books.

Bevor wir uns der knapp 500 Seiten langen Biografie widmen, findet ihr folgend die Verlagsinformationen:

George Lucas: Die Biografie von Brian Jones (06.10.2017)
Verlagsinformationen

Als 1977 in einem US-Vorstadtkino ein unbekannter Science-Fiction-Film anlief, ahnte niemand, dass hieraus das erfolgreichste Filmprojekt aller Zeiten werden würde. Star Wars veränderte alles: die Sehgewohnheiten, die Art und Weise Filme zu machen und zu vermarkten, wie Produzenten wahrgenommen werden.

Der Mann dahinter wird heute in einem Atemzug mit Steve Jobs oder Walt Disney genannt: George Lucas quälte sich beim Schreiben und im Umgang mit Schauspielern, war aber unerbittlich, wenn er von einer Idee überzeugt war. Ein brillanter Regisseur, der neue Standards setzte, ein Genie am Schnittplatz und ein Unternehmer, der die Filmvermarktung auf eine völlig neue Stufe hob.

Bestsellerautor Brian Jay Jones legt nun die erste umfassende Biografie vor – nicht nur eine packende Darstellung des Lebens und Werks von George Lucas, sondern auch ein wichtiges Stück Film- und Wirtschaftsgeschichte.

Vor der folgenden Buchbesprechung muss ich erwähnen, dass ich kein unvoreingenommener Leser bin. Darüber hinaus denke ich, dass die meisten Leser unserer Seite nicht unvoreingenommen an diese Biografie herantreten können. Schließlich bin ich ein großer Fan der Person Lucas und seiner Kreationen, einschließlich Krieg der Sterne, Indiana Jones und American Graffiti. Auf der anderen Seite muss ich mir jedoch eingestehen, dass es eine Art Hassliebe ist, die wahrscheinlich nichts besser beschreiben kann als der Film The People vs. George Lucas.

George Lucas: Die Biografie gleicht einer chronologischen Darstellung seines Lebens: In faszinierender und gut geschriebener Weise wird George Lucas als bescheidener, gewöhnlicher Mann aus Modesto beschrieben, der die Popkultur und das Filmschaffen für immer verändert hat – ganz zu schweigen vom globalen Lizenzierungs- und Marketinggeschäft.

Das Buch ist in vier Teile unterteilt: Zu Beginn steht ein Prolog, der uns in die Anfänge von Krieg der Sterne zurückführt. Danach folgt eine Dreiteilung, welche unter dem Titel Hoffnung (1944–1973) zunächst die Kindheits- und Jugendjahre George Lucas‘ beleuchtet, die mit dem Kinoerfolg von American Graffiti enden. Im zweiten Teil namens Empire (1973–1983) werden dann Lucas‘ – filmerisch und geschäftsmännisch – glorreichen Tage der klassischen Krieg der Sterne-Trilogie aufgerollt. Der letzte Teil Rückkehr (1983–2016) führt uns von den 80ern bis zum Erscheinungstermin der Biographie.

Schon hier wird ersichtlich, dass die Biografie natürlich nicht nur auf die Beziehung von George Lucas und Krieg der Sterne eingeht: Sein Studentenfilm 1138 4EB, der in Studentenfilmkreisen Lob und Preise von Studenten, Kritikern und Hollywoodinsidern erntete, wird genauso wenig übergangen wie American Graffiti. Natürlich beschreibt ein großer Teil der Biografie ausführlich seine Idee einer „Fantasy-Soap-Opera im Stil von Flash Gordon“, mit der er in den Hollywood-Olymp aufstieg. Somit ist die Biografie gleichermaßen für Leser zu empfehlen, die mehr über das erste Treffen mit Donald F. Glut wissen möchten, wie für Leser, die einfach nur mehr über den „Typen“ erfahren wollen, der „diese Weltraumfilme“ gemacht hat.

Bei George Lucas: Die Biografie handelt es sich um ein sehr ausführlich recherchiertes Werk, das sich mehrheitlich nicht auf neue Interviews stützt, sondern vor allem auf Material zurückgreift, das größtenteils aus öffentlich zugänglichen Aufzeichnungen und Dokumenten besteht. Ein Großteil dieser Datensätze ist sogar online verfügbar. Die Liste der eigenen Autoreninterviews ist hingegen spärlich – für einige Zitate der Interviewpartner verlässt sich Jones sogar auch auf zuvor veröffentlichte Interviews anderer Autoren. Dennoch darf die Forschungsanstrengung, die für diese Biografie nötig war, nicht unterschätzt werden. Schließlich muss die schier unglaubliche Menge an Material zunächst verdaut und strukturiert werden, um daraus eine lesbare Erzählung über George Lucas‘ Leben anzufertigen – und das hat der Autor ausgezeichnet geschafft!

Wer ist Brian Jay Jones?

Brian Jay Jones ist seit 20 Jahren Redenschreiber und politischer Korrespondent für verschiedene Tages- und Wochenzeitungen. New-York-Times-Bestseller-Autor wurde er mit seiner Biografie über den US-amerikanischen Puppenspieler Jim Henson, welcher schon zusammen mit George Lucas an Yoda und am Film Die Reise ins Labyrinth gearbeitet hat.

Jones‘ Lieblingsfilm ist die „glorreiche“ Originalversion von Krieg der Sterne aus dem Jahr 1977, „bevor Lucas wusste, dass sie Episode IV werden würde, und lange bevor er digital daran herummurksen konnte und Greedo den ersten Schuss abfeuern ließ“, da der Film aus seiner Sicht ein „großer Spaß“ und eine „gut erzählte Geschichte“ ist.

Er selbst sieht seine Biografie größtenteils als „Archivprojekt“, für das er verfügbare Bücher, Making-Ofs, Dokumentationen, Regiekommentare, Zeitungs- oder Zeitschriftenartikel sowie alle verfügbaren Interviews mit Lucas studierte.

Sprachlich ist die Biografie sehr gut geschrieben, obwohl sich teilweise einige der verwendeten Phrasen wiederholen. Sie folgt einem roten Faden und zeigt die größten Stärken und Schwächen Lucas‘: Er bleibt sich treu und steht voll und ganz hinter seiner eigenen künstlerischen Vision, hat jedoch den unbezähmbaren Drang, jeden Aspekt bei der Schaffung dieser Vision zu kontrollieren. Dennoch habe ich einige kleinere Kritikpunkte: Jones wirbelt zwar spannende Fragen auf. So beantwortet er beispielsweise die Frage, warum viele Franzosen Lucas nach seinem ersten Besuch für einen Snob hielten. Diese interessanten Fragen sind jedoch nur oberflächlich. Das größte Manko dahingehend ist, dass die Jahre nach seinem großen Erfolg mit der originalen Star Wars-Trilogie weniger ausgiebig betrachtet werden.

Außerdem muss angemerkt werden, dass dies keine autorisierte Biografie ist. Die einzige autorisierte Biografie mit dem Title Skywalking: The Life and Films of George Lucas wurde von Dale Pollock, einem amerikanischen Filmprofessor, geschrieben. Nachdem diese Biografie im Jahr 1983 veröffentlicht wurde, teilten Lucas‘ Freunde Pollock mit, dass Lucas diese nur anfertigen ließ, weil er hoffte, dass die Nacherzählung des ersten Treffens mit seiner Frau Marcia einen Anreiz geben würde, ihre bevorstehende Scheidung nicht durchzuführen. Dieser Versuch war jedoch nicht erfolgreich. Jones gibt jedoch sein Bestes, um den minimalen Kritikpunkt der „Nicht-Authorisierung“ zu überwinden. Schließlich ist es zurzeit die einzige komplette und ausführliche Biografie über Lucas‘ Leben, obwohl sich immer wieder weniger ausführliche Biografien über Lucas‘ Leben oder Werke finden, die sich nur auf den filmeschaffenden Lucas konzentrieren, wie The Cinema of George Lucas.

Persönlich ärgert mich, dass ich schon viele Making-Of- und Dokumentarbücher zu Krieg der Sterne gelesen habe. Die Biografie bietet zwar keine weiteren Informationen, die über das hinausgehen, was ich beispielsweise in den Büchern von J.W. Rinzler gelesen habe, sie stellt aber eine sehr gute Zusammenfassung dieser Bücher dar.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass George Lucas: Die Biografie eine sehr schöne, aber nicht perfekte Darstellung der polarisierenden und widersprüchlichen Person George Lucas darstellt, die sein gesamtes Leben abdeckt. Aus diesem Grund erhält die Biografie von mir vier von fünf Holocrons. Während ich aufgrund meiner Hassliebe Ausreden für George Lucas‘ Handeln bei gewissen Thematiken suche, schafft es Jones gekonnt, objektiv, aber dennoch interessant an die Person Lucas heranzutreten. Verschiedenperspektivisch fängt er Lucas in seinen unterschiedlichen Lebensabschnitten ein. Nach dem Lesen stellt sich mir Lucas als ein Filmemacher und Geschichtenerzähler dar, der kontinuierlich seine Linie bewahrt hat, mit alten Regeln brach und das Spiel des Filmemachens grundlegend änderte. So bleibt sein Einfluss auch heute weiterhin spürbar – in der Form seiner Ideen, Techniken und Unternehmen, die er geschaffen hat. Um es in den Worten von Brian Jay Jones zu sagen: „Er ist so viel größer als Star Wars.“

Der Rezensent vergibt 4 von 5 Holocrons!
Der Rezensent vergibt 4 von 5 Holocrons!

Wir danken Edel Books für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Die englischsprachige Originalausgabe ist als Softcover schon für circa 10 € auf Amazon¹ erhältlich.

Gattung/Sprache: Biografie (Deutsch)
Ausgabe/Format: Hardcover
Erscheinungsdatum: 06.10.2017
Autor(en): Brian Jay Jones
Verlag: Edel Germany
Seiten: 480
ISBN: 9783841905574
Preis: 24,95 €
Bestellbar hier:
Amazon.de¹

Ein Kommentar

  1. Habe das Hörbuch in englisch gehört. Sehr sehr gut geschrieben. Wie beschrieben flaut es ab der 90er/2000er etwas ab. Aber alles in allem eine tolle Bio, die nochmal verdeutlicht, dass Lucas sich gerade in kreativer Hinsicht nie „verändert“, sondern höchstens weiterentwickelt hat und seine Ziele sich schon sehr früh heraus kristallisiert hatten.

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