Rezension: Age of Rebellion: Schurken

Nachdem die Helden der Ära der Rebellion mich nicht so ganz überzeugen konnten, möchte ich heute natürlich auch der Gegenseite eine Chance geben. Der Sammelband Age of Rebellion: Schurken erschien am 17. November 2020 bei Panini¹ und enthält fünf Geschichten zu den Figuren Tarkin, Boba Fett, Jabba the Hutt, Darth Vader und IG-88.

Hauptverantwortlicher Autor ist, wie auch schon beim Helden-Band Greg Pak. Lediglich die Geschichte zu IG-88 stammt aus der Feder von Simon Spurrier. Für die Zeichnungen des Tarkin- und Boba-Fett-Comics war Marc Laming verantwortlich, für die Farben Neeraj Menon, welcher bei Tarkin noch Unterstützung von Jordan Boyd bekam. Beim Comic über Jabba arbeiteten Emilio Laiso, Roland Boschi, Marco Turini (Zeichnungen), Andres Mossa, Rachelle Rosenberg und Neeraj Menon (Farben) zusammen. An Darth Vaders Geschichte arbeiteten Zeichner Ramón Bachs und Kolorist Stéphane Paitreau. Und für IG-88 arbeiteten schließlich Caspaar Wijngaard (Zeichnungen) und Lee Loughridge zusammen.

Den Sammelband gibt es wie immer in zwei Ausgaben: Das Softcover, gestaltet von Tommy Lee Edwards, ist überall im Handel, u.a. auch bei Amazon¹ erhältlich. Das Hardcover, illustriert von Gerald Parel, ist auf 333 Exemplare limitiert und nur im Comic-Fachhandel oder direkt bei Panini¹ erhältlich.

Großmoff Tarkin in „Mit Zähnen und Klauen“

Mit dem Comic zu Großmoff Tarkin startet der Band gleich mit einem Highlight. Wir erleben Tarkin dabei, wie er nach einer Simulation der Zerstörung eines Planeten durch den Todesstern Kanoniere zur Schnecke macht, die auch nur zögern, diesen Befehl auszuführen. Dazu bekommen wir Rückblicke in Tarkins von sozialdarwinistischer Erziehung geprägter Kindheit auf Eriadu, die uns zeigen, wie Tarkin zu so einem brutalen und kalten Befehlshaber werden konnte.

Beim Lesen des Comics konnte ich die beklemmende Stimmung und die Atmosphäre der Angst auf dem Todesstern richtig spüren und nachvollziehen, wie gruselig es sein muss, Tarkin als Vorgesetzten zu haben, der einen bis in die Gedanken hinein überwachen und manipulieren will. Da reicht es nicht einmal, dass die Offiziere ihre Pflicht tun, sondern es darf keinen Moment des Zögerns geben. Noch gruseliger ist nur der kurze Einblick in Tarkins Gedanken, der uns verrät, was er mit einem solchen Offizier gerne machen würde, wenn die Fesseln der Zivilisation ihn nicht daran hindern würden! Dazu passen auch die wunderbaren Illustrationen mit ihren kalten Farben. Auch die Rückblicke in Tarkins Kindheit waren angemessen brutal und passen gut zu dem, was wir im Roman Tarkin schon über den jungen Wilhuff erfahren dürften.

Boba Fett in „Herz des Jägers“

Im zweiten Comic begleiten wir Boba Fett dabei, wie er sich auf die Jagd nach einem anderen Kopfgeldjäger namens Zingo begibt. Weil dieser gegen die Regeln der Gilde verstoßen und andere Kopfgeldjäger getötet hat, wurden 100.000 Credits auf seinen Kopf ausgesetzt, die Boba Fett natürlich einstreichen muss.

Boba Fett wird hier, wie so oft, als schweigsamer Einzelgänger inszeniert. Sein Gegenspieler Zingo redet sich den Mund fusselig, aber von Boba kommt nur eiskaltes Schweigen. Ich persönlich bin kein großer Boba-Fan und finde es immer interessanter, wenn man mehr hinter die Fassade einer Figur blicken kann, weshalb mich die Story jetzt weniger gepackt hat. Fans des Kopfgeldjägers kommen hier aber sicher auf ihre Kosten. Dazu tragen auch die fantastischen Zeichnungen von Marc Laming einen großen Teil bei, denn dieser weiß genau, wie er Boba cool in Szene setzen kann. Der Comic wirkt dabei mit seinen dynamischen Actionszenen, ausdrucksstarken Farben und bewusst gewählten Bildausschnitten und Perspektiven beinahe filmisch. Tolle Schauwerte liefern auch Bobas seltsames Reittier oder die Bar mit ihren Hologrammen, die sich in Bobas Helm widerspiegeln. Zeichnerisch ist dieser Comic auf jeden Fall spitze.

Jabba der Hutt in „Herrlich, Jabba zu sein“

In dieser Geschichte dreht sich alles um ein Getränk namens „Tuskenwind“, das extrem teuer ist und nur von Tusken hergestellt wird. Zwei Glücksritter, die auf die steigenden Preise des Luxusgetränks spekulieren, wollen auch in den Handel mit einsteigen und statten Jabba einen Besuch ab. Doch dieser hat seine eigenen Pläne mit dem Getränk: Er will mit dessen Hilfe andere Interessenten gegeneinander ausspielen.

Die Handlung des Comics ist ziemlich seltsam und kommt meiner Meinung nach nie so richtig in Fahrt. Dafür, dass es in dem Comic um Jabba gehen soll, kommt der Hutt auch erstaunlich wenig vor, sondern agiert die meiste Zeit über nur als unsichtbarer Strippenzieher hinter den Kulissen. Bei den Zeichnungen fällt auf, dass hier mehrere Zeichner und Koloristen mit teils gegensätzlichen Stilen am Werk waren. Zwar findet der Personalwechsel an einer sinnvollen Stelle statt, an der sich auch der Handlungsort ändert. Dennoch ist es seltsam, wenn in den Szenen in Jabbas Palast die Panels in einer „dreckigen“ Stil gestaltet sind, als ob überall Staub und Sand herumfliegt (was für Tatooine gar nicht so unpassend ist), und dann auf der nächsten Seite bei den Jawas die Farbverläufe klinisch sauber und perfekt sind. Nach dem nächsten Zeichnerwechsel sehen die Figuren, die vorher deutlich gezeichnet waren, dann sogar eher skizzenhaft aus. Mich persönlich wirft so etwas immer aus der Geschichte. Jabba selbst sieht auch meist etwas leblos aus und konnte mich nicht sonderlich überzeugen.

Darth Vader in „Aufs Wort“

Natürlich darf in einem Schurken-Comicband auch auf keinen Fall Darth Vader fehlen. Dieser wird in diesem Comic auf eine harte Probe gestellt. Nachdem Vader Befehle von Gouverneur Ahr missachtet hat und deshalb eine Ladung Coaxium in die Luft flog, bestimmt der Imperator, dass Vader dem Gouverneur künftig aufs Wort gehorchen soll. Ahr nutzt das schamlos aus und lässt Vader in einer aussichtslosen Schlacht nach der anderen im Alleingang antreten. Bis Vader schließlich einen Befehl des Gouverneurs gegen ihn verwendet.

An sich ist die Idee der Geschichte nicht schlecht: Man sieht Vader hier nicht nur als bedrohlichen Kämpfer, der alles niedermacht, wie das sonst so oft der Fall ist, sondern als jemanden, der gedemütigt wird. Das weckt alte Erinnerung in Vader an seine Zeit als Sklave auf Tatooine und die Situation, als der Jedi-Rat ihn nicht als Meister einsetzen wollte. Diese sind wunderschön illustriert. Dagegen ist Gouverneur Ahr richtig schadenfroh, fies und unsympathisch gezeichnet, sodass es einem leicht fällt, sich hier auf die Seite von Vader zu schlagen. Allerdings finde ich die „Lektion“, die der Imperator Vader hier erteilt, ziemlich seltsam. Was soll Vader jetzt aus der Geschichte lernen? Dass man seinen Willen bekommt, wenn man haarspalterisch Paragraphen reitet und den Wortlaut eines Befehls auf die Goldwaage legt? – Ich dachte eigentlich immer, Vader wird zum Sith ausgebildet und nicht zum Juristen…

IG-88 in „Das lange Spiel“

Zu guter Letzt tritt noch der Attentäter-Droide IG-88 ins Rampenlicht. Wir begleiten ihn auf einer besonderen Mission, bei der er seine Gegner überlistet.

Die Zielgruppe dieses Comics sind wahrscheinlich Leute, die als Kind IG-88 als Actionfigur hatten, mit ihm gespielt haben und ihn cool fanden. Für mich jedenfalls gibt es kaum eine Figur in Star Wars, zu der ich weniger Bezug hätte. Dazu ist die erzählte Geschichte auch noch ziemlich langweilig. IG-88 spricht nur wenig, die Zusammenhänge werden uns in Form von Erzähltext vermittelt. Dabei wendet der Comic ein Stilmittel an, das häufiger verwendet wird, um Bösewichte in Comics als cool und gefährlich zu präsentieren (auch im Grievous-Comic in Age of Republic: Schurken kam es in etwas abgewandelter Form vor). Ich nenne dieses Stilmittel mal den „überheblichen Erzählertext“. Es funktioniert so, dass uns in den Erzähltext-Boxen ununterbrochen auf die Nase gebunden wird, wie super, gefährlich und unbesiegbar der Bösewicht doch ist. Beispielsweise wird über IG-88 gesagt „Man kann ihn nicht mit normalen Maßstäben messen“ oder „Es gibt nur eine Wahrheit über IG-88, die wirklich zählt, und das ist etwas, was ein Organischer nicht verstehen könnte: Er strebt nach Perfektion.“ Im Prinzip ist ein Bösewicht, der auf diese Art und Weise präsentiert wird, nichts anderes als eine böse Mary Sue und aus diesem Grund nerven mich diese Art von Comics auch immer unglaublich. Was soll das für eine Geschichte sein, in der mir nur erzählt wird, dass der Protagonist perfekt ist und er keine echten Probleme oder Herausforderungen zu lösen hat? Für mich hat das keinerlei Mehrwert. Die Zeichnungen sind in Ordnung, stechen aber auch nicht so sehr hervor, dass ich dieser überflüssigen Geschichte noch etwas abgewinnen könnte.

Fazit

Insgesamt bewegt sich dieser Sammelband auf einem ähnlichen Niveau wie Age of Republic: Helden. Die meisten Comics haben ihre Stärken und Schwächen. Negativ sticht der IG-88-Comic hervor. Allerdings hat der Schurken-Band mit der Tarkin-Geschichte einen erzählerisch extrem starken Comic und mit der Boba-Geschichte ein zeichnerisches Highlight. Insofern haben die Schurken gegenüber den Helden ein kleines bisschen die Nase vorn. Dennoch reicht es am Ende nur für drei Holocrons. Die Age of Republic-Comics, die ich beide mit vier Holocrons bewertet hatte, waren insgesamt einfach überzeugender.

Der Rezensent vergibt 3 von 5 Holocrons!
Bewertung: 3 von 5 Holocrons

Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!

Schreibe einen Kommentar