Rezension: Die Hohe Republik: Die Chroniken der Jedi von Cole Horton

Nachdem Ende Februar 2023 bereits die englische Version Chronicles of the Jedi bei Insight Editions erschien, verschob sich die deutsche Version bei CrossCult mehrfach auf den jeweils nächsten Monat. Ursprünglich für Anfang April angekündigt, begann nun im Juni die Auslieferung und ich kann euch nun meine Eindrücke zu dem Begleitwerk der ersten und zweiten Phase der Hohen Republik darlegen. Diese fallen gemischt aus und es stellt sich letztlich die Frage nach den Erwartungen und der Zielgruppe. Daher wird diese Rezension genau diese beiden Fragen in den Fokus stellen.

Ein (unvollständiger) Museumsbesuch

Nachdem ich das Buch gelesen habe, stehe ich vor einer Tür auf der steht: „Hier entsteht eine neue Ausstellung, bitte haben sie noch etwas Geduld“. So fühlt es sich an, wenn man mit diesem Buch durch ist. Die Chroniken der Jedi ist letztlich eine Art Begleitband zu einer Museumsausstellung, die Lina Soh wieder etwas zu früh feierlich eröffnet hat, nur um dann den nächsten Rückschlag durch die Nihil hinnehmen zu müssen und festzustellen, dass der Konflikt noch immer nicht überwunden ist. Der Aufbau der bisher fertiggestellten Ausstellung ist dabei wirklich sehr gut gelungen. Cole Horton geht nicht sklavisch erst die ganzen Biografien durch, dann die ganzen Ereignisse der ersten und zweiten Phase der Hohen Republik, um schlussendlich noch die Bösewichte abzuklappern. Stattdessen bauen Handlungen und Kapitel recht chronologisch aufeinander auf und sowohl Jedi als auch andere Akteure werden an passenden Stellen mit einem Infotext versehen. Dabei ist die Seitengestaltung aber recht klassisch im Fließtext und nicht wie in anderen Nachschlagewerken kreativer mit Kästen und Einschüben gelöst.

Das liegt aber auch daran, dass wir es mit den Chroniken eines In-Universe-Jedi zu tun haben, der scheinbar am Ende von Phase 1 zurückdenkt und glücklicherweise nur die Ereignisse erwähnenswert findet, die sich seit der Hyperraumkatastrophe und vor 150 Jahren abgespielt haben. Die Idee gefällt mir grundsätzlich, aber dadurch ist das Werk auch kein echtes Kompendium, da alles, was die Jedi zur Zeit noch nicht wissen, auch hier im Dunkeln bleibt. So fehlt sehr viel Kontext zu den Nihil, allen voran Marchion Ro. Nun handelt es sich ja aber um Die Chroniken der Jedi und zumindest in der Sektion sind alle Medien vereint. Von den Romanfiguren über die Comic-Helden bis hin zum Manga sind alle Jedi eingebaut worden, die zumindest die erste Phase zu bieten hat. Jedi der zweiten Phase werden eher nebenbei erwähnt und manche fehlen auch komplett. Dafür ist selbst die Protagonistin aus dem VR-Spiel Galaxy’s Edge samt der Handlung mit einem größeren Abschnitt vertreten.

Nun überschrieb ich diesen Abschnitt allerdings mit „unvollständig“. Und das liegt primär daran, dass das Buch zu früh kommt, um wirklich eine Chronik im vollständigen Sinne zu sein. An zu vielen Stellen muss der Jedi-Autor Harli Cogra uns mit Verweisen darauf vertrösten, dass sich das noch zeigen werde, dass nun noch schwere Zeiten bevorstehen und dass die Jedi natürlich nicht aufgeben werden. Und hier kommt das Gefühl, dass etwas fehlt, eben sehr stark rüber und man wird aus diesem In-Universe-Museumsbesuch herausgerissen und denkt daran, dass eine dritte Phase ja erst noch vor der Tür steht. Doch nicht nur die fehlt, sondern teilweise sogar Ereignisse aus der zweiten Welle der zweiten Phase, da die im Februar ja noch nicht abgeschlossen war.

Ein tolles Buch zur falschen Zeit

Das bringt mich zu meiner Frage nach der Zielgruppe dieses Werkes. In meinen Augen soll es wohl eine Erinnerung an all das sein, was in der ersten Phase geschehen ist, bevor es im Herbst mit der dritten weitergeht. Das Problem dabei ist aber, dass eine Auffrischung des Wissens nicht im vollen Sinne möglich ist, da ja Details fehlen, die wir als Leser wissen, aber eben die nach Corsucant beorderten Jedi noch nicht. Für all jene, die die erste Phase erschlagend finden und gleich mit der dritten einsteigen wollen, fehlt es daher auch an diesen Infos rund um die Antagonisten, die ja wichtig sind, wenn man ihr Handeln in den kommenden Werken verstehen will.

So richtig passt dieses Werk also auf keine erdenkliche Zielgruppe abseits der Komplettisten. Eventuell können die Aufmachung und die Illustrationen – zu denen ich weiter unten noch kommen werde – für manche Fans des Projekts ein Grund sein, sich dieses Werk zu holen, aber ansonsten werde ich das Gefühl der verschenkten Möglichkeiten nicht los. Und die hat man nicht verschenkt, weil man in diesem Buch etwas grundsätzlich falsch gemacht, sondern weil man es einfach zu früh rausgebracht hat. Eine solche Chronik als krönender Abschluss der dritten Phase mit weniger Vertröstungen auf kommende Ereignisse hätte den Namen wirklich verdient. Die Jedi hätten mehr von dem gewusst, was jetzt im Phasenübergang noch im Dunklen liegt, und alle Fans hätten ein vollständiges Nachschlagewerk des Projektes mit Kurzfassungen der Handlungen und Figuren erhalten.

Es kann natürlich sein, dass eine solche „aktualisierte und vollständige“ Variante am Ende kommen wird und Phase drei zieht sich ja auch lange genug (aktuell bis 2025 geplant), dass es sich lohnen könnte, aber das macht diesen unvollständigen Zwischenschritt nicht nachvollziehbarer. Natürlich macht es Spaß, nochmal von Hetzal zu lesen und die Ereignisse auch aus In-Universe-Perspektive nachzuverfolgen, mit Texten die klingen, als würden sie wirklich an Schaukästen in einem Museum stehen, aber am Ende fehlt mir das Gefühl eine wirkliche Chronik in Händen zu halten. Zumal man – wenn man mal genau über diese In-Universe-Autorenschaft nachdenkt – ja davon ausgeht, dass dieses Werk nach dem Fall von Starlight geschrieben werden musste und die Nihil aktuell quasi gewonnen haben. Soll dieses Werk am Ende also ein internes Motivationsschreiben an die anderen Jedi sein, um den Mut nicht zu verlieren? Falls nicht, ist es gerade vielleicht nicht die beste Zeit, ein solch optimistisches Werk auf den Markt zu bringen, und könnte zynisch aufgefasst werden.

Stimmige Aufmachung

Ich überschrieb das vorherige Kapitel mit „tolles Buch…“ und das stimmt auch! Die Aufmachung des Werkes ist wirklich mehr als ansehnlich. Neben dem ledernen Einband überzeugt vor allem die Illustrationen auf ganzer Linie. Man hat nämlich nicht einfach Konzeptzeichnungen oder Darstellungen aus anderen Werken recycelt, sondern das Team aus Lukasz Liszko und Yihyoung Li haben Illustrationen extra für dieses Werk angefertigt, die von Alberto Buscicchio koloriert wurden. Das verleiht dem Buch eine interne Kohärenz und einen einheitlichen Stil und fängt teilweise auch ganz neue Figuren und Ereignisse ein. Mehr Bilder von Valo, dem Fall der Starlight oder bisher wenig abgebildeter Jedi sind dabei besonders hervorzuheben. Highlights sind neben dem Padawan-Bild auf Seite 99 vor allem die Illustrationen zu den Mitgliedern des Rates der Jedi im vorderen Buchteil und die Bilder zu Jedi in Aktion, die bisher vor allem in Romanen präsent waren. So sehen wir Dez gegen Reath oder auch Bells Reaktion auf die Leveler.

Im Gegenteil zu den Illustrationen haben mir die „interaktiven“ Element eher wenig gegeben. Man kann hier und da mal was ausklappen oder umdrehen, das aber auch eher schlecht als recht, und es wäre in den meisten Fällen nicht einmal nötig gewesen. Das beste Beispiel dafür ist das allgegenwärtige Symbol der Jedi, welches unter einem Text als leicht hervorstehendes Papierstück ausgeschnitten und eingeklebt ist. Darunter ist aber nichts, man kann es nicht herausnehmen und es droht eher leichter zu knicken. Wieso druckt man es dann nicht einfach direkt unter den Text? Dabei bin ich grundsätzlich ein Fan dieser Art von Büchern. Die MinaLima-Editionen der Harry Potter-Bücher machen das beispielsweise auch, diese nutzen die Möglichkeit aber auch weitaus kreativer. Da kann man ganze Stadtpläne ausklappen, Zahnräder drehen oder Türen öffnen. In diesem Buch ist das höchste der Gefühle ein umdrehbarer Text, der auf der einen Seite in Aurebesh steht und auf der anderen in Basic. Will man die Basic-Version lesen, muss man aber aufpassen, dass man ihn nicht ausreißt. Die Krönung all dessen ist jedoch das willkürlich eingeklebte Lichtschwert von Stellan Gios auf Seite 113, das – wie immer – keine wirkliche Funktion hat, aber zusätzlich auch noch Avar Kriss‘ Lichtschwert, welches wiederum abgedruckt ist, verdeckt.

Zudem empfand ich den Wechsel des Schriftbildes etwas irreführend und sicherlich nicht so intendiert. Ich kenne mich auch nicht so gut mit Schriftarten aus, um nun wirklich die verschiedenen zu identifizieren, aber es wirkt teilweise so, als würde die filigranere Art einer eher klassischeren weichen. Beziehungsweise scheinen sich Bold- und Regular-Version der einen Schriftart abzuwechseln. Die Schrift sieht dann gepresster und dicker aus und bleibt meist für einen oder zwei Absätze so, bevor der andere Stil wieder einsetzt. Für alle, die das Buch schon haben, mir ist das vor allem auf den Seiten 67 (Übergang von „Grenzregion“ zu „Zur großen Überraschung“) als auch auf Seite 108 (Übergang von „verursacht hatte“ zu „Manche glauben“) aufgefallen. Das scheint am Ende ein Druckproblem zu sein und ruiniert in keiner Weise das Gesamtbild, aber mir ist es direkt ins Auge gefallen (innerer Monk aktiviert).

Cole Hortons Texte sind dabei – bis auf den unmittelbaren Einstieg ins Buch, der sich so anfühlt wie meine Versuche, in Seminararbeiten noch die notwendige Wortzahl zu erreichen – sehr pointiert, entsprechend dem In-Universe-Autoren optimistisch und leicht patriotisch und sie liefern ausreichend Informationen zu den Figuren und den meisten Ereignissen. Ansonsten lässt sich an den Texten nicht viel bemängeln, auch wenn hier und da ein paar Fehler zu finden sind. So wird die Handlung von The Blade (Die Klinge) falsch zusammengefasst und alles auf Bardotta angesiedelt, obwohl Barashs Entschluss ja in Konsequenz der Ereignisse auf Gansevor fällt. Zudem legt Horton den Rat der Jedi in den höchsten Turm des Jedi-Tempels, was natürlich nicht so ist (auch wenn man ihm zugute halten muss, dass auch in The Clone Wars Staffel 6 einmal der Rat dort tagte anstatt in seinen üblichen Gemächern). Immerhin die Übersetzung ist auf ganzer Linie geglückt! Fans des Projektes wird es freuen zu hören, dass Bernd Perplies aus der Aschehündin Ember nicht „Funke“ gemacht hat (Ja, Im Zeichen des Sturms und Der gefallene Stern, ich meine euch!) und ansonsten die Übersetzungen nutzt, die sich über die anderen deutschen Versionen des Projektes bereits etabliert haben.

Ein kompliziertes Fazit

Die Chroniken der Jedi ist wirklich ein tolles Buch, es enthält viele Infos zu den Jedi dieser Ära, die in Kurzprofilen noch einmal zusammengefasst werden, es wartet mit einheitlichen und passenden Illustrationen auf und überzeugt auch sonst – bis auf wechselnde Schriftbilder und unnötige „interaktive“ Elemente – durch seine edle Aufmachung. Demgegenüber schwingt für Fans der Ära ein Gefühl der Unvollständigkeit mit, die einen ratlos dahingehend zurücklässt, wieso – außer natürlich als Marketing für Phase 3 – gerade jetzt ein solches Werk erscheint, was sowohl In-Universe als auch in unserer Welt nicht so wirklich passen will. Natürlich steht einer kompletten, aktualisierten Chronik am Ende des Literaturprojektes nichts im Weg, doch ich frage mich deshalb umso mehr, ob es diesen Zwischenschritt dann wirklich gebraucht hätte.

Wir danken CrossCult für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

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Star Wars: Die Hohe Republik ist ein mehrjähriges Buch- und Comicprogramm, das hunderte Jahre vor den Skywalker-Filmen spielt und die Jedi in ihrer Blütezeit zeigt. Weitere Infos, News, Podcasts und Rezensionen gibt es in unserem Portal und in der Datenbank. Beachtet auch unsere Guides zur Lesereihenfolge von Phase I, Phase II und Phase III.

3 Kommentare

  1. Hm. Bei dem Werk war ich zweigespalten und nach der Rezension bin ich es immer noch 🙂

    Ich hatte hier auf eine Art Nachschlagewerk für die Phase I und II gehofft, sodass mam beim Lesen von Phase III, wenn man sich an ein Person oder an ein Ereignis nicht mehr genau erinnern kann, einfach mal kurz hier die wichtigsten Ereignisse nachblättern kann. Ist das dafür gut? Unter den beschriebenen Einschränkungen natürlich.

    Ich bin eh grad erst mit Welle 2 von Phase I durch. Bis ich komplett mit Phase II durch bin, wird das Buch von daher eh nicht angeschafft. Und mal schauen, ob bis dato dann nicht doch ein gesamtes Werk der High Republic angekündigt ist.

    1. Auch hier nicht so leicht zu beantworten: Für Ereignisse ja, für Figuren eher weniger.

      Als Nachschlagewerk während des Lesens würde ich das Buch daher weniger empfehlen. Ja bei Ereignissen funktioniert das sicherlich, da die natürlich gebündelt und auch chronologisch dargestellt werden. Figurenbiografien hingegen werden nicht immer umfassend dargestellt. Also manchmal wird erst später beim Ereignis erwähnt, was diese Person noch getan hat und was aus ihr wurde. Zudem werden Charakterschicksale nicht immer direkt beim Eintrag zur Person dargelegt, sondern auch erst beim jeweiligen Ereignis.

      Soll heißen: Wenn ich nicht mehr weiß, wo was mit der Person passiert ist, kann ich auch nicht nachlesen wo was mit der Person passiert ist. Klingt nach einem Teufelskreis und führt den Nachschlagecharakter natürlich etwas ad absurdum 😀
      Deshalb eher ungeeignet dafür und Wookieepedia wohl eine bessere Anlaufstelle.

      Phase 2 ist mir in diesem Werk sowieso unterrepräsentiert, weshalb es sich wenn überhaupt dann nur für Phase 1 anbieten würde und auch da mit den oben genannten Einschränkungen.

      Die Illustrationen sind jedoch toll und die Texte lesen sich als Fan auch sehr gut, nur den großen darüberhinausgehenden Mehrwert vermisse ich halt, der primär durch die Veröffentlichungszeit beschränkt wird.

    2. Vielen Dank für die Antwort, was die Entscheidung natürlich nicht leichter macht 🙂

      Ich hatte gehofft im Laden mal durchblättern zu können, aber da das ja ein In-Universe Werk ist, scheint das bei den Händler nicht so im Fokus zu stehen. Hab noch keins gefunden.

      Na ich wart mal einfach noch nen Jährchen ab. Phase II hab ich mir für nächstes Jahr vorgenommen. Da ist noch ewig Zeit.

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