Rezension: Star Wars #109: Thrawn: Allianzen, Teil 1 & Obi-Wan Kenobi, Teil 5

Nicht sie sind es, die wir brechen müssen.

Darth Vader

Obwohl die Darth Vader-Reihe mal ein paar Hefte lang pausieren darf, müssen ihn die Fans des Dunklen Lords keineswegs in der übermorgen erscheinenden neuen Ausgabe Star Wars #109 missen. In beiden enthaltenen US-Heften spielt er nämlich eine sehr prominente Rolle, auch wenn er nicht mehr eine der Titelfiguren ist. Übrigens ist das Heft bei einem Coverpreis von 6,99 € um einen Euro teurer als gewöhnlich, weil beide enthaltenen US-Hefte mit jeweils 30 Seiten Überlänge eine Gesamtzahl von 60 reinen Comicseiten ergeben, zusätzlich noch die wie immer umfangreichen Redaktionsseiten. Beide Stories haben gemeinsam, dass es sich um keine originalen Comic-Geschichten, sondern um Adaptionen handelt, nämlich einer Serienfolge und eines Romans. Die fünfte Folge von Obi-Wan Kenobi ist gleichzeitig auch die vorletzte, genauso wie Phil Notos Cover der Kiosk-Ausgabe zur Serie, während auf dem Comicshop-Cover der letztes Jahr erstmals in Live-Action und nun auch in Comicform zurückkehrende Großadmiral Thrawn von Rod Reis in Szene gesetzt wurde. Kann der Start der vierteiligen Reihe frischen Wind in die zuletzt etwas enttäuschende Heftserie bringen?

Bevor wir uns dieser Frage widmen, ist noch zu sagen: Ich staunte ich nicht schlecht, als ich nach der Hälfte des Lesens feststellte, dass im neuen Heft die enthaltenen doppelseitigen Poster im A3-Format mit beiden Covern plötzlich wieder da sind. Warum Panini sie plötzlich wieder einführt, nachdem sie vor ungefähr einem Jahr zuletzt in Star Wars #95 enthalten waren – mir aber erst drei Ausgaben später überhaupt aufgefallen –, das weiß allein die Macht. Sollte sich jemand von euch seit 2015 die Wand damit vollständig zu tapezieren und es keine einmalige Sache zum XXL-Heft bleiben, kann man damit trotz der unschönen Lücke zwischen #95 und #109 jetzt immerhin fortfahren.

In dieser mit insgesamt 60(!) Comicseiten extrafetten Ausgabe des Star Wars Comicmagazins startet die brandneue Miniserie mit der Comic-Adaption des legendären Buches von Timothy Zahn um den größten – und gefährlichsten – Strategen des Galaktischen Imperiums: Großadmiral Thrawn! UND: die 5. Folge der Disney+-Top-Serie Obi-Wan-Kenobi als herrlich in Szene gesetzter Comic.

In beiden Heften ist Vader wesentlicher Bestandteil der Handlung und in beiden Heften gibt es auch Flashbacks zu seiner Zeit als Anakin. In Obi-Wan Kenobi, Teil 5 von Jody Houser wird genau wie in der Serienfolge der aktuelle Konflikt zwischen Kenobi und seinem ehemaligen Schüler auf Jabiim in einer Parallelmontage mit einem Trainingskampf aus Anakins Zeit als Padawan gleichgesetzt. Die für die Adaption unglücklich gewählte Panelstuktur kann diesen Vergleich leider nur unzureichend wiedergeben und so plätschert die Handlung ohne Höhepunkte vor sich hin und wird zum Ende hin mit der Flucht von Jabiim sogar für Kenner der Serienfolge unübersichtlich statt nachvollziehbar. Kaum wird mal versucht, Abwechslung zu schaffen und zum Beispiel ein Breitbild für einzelne Kampfszenen verwendet, wird sofort mit seltsamen Mini-Panels geantwortet, die kaum Informationen vermitteln und erst recht keine Größe für die gewählten Szenen aufkommen lassen können. Ein gutes Beispiel findet man bereits in der unteren Vorschau auf Seite 6.

Folge 5 war mit der Enthüllung von Revas Hintergrundgeschichte und dem Tod mehrerer wichtiger Nebenfiguren eine der Episoden, die am meisten versucht hat, auf die Tränendrüse zu drücken und seinem Publikum emotionale Reaktionen zu entlocken. Davon bleibt nach der Übertragung auf die Comicseiten leider wenig übrig. Das Gezeigte lässt selbst mit der Serie im Hinterkopf schrecklich kalt und es entsteht in keinem Moment eine Verbindung mit den eigentlich wohlbekannten, aber viel zu unecht dargestellten Figuren.

Dazu tragen auch Salvador Larrocas Zeichnungen bei. Zu ihnen gibt es wenig neues zu sagen und das, was es gibt, ist nicht positiv. Ähnlich wie in #107 passt sein Stil zwar hervorragend zu Darth Vader und sieht in Verbindung mit Guru-eFXs Kolorierung vor allem bei der glänzenden Rüstung einfach nur geil aus. Seine abgepausten Gesichter sind aber nach wie vor zwischen seltsam und gruselig zu verorten und wie er es geschafft hat, trotz der direkt übernommenen Screenshots Anakins Gesichtszüge in einigen Panels so zu verunstalten, dass man nicht mal den für die Szene eigentlich viel zu alten Hayden Christensen darunter erkennen kann, bleibt ein noch größeres Rätsel als die unerwartete Rückkehr der Poster.

Zur Lösung eines eigentlich noch größeren Rätsels schickt Imperator Palpatine im zweiten Teil des Hefts dann sieben Jahre später seinen Sith-Schüler auf eine Mission mit dem taktischen Genie und imperialen Großadmiral Thrawn. Als Fortsetzung der gelungenen sechsteiligen Adaption des Vorgängers, die in Star Wars #42 bis Star Wars #47 ebenfalls in der Heftreihe erschienen ist, bildet Thrawn: Allianzen, Teil 1 den Auftakt der aus nur noch vier Teilen bestehenden Comic-Adaption des gleichnamigen Romans. Auch hierfür war wieder die von Marvel gern für Adaptionen eingesetzte Autorin Jody Houser zuständig, wenn auch mit Unterstützung von Thrawn-Schöpfer und Romanautor Timothy Zahn. Das Potenzial ist im Vergleich zu den undankbaren Serienadaptionen, die ein funktionierendes und bereits visuelles Bewegtbild-Medium auf Comicseiten pressen müssen, dass der Roman in seinen Handlungssträngen freier gekürzt werden kann und man Schiffen, Orten und Spezies, die bisher nur als Beschreibung vorlagen, eine Optik spendieren kann. Der theoretische Mehrwert ist also deutlich höher und man kann den adaptierten Roman durch das Sehen auf eine ganz neue Weise erleben.

Als großer Thrawn-Fan habe ich die von Januar bis April auf Englisch erschienene Reihe bereits in unserem Marvel-Mittwoch besprochen und kann meine Kritikpunkte nach der erneuten Lektüre auf Deutsch nur wiederholen. Die Handlung des ohnehin komplizierten Romans ist stark zusammengestaucht und kann nur durch die Länge von 30 Seiten – die in den kommenden Kapiteln nur noch auf die herkömmlichen 20 Seiten begrenzt ist – einigermaßen verständlich erzählt werden, zumindest im direkten Vergleich mit der Serienadaption. Für eine bei Zahn typisch sehr verschachtelte Geschichte bleibt so sehr vieles auf der Strecke, was dem Verständnis helfen würde. Auch sind die Zeichnungen von Pat Olliffe und Andrea Di Vito weitgehend gelungen, sodass man Gesichter trotz Stilisierung sehr viel besser erkennt. Also ja, Anakin sieht hier zumindest auch aus, wie Anakin. Leider sind einige kleinere optische Kontinuitätsfehler entstanden: Anakin trägt sein The Clone Wars-Kostüme aus den ersten beiden Staffeln, obwohl die Handlung nach Ahsoka Tanos Verlassen des Jedi-Ordens, also viel später im Krieg angesiedelt ist und die Chimaera ist in ihrer Darstellung das falsche Sternzerstörer-Modell, wo sie von Luke Ross in seiner Adaption des ersten Bands noch mit den richtigen Details gezeichnet wurde.

Bei Matthias Wielands deutscher Übersetzung des Hefts fällt außerdem auf, dass im Vergleich zu Blanvalets Thrawn-Romanen, wo von der Chiss-Aszendenz die Rede ist, hier bei jeder Erwähnung Chiss-Ascendenz geschrieben steht. Hier wäre verlagsübergreifend wieder einmal etwas mehr Aufmerksamkeit für die bereits existierende Übersetzung und Schreibweise wünschenswert gewesen. Auf den Redaktionsseiten, die unter anderem etwas Hintergrund zu Thrawn und der Chimaera liefern, wird dann wieder Andreas Kasprzaks Schreibweise aus den Romanen benutzt, Aszendenz.

Durch mein Wissen um den weiteren Fortgang und schließlich das „Ende“ der Reihe fiel es von den Stärken und Schwächen der Comic-Version einmal abgesehen schwer sich auf die nochmalige Lektüre in der Heftserie einzulassen. Warum das so ist, möchte ich nutzen, um eine kleine und deutliche Warnung (!) an die deutsche Leserschaft auszusprechen: die Miniserie umfasst in ihren vier Ausgaben nämlich bei weitem nicht den kompletten Roman! Vielmehr endet die Reihe abrupt im letzten Drittel der Handlung, die damit unbeendet bleibt und jede einzelne offene Frage unbeantwortet lässt. Bis heute kann ich nicht nachvollziehen, was dann überhaupt die Existenzberechtigung dieser vier Comichefte ist, die Panini mit den kommenden beiden Heften dann komplett in der Reihe abgedruckt habt. Solltet ihr den Roman also nicht gelesen haben, werdet ihr nach den Comics nicht mehr darum herumkommen, wenn ihr jemals erfahren möchtet, wie die Suche nach der Erschütterung der Macht im Jetzt und die Machenschaften der Separatisten in den Unbekannten Regionen im Damals ausgehen werden. Eine vollkommen sinnbefreite Entscheidung von Marvels Redaktionsseite, die Reihe unter diesen Umständen dann überhaupt auf den Weg zu bringen, um ein günstiges Stück vom Kuchen des neu entfachten Thrawn-Hypes abzubekommen.

Fazit

Auf Jabiim nichts Neues, oder auch: Alles wie immer mit Obi-Wan Kenobi. Nach bereits fünf von sechs Ausgaben weiß man, dass man hier eine mittelmäßige Adaption mit schlechtem Panel-Layout und außer bei Darth Vaders Auftritten grausigen Zeichnungen lieb- und leblose Comicversion der Serie vorliegen hat. Mit Thrawn: Allianzen stellt Panini dazu den beliebten Großadmiral wieder ins Rampenlicht und bringt für die Serienzuschauer, die die Romane nicht kennen eine Antwort auf die Frage, warum Thrawn in der Serie Ahsoka so reagiert, als er erfährt, dass sie die Schülerin Anakin Skywalkers war. Allerdings liegt hier eine alles andere als würdige Fortsetzung des ersten gelungenen Sechsteilers vor, denn der Roman wird wie die Serie nur oberflächlich übertragen, extrem gequetscht und wird bis zum vierten Heft nicht einmal sein Finale erreichen. Der Comic bietet sich also nicht als Ersatzlektüre zum Roman an, den man sich so oder so für das Ende der Geschichte zulegen muss, sondern höchstens als visuelle Umsetzung von Stichproben einzelner Szenen der ersten zwei Drittel seiner Geschichte, die am Ende von Star Wars #111 schlagartig unterbrochen und nie vervollständigt werden wird. Wer sich daran nicht stört, bekommt eine zeichnerisch schöne und stilistische Zeit mit dem Chiss und dem Dunklen Lord zwischen den Rebels-Staffeln 3 und 4.

Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

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