Die Story-Kampagne von Star Wars Battlefront II ist sicher der Teil des Spiels, auf den die Mehrheit der Star Wars-Fans am gespanntesten ist. Christie Goldens neuer Roman Battlefront II: Inferno Squad aus dem Hause Del Rey, der ab heute im Handel ist, liefert die Vorgeschichte der Spielstory und stellt uns die titelgebende imperiale Eliteeinheit um Iden Versio, Gideon Hask und Del Meeko vor. Während das Spiel in der Schlacht von Endor beginnt, setzt der Roman am Ende der Schlacht von Yavin ein und begleitet den frisch gegründeten Inferno-Trupp durch seine ersten Monate. Die wichtigste Mission dabei lautet, eine überlebende Splittergruppe von Saw Gerreras Partisanen zu eliminieren, die dem Imperium weiterhin schaden zufügt. Wir hatten mit freundlicher Unterstützung von Del Rey die Gelegenheit, das Buch vorab zu lesen und für euch zu rezensieren.
Neue Charaktere: Inferno Squad kommt gänzlich ohne Filmfiguren aus – nicht mal in Cameos tauchen sie auf. Nein, auch keine Hintergrundfiguren aus Rogue One tauchen auf, denn die Partisanen, die der Inferno-Trupp stoppen muss, sind teils neue Figuren, teils Charaktere aus dem Rogue One-Buchprogramm (Stichwort Rebel Rising). Auch die vier Mitglieder des Inferno-Trupps – Iden Versio, Seyn Marana, Del Meeko und Gideo Hask – sind brandneue Figuren, die zwar teils dem Spiel entstammen, aber hier ihren ersten Auftritt feiern. Es gibt zwar vier Auftritte von Figuren aus Rebels, The Clone Wars und anderen Kanonwerken (u.a. aus einer Golden-Kurzgeschichte), aber Christie Goldens Hauptarbeit bestand darin, hier ohne „beliebtes Inventar“ aus dem Kern der Saga eine brandneue Geschichte mit fesselnden Charakteren zu erzählen. Erste These: Dies gelingt ihr hervorragend!
Der Inferno Squad: Es gibt ein gewisser Teil des Fandoms, der sich mit diesen Charakteren 1:1 identifizieren wird – hyperloyale, durch und durch patriotische Imperiale, die da auch keine Kompromisse eingehen. Alle vier Mitglieder des Trupps sind gut gezeichnete, komplexe Charaktere mit einer klaren Motivation. Natürlich wird ihre Loyalität im Laufe des Buches auf die Probe gestellt und teils fällt es ihnen schwer, sich nicht zu kompromittieren, aber wie aus den Spieltrailern ersichtlich, ist das Team auch nach Episode VI immer noch im Dienste des Imperiums. Dies bedeutet nicht, dass sie keine schwierigen Entscheidungen treffen müssen – müssen sie, mehr als nur einmal – aber erwartet nicht, dass sie wie in Lost Stars oder Star Wars Rebels von der Rebellenallianz bekehrt werden oder Ähnliches. Das führt mich zu meiner zweiten These: Die Charaktere sind kranke Irre!
Kranke Irre: Man verzeihe mir diesen Sprachgebrauch. Aber im Gespräch mit meiner Kollegin Ines sowie diversen anderen Rezensenten englischsprachiger Fanseiten kamen wir immer wieder auf diesen Punkt: Auch wenn die Figuren nicht böse, sondern moralisch grau sind, und man ihren Abenteuern gerne und mit Interesse folgt, punkten sie nur selten mit Sympathie. Ein Psychologe würde ihnen sicher die eine oder andere Störung bescheinigen. Für eine Tarnidentität lassen sie sich beispielweise körperlich misshandeln und verstümmeln, nehmen den Mord von Kindern in Kauf oder verraten ihre Familien, während sie zugleich auch zu Akten der Barmherzigkeit und Ausdrücken von Zuneigung und Freundschaft fähig sind. Sie sind kompetente Geheimdienstoffiziere des Imperiums, die in ihrem Selbstverständnis ebenso wie in ihrer Darstellung durch Christie Golden jenseits von Gut und Böse stehen. Die makabre Charakterzeichnung fängt damit an, dass sie mit alderaanischem Wein auf ihre toten imperialen Waffenbrüder und -schwestern vom Todesstern anstoßen, und von da an wird der Leser auf eine wilde Fahrt durch moralische Berge und Täler mitgenommen, an deren Ende er möglicherweise ein flaues Gefühl im Magen haben wird. Diese ambivalente Darstellung erstreckt sich – ganz im Sinne von Rogue One – auch auf die Rebellen aus Saw Gerreras Partisanen, die sich hier „Dreamer“ („Träumer“) nennen. Aber keine Sorge: Es gibt dennoch Figuren, die man einigermaßen mag, sonst wäre das wohl zu viel. Ich bin sehr gespannt, wie diese Charakterzeichnung im Spiel sein wird – Golden ist sie auf jeden Fall gelungen!
Die Mission: Der Hauptplot von Inferno Squad handelt davon, dass Iden Versio und ihr Team von Idens Vater Admiral Garrick Versio (oder, wie das EA-Team ihn auf Twitter gerne nennt, „Dadmiral“ Versio) losgeschickt werden, um die „Träumer“ zu infiltrieren, die eine geheime Informationsquelle im Imperium haben. Bevor die Partisanen eliminiert werden können, muss das Team die Quelle des Info-Lecks finden und neutralisieren, und dafür müssen sie sich das Vertrauen der Rebellen erschleichen, indem sie an Angriffen gegen imperiale Ziele teilnehmen. Besonders Iden, eine der wenigen Überlebenden des Todessterns und durch und durch imperial erzogen, fällt dies schwer. (Entgegen der Befürchtungen mancher Fans beißt sich ihr Überleben übrigens NICHT mit Lost Stars, wo nur Vaders TIE entkommt – dafür wurde eine Lösung gefunden.) Das Buch etabliert dabei, dass alle Partisanen auf Jedha gestorben sind, und konzentriert sich stattdessen auf Staven aus Rebel Rising und dessen Partisanengruppe, in der sich auch ein mysteriöser Charakter namens „Der Mentor“ befindet, dessen wahre Identität der Schlüssel für Idens Mission sein könnte…
Einbettung in den Kanon: Und da wären wir bei These #3: Inferno Squad ist wunderbar in den Kanon eingebettet. Wer sich in den TV-Serien, Kurzgeschichten und Romanen des Kanons auskennt, wird hier neben Staven drei weitere bekannte Charaktere wiedersehen und einige weitere anhand namentlicher Erwähnungen wiedererkennen. Christie Golden hat hier definitiv ihre Hausaufgaben gemacht und fügt ihr Buch wunderbar in die Zeit nach Rogue One ein. So entsteht eine glaubwürdige Welt, in der man sich als Leser wohlfühlt, während der Inferno-Trupp seiner schmutzigen Arbeit nachgeht. Man hat das Gefühl, ein echtes Stück Star Wars-Geschichte mitzuerleben.
Fluss der Handlung: Am Anfang des Buchs war ich sehr skeptisch. In drei Kapiteln wird uns sehr viel Exposition reingedrückt und der räumliche, zeitliche und charakterliche Fokus der Erzählung springt immer wieder hin und her. Wenn es einen Aspekt gibt, der Golden nicht ganz gelungen ist, dann diese teils enzyklopädisch anmutenden Kapitel, die uns in schneller Abfolge die Hintergrundgeschichte der Hauptfiguren liefern. Andererseits verschwendet man auch kaum Zeit auf unnötiges Vorgeplänkel und springt nach diesen Kapiteln direkt in die Haupthandlung, die zeitlich sehr dicht angelegt ist und nur wenige Sprünge hat, was nach biographischen Romanen wie Thrawn und Rebel Rising unglaublich gut tat. Man kann sich gut in die Ereignisse vertiefen und die Tatsache, dass ich das Buch nicht mehr weglegen wollte und es binnen weniger Stunden „durchgesuchtet“ habe, sagt hier wohl alles. Ganz unvorhersehbar ist die Handlung aber dennoch nicht und auch für die Identität des Mentors hatte ich schon nach der Hälfte des Buches einen klaren Verdacht, der sich auch bestätigt hat – wovon ich allerdings begeistert war, denn der Verbleib dieser Figur hat mich durchaus interessiert.
Selbstständigkeit der Handlung: Inferno Squad ist ein Roman mit einer abgeschlossenen Handlung, der aber Raum für eine Fortsetzung (in Form des Videospiels) lässt. Die Geschichte rund um die Partisanen wird im Buch zu Ende erzählt und auch die Teammitglieder haben alle einen Handlungsbogen, der Anfang, Mitte und Ende hat. Man kann Inferno Squad also auch lesen, ohne danach direkt das Spiel kaufen zu müssen, um zu wissen, wie es weitergeht. Allerdings hat man danach auf jeden Fall den Wunsch, zu wissen, was aus diesen Figuren wird. Das Buch hat einen Epilog, der andeutet, wie es mit dem Team weitergehen wird, und auch noch einen letzten „Plot Twist“ liefert, über den ich noch ambivalente Gefühle hege, da er eine Schlüsselszene aus der Haupthandlung in ein anderes Licht rückt als zunächst gedacht. Alles in allem kann gesagt werden, dass Inferno Squad definitiv Bock auf das Spiel macht und zugleich die Messlatte für die Qualität der Spielhandlung hoch ansetzt.
Fazit: Die abschließende Holocron-Bewertung dieses sehr guten Buches fällt mir nicht so leicht wie es sollte. Wir haben eine spannend geschriebenen Story, die wir in dieser Form noch nicht bei Star Wars hatten, die Imperiumsfreunde begeistern und alle anderen zumindest unterhalten wird. (Auch wenn sie aufgrund des psychischen Stresses, unter dem die Figuren konstant stehen, nichts für schwache Nerven ist…) Zugleich gibt es aber auch vorhersehbare Elemente, den holprigen Einstieg und einen Epilog, zu dem ich mir wohl erst nach weiteren Tagen oder gar Wochen der Überlegung eine abschließende Meinung bilden kann. Ich schwanke stark zwischen 4 und 5 Holocrons, aber da das Buch sich vor meinen Lieblingen Bloodline, Lost Stars und Dark Disciple nicht verstecken muss, werde ich hier die vollen 5 von 5 Holocrons vergeben. Wer sich in den letzten Monaten von der Star Wars-Literatur ein bisschen unterfordert gefühlt hat, sollte diesem Buch unbedingt eine Chance geben!
Ich freue mich schon auf eure Reaktionen auf dieses Buch, die ihr mir gerne in den Kommentaren mitteilen könnt.
Die deutsche Ausgabe erscheint im Oktober bei Panini und lässt sich bereits auf Amazon.de vorbestellen.
Wir danken Del Rey herzlich für das Rezensionsexemplar.
Das man auf Tote anstößt ist doch nichts ungewöhnliches oder makaberes, das wird nach Begräbnissen auch meist gemacht.
Ja, aber als Imperialer mit alderaanischem Wein auf die Toten an Bord des Todessterns…
Klingt sehr gut und ich bin echt gespannt auf das Buch. Sobald es in Deutsch kommt, werde ich es definitiv meiner Sammlung hinzufügen. 🙂
P.S: Ich wußte immer, dass die Imperialen einen schwarzen Humor haben. Alderanischer Wein auf die Toten des Todessterns … könnt fast aus GoT kommen sowas. XD
Kommt das auch als Deutsche Ausgabe?
Ich lade dich herzlich dazu ein, die vorletzte Zeile der obigen Meldung zu lesen. 🙂
Es steht unter der Rezension…, sorry darauf hatte ich nicht geachtet. Danke.
Da ich beide Battlefront-Romane noch nicht gelesen habe (und auch das Spiel nicht kenne), dies aber zeitnah ändern möchte (zumindest was die Bücher betrifft ;)), mal eine Frage: dieser spielt ja zeitlich vor dem ersten, und ich bevorzuge eine chronologische Lesereihenfolge. Spricht etwas dagegen, diesen zuerst zu lesen, oder verdirbt man sich beim ersten was dadurch? Für eine simple Antwort („spricht nix gegen“ vs. „ersten zuerst lesen“), ohne auf den Inhalt einzugehen, wäre ich sehr dankbar 🙂
Ich habe übrigens die Rezension bewusst nicht gelesen, weil ich mir nicht versehentlich was verderben will, daher bitte ich um Verzeihung, wenn die Frage oben irgendwo beantwortet wurde^^
Vielen Dank schon mal!
Spricht nichts dagegen.
Die Bücher stehen in keinerlei Relation zueinander, also lies sie in welcher Reihenfolge auch immer.
Alles klar, danke euch! 🙂