Rezension: The Book of Boba Fett 1×06: „Aus der Wüste kommt ein Fremder“

Das Festival der Gastauftritte

Cobb Vanth sorgt für Recht und Ordnung.

Es beginnt bereits vielversprechend. Ein bisheriger Kritikpunkt der Serie war für mich immer, dass man sich nicht all der effektiven Kniffe der bekannten Gangster- und Westernfilme bediente. Zwei elementare Genre-Grundpfeiler, die bei einem Sujet wie dem Bobas durchaus dienlich wären. Ein Kopfgeldjäger, seinerzeit ein Abziehbild Clint Eastwoods samt Poncho, der darauf aus ist, verbrecherisch aktiv und organisiert zu werden. Eine derartige Erzählrichtung profitiert von Spannungen, Duellen und Intrigen. Nicht zuletzt funktionierte gerade auch Mando so gut, weil man visuelle und inhaltliche Thematiken entschlackte und an den Ursprung der Orginialfilme zurückkehrte. Deswegen ist es umso schöner, Cobb Vanth dabei zu beobachten, wie er in einem Duell ein paar Pykes aus der Gleichung nimmt. Nicht zuletzt, um seine Stadt drogenfrei und unberührt vom Einfluss eines Kartells zu lassen. Timothy Olyphant bei seiner Arbeit zu sehen, ist immer erfreulich. Durch sein langes Auftreten bei Justified könnte er für ein derartiges Setting auch kaum geeigneter sein. Der Start der Folge verspricht ein Zuspitzen des Konflikts, denn jetzt sind nicht mal mehr die entlegenen Niederlassungen Tatooines sicher – alle werden davon betroffen sein, der Konflikt wächst.

Eine elegante Waffe besserer Zeiten.

Nachdem Boba in der letzten Woche seinen Sendeplatz freundlicherweise an den Mando abgab, haben wir es auch diese Woche mit vielerlei Dingen zu tun, die wenig bis gar nichts mit Boba zu tun haben. Folge 1×06 erinnert uns an die zweite Staffel The Mandalorian, wenn sie uns eine bekannte Figur nach der anderen entgegenwirft und einen Vorgeschmack gibt auf das, was kommen wird (man denke an die Spin-Offs). Wider Erwarten macht das deutlich mehr Spaß als noch in Staffel 2, bringt Bobas Geschichte aber erneut nur spärlich weiter.

Der tödlichen Spannungsspitze folgt ein willkommener Dämpfer. Mando bleibt seinen Worten treu und stattet einem „kleinen Freund“ einen Besuch ab. Wir befinden uns in schönen grünen Bambuswäldern, man denke an A Touch of Zen, die von behäbig aussehenden Droiden in einen Ort des Lernens umgestaltet werden sollen. Begrüßt vom vertrauten Gesurre R2s übt sich Din Djarin in Geduld, während wir Luke Skywalker dabei beobachten dürfen, wie er Grogu in die Wege einer größeren Welt einführt. Nachdem ich letzte Woche schon anmerkte, dass man anscheinend viel mehr Interesse und Ideen für Mandos Welt und Entourage hat, bestätigt sich diese Theorie heute erneut. Wir bewegen uns noch weiter weg von den persönlichen Prüfungen eines Boba, und beobachten Filonis Lieblinge bei ihrem Tagwerk. Dabei bekommen wir Luke auch deutlich länger zu Gesicht als noch im zweiten Staffelfinale: er geht, rennt und springt umher. Die Nachbearbeitung seines Gesichts sowie sein Auftreten funktionieren hier deutlich besser, vermitteln einen natürlicheren, plastischeren Look. Zu 100% gelingt die Immersion aber leider nie so recht, was zu erwarten ist und hier entschuldigt werden kann. Vor allem, da wir Einblicke in Grogus Vergangenheit während der großen Säuberung erhalten, ihn lernen und gedeihen sehen.

„I didn’t know there was this much green in the galaxy.“

Wieder hallen die Echos Lucas‘ nach, seine Strophen reimen sich erneut: Wo einst Luke von Yoda in Dagobahs Sumpf unterwiesen wurde, haben sich die Verhältnisse nun verschoben. Der Schüler ist zum Meister geworden und setzt den Grundstein für eine neue Generation Jedi. Trainiert mit ihnen ebenfalls im Grünen, dieses mal aber erfüllt von Licht und Hoffnung – gebannt wurde die dunkle Bedrohung – was als klarer Neuanfang zu Episode VIIIs abgehalftertem, fatalistischen Jedi-Meister zu lesen ist. Man will erneut die Begeisterung für das Konzept der Macht erwecken und das gelingt durch kleine, behutsame Schritte wie in der heutigen Folge.

Mit Lukes letztem Satz entsteht auch etwas, das es für mich in dieser Staffel bisher nicht gab: Lust und Vorfreude auf die nächste Folge. Sein Ultimatum, das Beskar-Geschenk seines Ziehvaters anzunehmen und somit zu ihm zurückzukehren oder aber die Wege der Macht weiter zu verfolgen, kreiert Spannung und ein Level an Anteilnahme, das man so mit Boba nie hatte. Auch ein weiterer Teil des Finales soll für kommende Konflikte sorgen, aber dazu gleich mehr.

„Wird er beenden, was er begonnen hat?“

Diese Rezension trägt nicht umsonst den reißerischen Untertitel. Denn neben Luke, Grogu und Cobb Vanth sehen wir auch die ältere Ahsoka Tano wieder, die Din eine Lektion in typischer Jedi-Manier erteilt: Der Kontakt zu Grogu wird sie beide schwächen, aneinander binden und individuelle Wege der Selbstentfaltung behindern. Grogu kann sich nur entwickeln, wenn dieser in der Macht unterwiesen wird. Und Mando muss sowohl bei seinem Klan Buße tun als auch einem alten Freund zur Hand gehen. Interessant, dass Luke und Tano hier der alten Philosophie des Ordens folgen, die familiäre Kontakte als problematisch betrachtet, wenngleich gerade Legends-Luke zur Weisheit kam, dass das Umgehen mit Emotionen und Menschen eigentlich erst den Jedi macht. Welchen Weg die Serie mit dieser Entscheidung gehen wird, ist zu diesem Zeitpunkt schwer vorherzusagen. Und das ist gut so.

Die letzte Cameo und persönliches Highlight des Rezensenten war das Auftreten des wohl wirklich besten Kopfgeldjägers der Galaxis: Cad Bane höchstpersönlich. Sein Auftreten wurde oft vermutet und gewünscht; könnte sich in diesem Setting kaum besser machen. Nachdem Boba nach ganzen 28 Minuten kurz erscheinen darf, um Hilfe für den kommenden Kampf zu ersuchen, schlägt Djarin vor, die guten Leute aus Mos Pelgos zu mobilisieren. Im Grunde ein närrischer Vorschlag. Warum sollte ein Verbrecherlord einfache Zivilisten rekrutieren wollen? Warum sollten genannte Zivilisten ihr Leben aufs Spiel setzen? Die Antwort darauf findet sich in Banes Auftreten; denn die Interessen der Pykes werden hart durchgesetzt. Jede Bedrohung der Spice-Routen wird ernst genommen. Für sein erstes Erscheinen als Live-Action-Charakter ist Bane durchaus gelungen. Seine markanten Augen sind leuchtend rot, die Zähne spitz und bedrohlich. Es scheint in der Machart eine Mischung aus viel Praktischem und etwas CGI zu sein, die absolut aufgeht und sich in die Ästhetik des Serienkosmos einreiht. (Einziger Kritikpunkt: Der Hut könnte größer sein!)

*Morricone intesifies*

Fazit: Folge #6 ist bisher die stärkste der Serie. Man konzentriert sich auf Aspekte, die schon in Mando brillant funktionierten: Ein Augenmerk auf klassischer Ästhetik und Stimmung. Die Duelle mit Cobb Vanth und Bane sind ein purer Genuss, die Verheißung auf den Ausbau neuer wie alter Figuren anregend. Grogus Entwicklung sowie Lukes Erscheinen könnten als Fan-Service abgetan werden, nehmen an sich auch zu viel Zeit in Anspruch, fühlen sich aber eher wie eine verdiente Konklusion der ersten zwei Staffeln Mando an. Die Effekte sind gut, denn man gab sich große Mühe zu verbessern, was noch nicht ganz ausgereift war, allem voran Lukes Mimik. Die Schauplatzwechsel der letzten Woche nehmen weiter ihren Lauf und begeistern: Von staubigen Stand-Offs zu saftigen Bambuswäldern in 40 Minuten. Einzig der Fakt, das all dies wenig bis gar nichts mit Boba zu tun hat, schmälert die Wertung. Man freut sich auf mehr Mando, nicht auf mehr Boba.

Bewertung: 4 von 5 Holocrons
Bewertung: 4 von 5 Holocrons

4 Kommentare

  1. Eine weitere tolle Folge, die die letztwöchige noch einmal um Meilen überholt, denn: Grogu!!
    Aber auch ansonsten schafft es gerade die auch angesprochene Spiegelung des Trainings die Star Wars-Magie zu entfalten.
    Die vielen Stimmen (online), die so stark auf den Titel der Serie pochen, kann ich nicht wirklich verstehen. Ich finde es weiterhin besser, wenn man die Figuren und deren Reisen und Entwicklungen parallel erzählt, statt in The Mandalorian Staffel 3 dann wieder mit Rückblicken zu beginnen, denn der Mando braucht keinen Bacta-Tank, da wird das schwierig. Zudem war eine Kritik im Vorfeld der Serie, dass es doch nicht genug zu Boba zu erzählen gebe, was wirklich spannend ist und man muss sagen: Die Autoren haben das eben auch erkannt. Deshalb doch lieber sinnvolle Stories, die sowieso alle in den Serien zusammenhängen werden, wenn die ganzen F&F-Projekte mal rausgekommen sind, als knallhart nur Boba durchzuziehen. Den Rahmen der Serie bildet ja weiterhin der Kampf gegen die Pykes und das rechtfertigt den Serientitel in meinen Augen.

    1. Ich weiß nicht, wie es im Bereich Film und Serie ist, aber bei Büchern wird der Titel oft erst zum Schluss festgelegt.
      Und da kann ich es halt nicht verstehen: Die Serie hätte auch „Shutdown auf Tatooine“ heißen können, oder „Der Gewürzhandel“, oder oder oder.
      Mit der Entscheidung, die Serie nach einer bekannten Figur zu benennen, hätte ich erwartet, dass diese Figur auch dauerhaft die Hauptfigur ist.

  2. Ich fand die Folge gut, auch wenn mir nicht alles gefallen hat, aber das muss es ja auch nicht immer.

    Bobas Story scheint ja irgendwie schon auserzählt zu sein und die letzten drei Folgen sind nur noch dazu da zu erklären, wieso er Bestandteil von Mandos Crew in dessen Staffel 3 sein wird. Ohne sein klägliches SCheitern hätte doch nie einer geglaubt, dass der übermächtige Boba sich dem Mando unterordnen oder sonst wie in eine Crew integrieren könnte. Von daher ist das nun kommende Ende seiner Pläne notwendig.

    Die Duell-Szene fand ich super, auch wenn mir dessen Ausgang nicht sehr gefallen hat, besonders nach der tollen Einstiegsszene.

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