Vor über zwei Jahren hoben Disney+ und Lucasfilm ein ganz besonderes Projekt aus der Taufe, das unterschiedlichste Blickwinkel und Interpretationen unserer beliebten Galaxis zelebrieren und im beinahe hinter uns liegenden Jahr 2023 um eine zweite Staffel bereichert werden sollte: Star Wars: Visionen. Aufgrund des Erfolgs und der Überschneidungen bei den Zielgruppen werden immer weiter Adaptionen und Begleitliteratur veröffentlicht und glücklicherweise ins Deutsche übersetzt. Neben den bereits von mir rezensierten Originalgeschichten Ronin: Ein Visionen-Roman und Paninis Comicheft Star Wars #93 sind diesmal die reinen Adaptionen der Sammlung Visionen – Der Manga an der Reihe. Die Vorlagen bildeten dabei vier von neun Episoden der ersten Staffel. Weiter unten werde ich die Kapitel einzeln durchgehen und mit ihrem Vorbild auf dem Fernsehschirm vergleichen.
Zunächst aber noch ein paar Eckdaten: Der 232 Seiten starke, insgesamt bereits 14. (!) Star Wars-Manga-Band bei Panini erschien am 25. Juli und stammt pro Geschichte von je einem Autor, beziehungsweise einer Autorin, der/die gleichermaßen auch jeweils die eigenen Zeichnungen erschuf. Im japanischen Original erschienen die Geschichten einzeln monatlich im Sommer 2022 bei Square Enix. Wie schon bei den Manga der vergangenen Jahre übernahm indes Markus Lange wieder die deutsche Übersetzung.
Mit der Anime-Serie Visionen haben Japans Top-Animationskünstler ihre eigenen Star Wars-Geschichten erschaffen, neue Legenden voller Hoffnung. In diesem Sammelband finden sich die Manga-Adaptionen von vier dieser Kurzfilme, gezeichnet von einem Team talentierter Autoren, die vor Liebe zu den Werken nur so strotzen.
Klappentext
Der Alte von Kamome Shirahama
Kamome Shirahama ist bereits seit einigen Jahren freilich keine Unbekannte mehr bei Zeichnungen für Star Wars. Seit 2016 stammen von ihr einige Cover der ersten Doctor Aphra-Reihe von Marvel, bevor sie die Charaktere von Studio Triggers Visionen-Kurzfilm The Elder designen durfte. Da erschien es nur passend, sie in diese Welt zurückzuholen und die Manga-Adaption zu übernehmen, wie sie auch am Ende des Bands selbst anmerkt, wo die vier beteiligten Künstler*innen noch je eine Seite gestalten und dabei Dank aussprechen konnten. Die Story über einen ungeduldigen Padawan und seinen Meister, der schon viel in der Galaxis gesehen hat, die auf einem entlegenen Planeten einem uralten Nutzer der Dunklen Seite der Macht begegnen, wird dabei weitgehend 1:1 wiedergegeben, auch wenn natürlich die begrenzte Seitenzahl und das veränderte Medium die ein oder andere kleine Änderung nötig machen. Da ich die Folgen der ersten Staffel schon sehr lange nicht mehr gesehen habe, fielen sie allerdings kaum auf und trotzdem hat man das Gefühl, dass die Adaption stringent erzählt bleibt, doch ohne dabei wichtiges wegzulassen oder nur mehr ein Abziehbild der Geschichte zu sein. Leider gelingt es der Künstlerin aber nur bedingt, die Kampfszenen ohne die Bewegungen der Animation ähnlich spannend wie in der Serie wiederzugeben. Sie legt den Fokus stark auf die erteilten Lektionen für Padawan Dan und die Beziehung des Meister-Schüler-Gespanns, wodurch der titelgebende Alte aber noch stärker in den Hintergrund gedrängt wird und der Kampf gegen ihn an Wirkung verliert. Hier gefiel mir die zugrundeliegende Anime-Episode, die zu meinen Highlights der ersten Volume zählt, etwas besser. Im Manga- und Comicsektor gibt es jedoch zahlreiche Beispiele für weniger gelungene Adaptionen.
Lop & Ochō von Haruichi
Im Gegensatz dazu gefiel mir Lop & Ochō auf Disney+ deutlich weniger, weswegen ich gespannt darauf war, ob der Manga noch Pluspunkte gewinnen kann. Und das ist tatsächlich der Fall gewesen! Haruichi, für den es sich hier nach Leia, Prinzessin von Alderaan und dem Droiden-Kapitel in Die Legenden von Luke Skywalker bereits um den dritten Manga im Star Wars-Universum handelt, versteht es hervorragend, das Innenleben der Figuren und vor allem die Beziehung der beiden titelgebenden Schwestern in der Kürze der Zeit überzeugend zu illustrieren und deren persönliches Schicksal berührend zu gestalten. Vor allem die Flashbacks und die Geschichte der kleinen Familie hat mich in gedruckter Form und vor allem dank der Manga-üblichen Schwarz/Weiß-Optik bewegen können. Die Folge von Geno Studio lebte damals noch stark von ihrem Worldbuilding und dem Setting, in dem sich die Geschichte bewegt, was zugunsten der Figuren nun deutlich reduziert wurde. Auch hier wurde also ein Fokus für die Adaption gewählt und dieser wird dann auch eingehalten. So wünsche ich mir mehr als 2021 bei Erscheinen der Serie, dass eine Fortsetzung und ein Ausgang für die Geschichte nachgereicht wird, um zu erfahren, wie es mit Lop & Ochō weiter geht. Haruichis allgemeiner Zeichenstil ähnelt für mich als Manga-Laien dabei kurioserweise mehr dem Zeichenstil von Der Alte, als von der eigenen Vorlage übernommen. So wirkt der Band bis zu diesem Punkt aber einheitlich und mehr aus einem Guss, als die stilistisch variantenreiche Serie selbst.
Der neunte Jedi von Yusuke Osawa
Der Reihenfolge der Serie absolut nicht entsprechend steht an dritter Stelle Der neunte Jedi von Production IG, für viele das größte Highlight der ersten Staffel. Hier bin ich wirklich erstaunt, wie genau Yusuke Osawa (aktuell auch für den The Mandalorian-Manga verantwortlich) den Inhalt der Folge verdichten und wiedergeben konnte, ohne dabei Actionszenen zu vernachlässigen oder bei Dialogen verstärkt zu kürzen. Hier handelt es sich wahrscheinlich um eine der am meisten ihrer Vorlage entsprechenden Star Wars-Manga und wer mit der Folge Spaß hatte, dürfte auch von der neuen Form samt frischem Stil begeistert sein. Es gelingt ja sogar, das Erzähltempo und Pacing beizubehalten und vor allem den Anfang sowie den großen Wendepunkt aus der Folge angemessen zu interpretieren, um die Leserschaft mitreißen zu können. Eine souveräne Adaption, welche die Folge um nichts ergänzt, sie aber dennoch mitsamt ihrem Herz und ihrer Seele in das andere Medium transportiert.
Die Zwillinge von Satou Keisuke
Die abgedrehte überstilisierte Folge Die Zwillinge darf den Band abschließen. Hier war ich wiederum wirklich gespannt darauf, wie ein derartiger, eigenwilliger Stil transportiert wird, wo doch die Zeichnungen der vorherigen Kapitel trotz verschiedener Künstler*innen nicht allzu stark voneinander abweichen. Satou Keisuke überträgt nun aber komplett den Stil der Folge in das Manga-Format und bleibt der übertriebenen Optik treu. Das Kapitel wirkt tatsächlich teilweise wie eine passgenaue Übernahme von Screenshots aus der Folge, die lediglich bearbeitet wurden und behält dabei die Atmosphäre der Episode bei. Dabei ist vieles wie immer bei einer bunten Anthologie natürlich Geschmacksache und für mich funktioniert diese Geschichte weder als Serienfolge, noch als Manga-Adaption. Trotzdem wird so am Ende noch für ein wenig Abwechslung gesorgt und der gesamte Band abgerundet.
Fazit
Star Wars Visionen lebt von seiner Vielfalt und den verschiedenen Stilen. Gefällt die ein oder andere Folge zwar etwas weniger, bleibt man trotzdem gespannt auf die nächste, da es frisch bleibt und immer wieder Neues präsentiert wird. Beim Manga, der naturgemäß unkoloriert schwarz-weiß bleibt und bei dem drei der vier Geschichten stilistisch nicht allzu stark voneinander abweichen, geht ein großer Teil der Vielfalt verloren. Nur handelt es sich hier um einen geschlossenen Manga-Band mit vier unabhängigen Geschichten und da stört es nicht, sich durch allzu unterschiedliche Stile durchzuarbeiten, sondern ein einheitlicheres Lesevergnügen zu bieten. Die Adaptionen selbst sind wirklich gut und ihrer Vorlage treu, beweisen dafür stets das richtige Verständnis für dem Medium entsprechende Anpassungen und bilden ein ganz eigenes Erleben der Geschichten, ohne die Folgen zu ersetzen, aber auch ohne sie groß zu ergänzen, wie es die bisherige Begleitliteratur zu Visionen tat. Solltet ihr für Manga-Fans, die auch Star Wars lieben, noch ein geeignetes Weihnachtsgeschenk suchen, macht ihr mit diesem für sich stehenden Band jedenfalls nichts falsch.
Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Ich fand den Manga auf jeden Fall interessant.
Leider bin ich weder großer Fan von Mangas noch von Star Wars Visions, aber die unterschiedlichen Stile und Ansätze haben mir trotzdem gut gefallen.
Auch wenn das Werk kaum neues bietet denke ich kann man das Werk aber trotzdem aufgrund seiner Besonderheit weiterempfehlen.