Heute erscheint bei IDW Publishing das Star Wars Adventures Annual 2018 mit einer Sensation für Legends-Fans: Jaxxon, der berüchtigte grüne Hase aus der klassischen Marvel-Ära, feiert sein Debüt! Doch auch abgesehen davon geschieht viel in dieser Ausgabe, in der auch John Jackson Miller (Knights of the Old Republic) seinen ersten Kanon-Comic abliefert.
Die Hauptstory: Mind Your Manners
Autor John Jackson Miller, Zeichner Jon Sommariva und Kolorist Matt Herms schicken Luke, Leia und die Droiden C-3PO und R2-D2 auf eine diplomatische Mission zu den Sarkanern, einer sehr auf Protokoll und Etikette bedachte, monarchisch regierte Reptilienspezies, deren Unterstützung die Rebellen gerne hätten. Diese Unterstützung kommt in Form von Bergbauprodukten, an denen auch das Imperium interessiert ist. In einem etwas erzwungen wirkenden Unfall beim Landen verletzt Leia sich den Knöchel und kann nicht die sarkanische Königin begrüßen, da das Protokoll verlangt, ihr auf den eigenen Füßen stehend entgegenzutreten. Droiden sind auch nicht willkommen. Prompt muss Bauerntrampel Luke sie also als Aushilfsdiplomat vertreten! Doch er hat die Rechnung nicht mit dem intriganten Lord Rooz und einem imperialen Kubaz-Spion gemacht – letzterer rein optisch ein Klon von Garindan.
Ich muss John Jackson Miller lassen, dass er eine wendungsreiche und unterhaltsame Story geschrieben hat, muss aber kritisieren dass jeder mit etwas Kenntnis von Archetypen diese Geschichte nach den ersten paar Seiten selbst hätte zu Ende schreiben können. Es handelt sich zwar um eine solide Story, deren Wendungen oft auf einem Protokollverstoß einer Hauptfigur basieren, aber nichts Weltbewegendes. Pluspunkte gibt es aber dafür, dass er für Luke, Leia, Erzwo und Dreipeo weitgehend sinnvolle Aufgaben gefunden hat und jede Figur eine Rolle in der Story spielt.
Mein Hauptproblem liegt hier eher bei den Zeichnungen. Ich habe absolut kein Problem mit kindlichen Zeichnungen – sowohl Star Wars Adventures als auch die von mir sehr geschätzten Panini-Comics für junge Leser haben diesen Stil ja – aber ich bin wirklich kein Fan der sehr kantigen Zeichnungen hier. Gerade das Design der Königin – eine stämmige Reptilienfrau in einer Art… Kleid? Tracht? – passt für mich einfach absolut nicht ins Gesamtbild. Generell werde ich mit der Darstellung der Sarkaner nicht warm. Auch die Art, wie Sommariva Luke, Dreipeo und auch Leia gezeichnet hat, missfiel mir. Luke sieht aus wie He-Man und Leia sieht in vielen Panels viel zu rundgesichtig aus, während Dreipeos Kopf die Form von Erzwos Torso hat, was auch unpassend ist. Das haben selbst die klassischen Droids-Comics besser hinbekommen. Matt Herms‘ grelle Farben spielen hier eine Rolle, aber das Hauptproblem lag wirklich bei den Zeichnungen.
Insgesamt eine zwar solide, aber keineswegs überragende Geschichte, die von ihren Zeichnungen nach unten gezogen wird. (Können wir irgendwo eine Petition starten, dass IDW mehr Zeichner vom Kaliber eines Alec Worley, Ingo Römling oder einer Eva Widermann nutzen soll? Oder zumindest die besseren Hauszeichner, wie Eric Jones oder Elsa Charretier?)
Die Bonusstory: The Lost Eggs of Livorno
Kommen wir aber nun zum eigentlichen Highlight dieses Hefts, das die eher durchwachsene Hauptstory mehr als wett macht. In The Lost Eggs of Livorno bringen Autor Cavan Scott (Abenteuer im Wilden Raum), Zeichner Alain Mauricet und Kolorist Chris Fenoglio eine der allerersten Star Wars Legends-Figuren zurück in den Kanon: Jaxxon, Captain des Schmugglerschiffs Rabbit’s Foot und eine Kreation aus Marvels Star Wars #7 aus 1977. Er ist ein fleischfressender grüner Hase, der in den klassischen Comics gemeinsam mit Han Solo gegen die Wolkenreitergang auf Aduba-3 und deren Anführer Serji-X Arrogantus (eine namentliche und visuelle Hommage an Comiclegende Sergio Aragonés) vorgegangen ist. Teil jenes Teams war auch Amaiza Foxtrain, die in dieser Geschichte ebenfalls zurückkehrt.
Persönliche Anmerkung: Ich habe jahrelang Witze über Jaxxon gemacht, ohne die Comics mit ihm je gelesen zu haben. Ein grüner Hase, der mit einem Roundhousekick und seltsamen Sprüchen daherkommt – was hat das in Star Wars zu suchen? Als ich die Comics dann schließlich las fand ich Jax super und wünschte mir mehr von ihm, aber leider verschwand er – wohl aufgrund von Kritik seitens George Lucas – recht bald von der Bildfläche und wurde erst in The Clone Wars wieder im Hintergrund als Hasenskelett gezeigt. (Mehr Infos zur schwierigen Beziehung des Franchises zu dieser Figur gibt es in einem toll recherchierten Artikel bei Eleven-ThirtyEight) Meine große Befürchtung war, dass der Kanon nun Jaxxon nur als Witzfigur oder Parodiefigur verwendet. Weit gefehlt.
In dieser Story wird Jaxxon als Schmugglercaptain eingeführt, der gemeinsam mit Amaiza eine Mission annimmt, um die letzten Eier des Volks von Livorno zur Rebellion zu bringen und die Spezies so vor der Ausrottung durchs Imperium zu bewahren. Dabei gibt es unerwartete Wendungen, die den geneigten Leser auf eine Weise an die Seite fesseln, wie es die Hauptstory nicht vermochte. Jaxxon und Amaiza kommen als authentische Star Wars-Figuren herüber – Jax ist quasi Han Solo mit Akzent und Hasenohren, während Amaiza die sarkastische Piratenbraut mimt, die sie auch schon in den 70ern war. Sicher, beide Darstellungen entbehren nicht einer Prise Humor (wie es sich für Star Wars und Unterweltfiguren ja auch gehört), aber es endet nicht im Klamauk oder in der Parodie.
Die Zeichnungen sind zwar kindgerecht, aber sehr dynamisch und auch authentisch – Figuren wie Leia oder Han haben einen hohen Wiedererkennungswert – und die Mimik bei Jaxxon und Amaiza ist wunderbar gelungen. Ebenfalls gelungen sind die modernen Outfits der beiden Figuren – gerade Amaizas 70er-Jahre-Kostüm wäre wohl kaum für einen Kinder-Comic geeignet gewesen. Die Farben wirken manchmal wiederum etwas zu stark vereinfachend, stören ansonsten aber kaum und sind bei den Figuren genauso konsistent wie die Zeichnungen.
Diese Geschichte ist übrigens keine Tale from Wild Space, sondern eine unironische, 100% kanonische Geschichte mit Jaxxon – wir haben keine Rahmenhandlung, keinen In-Universe-Erzähler. Auch diesen Mut rechne ich den Autoren und Redakteuren hoch an. Erneut: es wäre ein Leichtes gewesen, Jaxxon zu einer In-Universe-Legende zu machen anstatt zu einer „echten“ Figur. Als kleiner Bonus fügt sich diese Geschichte auch wunderbar in die Kontinuität der klassischen Marvel-Comics ein, sodass man Jaxxons Legends-Auftritte lesen und dann direkt im Anschluss diese Geschichte verschlingen kann. Anspielungen gibt es dabei auch zur Genüge.
Fazit
Alles in allem ist das Star Wars Adventures Annual 2018 eine recht unterhaltsame Lektüre, die aber vor allem von ihrer Zusatzgeschichte getragen wird, während die Hauptstory wohl wieder schnell vergessen werden wird. Dennoch war es schön, Adventures-Geschichten in Überlänge präsentiert zu bekommen (dieses Heft ist gut anderthalb mal so dick wie die bisherigen), und ich lege es jedem nahe, der auch ein bisschen Spaß und Seltsamkeit in seinem Star Wars verträgt – insbesondere Liebhabern der klassischen Marvel-Ära.
Danke an IDW Publishing für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!