Rezension: Star Wars #112: Die dunkle Bedrohung Jubiläums-Special & Darth Vader IX, Teil 1

Man muss seinen Meister vernichten oder vernichtet werden, nicht? Das ist der Weg der Sith.

Administratorin Moore

Am 19. November erschien eine neue Ausgabe des monatlichen Star Wars-Comichefts von Panini. Nach Monaten voll reichlich misslungener Adaptionen sind darin endlich wieder zwei Originalgeschichten enthalten. Doch blicken wir zunächst zurück in das Jahr 1999: Die erste Star Wars-Heftserie geht mit seiner Debütausgabe an den Start, um im Windschatten des so noch nie dagewesenen Hypes um den Kinostart von Episode I: Die dunkle Bedrohung erfolgreich das Licht der Welt zu erblicken. Gegenwart, 2024: Um das 25. Jubiläum des Films bei Panini angemessen zu begehen, erscheint ein Comic-Special zum Film kurz vor Ende des Jahres noch in der Heftserie in deutscher Erstübersetzung. Phil Notos Cover mit den im Heft eine zentrale Rolle spielenden Filmfiguren zierte trotzdem die spitzer positionierte Comicshop-Ausgabe, während die breit erhältliche Kiosk-Ausgabe und Zeichner Leinil Francis Yu in ähnlicher Komposition die wichtigsten Akteure des neuen Darth Vader-Handlungsbogens zeigen. Neben der Feier zum chronologischen Ausgangspunkt der Skywalker-Saga steuert nach kurzer Pause die langlebige Reihe um den Dunklen Lord der Sith nun langsam, aber sicher auf ihre letzten Akte zu.

Wir feiern 25(!) Jahre Episode I: Die dunkle Bedrohung mit diesem Comic-Jubiläums-Special!

Erforsche die frühen Tage und das geheime Innenleben von Anakin Skywalker mit neuen, aufschlussreichen Geschichten, die vor, nach und zwischen den Szenen des Star Wars-Filmklassikers spielen! UND: die Vader-Comic-Reihe in dieser Ausgabe geht endlich weiter!

Der leicht erhöhte Heftpreis von 6,99 € kommt dadurch zustande, dass das Jubiläums-Special 10 Comicseiten mehr umfasst als eine reguläre US-Ausgabe. Auf also insgesamt 30 Seiten wird mit besonderem Fokus auf den jungen Anakin Skywalker und seine Mutter Shmi auf die Ereignisse von Episode I zurückgeblickt. Dabei erfolgt aber keine stumpfe Nacherzählung der bestens bekannten Filmhandlung, vielmehr werden einzelne Elemente hervorgehoben und um neue Szenen vor, während und nach den Ereignissen ergänzt. Sie erfolgen so organisch, dass man mit Gewissheit gar nicht mehr sagen könnte, welche Versatzstücke nun 1:1 aus dem Film stammen und welche neu hinzugedichtet wurden, wenn man ihn nicht Wort für Wort und Szene für Szene präsent hat. Mit dem Wissen um den späteren tragischen Verlauf der Prequels und dem bewussten Spiel damit, bleibt von der eigentlich märchenhaften und optimistischen Atmosphäre der ersten Star Wars-Episode in den Panels nicht mehr viel übrig und ein düsteres, bedrohliches Bild der Geschehnisse, die hier in Stellung gebracht werden, entsteht. Das Heft bietet also eine interessante Ergänzung zum filmischen Geburtstagskind und einen frischen Blick auf längst Vertrautes.

Man staunt nicht schlecht, wenn man danach erst feststellt, dass dieses Comic-Kapitel von niemand geringerem als Greg Pak verfasst wurde, der sich mit seiner, sagen wir mal, bedingt begeisternden Darth Vader-Reihe schon seit langem seinen festen Platz in der Heftserie gesichert hat. Das Episode I: Die dunkle Bedrohung Jubiläums-Special spielt erzählerisch allerdings in einer ganz anderen Liga, als seine langlebige Sith-Geschichten. Rätselhaft und kaum zu glauben, dass er einen derart schönen und ergänzenden Rückblick auf den Film zustande bekommt, dann aber wieder mit den immer gleichen und beliebig eingesetzten Flashbacks in seinem Serien-Flaggschiff enttäuscht. Die Zeichnungen von Will Sliney wechseln derweil zwischen gelungenem Einfangen der filmischen Atmosphäre mit einem richtigen Maß an Fotorealismus auf der einen Seite und gruseligen Versuchen auf der anderen, die Gesichter und Mimik der Filmfiguren direkt aus dem Uncanny-Valley zu kopieren. Die Farben vom Studio und Guru-eFX und die Panelstrukturen sind allerdings so treffend gewählt, dass der gelungene Lesefluss sich davon nicht stören lässt. Mit dem Jubiläums-Special liegt also endlich mal ein echtes Highlight der Heftserie im Jahr 2024 vor, gerade kurz bevor es zu Ende geht.

Da mit Schisma im selben Heft aber auch noch Darth Vader (endlich?) weiter geht, gibt es Autor Greg Pak bei Panini in #112 sogar im Doppel-Pa(c)k. Die Auswahl und Reihenfolge der beiden US-Hefte in der Ausgabe entpuppt sich insofern als recht geschickt, als dass Anakins Schicksal als späterer Sith-Lord im ersten Kapitel seine Schatten vorauswirft und in Schisma dann Jahrzehnte später vollendet im Mittelpunkt steht. Leider war es das fast schon wieder mit positiven Aspekten der kein Ende nehmenden Zweitstories. Die Intrigen rund um den inneren Zirkel des Imperators sind so unglaubwürdig und spannungsarm erzählt, dass sie nach der Lektüre schnell wieder vergessen und nur dank Paninis Redaktionstext, auf den auch im nächsten Heft Verlass sein dürfte, wieder aufgefrischt werden. Immerhin darf Pak nach Ochi von Bestoon und Exegol mit dem Auftritt von Leutnant Enric Pryde, der rechts neben Vader auf dem Cover zu sehen ist und weitere Jahrzehnte später im Krieg mit der Letzten Ordnung eine wichtige Rolle spielt, ein weiteres Element aus Episode IX: Der Aufstieg Skywalker kontextualisieren. Wie man das findet und ob man ein Fan des letzten Star Wars-Films ist, bleibt jedem selbst überlassen. Interessanterweise umspannt das Panini-Heft durch den Fokus auf Episode I und die anschließenden Bezüge zu Episode IX allerdings Elemente über die gesamte Laufzeit der Skywalker Saga.

Die Action bleibt auf dem überzogenen, viel zu comichaften Niveau, wie man es von der Reihe gewohnt ist. Adam Gorhams Zeichnungen sind bei Vaders Auftritten zwar recht in Ordnung, menschliche Gesichtsausdrücke in turbulenten Actionszenen überzeugen aber leider auf keiner Linie und wirken unfreiwillig lächerlich. Einzig der Absturz eines Sternzerstörers ist in zwei Panels halbwegs beeindruckend in Szene gesetzt, wirkt durch Federico Blees sehr wässrige Kolorierungen aber dann wieder fast wie ein Hologramm und keine dramatische Kriegsszene an Ort und Stelle. Es wird einfach Zeit, dass diese zerfahrene, übertriebene und trashige Reihe endlich endet, um Platz für hoffentlich gehaltvollere Heft-Inhalte zu machen. Spätestens wenn Pak am Schluss andeutet, dass längst vergessene, blass gebliebene Nebenfiguren aus seiner Feder, die vor vielen Ausgaben aufgetaucht sind, zurückkehren und Teil eines von Anfang an ein großen Storyplans hinter seinen fünfzig Kapiteln sein sollten, wird es nämlich lächerlich. Ein Glück/Pech, dass nur/noch acht Ausgaben der Reihe vor uns liegen.

Fazit

Das durch seine beiden Bestandteile komplett von Greg Pak erdachte Heft bietet trotz der wenig überzeugenden Star Wars-Vita des Autors nach den großen Enttäuschungen der letzten Monate und den die Heftreihe sonst komplett in der Hand haltenden Adaptionen immerhin mal wieder dringend benötigte Abwechslung. Das Special zu Episode I macht das Beste aus seinen Möglichkeiten als One-Shot und stellt überraschenderweise einen der denkwürdigeren Comics des Jahres, den Sammelband-Leser*innen thematisch passend dann auch nächstes Jahr im letzten Darth Vader-Sammelband nachgedruckt finden werden. Die Vader-Reihe selbst macht, wie zu erwarten war, auf ihrem gewohnten Niveau weiter und darf die Leserschaft nun wieder „begeistern“.

Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Die nächste Ausgabe #113 erscheint am 17. Dezember, war als exklusives Variantcover aber auch schon auf der CCON zu ergattern.

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