Rezension: Star Wars #60: Der Aufstieg Kylo Rens, Teil 3 & 4

Heute erscheint Star Wars #60 in der Panini-Heftreihe und liefert mit den Teilen drei und vier den Abschluss der Geschichte Der Aufstieg Kylo Rens. Die beiden Parts sind Anfang diesen Jahres als US-Einzelhefte von Marvel veröffentlicht worden. Die Geschichte von Autor Charles Soule wurde dabei erneut von Will Sliney (Zeichner) und Guru-eFX (Farben) illustriert und für uns deutsche Leser von Michael Nagula übersetzt.

Das Comicmagazin erscheint in zwei Varianten, von denen das Cover der Kioskausgabe von Clayton Crain und das der Comicshop-Variante von E.M. Gist stammt. Beide Motive liegen – wie nicht anders gewohnt – dem Comicmagazin auch als Poster bei.

Folgende Angaben liefert Panini zum Inhalt des Magazins:

Kylo Ren – Der neue Oberschurke aus Episode 7 – 9

Ben Solos Weg ist weiterhin ungewiss, aber seine Zukunft könnte bei den sagenumwobenen Rittern von Ren liegen. Doch bevor sich sein Schicksal erfüllt, muss auf einem alten Jedi-Außenposten eine Schlacht geschlagen werden, zwischen jenen, die wissen, was er hätte sein können – und fürchten, was tatsächlich aus ihm werden könnte … Die spektakuläre Fortsetzung – und gleichzeitig auch schon das große Finale – der aktuellen Miniserie Der Aufstieg Kylo Rens!

Die Geschichte setzt direkt dort an, wo uns Star Wars #59 zurückgelassen hat: Nachdem Ben Solo von seinem Meister Skywalker angegriffen wurde, zerstörte er dessen Akademie und begab sich auf die Suche nach Ren und seinen Rittern. Diese trifft er nun auf Varnak an und will sich ihnen anschließen, doch so einfach ist dies natürlich nicht. Es bedarf eines „guten Todes“, um sich als würdig zu erweisen. Daraufhin gibt Ben mit einer Nacherzählung den Kampf zwischen seinen drei (ehemaligen) Freunden – Voe, Hennix und Tai – und ihm auf Elphorna wieder. Dabei erhalten wir auch tieferen Einblick in ihr Verhältnis zueinander. In dem Kampf stirbt Hennix und Ben hält auch die anderen beiden für tot, auf jeden Fall für verschüttet, ist er es doch selbst, der sie in den Tempel wirft und diesen über ihnen zum Einsturz bringt. Den Mord an Hennix will Ben als den eingeforderten „guten Tod“ bei den Rittern einreichen und trotz einiger Skepsis nehmen sie ihn dann auch bei sich als einen der ihren auf.

Doch Voe und Tai haben überlebt und geben ihre Suche nach dem Mörder Hennix‘ nicht auf, bis es wieder zu einem Zusammentreffen kommt. Es sollte niemanden überraschen, dass dies für die beiden nicht von Erfolg gekrönt sein soll – im Gegenteil. Erst bei dieser finalen Konfrontation schafft es Ben Solo dann, einen „guten Tod“ als endgültigen Mitgliedsbeitrag bei den Rittern zu entrichten: Er tötet Ren mit dessen eigenen Lichtschwert. Im Anschluss erleben wir noch, wie sich Ben Solo sein neues Lichtschwert baut – und dabei auch seinen Kyber korrumpiert – und am Ende von einer Stimme auf dem Off (Snoke/Imperator) nach seinem Namen gefragt wird.

Kurzum: Mir haben beide Comics im Heft sehr, sehr gut gefallen! Wo fange ich an? Die Charakterentwicklung und emotionale Reise von Ben Solo wird hier sehr glaubwürdig und nachvollziehbar präsentiert. Richtig gute Arbeit und Kompliment an den Autor Charles Soule! Als Kind der Helden der Rebellion Leia Organa, Prinzessin von Alderaan, und Han Solo, Captain des Millennium Falken, und Neffe des Jedi-Meisters Luke Skywalker, der Darth Vader von der dunklen Seite zurück geholt hat, sind der Druck und die Erwartungshaltung ihm gegenüber entsprechend heftig. Werfen wir nur mal einen Blick in die VIP-Szene auf unserem Planeten, sehen wir schnell, dass es auch ohne „Macht“ für die neue Generation sehr, sehr schwer ist, eine eigene Identität aufzubauen und man automatisch immer der Sohn oder der Neffe von XYZ ist, bzw. viele auch nur über einen versuchen an andere ranzukommen. Bei Ben kommt dann noch erschwerend hinzu, dass er quasi in der Schule von allen beneidet wird, weil er – ohne etwas dafür zu können! – einfach begabter im Umgang mit der Macht ist, als es bei den anderen der Fall ist. So jemand ist auch recht schnell unterfordert, labil und manipulierbar. Letzteres zeigte sich bereits in den beiden ersten Teilen der Handlung durch den mysteriösen Snoke. In diesem Teil gibt es leider nichts neues zu Snoke – er taucht nur ein Mal kurz in einer Szene auf, bzw. wird er erwähnt – allerdings erfahren wir in diesen Teilen deutlich, wer hinter Snoke steckt: niemand geringeres als der wiedergekehrte Imperator höchstpersönlich! Dieser ist es, der durch die Marionette Snoke zu Ben spricht und ihn auf seinen Pfad weg von den Lehren der Jedi und schlussendlich zu sich führt.

Hier kommt aber auch direkt das erste – und auch einzige Problem – was mich an der Handlung und im Zusammenhang mit Star Wars: Der Aufstieg Skywalker stört: Sheeve setzt Snoke als seine Marionette ein, um so auf der großen Bühne der Galaxis zu agieren. Gleichzeitig nutzt er diese Möglichkeit, um den Enkel seines einstigen Schülers Darth Vader auf seine Seite zu bringen und den neuen Jedi-Orden direkt im Keim zu ersticken. Mit den Rittern von Ren unter der Führung seines indirekten neuen Schülers Kylo Ren hat der Imperator so eine schlagkräftige Eingreiftruppe um – wie einst Vader – auf Jagd nach Jedi zu gehen; aus dem Grund sucht die Erste Ordnung dann wohl am Ende auch nach Luke Skywalker. Dabei stößt Kylo dann per Zufall (bzw. durch die Macht) auf Rey – die Enkelin des Imperators, woraufhin dieser Kylo – nach dem Mord an Snoke nun Anführer der Ersten Ordnung – zu sich ruft und ihm den Auftrag erteilt, Rey zu ihm zu bringen, damit er seinen Geist auf ihren Körper übertragen kann. Nun frage ich mich: Wieso hatte letzteres dann auch nach dem ersten, gescheiterten Versuch oberste Priorität für ihn? Wieso Kylo nach einem Weg zu Luke suchen lassen, anstatt weiter nach seiner Enkelin? War der Verlust Snokes als Zwischenspieler so groß, dass er erst einige Zeit ins Land ziehen lassen musste, eher er durch eine galaxisweite Übertragung die Aufmerksamkeit Kylos auf sich zieht, sodass dieser nach einer Möglichkeit suchen würde, um nach Exegol zu gelangen? Fürchtete der Imperator etwa, dass Kylo ihn auch töten werde, sollte Kylo Ren von dem Meister hinter dem Meister erfahren? Aber das kann es ja nicht sein, sonst hätte er ihn ja nicht dann doch zu sich eingeladen und ihm eine zusätzliche Flotte angeboten… Die Kylo übrigens weshalb brauchte? Der Widerstand war nach Crait keine wirkliche Bedrohung mehr und ansonsten gab es in der Galaxis auch nichts, was sich der Ersten Ordnung in den Weg hätte stellen können.

Aber ich schweife ab. Das hat nichts direkt mit dem Aufstieg Kylo Rens zu tun, eher damit, dass ich den Aufstieg als sehr gut umgesetzt empfinde, aber nicht nachvollziehen kann, wofür eigentlich genau der Imperator sich den jungen Ben unter den Nagel reißt. Wenn ich nur diesen Comic zu Grunde lege, würde die Antwort klar ausfallen: aus Rache an Luke Skywalker! War es in der Prequel-Trilogie noch Anakin Skywalker, den er zu Darth Vader machte und gegen seinen einstigen Orden und Meister aufbrachte, ist es in den Sequels eben der Enkel von Anakin. Die Analogien mit anderen Werken hören hier übrigens nicht aus. Das Ende, in dem der Imperator Ben Solo, bzw. nach dem Tod an Ren nun Kylo Ren nach dessen Namen fragt, ist – genau wie der Titel der Reihe selbst – ein abgeänderte Version aus Der Aufstieg Skywalkers.

Aber nicht nur die Handlung bzw. ihre Entwicklung hat mich in diesem Comic überzeugt, sondern auch deren Inszenierung! Will Sliney schafft es Ben/Kylo und den anderen Figuren in jeder Szene die passenden Emotionen ins Gesicht zu zeichnen, sodass man als Leser mit der Figur leidet oder staunt. So schafft es der Zeichner das Geschehen von den Seiten direkt auf den Leser zu übertragen und in die Handlung mit einzubeziehen. Dies wird hier durch die eingesetzten Farben auch nochmal verstärkt, sind Szenen mit dem gefallenen Ben in tristem Grau gehalten, wohingegen Szenen, in denen noch Hoffnung für ihn besteht, in warmen Farbtönen gehalten sind. Das ändert sich auch erst am Ende, als er Ben Solo getötet und als Kylo Ren neu geboren wurde: Hier gibt es außer dem Rot seines Lichtschwertes keine Wärme mehr in den Bildern.

Besonders hervorheben möchte ich hier auch zwei Szenen, in denen alles passt: einmal im Kampf gegen Ren, als Ben dann zu Kylo wird. Auf einer Doppelseite fallen hier beide einen Schacht hinunter, als Ben die Erleuchtung kommt, wie er seinen „guten Tod“ entrichten kann. Und das ist so ein elementare Entscheidung mit galaxisweiter Tragweite, dass wir neben Snoke und dem Imperator auch die Reaktionen von Leia und der jungen Rey erleben, welche dies durch die Macht wahrnehmen. Die zweite Szene ist der Bau des Lichtschwerts, genauer der Moment, in dem Kylo seine Wut und seinen Hass auf seinen alten Meister Luke, seine Eltern Leia und Han, aber auch auf seine ehemaligen Freunde auf den Kyber übertragt und diesen dadurch „bricht“. Dies stellt für mich schon so etwas wie den Gegenpart zu Reys Kampf gegen den Imperator auf Exegol dar.

Richtig witzig fand ich das eingebaute Easter Egg in der Geschichte. So findet der finale Kampf und die Transformation von Ben Solo zu Kylo Ren auf dem Planeten Mimban statt. Und die Ritter von Ren sind vor Ort, um einen Kristall zu beschaffen. Und dieser Kristall ist eben jener, auf dem es in dem Legends-Roman Skywalkers Rückkehr von Alan Dean Forster geht. Den Roman hatte ich vor über 15 Jahren gelesen, aber dank eines Sternchens wurde das im Comic erwähnt und das ließ mich doch sehr schmunzeln. So hat es zwar der Roman selbst – zum Glück! – nicht in den Kanon geschafft, aber der mystische Kristall hingegen schon.

Fazit

Mir hat Star Wars #60 richtig Spaß gemacht! Die beiden enthaltenen Comics haben mich super unterhalten, haben für mich die Star Wars-Welt in der Zeit vor Episode VII sinnvoll ausgebaut und lieferten spannende Einblicke in den „Oberbösewicht“ der Sequel-Trilogie. Daher kann ich gar nicht anders als dem Comicmagazin die volle Anzahl an Holocrons zu vergeben.

Bewertung: 5 von 5 Holocrons
Bewertung: 5 von 5 Holocrons

Vielen Dank an Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

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