Rezension: Star Wars Anthologie: Luke Skywalker

Ziemlich genau fünf Jahre ist es her, dass die erste Ausgabe von Skywalker Strikes im Januar 2015 bei Marvel erschienen ist. Daraufhin folgten viele weitere Abenteuer von Luke Skywalker, die auch alle früher oder später beim Panini-Verlag in der deutschen Übersetzung erschienen sind. Mit der Anthologie erhalten wir nun ein Werk, dass auf diese vielen Abenteuer zurückblickt und uns scheinbar die Highlights aus fünf Jahren präsentieren möchte. Doch das gelingt nur bedingt.

Diese Anthologie Bände finde ich ziemlich sinnlos. Wer will das haben, so lückenhaft, wie das zusammengestellt ist?

Leser Norior unter der Wochenvorschau KW 04/2020

Passend zu diesem Zitat möchte ich mit einer kleinen Anekdote beginnen. Da ich selbst bisher eher weniger Comics im Star Wars-Universum konsumiert habe und erst seit unserem Marvel-Mittwoch auch am Ball bleibe, habe ich mich für diese Anthologie in der Hoffnung gemeldet, meine Versäumnisse aufholen zu können. Tatsächlich aber habe ich dieses Werk bereits im Dezember in einem Comic-Fachhandel gesehen und mir überlegt es zu kaufen, bis ich sah, dass die beinhalteten Reihen ja nur teilweise abgedruckt waren. So erhalten wir beispielsweise nur die ersten drei Teile von Skywalker schlägt zu!, bzw. nur den Mittelteil des Showdown auf dem Schmugglermond-Handlungsbogens. Demnach konnte ich die Skepsis, die im obigen Zitat zum Ausdruck kommt, auch vollkommen nachvollziehen, ja sogar teilen.

Jetzt habe ich mir die Anthologie komplett angesehen und muss meine Skepsis zumindest teilweise revidieren. Dazu sei gesagt, dass ich nicht den Vergleich zu den jeweiligen Komplettausgaben herstellen kann, sondern diese Anthologie wissentlich so bewerten werde, wie sie uns präsentiert wird, nämlich als eine Art „Best-of-Luke“ der vergangenen fünf Jahre.

Der Inhalt

Der Anfang, bestehend aus den ersten drei Ausgaben von Skywalker schlägt zu!, den mittleren drei Ausgaben von Showdown auf dem Schmugglermond und den letzten beiden Ausgaben von Der letzte Flug der Harbringer, hat mich zunächst sehr positiv überrascht. So erleben wir im ersten (verkürzten) Handlungsbogen zumindest die komplette Geschichte rund um die Infiltration einer imperialen Waffenfabrik mit und erleben das tolle Aufeinandertreffen von Luke und Darth Vader mit dem legendären Hinweis, dass dieser schon viele Väter getötet hat und Luke doch spezifischer sein müsse. Danach werden wir direkt in die Handlung auf Nar Shaddaa, und damit dem zweiten Handlungsstrang, hineingeworfen, der sich rund um den Hutten Grakkus und den vermeintlichen Spielmeister aufbaut und Luke vor die Aufgabe stellt, sich mit der Macht auseinander zu setzen. Auch hier ist mir ein Moment besonders positiv im Gedächtnis geblieben, in welchem Luke mit der Macht alle Holocrons in Grakkus‘ Archiv öffnet. Auch diese Auseinandersetzung beginnt und endet schlüssig mit der Rettung durch Lukes Freunde, und spart große Teile der Geschichte rund um Hans vermeintliche Ehefrau durch die Verkürzung aus. Dies ist absolut gerechtfertigt, da wir es ja explizit mit einer Anthologie über Luke Skywalker zu tun haben. An manchen Stellen hätte ich sogar noch mehr auf andere Figuren verzichten können, sofern sie nicht mit seinen Abenteuern zusammenhängen. Der am Ende dieses Handlungsbogens auftretende Sergeant Kreel trifft dann im folgenden Teil rund um die Harbinger wieder auf unsere Truppe und liefert sich erneut einen Kampf mit Luke. Auch hier hat mich die Aussparung der Story rund um die Eroberung des Sternzerstörers und den Sinn der Mission eigentlich positiv überrascht, da so die Figuren aus dem vorherigen Handlungsstrang wieder schnell aufeinander treffen konnten. Dieses Triumvirat aus selektiven Teilen der Comic-Reihen hat mir also sehr gut gefallen und war auch zu jedem Zeitpunkt übersichtlich, zumindest wenn es um die Geschichte von Luke geht, die ja auch im Zentrum stehen soll.

Danach baut die Anthologie aber leider sehr ab. Natürlich ist die Zeitspanne zwischen den Episoden V und VI, bzw. nach Episode VI, noch nicht wirklich detailgetreu ausstaffiert worden wie es zwischen IV und V der Fall war. Aber trotzdem liefern die folgenden Ausgaben kein sonderlich kohärentes oder sinnvolles Bild wie es eigentlich wünschenswert gewesen wäre. Dabei kann sich der Verlag nicht einmal vollständig auf die Ausrede fehlender Auswahl berufen.

Da haben wir zum einen die erste Ausgabe von Eine Allianz auf Zeit, die nur das Aufeinandertreffen von Aphra und Luke beinhaltet, sowie die Audienz bei einer seltsamen Königin, die danach beginnt, rote Partikel zu schlucken. Das war alles, bis wir im Lauftext der nachfolgenden Geschichte erfahren, dass Parasiten den ganzen Planeten bedroht haben und Luke und Leia gerade so entkommen konnten. In dieser Teilgeschichte – In den Weiten der Galaxis #1 – stranden die beiden dann nämlich in Robinson Crusoe-Manier auf einer einsamen Insel und sinnieren über den Zustand der Galaxis, den Verlust ihrer Heimat und die Folgen ihrer Handlungen. Auch wenn man hier erneut sagen kann, dass dieses Kapitel wenig zu Lukes Entwicklung beiträgt, so hat mir die Idee auf einer einsamen Insel gestrandet zu sein, sehr gut gefallen. Es gibt dem Erzähltempo der sonst sehr komprimierten und beschleunigten Anthologie etwas Luft zum Atmen. Diese Geschichte endet auch als Teilstück sinnvoll, da sie am Ende von Ausgabe eins den Planeten wieder verlassen.

Diese beiden Beispiele sind zwar noch zwischen Episode IV und V angesiedelt, leiden aber auch unter dem Gefühl, wenig miteinander zu tun zu haben, wobei der Fokus des Aphra-Beitrags meiner Meinung nach komplett falsch gesetzt wurde. Deshalb ist dieser Teil auch der schwächste der Anthologie. Doch die beiden letzten Teile machen – obwohl sie beide komplett enthalten sind – auch keinen wirklich guten Job.

So begleiten wir Luke zunächst auf seiner Age of Rebellion-Reise, die bekanntlich nach Episode V spielt, hier (Im Ablauf der Anthologie) aber vor Die Stürme von Crait gesetzt wurde. Das hat den bisher so chronologischen Aufbau der Anthologie etwas zerstört. Inhaltlich konnte mich die Age of Rebellion-Geschichte jedoch überzeugen und der Fakt, dass in der Anthologie damit die deutsche Erstveröffentlichung von Flucht oder Kampf? zu finden ist, macht das ganze noch etwas positiver und beinahe exklusiv. Die reguläre Veröffentlichung in Deutschland erfolgt dann in Star Wars #58 am 20. Mai 2020.
Die Stürme von Crait wiederum ist für mich zusammen mit dem Aphra-Ausflug der schwächte Teil der Anthologie. Zunächst verstehe ich nicht ganz wie Kreel nun wieder zwei Arme haben kann, obwohl er seinen linken Arm in Der letzte Flug der Harbringer verloren hatte und wieso Luke so distanziert mit ihm umging, als ob diese sich gar nicht kennen würden. Das ist zwar eher ein inhaltliches Problem, als eines der Anthologie, aber für mich zerstörte diese eher seltsame Konfrontation etwas das kohärente Bild aus den präsentierten ersten drei (Teil-) Geschichten.

Zwischen den einzelnen Comics finden sich insgesamt drei kurze Essays, die die Bedeutung von Luke herausstellen sollen. So erhalten wir von Marco Ricompensa (Der Held, der Mythos) eine Art Charakterstudie zu Luke Skywalker und eine Analyse seiner Rolle als „moderner Mythos“. In Eine sagenhafte Galaxis blickt Amy Ratcliffe auf die Geschichte der Marvel Star Wars-Comics zurück und in Der Geist von 1977 geht Simon Hugo auf Spurensuche und ergründet die Faszination der Leichtigkeit von Star Wars nach Jahren politischer und militärischer Angespanntheit in den USA. Alle drei Essays haben mir extrem gut gefallen und werfen einen spannenden Blick, nicht nur auf die Figur Luke im Speziellen, sondern auch auf den Zauber von Star Wars im Allgemeinen!

Was bei der Anthologie klar im Vordergrund stand, war die Darstellung von Lukes Weg und seiner Verbindung zur Macht. Das ist – wie teilweise oben schon erwähnt – insgesamt recht gut gelungen, wirkte aber gerade in der zweiten Hälfte der Anthologie (auch durch die plötzlich fehlende Chronologie) etwas weniger nachvollziehbar und stimmig.

Was ich zuletzt noch loben möchte, ist, dass die Anthologie auf mattem Papier gedruckt wurde und man dadurch keine Glanzeffekte auf den Seiten hat. Außerdem ist die Bindung trotz der vielen Seiten so gelungen, dass man auch in der Mitte des Buches jedes Panel und jede Sprechblase noch angenehm lesen kann und nichts „verschluckt“ wird.

Wenn ihr mehr zu den jeweils enthaltenen Ausgaben erfahren wollt, könnt ihr im Folgenden alle Rezensionen zu diesen finden, die wir bisher veröffentlicht haben:

Fazit

Man hat definitiv versucht, einen möglichst umfassenden Blick auf Luke Skywalker zu geben und dabei in Teilen sogar wirklich gute Arbeit geleistet. Trotzdem wirkt die Anthologie gerade in der zweiten Hälfte etwas unbeholfen und leidet definitiv an einer bisher fehlenden, umfassenden Comic-Auswahl jenseits von Episode V. Doch auch so hat man es nicht geschafft, innerhalb der ausgewählten Beiträge für die Anthologie eine gewisse Chronologie zu bewahren, die sich durch diese hindurchzieht (beispielsweise hätte man die Die Stürme von Crait weiter vorne platzieren müssen und nicht nach Lukes Ausflug in die Gefilde kurz vor Episode VI). Alles in allem finde ich, dass sich die Anthologie für Personen wie mich – die bisher wenige der beinhalteten Comics gelesen haben – durchaus lohnt. Doch für all jene, die sich ein wirkliches Best-of oder eine zusammenhängende, auf Luke reduzierte Version der bisherigen Comics wünschen, wird diese Anthologie nur durch ihre schöne Aufmachung einen Kauf wert sein.

Der Rezensent vergibt 3 von 5 Holocrons!
Bewertung: 3 von 5 Holocrons

Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

2 Kommentare

  1. Dann will ich als kritischer Leser auch mal meinen Senf dazugeben 😉

    Ich bleibe bei meiner Meinung. Diese kurzen Essays scheinen ja ganz nett zu sein, sind aber ein hoher Preis, da dafür ja viele Einzelcomics der angerissenen Reihen fehlen.
    Alternativ könnte man sich die Anthologie zusätzlich zu den kompletten Reihen kaufen, was nur für drei kurze Essays aber auch fraglich ist. Und für Neueinsteiger sieht das, wie du ja auch geschrieben hast, auch nur auf dem ersten Blick gut aus, da viel Material fehlt.

    Also ist dieser Band eigentlich nur etwas für Luke Skywalker Fans, die keinen Wert auf Vollständigkeit legen und für Hardcore Komplettisten.
    Auch wenn ich mich selbst als Komplettisten (auf die Geschichten bezogen) zähle, wären mir die drei kurzen Essays als einziger Mehrwert zu dem, was ich schon habe, zu wenig.

    1. Mal ganz abgesehen davon, dass zumindest manche dieser Essays hier keineswegs exklusiv veröffentlicht wurden. Zumindest der von Amy Ratcliffe dürfte der aus der Age of Rebellion-Reihe sein und somit auch in der Heftreihe erscheinen. Die anderen beiden klingen für mich stark nach Texten aus der Comic-Kollektion, aber als Verweigerer jener Reihe kann ich das nicht bestätigen.

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