Rezension: Die Hohe Republik: Auf der Suche nach Planet X von Tessa Gratton

Heute erscheint mit Auf der Suche nach Planet X bei Panini der zweite Jugendroman der zweiten Phase der Hohen Republik. Der von Tessa Gratton geschriebene Roman greift dabei auf die etablierten Figuren aus Die Suche nach der Verborgenen Stadt zurück und fügt weitere neue Figuren hinzu. Inwieweit es Tessa Gratton gelingt, dieses Ensemble auf eine mitreißende Suche zu schicken, und ob der Roman im Vergleich zu Die Suche nach der Verborgenen Stadt wieder mehr an die Qualität – vor allem von Justina Irelands Beiträgen – aus der ersten Phase anknüpfen kann, erfahrt ihr in dieser Rezension!

Sturmfrei!

Tessa Gratton ist bisher als Co-Autorin des Highlight-Romans der zweiten Phase in Erscheinung getreten. So hat sie zusammen mit Justina Ireland den Young-Adult-Roman Der Pfad der Täuschung geschrieben – welchen ich erst kürzlich für euch rezensiert habe – und das merkt man diesem Werk auch an. Denn nicht nur kommt eine Figur recht prominent darin vor, die aus ebenjenem Roman stammt, sondern auch die Qualität zieht in meinen Augen im Vergleich zum ersten Jugendroman dieser Phase wieder deutlich an.

Der größte Unterschied zu Die Suche nach der Verborgenen Stadt ist dabei, dass die Figuren wieder innere Konflikte durchzustehen haben. Mein Kritikpunkt am Vorgänger, dass die durchgehende Harmonie zwar in der Übertragung auf die Realität wünschenswert ist, aber eben die Spannung beim Lesen mindert, kann ich deshalb hier nicht wiederholen. Im Gegenteil, jede der Figuren hat ihr eigenes Päckchen zu tragen und muss sich damit auch auseinandersetzen.

Ein wichtiger Faktor ist dabei in meinen Augen, dass man sich wieder auf das klassische Prinzip von Jugendromanen zurückbesinnt: Eigentlich viel zu junge Akteur*innen sind allein auf einer Mission! Das führt zu einer spannenden Kombination aus Anwesenheit innerer Konflikte bei gleichzeitiger Abwesenheit von Erwachsenen, die solche Probleme leicht besänftigen könnten. Dass (der nun wieder wie im englischen Original mit doppeltem S, statt wie im Vorgänger mit doppeltem Z geschrieben wird, was ich für die deutsche Sprache passender fand) beispielsweise will immer noch Pfadfinder werden, wenn er mal älter ist, und sich mit dieser Mission gegenüber seinem Vater beweisen. Während er also im Vorgänger nicht so wirklich aus dem Schatten treten konnte, tut er es hier einfach und durchlebt dabei eine spannendere Charakterreise, allein dadurch, dass er sich losgelöst von seinem Vater Gedanken macht und damit konfrontiert ist, Lösungen zu finden und auch Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.

Gleiches trifft auch in gewisser Weise auf Rooper zu, auch wenn ich ihre Charakterentwicklung und auch ihren Konflikt immer noch nicht so wirklich greifen kann. Immerhin ihre Sorge um Silandra, die – wie am Ende des Vorgängerwerks ja gesagt wurde – nach Jedha aufgebrochen ist und dort in den Konflikt verwickelt wurde, gibt ihr eine Motivation, mit auf diese Mission zu gehen, um Kontakt zu ihr herstellen zu können. Ansonsten motiviert sie am ehesten ihr Beschützerinstinkt und ihre Freundschaft zu Dass und weniger das Ziel, sich zu beweisen – zumindest behauptet sie das.

Die neue Figur Sky Graf hingegen wird angemessen mysteriös in xiesen Ambitionen eingeführt, was dann im Laufe des Romans auch zu Überraschungen führt. Sowohl die Last, Teil einer einflussreichen und nicht immer gesetzestreuen Familie zu sein, als auch die Beziehung zu xiesem Bruder bringen neue Facetten in die bereits bekannte Figurenkonstellation und rütteln auch die Handlung angenehm auf. Dabei fügt sich Sky sehr organisch in das etablierte Gespann aus Dass und Rooper ein und hat auch den einen oder anderen lockeren Spruch auf Lager. In der Übersetzung wird die Tatsache der non-binären Identität nicht explizit gemacht, sondern immer Sky namentlich erwähnt oder mit „Graf-Spross“ betitelt. In meinen Augen ein guter Kompromiss, da es sich immerhin um einen Jugendroman handelt und die Pronomen im Deutschen erfahrungsgemäß nicht so einfach zu handhaben sind wie im Englischen mit they/them.

Ein beeindruckender Antagonist

Eine weitere Ebene, mit der mich der Roman begeistern konnte, ist die Wahl des Hauptantagonisten, sofern man ihn überhaupt als solchen bezeichnen möchte. Bereits aus Pfad der Täuschung kennen wir Fel Ix als den Mann jener Frau, der Marda Ro und Kevmo Zink halfen, ihre Kinder auf die Welt zu bringen. Nun wird er auf eine Mission geschickt, um die Kommunikationsbojen zugunsten des Pfades zu manipulieren, und kreuzt dabei früher oder später auch die Wege mit unserem Ensemble.

Doch statt uns eine klassische Verfolger- und Bösewichts-Handlung zu präsentieren, wählt Tessa Gratton in meinen Augen einen brillanten Weg. Sie zeichnet einfach einen Jungvater, der sein ganzes Leben lang mit dem Pfad verbracht hat und nicht intrinsisch böse ist, sondern für den das alles eher eine einstudierte Lebensweise darstellt. Er wird also – selbst als Kessarine – als menschlich dargestellt und ist nicht versessen darauf, jeden Jedi sofort zu töten. Das erlaubt eine spannende Dynamik im Verlauf des Romans und hebt ihn um Meilen von plakativen Antagonisten dieser Phase ab – auch von denen aus den noch auf Deutsch erschienenen Erwachsenenromanen. Er ist ein Antagonist, mit dem man mitfühlen und den man auch verstehen kann, und dafür bin ich Tessa Gratton sehr dankbar, denn diese Sorte gab es bisher nicht im Überfluss!

Ein Kammerspiel

Ein weiterer guter Schritt zurück zu klassischen Stilmitteln ist die Wahl des Kammerspiel-Charakters. Fast die ganze Handlung findet kondensiert in der Brightbird statt, was vor allem den Vorteil hat, dass sich Worldbuilding und Charaktermomente nicht gegenseitig den sowieso begrenzten Platz von Jugendromanen streitig machen müssen. Das Schiff wird immer wieder dezent weiter ausgeschmückt, während die Figuren in ihm leben, zweifeln und handeln, und das geht wieder sehr in die Richtung des ersten Jugendromans der ersten Phase, Die Bewährungsprobe!

In Auf der Suche nach Planet X steht als Handlung währenddessen die sogenannte Hyperraumjagd an, ein von den Grafs und San Tekkas veranstaltetes Wettrennen, bei dem neue Hyperraum-Routen von freiberuflichen Prospektoren erschlossen werden sollen. Und wie der Titel des Romans bereits andeutet, versucht unsere Crew, zum mysteriösen Planet X zu gelangen, der uns aus Die Suche nach der Verborgenen Stadt bereits aus Erzählungen von Dass bekannt ist. Ohne zu viel vorwegzunehmen, sollte man sich dabei darauf einstellen, dass der Weg das Ziel ist und das Ende mit der einen oder anderen Überraschung aufwartet.

Genau an jenen Überraschungen am Ende könnten sich auch die Geister scheiden, wenn es um die Bewertung der Handlung geht. Ich für meinen Teil kann sehr gut mit der Gesamthandlung leben, weil sie so erfrischend unvorhersehbar und genau wie das Leben ist. Zudem nutzt die Autorin die Wendungen am Ende auch, um die Figuren an Bord der Brightbird weiterzuentwickeln und sie in gewisser Weise ihren eigenen Weg wählen zu lassen. Der Twist verkommt also nicht zum reinen Überraschungsmoment, sondern wirkt wie von vornherein von der Autorin für die Charakterreise so vorgesehen. Deshalb kann ich damit auch sehr gut leben, selbst wenn auch ich mit anders gerichteten Erwartungen an das Werk herangegangen sein mag.

Fazit

Auf der Suche nach Planet X ist für mich wieder ein klassischer Jugendroman, wie man ihn in der Ära der Hohen Republik erwarten kann. Er erfindet das Rad nicht neu, nutzt aber die klassischen Mittel des Kammerspiels und der alleinreisenden Jugendgruppe vollumfänglich aus, um sich inneren Konflikten zu widmen, die am Ende durch eine überraschend erfrischende und unvorhergesehene Wendung auch externalisiert und in die Tat umgesetzt werden müssen. Dabei brillieren vor allem die neue Figur Sky und der Antagonist Fel Ix, sowohl was die Komplexität ihrer jeweiligen Darstellung als auch Wandel ihres jeweiligen Charakters in diesem Roman angeht.

Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.

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