Manchmal erlebt der Mensch etwas, das man Glück nennt. Auf einem Flohmarkt in Bochum erspähte ich etwas, dass ich schon einmal im Internet gesehen habe: vier kleine buchähnliche Comics. Die Star Wars-Manga. Ich hätte jedoch nie damit gerechnet, dass diese jemals in meinem Besitz gelangen, da ich mich nicht für Manga interessiere. Für insgesamt zwei Euro kaufte ich mir dann doch alle vier Star Wars-Manga, die deutsch erschienen sind. Ich war mir nicht sicher, was ich von dieser Reihe erwarten sollte. Ich konnte nicht einschätzen, ob es vielleicht nur eine Neuauflage von bekanntem Material ist, nur mit Charakteren, die größere Augen besitzen, oder ob es eine wirklich gute Adaption von Eine neue Hoffnung ist.
Zum Überblick: Die Star Wars-Manga-Reihe ist eine Serie von Comics im Manga-Stil, die die Star Wars-Filme adaptieren. Auf dem englischsprachigen Markt wurden von Tokyopop jedoch nur Eine neue Hoffnung, Das Imperium schlägt zurück, Die Rückkehr der Jedi-Ritter und Die dunkle Bedrohung herausgegeben. Jede Reihe zu einem Film umfasst vier Bände.
Eine Ausnahme stellt die Reihe zu Episode 1 dar, da diese nur zwei Bände umfasst. In Deutschland hat Planet Manga nur die erste Reihe, also Eine neue Hoffnung 1-4 veröffentlicht. Illustriert ist dieser Teil von Hisao Tamaki, das Cover ist jedoch von Adam Warren.
Ich bin keine der Personen, die die unfehlbare Überlegenheit der japanischen Manga predigt – um ehrlich zu sein: Ich habe noch nie einen solchen Manga gelesen. Auf der anderen Seite klage ich nicht über die oft übertriebene Mimik und den ungewohnten Kunststil. Ich schätze einfach gute und spannende Comics, und dies sind gute Comics. Dies ist eine der besten Star Wars: Eine neue Hoffnung-Adaptionen, die ich kenne. Die uns bekannte Geschichte wurde direkt vom ursprünglichen Skript George Lucas‘ adaptiert, und so enthält es (für viele „leider“) auch die neuen Szenen der Special-Edition-Veröffentlichung (obwohl es so scheint, als ob Han in dieser Fassung zuerst schießt).
Hisao Tamaki, der die Geschichte adaptierte und die Bilder zeichnete, verwendet unglaublich viele Panels, nur um Stimmung zu erzeugen. Dies erkennt man am deutlichsten an der Cantina-Szene. Die Charaktere basieren nicht nur auf dem Pendant der großen Leinwand, sondern entwickeln hier ein eigenes Leben. Die Action-Szenen wurden ebenso liebevoll umgesetzt. Auch eine gute Sache am Stil ist, dass die Ausdrücke der Charaktere Bände sprechen – man kann die Gefühle wirklich miterleben, auch wenn die Mimik manchmal ein wenig übertrieben wirkt. Was in dem Text fehlt wird durch die unglaubliche Kunst Tamakis ausgeglichen. Von den bedrohlichen Sternzerstörern bis zu den verbrannten Überresten von Lukes Tante und Onkel ist es wirklich lesenswert. Das Aussehen der Charaktere ist leicht modifiziert, aber keine Sorge, Prinzessin Leia hat noch ihre altbekannte Frisur.
Das epische Lichtschwertduell zwischen Darth Vader und Obi-Wan enthält einen Touch japanischer Ästhetik, was dem hier Samurai-ähnlichen Kenobi eine Agilität verleiht, die der ehrenwerte Sir Alec Guiness in seinem Alter nie hätte erreichen können. Die Zerstörung von Alderaan ist in der Manga-Version weit dramatischer als der Film präsentiert: Einige Panels behandeln die Menschen der verlorenen Welt, während der Todesstern seine Kanone lädt. Die Explosion ist eine jener wahrhaft beeindruckenden Anblicke, welche deine Augen weiten, im Versuch alles aufzunehmen.
Einer der ansprechendsten Aspekte dieser Serie ist der Weg, den Tamaki nutzt, um die kleineren Momente durch großartige Effekte auszubauen. Das unaufhörliche Geschnatter der Jawas und vor allem die wilden Verfolgungsjagden durch den Todesstern im dritten Band – die viele großen „kleinen“ Momente. Sobald man sich an die Bildsprache Tamakis gewöhnt hat, kann es zu ein paar Tränen und pulsierende Stirnadern kommen – ausgewogenes Lachen ist definitv auch enthalten.
Wenn es irgendwelche Nachteile zu dieser Geschichte gibt, sind dies die unvermeidlichen Probleme bei der Übersetzung einer japanischen Arbeit für den deutschen Markt. Nahezu alle Panels sind gespiegelt, um unserer links-nach-rechts Leseart Genüge zu tun. Japanische Manga liest man immer von rechts nach links, ein Buch also von hinten nach vorne. Es scheint, dass einige Action-Szenen ohne Dialog in ihrem ursprünglichen Format gelassen wurden, so dass der Übergang ein wenig holprig wirkt. Das geschulte Auge erkennt diesen Fauxpas sofort.
Persönlich finde ich, dass die Sound-Effekte gelegentlich ein bisschen störend erscheinen, aber sie sind eindeutig ein wichtiger Teil dieses Stils und in dieser Form sehr effektiv in bestimmten Szenen. Etwas enttäuscht bin ich jedoch, dass nicht alle vier Teile in einem Buch zusammengefasst wurden. Das ist das einzige, was mich an dieser Reihe stört. Diese kleine Sünde kann man aber gerne vergeben.
Für alle Fans der Star Wars-Filme oder -Comics ist diese Reihe eine wertvolle und höchst unterhaltsame Ergänzung, die den klassischen Film in ein neues Medium übersetzt. Kennt ihr noch weitere Literatur-Kuriositäten und wollt, dass wir diese vorstellen, dann schreibt uns dies in den Kommentaren.
Das sieht auf den Bildern ja mal echt witzig aus. 😀 Toller Bericht.