Als wir Fans erfuhren, dass Captain Phasma in Die letzten Jedi nach ihrem vermeintlichen Ende in Das Erwachen der Macht wieder dabei sein würde, stellte sich für viele die Frage: Wie hat Phasma die Zerstörung der Starkiller-Basis überlebt? Und wie konnte sie damit durchkommen, dass sie die Erste Ordnung verraten und die Schilde der Basis einfach heruntergefahren hat? Genau diese Fragen beantwortet der Comic Captain Phasma, welcher bereits am 21. Mai 2018 bei Panini erschien. Der Comic, welcher im Original im Juli 2017 bei Marvel erschien und Teil der Journey to Star Wars: The Last Jedi war, wurde von Kelly Thompson geschrieben und von Marco Checchetto gezeichnet. Für die Farben war Andres Mossa verantwortlich und ins Deutsche übertragen wurde der Comic von Michael Nagula. Der Sammelband erschien sowohl als Softcover als auch als limitiertes Hardcover. Beide seht ihr unten abgebildet.
Der Comic zeigt uns, wie Phasma die digitalen Spuren ihres Verrats kurz vor der Zerstörung der Starkiller-Basis verwischt und das Herunterfahren der Schilde stattdessen einem gewissen Lieutenant Sol Rivas in die Schuhe schiebt. Diesen verfolgt sie anschließend – angeblich um den Verräter zur Strecke zu bringen, in Wahrheit jedoch um einen Zeugen aus dem Weg zu räumen, der ihre Version der Ereignisse auf der Starkiller-Basis in Zweifel ziehen könnte. Begleitet wird Phasma dabei von einer namenlosen TIE-Pilotin mit der Kennung TN-3465. Da Rivas auf dem Planeten Luprora notlanden muss, landen auch Phasma und ihre Pilotin dort und gewinnen das Vertrauen der lokalen Bevölkerung, die ihnen erzählt, Rivas sei bei einer mit ihnen verfeindeten Spezies gefangen. Nur mit Hilfe der Einheimischen kann Phasma Rivas finden und endgültig zum Schweigen bringen.
Der Comic erklärt leider nicht genauer, wie Phasma aus der Müllpresse entkommen konnte. Abgesehen davon ist die die Erklärung, die der Comic für Phasmas Rückkehr in Die letzten Jedi liefert, aber absolut gelungen und nachvollziehbar. Wer etwas enttäuscht davon war, wie leicht Phasma am Ende von Das Erwachen der Macht nachgegeben hat, der wird hier mit einer umso clevereren Intrige belohnt. Phasma wird uns hier als eine Frau präsentiert, die selbst in den gefährlichsten Situationen alles im Griff hat und vor keiner Gräueltat zurückschreckt, um ihren eigenen Hintern zu retten. Diese absolut egoistische Art Phasmas macht den Comic interessant und lesenswert, da es spannend ist, zu verfolgen, wie weit sie gehen wird.
Auch die Kombination von Phasma und der TIE-Pilotin ist eine gute Idee, denn die Pilotin bildet einen deutlichen Kontrast zur gewissenlosen Phasma. Sie verkörpert eher den Menschen mit einem normalen moralischen Kompass und stellt damit eine Brücke zum Leser her. Während man bei Phasmas Taten nur erschrocken-fasziniert zusehen kann, bietet die TIE-Pilotin Identifikationspotential, auch wenn man leider etwas wenig über sie erfährt. Ihre Persönlichkeit und ihre Hintergründe hätten gern noch weiter ausgebaut werden dürfen. Ebensowenig erfährt man leider auch über Phasmas Gegenspieler bzw. Opfer Sol Rivas. Die meiste Zeit taucht er nicht einmal auf, sondern ist nur Ziel der Suche Phasmas. Hier hätte es eindeutig mehr Potential bei den Figuren gegeben.
Ähnlich sieht es beim Worldbuilding aus. Die Lupr’or haben als Immigranten und Klimaflüchtlinge, die offenbar ihren ursprünglichen Planeten aufgrund von Umweltverschmutzung verlassen mussten, eine spannende Hintergrundgeschichte. Nur wird diese Hintergrundgeschichte einfach unmotiviert hingeworfen und es wird nichts Sinnvolles aufgebaut. Auch die Lupr’or, die wir kennenlernen, bleiben sehr blass und zu wenig plastisch, um mit ihnen mitzufühlen oder sich für ihr Schicksal zu interessieren. Schade eigentlich, denn der Comic wäre umso wirkungsvoller gewesen, wenn Phasma zwar das Schicksal dieser Leute egal ist, wir Leser aber daran brennend interessiert sind und es umso mehr wehtut, zu sehen, wie sie diese Leute ausnutzt. Die Feinde, die R’ora, bei denen Rivas gefangen ist, sind noch blasser als die Lupr’or. Hier habe ich noch nicht einmal richtig verstanden, ob es sich eigentlich um eine vernunftbegabte Spezies oder lediglich um Monster handeln soll. Das ziemlich faule Worldbuilding führt dann auch dazu, dass mir das Schicksal des Planeten Luprora und seiner Bewohner dann leider auch egal bleibt.
Positiv hervorheben möchte ich jedoch, wie gut der Comic in Kombination mit dem Roman Phasma von Delilah S. Dawson funktioniert, den ich bereits letztes Jahr rezensiert habe. Nicht nur wird hier ein kurzes Flashback zur Romanhandlung eingebaut, welche eine Romanszene aus Phasmas Kindheit zeigt. Es gibt darüber hinaus auch Anspielungen auf die Ähnlichkeiten zwischen dem Planeten Luprora aus dem Comic und Phasmas Heimatplaneten Parnassos, der im Roman vorgestellt wird. Außerdem ergänzen sich beide Werke sehr gut, was die Darstellung von Phasmas Charakter angeht. In beiden wird, anders als in den Filmen klar, dass Loyalität nicht zu ihren Stärken zählt, sondern Egoismus und ein unbedingter Überlebenswille ihre Persönlichkeit definieren. Deshalb würde ich auch durchaus empfehlen, Roman und Comic nacheinander zu lesen (die Reihenfolge ist dabei egal).
Die Zeichnungen von Marco Checchetto sind gut gelungen. Es mangelt nicht an coolen Posen und Actionsequenzen für Captain Phasma, die hier wirklich gut in Szene gesetzt ist. Gesichter gibt es in diesem Comic verhältnismäßig wenig zu sehen, da Phasma ja immer einen Helm trägt und über weite Strecken auch die TIE-Pilotin ihr Gesicht durch einen Helm verdeckt hat. Wenn es aber Gesichter zu sehen gibt, dann sind diese voll echter Emotionen gezeichnet. Die Farben sind mir persönlich über weite Strecken jedoch zu düster geraten. Auf dem Planeten scheint es ständig nur sehr bewölkt und verregnet zu sein. Kritisieren muss ich auch die Actionszene mit dem Monster unter Wasser. Hier konnte ich leider kaum erkennen, was eigentlich passiert, da die Zeichnungen beinahe monochrom sind und dazu eine Menge Luftblasen die Sicht behindern. Das wirkt zwar als Unterwasser-Sequenz sehr realistisch, aber erschwert es mir als Leser extrem, dem Kampf folgen zu können.
Insgesamt muss ich sagen, dass der Comic mit Phasmas Intrige gegen Rivas eine gute Handlungsidee hat, diese dann aber teilweise nicht konsequent genug umsetzt. Statt mit den Lupr’or ein liebloses und für die Handlung irrelevantes Worldbuilding zu betreiben, hätte man meiner Meinung nach lieber den Gegenspieler Sol Rivas sowie die TIE-Pilotin weiter ausbauen sollen. Pluspunkte gibt es aber für das sehr gut funktionierende Zusammenspiel mit dem Roman Phasma. Insgesamt komme ich so auf gute drei von fünf Holocrons mit Tendenz zu vier.
Wir danken Panini herzlich für das Rezensionsexemplar.
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