Am 19. November 2024 erschien bei Panini Die Tränen der Namenlosen von George Mann. Der zweite Young-Adult-Roman der dritten Phase der Hohen Republik ergründet erstmals die seit langer Zeit etablierten Namenlosen und beginnt, das Mysterium erfrischend aufzuklären. Dabei gelingt vor allem die Gratwanderung zwischen Spannung und Antworten. Was ungewöhnliche Perspektiven, ein manipulativer Schrumpelkopf und die direkt spürbare und glaubhafte Bedrohung damit zu tun haben, erfahrt ihr in dieser Rezension.
Die zweite Welle der dritten und finalen Phase des großen Literaturprojektes Die Hohe Republik! In der Fortsetzung von Trotzt dem Sturm geht die Bestsellerreihe weiter, in der die Fans ein Wiedersehen mit dem beliebten Jedi-Ritter Reath Silas erwartet. Mehr als ein Jahr ist seit dem Fall der Starlight Station vergangen, und sowohl Helden als auch Schurken müssen sich den Konsequenzen ihrer Entscheidungen stellen. Als Reath und Padawan Amadeo Azzazzo auf eine Mission geschickt werden, um ihre Theorien über die Namenlosen zu überprüfen, werden sie mit den furchterregenden Kreaturen konfrontiert, die einst nur als Mythos galten … und sie werden mit der wahren Bedeutung von Angst konfrontiert …
Klappentext Die Tränen der Namenlosen von Panini
Archivarbeit
Eine der größten Besonderheiten des Romans ist zweifellos Reaths Aufgabe darin. In In die Dunkelheit war er noch selbst mit im Feld unterwegs und auch in Mitternachtshorizont mitten im Geschehen auf dem Schlachtfeld. Doch sein Zuhause sind die Archive und Labore, und genau dort lässt ihn George Mann nun aufblühen. Reath Silas wurde uns zu Beginn der ersten Phase als die total andere Jedi-Figur vorgestellt: Geht nicht gerne auf Abenteuer, mag den Tempel und die Archive und wurde damit schnell zum Spiritual Animal unserer Jedi-Bibliothek.
Wieso auch einen so wissbegierigen Charakter in Situationen bringen, in denen er nicht wirklich etwas beitragen kann. Das hat sich wohl auch George Mann gedacht und lässt Reath jetzt die komplette erste Romanhälfte nachforschen. Um trotzdem Spannung und Action einzubringen, sind Mirro Lox und Amadeo Azzazzo aus der Kurzgeschichtensammlung Geschichten von Licht und Leben im Feld unterwegs und müssen sich mit den Problemen der sich ausbreitenden Fäulnis in der Galaxis herumschlagen. Parallel dazu kehrt auch ein verlorener Meister zurück, der die Nachforschungen seines Jedi-Freundes ergänzt und dabei in der Vergangenheit nach Motivation sucht.
Diese Archivarbeit ist dabei deshalb so spannend, weil wir immer wieder den Spiegel in Form von Azlin Rell vorgehalten bekommen. Reath besucht diesen nämlich – wie schon im Epilog zu Trotzt dem Sturm – mehrmals und man ist sich nie ganz sicher, wer hier gerade auf wen einwirkt. Diese Manipulation ist auch eine gute Erklärung dafür, dass Azlin Reath nicht einfach alle Antworten präsentiert. Durch diese Dualität und Unsicherheit gibt Mann eine überzeugende Erklärung dafür ab, wieso es sinnvoll ist – aus Sicht von Azlin Rell – dass Reath alles selbst herausfinden muss: So wie er einst, mit allen Konsequenzen, die Azlin als nötig ansieht.
Ein dunkles Kapitel
Man merkt dem Roman an, dass George Mann diesen in einer für ihn unsicheren und schweren Zeit geschrieben hat. Doch genau dadurch bricht der Roman den Jedi-Kodex so lebensnah herunter. Was machen wir mit der Angst? Müssen wir sie annehmen, um sie zu überwinden? Müssen wir sie einfach nur akzeptieren und dann ignorieren oder offen und kommunikativ damit umgehen? Gerade da das Projekt ja die Frage „What scares a Jedi?“an den Anfang stellte, ist es so erfrischend, jetzt zu erfahren, wie die Jedi respektive Reath lernen, damit umzugehen. Gleichzeitig schafft es Mann auch noch, Azlin Rell zu charakterisieren, wie ich es nicht erwartet hätte. Mitleid und Abscheu sind dadurch nah beieinander.
Doch auch abseits der Spiegelung von Angst in der echten und fiktiven Welt geht der Roman in dunkle Ecken. Die ausschweifenden Schilderungen der Tode von einigen Jedi, die wir teils länger und teils nur kurz kannten, sind Mann besonders gelungen. Die Details, mit denen er den Verfall und die Realisation der Opfer als auch der Beteiligten schildert, treffen genau in die Magengrube und lassen mitfühlen. Einen großen Anteil daran hat auch die neue Perspektive des Sicarus. Dieser stammt aus Boolans Labor und ist eine Mischung aus Namenlosem und Mensch. Das bedeutet, die Schilderung des Verfalls der Opfer erleben wir oft auch aus seiner Perspektive.
Das sorgt dafür, dass sie viel detaillierter und sadistischer ausfallen. Erstens kann er den Tod komplett beobachten, da er nicht wie potenzielle Mit-Jedi unter dem Einfluss der Wesen steht. Zweitens scheut er sich nicht, die kleinen, grausamen Details wahrzunehmen und den Tod amüsiert zu beschreiben. Das macht für unsere Perspektive diesen Prozess nur noch traumatischer. Er kostet es aus, während bisherige Opfer-Perspektiven oder Umstehende eher den Blick abwenden oder versuchten, nicht zu sehr ins Detail zu gehen. Hier hilft die Perspektive also maßgeblich dabei, den Schrecken der Namenlosen noch greifbarer zu machen.
Die Tränen der Tolemiten
Auch inhaltlich überzeugt der Roman erstmals mit wirklichen Antworten rund um die Namenlosen. Ja, wir haben in Das Auge des Sturms bereits die Heimatwelt gesehen, in Phase II waren wir mit Marda Ro auch dort. Wir kennen die Stäbe, mit denen Marchion die Kreaturen kontrolliert, und auch den Comic Die Suche der Jedi aus Phase II. Doch das alles kohärent verbunden zu sehen und auch in das Wissen der Jedi zu übersetzen, geschah bisher nie. Erstmals musste ich in dem Roman nicht meine Faust recken und rufen: So kombiniere er doch die Hinweise!
Denn Reath tut das selbstverständlich: Was haben Fäulnis und Namenlose gemeinsam? In welchen alten Legenden wurden beide Phänomene bereits erwähnt? Was haben die uralten Tolemiten damit zu tun? Reath arbeitet sich systematisch und zufriedenstellend voran, ganz ohne das Gefühl, dass etwas wie ein Deus Ex Machina-Hinweis daherkommen muss, weil man bald das Ende des Projekts erreicht. Selbst die Frage, ob die Namenlosen nun Opfer oder bösartig sind, kommt endlich mal in die breitere Debatte.
Überaus passend natürlich auch, dass Mythen- und Legenden-Koryphäe George Mann diesen Roman geschrieben hat. Während er in Die Suche nach der Verborgenen Stadt fast schon zwanghaft mythische Elemente einbringen wollte, fühlt es sich hier organisch an. Einzig die weiterhin anhaltende Ignoranz von Vern hinsichtlich ihrer Koordinaten, die sie in Phase I von Mari-San Tekka erhalten hat, treibt mich dann doch dazu, die Faust in wütender Manier zu recken. Selbst Azlin fühlt sich da ja schon berufen, ihr diesen Umstand erneut ins Gedächtnis zu rufen, und der will sonst ja, dass alle selbst auf den richtigen Pfad kommen. Doch bei Vern hat selbst er aufgegeben – wie viele Denkanstöße braucht sie denn noch?
Ein Gefühl der Eile
Während der erste Teil des Romans noch recht ruhig beginnt und dort eben die Fäulnis zwar um sich greift, aber nicht bedrohlicher wirkt als in anderen Werken, ändert sich das in der zweiten Hälfte schlagartig. Allem wohnt plötzlich ein Druck inne, der auch auf Reaths Wohlbefinden und Selbstzweifel Auswirkungen hat. Doch auch rein praktisch droht den Jedi eine große Gefahr, die potenziell eine Massenpanik auslösen könnte. In Teilen ist es fast schon wieder etwas unglaubwürdig, dass Reath so viel alleine macht, aber er ist nun mal der Experte.
Jedenfalls führen dieser Druck und die notwendige Eile dazu, dass man den Roman ab der zweiten Hälfte auch gefühlt schneller und mit mehr Hektik liest. Jeder aussichtslosen Situation hängt die Notwendigkeit einer Lösung im Hinterkopf, da so viel von den Hauptfiguren und ihren Expeditionen abhängt. Das sorgt nicht nur dafür, dass dieser Roman sich wirklich relevant anfühlt – relevanter als der dritte Durchbruch der Sturmmauer – sondern auch, dass man förmlich durch die Seiten fliegt. Der richtige Wechsel der Schauplätze mit Cliffhangern nach jedem Kapitel hilft dabei, am Ball zu bleiben. Die gute Mischung aus Perspektiv-Figuren, ohne diese zu überladen, tut dabei seinen Rest. Nur als Beispiel: Dieser Roman hat weniger Perspektiven als der letzte Jugendroman Hüte dich vor den Namenlosen – obwohl dieser mehr Seiten hat. Selbsterklärend, dass dadurch auch die einzelnen Figuren viel besser ausgearbeitet und weiterentwickelt werden können.
Fazit
Die Tränen der Namenlosen ist ein beinahe perfektes Werk. Es ergründet in Auszügen, warum die Namenlosen auch nur Opfer sein könnten, gibt Reath eine Aufgabe, die zu ihm passt, und lässt ihn trotzdem durch die Rückkehr alter Meister, der Verantwortung auf seinen Schultern und der Frage, wie er mit Angst umzugehen hat, immer wieder in vermeintlich dunkle Ecken spazieren, die wiederum für George Mann kathartisch waren, während er mit der Unsicherheit ob seiner Diagnose zu kämpfen hatte. Das Resultat dieser lebensnahen Schilderung ist deshalb auch ein lebensnaher und emotionaler Roman. Kunst spiegelt immer das wahre Leben wider und man merkt dem Roman an, dass der Autor sehr nah am Spiegel stand.
Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
Star Wars: Die Hohe Republik ist ein mehrjähriges Buch- und Comicprogramm, das hunderte Jahre vor den Skywalker-Filmen spielt und die Jedi in ihrer Blütezeit zeigt. Weitere Infos, News, Podcasts und Rezensionen gibt es in unserem Portal und in der Datenbank. Beachtet auch unsere Guides zur Lesereihenfolge von Phase I, Phase II und Phase III.
Gewinnspiel [BEENDET]
Mit freundlicher Unterstützung von Panini verlosen wir 1x Die Hohe Republik: Die Tränen der Namenlosen.
Um am Gewinnspiel teilnehmen zu können, müsst ihr nur die nachfolgende Frage beantworten und das unten stehende Formular ausfüllen:
In welchen Roman trat Reath Silas erstmals auf?
Das Gewinnspiel ist beendet!
Der Preis wird unter allen Einsendungen mit der richtigen Antwort verlost.
- Nur eine Einsendung pro Person/Familie/Haushalt!
- Einsendeschluss ist Sonntag, 15.12.2024, um 23:59
- Der Preis wird nur innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der Schweiz versendet!
- Sämtliche gesammelten Daten dienen nur dem Zweck des Preisversands und werden nach dem Ende des Gewinnspiels und dem Versand des Preises wieder gelöscht.
- Alle Angaben ohne Gewähr! Eine Barauszahlung des Gewinnes ist ausgeschlossen.
In diesem Sinne: Möge die Macht mit euch sein!
Update 17.12.2024 10:38: Die Auslosung
Seinen ersten Auftritt hat Reath Silas in Die Hohe Republik: In die Dunkelheit! Von den Einsendungen mit der richtigen Antwort wurde folgendes Gewinny aus dem Lostopf gezogen:
- Melanie B. aus Wüstenrot
Herzlichen Glückwunsch und viel Spaß mit dem Comic!
Und vielen Dank an Panini für die Bereitstellung des Preises!