Rezension: Andor 1×04

Gehängt wirst du mit den gleichen Seilen, ob für eine Plasmaspule oder 20 Millionen Kredits.

Luthen Rael

Eine Woche ist der große Auftakt her und nun geht es das erste Mal mit einer Einzelfolge weiter. Dabei verlässt Cassian nach dem dreiteiligen Start nicht nur den Planeten Ferrix, sondern auch die Nebencharaktere der ersten drei Episoden. Der von Stellan Skarsgård verkörperte mysteriöse Luthen Rael bekommt dabei etwas mehr Profil, indem er Cassian offenbart, was er mit ihm vorhat. Er ist drauf und dran, die immer wieder in der Galaxis aufflammenden Keime der Rebellion zu vernetzen und in einen höheren Dienst zu stellen. Er bietet Andor an, das Imperium dort zu erwischen, wo es besonders weh tut und man wirklich etwas verändern könne. Er würde so oder so im Kampf gegen sie sterben – wir wissen, dass er damit Recht behalten wird. In diesem Gespräch fallen auch die ersten der vielen, vielen Erwähnungen von Planeten- und Charakternamen in der Episode, die das Fanherz höher schlagen lassen; auf Cassians Nachfrage hin offenbart Rael nämlich, dass sein Schiff aus den aus Battlefront II bekannten Fondor-Werften stammt. Außerdem wird offenbart, dass Andor, genau wie ein ganz bestimmter Schmuggler, auf Mimban gekämpft und dort das Imperium zu hassen gelernt hat.

„Habt ihr uns vermisst?“

In weiteren Handlungssträngen der Episode geht es allerdings zum imperialen Zentrum nach Coruscant. Dieses Setting, welches wir, abgesehen vom Hintergrund in einem kurzen Flashback in Rogue One, seit der Disney-Ära noch nie in Live-Action besuchen konnten, wurde nach den ersten Trailern sehnsüchtig erwartet. Und es enttäuscht auf keiner Linie! Manche Einstellungen der Skyline und Flugszenen der Gleiter mögen leicht künstlich wirken, allerdings tat dies Galactic City bereits in den Prequels, insofern fügt sich der Look gut ein. Aber nicht nur das, denn es wird das erste Mal die oft im Kanon agierende Imperiale Sicherheitsbehörde samt ihrer (Infra-)Struktur groß im Rampenlicht gezeigt. Dort zeigt Andor wieder mal, wie man sich sowohl in ein bestehendes und beliebtes Universum eingliedert – in einer Sitzung werden Ryloth, Scarif und dorthin verfrachte Baumaterialien (wofür bloß? ;)) sowie das Arvala-System aus The Mandalorian erwähnt – und trotzdem die Galaxis nicht klein wirken lässt. Wir haben es hier nämlich ausschließlich mit neuen Figuren zu tun, ohne zwanghaft ein bekanntes ISB-Gesicht eingebaut zu bekommen. Genau wie auf Ferrix nimmt sich auch in dieser Folge die Serie die Zeit, um diese Nebenfiguren einzuführen, authentisch zu machen und mit glaubwürdigen Hintergrundgeschichten, Erfahrungen und Motivationen auszustatten.

Apropos Antagonisten: Der doch so engagierte Inspektor Karn wird vom Imperium, das die Kontrolle im Morlana-System übernimmt, mit seinem eigenen Scheitern konfrontiert und kehrt nach Coruscant und zu seiner Mutter zurück. Es wird spannend, zu sehen, wohin sich dieser Charakter noch entwickelt. Ich hoffe aber, dass er ein interessanter Gegenspieler bleibt, anstatt eine schnelle Redemption-Story der Marke „Agent Kallus“ spendiert zu bekommen. Aber auch die ebenfalls karriereorientierte, nach ihrer verlorenen Box suchende Agentin Meero scheint eine Kandidatin für Cassians persönliche Nemesis und Hauptantagonistin der Staffel zu sein. Generell bemerkenswert, wie uns mit Meero und Karn zwei parallele Biographien in unterschiedlichen Einrichtungen, aber doch ziemlich ähnlichem Rahmen erzählt werden: Der eigene Instinkt, der richtig liegt. Der ältere Vorgesetzte, der sie im Zaum halten will. Und ein einschneidendes, von Cassian Andor beeinflusstes Ereignis. Alles in allem also ähnliche Grundstruktur, deren Auflösungen wir in den nächsten Wochen verfolgen dürfen.

„Mir kann man vertrauen, jetzt, wo ich rasiert bin!“

Die eigentliche Haupthandlung der Folge findet auf dem Planeten Aldhani statt. Luthen hat dort einen Job für Cassian, dessen Ziel dem Imperium gehörende 20 Millionen Credits sind, der Monatslohn eines ganzen Sektors. Erst hatte ich Sorge, dass die Serie nun doch eine „Case of the Week“-Struktur annimmt, die allerdings spätestens mit dem erneut unvermittelt eintreffenden Ende der Episode ad acta gelegt wird. Cassian muss sich erst an sein bunt zusammengewürfeltes neues Team gewöhnen, die so kurz vor dem Start des Jobs sehr skeptisch ob des Neuzugangs sind. Zwei interessante Auffälligkeiten in den Szenen mit der Gruppe sind eine erste Erwähnung von Saw Gerrera sowie die Präsentation des Plans für den Raubzug, die mit selbstgebastelten Modellen, anstatt wie sonst per Hologramm, stattfindet. Kreativ und erfrischend, auch wenn sich mir die Logik dahinter nicht hundertprozentig erschließt.

Viel interessanter als die Handlung um Cassian Andor ist hingegen das, worauf viele Fans sehnsüchtig gewartet haben: Senatorin Mon Mothma (Genevieve O’Reilly) von Chandrila! Ein schönes Detail der deutschen Version, dass sie wieder einmal von Alexandra Lange synchronisiert wird – wie schon in Rebels, Rogue One und sogar bereits 1983 in Episode VI Die Rückkehr der Jedi-Ritter. Nach seiner spannenden Verwandlung in einen Kunst- und Antiquitätenhändler trifft sich die Senatorin mit Luthen, um sich, ständig von Spionen umgeben, über die frühen Aktivitäten gegen das Imperium auszutauschen. In Luthens Laden stehen dabei als schöne Easter Eggs allerhand bekannte Relikte, die den ein oder anderen findigen Fan erfreuen dürften – am meisten gefreut habe ich mich über Starkillers Sith-Rüstung aus dem dunklen Ende des Games The Force Unleashed. Sowohl im Laden als auch bei der Senatorin zuhause (große Überraschung: Sie hat einen Ehemann!) spüren wir die Lebensgefahr, in der sie sich als aufkeimende politische Gegnerin des Imperiums befindet. Dieses Damoklesschwert macht die Serie, auch was diese Figur angeht, realistisch und glaubwürdig und verspricht, das Highlight der Staffel zu werden.

„Hallo, Ebay-Verkäufer luthens_shop3! Welche originalen Star Wars-Requisiten kann ich denn heute bei dir kaufen?“

Die Folge endet wieder sehr abrupt und unvermittelt. Das lässt vermuten, dass wir nun einen „Aldhani-Dreiteiler“ zu tun haben, der in den Folgen 5 und 6 unmittelbar weitergehen wird. Ihr könnt es euch aber denken, ich kann alles in allem wieder nicht anders, als auch Folge 4 volle Punktzahl zu vergeben und gespannt auf nächste Woche zu warten.

Bewertung: 5 von 5 Holocrons
Bewertung: 5 von 5 Holocrons

Nächste Woche dürfen wir uns wohl auf mehr aus dem Hause Mothma und den großen Raubzug in die Imperiale Einrichtung freuen. Und auf die Antwort auf die Frage, was es mit dem Himmelsphänomen, welches als „das Auge“ bezeichnet wird, auf sich hat.

Bis dahin seid aber erst einmal ihr dran: Was hat euch an der neuen Folge gefallen, was eher weniger?

5 Kommentare

  1. Mir hat die Folge wieder sehr gut gefallen. In der deutschen Synchronisation ist mir allerdings auch aufgefallen das der von Anton Lesser gespielte Major Partagaz die selbe Synchronstimme hat wie Tarkin in den meisten Animationsserien. Dies hat für einen kurzen Moment zur Verwirrung geführt, da sich die Schauspieler Peter Cushing und Anton Lesser gerade auch von Frisur und Kopfform zumindest in den Grundzügen ähneln.

  2. Ich kann die Meinung des Rezensenten nur zu hundert Prozent teilen. Die Serie ist eine wahre Freude für mich, fast jede Szene ist unglaublich reichhaltig und hat einen hohen Schauwert. Beim inszenierten Gespräch zwischen Luthen und Mon habe ich Tränen gelacht. Von all den Anspielungen fand ich den Kristall Luthens am besten, der eine Erinnerung an den Widerstand gegen die Rakata darstellen soll – netter Verweis auf die Legends.

    Man muss aber auch sagen, dass sich in dieser Folge einige sehr konventionelle Handlungsverläufe andeuten: Das noch nicht eingespielte Team, das den unmöglichen Coup schaffen muss, der vom Imperium besetzte und mit Gewalt umgekrempelte Planet… ich hoffe, auch die nächsten Folgen enthalten genug Innovatives und Kreatives. Das Potential dazu haben vor allem die Handlungsstränge mit Karn und Mon.

Schreibe einen Kommentar