Wie ein Bantha.
Boba Fett
Die dritte Staffel von The Mandalorian ging jüngst mit einem fulminanten Staffelfinale vorbei. Da lohnt sich doch ein Blick auf die Jugendromanadaption der Serie, die sowohl inhaltlich als auch von der Veröffentlichung als Bindeglied zwischen Staffel 2 und 3 fungierte: Das Buch von Boba Fett. Die englischsprachige Originalausgabe des 224 Seiten schlanken Jugendromans erschien am 3. Januar bei Disney-Lucasfilm Press, während Jan Dinters deutsche Übersetzung für Panini ab dem 28. Februar und damit unmittelbar vor dem Start von The Mandalorian Staffel 3 in den Läden stand. Verfasst wurde die Adaption, wie schon die Jugendromane zur Mutterserie, von Joe Schreiber. Unsere Rezensionen zu diesen Vorgängerbänden findet ihr hier und hier.
Wenn ihr diese gelesen habt, sollte auch schon ungefähr klar sein, worauf man sich mit der Lektüre der Jugendromane einlässt. Das Rad wird erwartungsgemäß auch absolut nicht neu erfunden. Schreibers Struktur und Herangehensweise bleiben nämlich unverändert und werden mit dieser nunmehr dritten literarischen Disney+-Adaption weiter bedient. Neu und tatsächlich erfrischend ist diesmal aber die deutliche Unterteilung in die Episoden der Serien, die durch die immer gleiche Skizze von Boba Fetts Helm und den vollständigen Titel der jeweiligen Folge eingeleitet werden. Diese sind in Summe dann wiederum in fünfunddreißig – sehr kurze – Kapitel unterteilt, wodurch man den Roman angenehm schnell und flüssig durchlesen kann. Dabei folgt er unmittelbar und ohne kreative Ausschmückungen der Serienhandlung. Den allermeisten von euch dürfte diese durch die Serie ohnehin noch frisch sein, ansonsten findet ihr Rezensionen sowie zwei JediCasts dazu in der Datenbank. Außerdem hilft aber auch Paninis Klappentext zur hier rezensierten Ausgabe auf die Sprünge:
Der offizielle Jugendroman zur Erfolgsserie Star Wars: The Book of Boba Fett! Der ehemalige Kopfgeldjäger Boba Fett hat die Sarlacc-Grube überlebt, wurde wieder gesund gepflegt und von einem Stamm Tusken-Räuber auf Tatooine aufgenommen. Als die Sandleute rücksichtslos abgeschlachtet werden, sinnt Boba auf Rache und lässt sich zusammen mit seiner neuen rechten Hand, der Attentäterin Fennec Shand, im alten Palast von Jabba dem Hutt nieder. Doch der Kampf um die Macht auf Tatooine gestaltet sich komplizierter als erwartet. Boba braucht die Hilfe von neuen und alten Verbündeten, um seine Position zu sichern und seinen Stamm zu rächen. ENTHÄLT FARBSEITEN MIT FOTOS AUS DER DISNEY+ SERIE!
So erfährt man schon, dass auch hier die genretypischen Farbfotos aus der Serie nicht fehlen dürfen. Davon bin ich aufgrund ihrer Platzierung in der Mitte des Buchs und ihrem spoilerbehafteten Charakter immer noch kein Fan, allerdings scheinen sie ihre vor allem zielgruppenorientierte Daseinsberechtigung zu haben, sonst würden sie nicht seit jeher in Jugendromanen auftauchen. Trotzdem merkwürdig, wie direkt links neben einer wieder beschrifteten Seite das Ende der Serie bildlich vorweggenommen wird, während man im Text noch mitten in Folge 4 von 7 steckt. Es hilft also nicht mal, wenn man die Farbseiten einfach überspringt.
Zusätzliche Szenen, tiefergehende Motivationen und Gedanken der Figuren sucht man in dem Format noch immer noch vergeblich. Die Handlung und Dialoge der Serie werden etwas gekürzt, aber sonst 1:1 stumpf wiedergegeben, wie man es von Schreibers The Mandalorian-Büchern gewohnt ist. Zu Beginn des Romans war ich nichtsdestoweniger ein bisschen überrascht, dass unter der platten Oberfläche des Mediums immer noch irgendwo Schreibers schriftstellerisches Talent schlummert, denn in den dialogarmen Flashbackszenen mit den Sandleuten scheint es immer wieder durch. Obwohl im weiteren Verlauf mit zunehmenden Dialog- und Actionszenen stark abnehmend, schafft Schreiber so einen atmosphärisch packenderen Einstieg als die Serie selbst, der schnell wieder verfliegt. Umso ärgerlicher ist das von der Serie vorgegebene unvermittelte Abhacken des Tusken-Handlungsstrangs.
Insgesamt scheint Schreiber darüber hinaus deutlich offener und flexibler gewesen zu sein, was Dauer und Seitenzahl der Folgen angeht. Während er sich für The Mandalorian Staffel 1 strikt an ca. 25 Seiten pro Folge hielt, hatte er bei der Gestaltung von lediglich sieben statt acht Folgen auf knapp 200 Seiten nun mehr Entscheidungsfreiheiten. Jeder Folge gibt er so viel Raum, wie Laufzeit und Handlung derselben hergeben und wie viel er ihr sonst zusprechen mag. Das wirkt weniger konstruiert als bei den beiden Mando-Bänden und gestaltet den Erzählfluss etwas angenehmer. Die Schattenseiten dieses Vorgehens sind dann jedoch manchmal unverhältnismäßige Kürzungen meiner Lieblingsmomente aus der Staffel. So darf die stärkste Folge 7 „Aus der Wüste kommt ein Fremder“ lediglich 19 Seiten einnehmen, während das aufgeblasene Finale „Für die Ehre“ ganze 40 Seiten beschlagnahmt. Außerdem werden manche längere Actionszenen auf gerade mal einen Absatz reduziert, allen voran die unglaublich langweilige Verfolgungsjagd in Folge 3 „Die Straßen von Mos Eisley“, die in der Serie mehrere Minuten dauerte. Andere Actionszenen erzählt Schreiber zwar länger aus, aber nie detailliert und immer nur mit allgemeinen Kampfbegriffen bis zum entsprechenden Ausgang nach, ohne Spannung und Dynamik ins Kampfgeschehen einzubinden. Bei Adaptionen von Serien wie The Mandalorian und Das Buch von Boba Fett, die oft umfangreiche Actionszenen im Mittelpunkt haben, sicherlich fragwürdig, aber auch wieder zielgruppengerecht.
Eine zweifellos nie endende Stärke Schreibers bleibt nach wie vor sein Hintergrundwissen rund um das Thema Star Wars. Wo er nur kann, bezieht er Informationen kreuz und quer aus dem Kanon mit ein. So erwähnt er, dass Black Krrsantan und Boba Fett sich gut kennen, wie wir schon seit Kieron Gillens Darth Vader-Comics wissen, und Lukes Jedi-Akademie entsteht in Folge 7 auf Ossus, was wir so im Kanon erst im auf Deutsch noch ausstehenden Roman Shadows of the Sith erfahren. Hut ab dafür, dass er diese Gelegenheiten wahrnimmt und so die Serienkenner zumindest um irgendwelche Informationen bereichert. Ein nettes kleines Detail, über das ich in Folge 4 stolperte, stellt die Erwähnung des Schiffnamens Sklave I dar, den man in letzter Zeit nur noch selten gesehen hat.
Trotzdem haben wir es hier insgesamt wieder nur mit einer weiteren harmlosen, aber auch wenig umfangreichen Nacherzählung einer mäßigen Miniserie zu tun, die hauptsächlich dazu dient, dass man sich mit einem anderen Medium während der dritten Staffel von The Mandalorian noch einmal die jüngsten für diese nötigen Ereignisse zurück ins Gedächtnis rufen kann. Für den gelungenen Anfang und Joe Schreibers manchmal aufblitzende Stärken als Star Wars-Autor vergebe ich also dem buchstäblichen Buch von Boba Fett ein Holocron mehr als dem zweiten Mando-Jugendroman, der nur zwei verdient hatte.
Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!