So langsam beginnen nun die geladenen, aber auch die ungebetenen Gäste auf der extrem exklusiven Party der Crimson Dawn zu erscheinen und sich in Stellung für das zu bringen, was da jetzt kommen mag. Allen voran natürlich Doctor Aphra und Sana Starros, aber auch Boba Fett ist nicht fern.
Die ganz Geschichte wird dabei, wie bei einem Crossover üblich, aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, die sich aber in Kernszenen überlappen. Der besondere Reiz, aber auch eine gewisse Problematik für die Lesereihenfolge ergibt sich daraus, dass anders als sonst nicht ein Erzählfluss alle Personen gleichermaßen einführt und abdeckt, sondern jedes Heft nur die Erlebnisse einer Person wiedergibt, was zu gewissen Brüchen und unvermittelten Überschneidungen führen kann. Da uns noch nicht alle Hefte vorliegen, kann die Empfehlung der Lesereihenfolge nur provisorisch sein. Diesmal würden wir empfehlen Doctor Aphra #12 vor War of the Bounty Hunters #2 zu lesen, um gewisse Spoiler zu vermeiden und allzu unvermittelte Auftritte zumindest zu minimieren.
Wie üblich bei den Beiträgen zum Marvel-Mittwoch enthalten die Rezensionen und ggf. auch die Leser-Kommentare Spoiler.
Doctor Aphra #12 – rezensiert von Matthias
Der Inhalt
Dr. Aphra und Sana Starros sind mittlerweile auf Jekara eingetroffen, wo sich an Bord der Vermillion, des Flaggschiffs von Crimson Dawn, eine illustre Gesellschaft aus dem Who-is-who der Verbrecherkartelle, inklusive Vertretern des Imperiums, zusammengefunden hat. Wie auf Partys üblich, verbringen die beiden die erste Zeit damit, abzuchecken, wer denn so alles da ist und wer mit wem spricht. Damit erfüllen sie nicht nur den Auftrag für Lady Domina, sondern sichern auch ihr Überleben, denn wie Sana zurecht feststellt, hat Aphra wohl jedem hier in der Vergangenheit einen Grund geliefert, sie sofort zu töten. Wie Aphra aber richtigerweise kontert, trifft dieser Umstand auf jeden in Bezug auf jeden anderen in diesem Raum ebenfalls zu, sodass davon auszugehen ist, dass sie in Sicherheit sind.
Natürlich kann Aphra in dieser trügerischen Sicherheit nicht widerstehen, sich unter Inkaufnahme eines beträchtlichen Entdeckungsrisikos an der besonders verlockenden Halskette von Xet von der Schwarzen Sonne zu versuchen. Diese Halskette ist aber weniger wegen ihrer Edelsteine von Interesse, als vielmehr wegen der Datenkristalle, die in sie verbaut sind. Daher versucht Aphra auch nicht, die Kette zu stehlen, sondern die Datenkristalle zu hacken, was ihr zumindest soweit gelingt, dass sie jetzt Xet überwachen können. Xet hingegen hat Aphra wiedererkannt, hat sie aber, getäuscht durch die „geborgte“ Kleidung, fälschlicherweise den Waffenschmugglern rund um Ebann Drake zugeordnet.
Dieser Erfolg verleitet Aphra dazu, gerade mal wieder zu betonen, dass sie keiner hier erkannt habe, als plötzlich ein Fremder an sie herantritt, sie direkt bei vollem Namen nennt und ihr damit droht, sie auffliegen zu lassen, so sie ihm nicht hilft. Sie soll auf sein Zeichen hin ein Ablenkungsmanöver starten. Noch ehe sich Aphra und Sana von ihrer Entdeckung und Nötigung zur Mitarbeit im Plan eines anderen richtig erholen und über die weiteren Konsequenzen dessen klar werden konnten, beginnt der Hauptteil der Veranstaltung, die Versteigerung von Han Solo durch Qi’ra höchstselbst.
Währenddessen waren aber auch die ebenfalls anwesenden Lucky und Ariole Yu nicht untätig und haben ihre Zielperson, ihren alten Meister, schon identifiziert. Als sich dieser bei Beginn der Versteigerung aus dem Hauptraum entfernt, setzen sie ihm nach. Allerdings ist ihr Opfer nicht so überrascht wie erhofft. Im Gegenteil: Er hat die beiden in einen entlegenen Backstage-Bereich gelockt und stellt sie dort zum Kampf. Und während im Hauptraum die Versteigerung unerwartet dynamisch voranschreitet, müssen die beiden nach einem kurzen, sehr einseitigen Kampf eine herbe Niederlage aus der Hand ihres ehemaligen Ausbilders hinnehmen.
Aber auch für Aphra beginnen die Dinge plötzlich eine unerwünschte Wendung zu nehmen, denn zeitgleich mit der Erteilung des Zuschlags für die Versteigerung und des Signals des Fremden, ihr Ablenkungsmanöver zu starten, betritt Vader die Bühne und fordert Solo für sich. In Aphra kommen in seiner Anwesenheit ihre größten Ängste und Alpträume aus der Vergangenheit hoch, bis sie schließlich von Atemnot geplagt zu Boden stürzt und so eine Menge ungewollter Aufmerksamkeit, einschließlich der von Lord Vader, auf sich zieht.
Die Umsetzung
Wie immer, wenn es in einem Crossover an eine der zentralen Szenen geht, in der sich alle Hefte überlappen, sind die inhaltlichen und visuellen Eckpfeiler durch die Gesamtgeschichte vordefiniert und jede für andere relevante Handlung über die unterschiedlichen Hefte eng koordiniert, damit jede Figur in jedem Heft das Gleiche tut und sagt. Dies schränkt natürlich die Freiheiten von Alyssa Wong etwas ein, aber ich finde, sie hat diese Herausforderungen sehr gut gemeistert. Trotz des erzählerischen Korsetts der Story kommen alle Figuren so rüber, wie sie in dieser Reihe angelegt sind. Verhalten und Dialoge sind so, wie wir es seit Beginn der Reihe von ihr gewohnt sind. Der Einbau neuer, aber auch legendärer Gestalten, diesmal vornehmlich aus der Unterwelt des Star Wars-Universums, setzt sich natürlich auch hier fort.
Auch das künstlerische Team der Reihe stand vor der ähnlichen Herausforderung, die gemeinsamen Vorgaben bezüglich der Erscheinung von Figuren, Räumen und Landschaften so umzusetzen, dass es über alle Hefte stimmt, aber die künstlerische Eigenständigkeit der jeweiligen Reihe nicht völlig ignoriert wird. Minkyu Jung, Victor Olazaba und Rachelle Rosenberg haben dies sehr gut umgesetzt. Besonders die großen Innenszenen und wichtigen Figuren sind sehr gut und detailliert gelungen. Auch das Spiel aus Farben und Schattierungen funktioniert in der Tiefe des Innenraums diesmal besonders gut.
Das Fazit
Ich tue mich diesmal etwas schwer damit, das Einzelheft als solches zu bewerten, denn die ganze Geschichte ist sehr dicht mit den anderen Heften verwoben. Das Heft funktioniert sehr gut im Crossover, aber auch allein. Die Illustrationen sind wie immer sehr gut. Da Aphra scheinbar eine besondere Wichtigkeit in diesem Crossover zugedacht ist, ist das Heft als essenziell anzusehen und sollte von jedem gelesen werden.
War of the Bounty Hunters #2 – rezensiert von Lukas
Wie Sie wünschen.
Boba Fett, Star Wars Episode V: Das Imperium schlägt zurück
Inhalt
Das zweite Heft der Event-Miniserie setzt das erste recht nahtlos fort und führt erstmals ein paar der Handlungsstränge aus den anderen Reihen und deren Protagonisten zusammen.
Wie schon von Matthias angedeutet, spielt die gesamte Handlung parallel zum ebenfalls heute erschienenen und oben von ihm rezensierten Heft Doctor Aphra #12 und überschneidet sich mit dieser in Figuren, Konstellationen, Orten und teilweise kompletten Dialogen, die identisch sind. Wir setzen hier allerdings zeitlich etwas früher auf der Party von Crimson Dawn ein. Doch der Fokus wird in dieser Ausgabe etwas anders gelegt. Zu Beginn wird dem Leser nach der Vorstellung von Gastgeberin Qi’ra auf einer schönen Doppelseite gezeigt, welche Parteien der Galaktischen Unterwelt auf der Veranstaltung vertreten sind; die Schwarze Sonne, die Pykes, das Imperium in Gestalt der Umbaranerin und die Hutten haben alle ihre eigenen Gründe, den Han Solo enthaltenden Karbonitblock zu ersteigern. Bokku der Hutte ist sich hingegen zu schade für die Zusammenkunft. Als er und andere Mitglieder der Huttenfamilien gehen wollen, bleiben sie nur auf Jabbas Anweisung hin.
Währenddessen versucht der ebenfalls auf Jekara gelandete Boba Fett, zur Party auf die Vermillion zu kommen, um den ihm entwendeten Schmuggler zurückzuerhalten. Ohne eine der im letzten Heft großzügig versendeten Einladungen kommt er jedoch nicht dorthin, weswegen er von zu spät erschienenen Gästen eine Einladung und deren Roben verlangt, die perfekt dazu geeignet sind, unauffällig auf einer Party zu erscheinen. Doch was wäre ein War of the Bounty Hunters-Heft ohne einen Kampf zwischen zwei Kopfgeldjägern? Natürlich nichts, und so überwältigt dieses Mal Bossk unseren mandalorianischen Menschenjäger, nur, um wieder schnell von diesem durch das Wegsprengen seiner (bei Trandoshanern immerhin nachwachsenden) Beine vorerst aus dem Spiel genommen zu werden. Trotz ihrer gemeinsamen Vergangenheit, die bis in die Klonkriege zurückreicht, lässt Boba Bossk gefesselt in der Kälte Jekaras zurück.
Es folgt die erste Szene, die so 1:1 auch in Doctor Aphra #12 gezeigt wird, in der der nun vermummte Boba Fett, den aufmerksame Leser durch seine Identität als Klon schon im Aphra-Heft erkannt haben dürften, auf die Doktorin und Sana Starros trifft und mit ihnen ein Zeichen und die Ablenkung bespricht. Schließlich eröffnet Qi’ra mit der Auktion um Han die nächste Phase der Party, zwar um einige Sätze von ihr und den Bietern erweitert, aber sonst im Wortlaut wieder identisch mit der Szene im Aphra-Heft. Sehr spannend, als die Umbaranerin ihre Sinne ausstreckt, um die anderen Gäste ihre Gebote einstellen zu lassen, damit der Rebellencaptain Solo in die Hände des Imperiums fällt. Zu dumm, dass Gedankentricks auf Hutten bekannterweise keine Wirkung zeigen, weswegen nur noch aus deren Richtung immer höher geboten wird. Währenddessen schlüpft Boba außerhalb der Party in seine hereingeschmuggelte Rüstung und ich musste laut auflachen, als Jabba 200.000 Credits bietet und Boba trocken feststellt, dass das mehr sei, als er ihm für Han bezahlt hätte. Abgesehen davon, dass Jabba Boba schon mehr bezahlt hätte, als Han ihm ursprünglich überhaupt an Fracht geschuldet hat…
Das finale Gebot von gigantischen 1.000.000 Credits stammt schließlich auch von Jabba und Boba will sich gerade auf den Weg machen, den ihm zustehenden Han zurückzugewinnen, als er weiteren Party-Crashern begegnet; Leia, Chewbacca und Lando sind nach den Ereignissen aus Star Wars #14 ebenfalls angekommen, mit demselben Ziel wie Boba Fett. Luke steht mit Leia in Funkkontakt und fordert sie auf, auf ihn zu warten, jedoch macht das unerwartete Zusammentreffen mit Fett alles nur komplizierter. Das Heft findet sein Ende auf dieselbe Weise und an derselben Stelle, wie Doctor Aphra #12, als Darth Vader auftaucht, die Party für beendet erklärt und Solo für sich beansprucht.
Nach dem flotten und zwischen Handlungsorten und Figuren wechselnden ersten Heft des Events schaltet dieses einen Gang runter. Autor Charles Soule verlangsamt das Erzähltempo deutlich, um ein Gefühl für die Auktion und deren Teilnehmer zu geben, und durchzuatmen, bevor es im nächsten Heft vermutlich wieder zur Sache gehen und all die auf der Party angesammelte Feindseligkeit explodieren dürfte. Dass sich das Heft zum Großteil mit dem zuerst von mir gelesenen Aphra-Heft deckt, gibt zwar eine schöne Übersichtlichkeit des Geschehens und sorgt dafür, dass man fast sekundengenau die unterschiedlichen Blickwinkel aus den Heften auf das Geschehen sychronisieren und vergleichen kann, jedoch gab es mir beim Lesen den kleinen Beigeschmack, dass es sich doppelt. Darunter leidet das Lesevergnügen allerdings nur leicht. Auch die manchmal sehr kleinen, manchmal längeren ergänzten Passagen („Just shoot the bastard“ – herrlich) machen Spaß bei der unmittelbaren Neuentdeckung der bekannten Situation. Ich bin gespannt darauf, wie sehr sich dieses Stilmittel durch den Rest des Events und seine Tie-Ins ziehen wird.
Zeichnungen
Wie schon bei der #1 stammen die Zeichnungen von Luke Ross und die Farben von Neeraj Menon. Obwohl die Kolorierung auch hier wieder nicht Ross‘ Zeichnungen schmeichelt, fällt es mir hier weniger störend auf. Im Gegenteil, zur bunten Crimson-Dawn-Party passt es und sorgt für eine Atmosphäre, wie sie schon in Solo: A Star Wars Story beim dekadenten Treiben des Syndikats vorherrschte. Ansonsten ist die Bebilderung recht klassich gehalten, die Panels werden bei der Konfrontation der beiden Kopfgeldjäger größer und dynamischer, während sie sich bei der Versteigerung kastenförmig einordnen. Qi’ra ist auch stets zu erkennen, nur bei den Hutten muss man aufgrund der sehr ähnlich verwendeten Farben zweimal hinschauen, um sie zu unterscheiden.
Fazit
Nach dem großen Knall mit der Enthüllung im ersten Heft macht die #2 eine kleine Pause und senkt das Erzähltempo, um die ersten Hauptfiguren aufeinandertreffen zu lassen und sich für die kommenden Hefte bereit zu machen. Nur eine kleine Actionszene unterbricht das Treiben. Mit Darth Vaders Auftauchen und der langsamen Vorstellung der einzelnen Parteien in diesem Raum wird klargemacht, dass hier die Großen und Mächtigen der Galaxis versammelt sind und dass alle bereit sind, gegen jeden zu sein. Im Gesamtkontext des Events könnte sich das noch nach oben ändern, aber als Einzelheft und im Doppelpack mit der schon viele Erzählpunkte abdeckenden Ausgabe von Doctor Aphra kommt das Heft für mich auf 3 Holocrons.
Nächste Woche haben dann Darth Vader mit Heft #14 der regulären Reihe und Jabba the Hutt in einem One-Shot Special ihren Auftritt.
Wir bedanken uns bei Marvel für die digitale Vorab-Ausgaben, ohne die unser Marvel-Mittwoch nicht möglich wäre.