Hinweis: Die Rezension ist spoilerfrei!
Als der Roman Battlefront II: Inferno Squad von Christie Golden erstmals angekündigt wurde, war ich zwiegespalten, was meine Erwartungen anging: Einerseits waren Romane, in denen Soldaten die Hauptrolle einnehmen, noch nie meine Favoriten in der Star Wars-Literatur. Weder der viel gelobten Republic Commando-Reihe von Karen Traviss noch dem ersten Battlefront-Roman des Kanons, Twilight Company von Alexander Freed, konnte ich viel abgewinnen. Andererseits hat mich die Autorin Christie Golden mit der tiefgründigen Figurendarstellung in ihrem Roman Schülerin der dunklen Seite so stark beeindruckt, dass dieser bis heute in meiner persönlichen Kanon-Rangliste direkt nach den Beiträgen von Claudia Gray auf Platz 3 steht. Ich war also extrem gespannt, was mir Inferno Squad nun liefern würde.
In Christie Goldens Roman begleiten wir den titelgebenden Inferno Squad, welcher nach der Zerstörung des ersten Todessterns von Admiral Garrick Versio ins Leben gerufen wird und dafür zuständig sein soll, Informationslecks aufzuklären und zu beseitigen, damit ein weiteres Desaster wie auf Scarif nicht mehr passieren kann. Für diese Elite-Einheit wählt der Admiral seine Tochter Iden Versio, deren Kameraden Gideon Hask, den Ingenieur Del Meeko und die Nachrichtenoffizierin Seyn Marana aus. Da die vier sich schnell bewähren, dauert es nicht lange, bis sie einen ungewöhnlichen Auftrag erhalten: Sie sollen sich undercover bei einer Partisanengruppe namens „the Dreamers“ („die Träumer“) einschleusen, die nach der Zerstörung von Jedha City weiter Saw Gerreras extremistische Ziele verfolgt. Diese Gruppe verfügt scheinbar über Insider-Informationen und kann so immer wieder gezielt Anschläge auf imperiale Ziele verüben. Um die Informationsquelle aufzudecken und unschädlich zu machen, müssen die loyalen Imperialen sich nicht nur erfolgreich in glaubhafte Partisanen verwandeln, sondern auch Opfer bringen…
Auch wenn uns die Star Wars-Bücher des Kanons mittlerweile schon einige Einblicke in imperiale Figuren geliefert haben, empfinde ich es trotzdem immer noch als etwas Besonderes, wenn wir Leser Geschichten aus der weit entfernten Galaxis mal nicht durch die Augen der „Guten“ verfolgen dürfen, sondern moralisch fragwürdigere Zeitgenossen als Protagonisten vorgesetzt bekommen. Zumal Christie Golden die Prämisse, aus imperialer Sicht zu schreiben, wirklich ohne Kompromisse umsetzt. In Inferno Squad bekommen wir keine durch unglückliche Umstände widerwillig ans Imperium gebundene Offizierin wie in Verlorene Welten und auch keinen noblen Chiss-Gentleman, für den auch im Krieg noch Anstand und Ehre zu existieren scheinen, wie in Thrawn. Nein, wir bekommen hundertprozentig überzeugte imperiale Soldaten, die das, was sie tun, gern tun und sich im Namen des Imperiums nicht nur die Finger schmutzig machen, sondern gleich mal bis über die Ellbogen im moralischen Morast wühlen. Und die Figuren dabei zu begleiten, ist unglaublich spannend.
Dabei ist der eigentliche Auftrag der Truppe um Iden Versio, das Informationsleck zu finden, im Endeffekt nur nebensächlich. Viel spannender ist es, die Konflikte zu verfolgen, die eine Undercover-Mission mit sich bringt. Natürlich muss der Inferno Squad sich – zumindest scheinbar – in die Gesellschaft der Partisanen integrieren und mit ihnen Freundschaften schließen. Gleichzeitig dürfen sie untereinander nur sehr wenig Kontakt haben, um nicht verdächtig zu wirken. Hier kommt dann doch die menschliche Seite der pflichtbewussten Imperialen zum Vorschein, denn selbst sie können nicht verhindern, dass sie sich den Wesen, unter denen sie monatelang leben, ein Stück weit nahe fühlen. Was für ein anstrengender innerlicher Kampf es für einen Undercover-Agenten ist, allein und auf sich gestellt immer konzentriert zu bleiben, sich nicht zu verraten und sich nicht kompromittieren zu lassen, zeigt Christie Golden in dem Roman auf anschauliche und beeindruckende Weise. Selbst wenn die imperialen Soldaten auf den ersten Blick nicht das größte Identifikationspotential für den Leser bieten, kann man durchaus in dieser angespannten Situation mit ihnen mitfiebern.
Generell ist keine einzige Figur in Inferno Squad richtig sympathisch, was ich für eine sehr mutige Entscheidung von Christie Golden halte. Sowohl Imperiale als auch Partisanen haben zwar auch nette Charakterzüge, sind aber im Zweifelsfall dann doch extremistische Fanatiker, die für ihr ideologisches Ziel bereit sind, alles zu geben – ob es Verrat an der eigenen Familie oder Mord an unschuldigen Kindern ist. Dies führt dazu, dass der gesamte Roman, welcher passenderweise auf einem Planeten mit ewiger Nacht spielt, von einer sehr düsteren, fast schon gruseligen Stimmung geprägt ist. Man kann sich als Leser nie sicher sein, welche Grausamkeiten noch passieren werden, wer als Nächstes stirbt, welche schockierenden Entscheidungen die Protagonisten treffen werden – es scheint nichts zu geben, was aus moralischer Sicht undenkbar wäre in diesem Roman. Als Leser befindet man sich daher in genau derselben Unsicherheit wie die Figuren und arbeitet sich mit angespannten Fingern, Kloß im Hals und Knoten im Magen durch den Roman, ohne ihn aus der Hand legen zu können.
Für schwache Nerven ist der Roman sicher nicht geeignet. Mir persönlich hätte er aber gern noch ein Stück weiter gehen können, da ich Geschichten über grenzüberschreitende Psychospielchen, bei denen die dunkle Seite des Menschen zu Tage tritt, sehr gerne lese und mich grusle. An einer Stelle wird beispielsweise eine Figur gefoltert, aber was genau mit ihr passiert, wird komplett ausgeblendet. Natürlich will ich keine seitenlangen Folterszenen in Star Wars lesen, aber damit ich mich richtig gruseln und meine Fantasie spielen lassen kann, brauche ich schon ein paar mehr Andeutungen als nur „Und dann wurde er weggebracht und stundenlang gefoltert“. Auch am Ende des Buches gibt es noch einige versöhnliche Elemente, die meiner Meinung nach nicht hätten sein müssen, da sie nicht ganz zum generellen trostlosen, grausamen Realismus des Romans passen. Meiner Meinung nach hätte Christie Golden an einigen Stellen also noch eine härtere Gangart anschlagen können, aber das ist wahrscheinlich im Star Wars-Franchise schwierig, da ja immer ein breites, auch jüngeres Publikum angesprochen werden soll. Insofern ist dieser kleine Kritikpunkt Meckern auf hohem Niveau und soll sich nicht negativ auf meine Gesamtwertung auswirken.
Insgesamt kann ich, wie auch schon der Kollege Florian in seiner Rezension, nur alle Daumen hoch und fünf Holocrons für Christie Goldens Inferno Squad geben. Ein ungewöhnlich harter Roman, der sich nicht scheut, uns die Grausamkeiten zu zeigen, die Fanatiker auf beiden Seiten des Krieges bereit sind zu begehen!
Wir danken Penguin Random House UK und dem Century-Verlag recht herzlich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Battlefront II: Inferno Squad in der britischen Ausgabe von Century könnt ihr euch auf Amazon.de bestellen. Die US-Ausgabe von Del Rey ist ebenfalls auf Amazon erhältlich. Wer die deutsche Übersetzung von Panini lesen will, muss sich noch bis zum 16.10.2017 gedulden; sie kann aber bereits auf Amazon.de vorbestellt werden.
Was ist eure Meinung zu Battlefront II: Inferno Squad?
Fazit und Bewertung mobil bereits im Bildchen sehen zu können, ist eine tolle Idee! Danke dafür
Sehe ich anders. Ich bilde mir gerne eine eigene Meinung, bevor ich andere lese, und lese die Rezensionen daher immer erst, *nachdem* ich die zugehörigen Werke gelesen habe, um unvoreingenommen an ein Werk heranzugehen. Jetzt hingegen sehe ich die Wertung schon beim Browsen der News, finde ich unschön :(.
Und ich nutze die Seite nicht mal mobil, sondern nur vom Desktop aus, wo ein weiterer Klick kein Thema ist, wenn einem die Wertung interessiert…
Redet ihr vom Bild auf Facebook oder von dem auf unserer Startseite?
Ich von dem auf der Startseite, wo man die Holocrons (also die Wertung) sieht. Facebook nutze ich nicht.
Okay. Wir müssen das Bild mit der Wertung halt bei Veröffentlichung erst als Hauptbild festlegen, damit es auf Facebook so gepostet wird, aber wir werden uns bemühen, es bald danach wieder ins Cover des Werks zu ändern, ok? (Das Cover als Vorschaubild finde ich auch besser.)
Danke! Das ist ein schöner Kompromiss, kann ich wunderbar mit leben!
Euch hat für mich eben bislang echt ausgezeichnet, dass man eure News spoilerfrei browsen kann. Bei anderen Seiten habe ich da schon zu oft schlechte Erfahrungen gemacht. Daumen hoch! 😀
Gern geschehen – das spoilerfreie (und v.a. auch gerüchte- und spekulationsfreie) Newserlebnis ist uns selbst auch ein Anliegen. Auch wenn uns nicht bewusst war, dass die subjektive Meinung einer Einzelperson über ein Buch einen Spoiler darstellt. 😀 Men lernt nie aus.
Naja, ich hatte auch nicht erwartet, dass ihr meine subjektive Einzelmeinung zu diesem Thema als Anlass nehmt, das gleich wieder anzupassen 😉
Ist für mich einfach eine Frage der Erwartungshaltung. Und die wird durch vorherige Bewertungen beeinflusst, ob man will oder nicht. Andere mag das nicht stören, mich schon. Aber keine Ahnung, ob ich da repräsentativ oder ein Sonderling bin 😀
Oh no, it’s gone ?
Battlefront hätte ich nie angeklickt, aber bei 5 Holocrons bin ich doch in den Artikel gegangen. Schade (m. E. n.)
Also auf Facebook posten wir die nach wie vor. Und unsere Rezensionen sind immer lesenswert; man weiß ja nie, welche Schätze wir euch so vorstellen. (Oder vor welchen Schrecken wir euch bewahren…) Der eine Klick kostet dich ja nix außer wenige Sekunden deiner Zeit.
Auf Twitter gibt es die Bilder natürlich auch.
Habe es endlich auch gelesen. Würde dem Buch 4,5 Holocrons geben. Gerade das letzte Drittel ist herausragend spannend und sehr bewegend. Das erste Drittel ist mir dann doch zu stückhaft; man merkt, dass dem Buch dort ein paar Seiten mehr an Gesamtlänge gut getan hätten.
Ich fand auch das erste Drittel echt unterhaltsam. Die Assessment-Center-Situation, in die der Admiral seine Soldaten gebracht hat, war irgendwie mal was ganz Neues in SW. Und ich habe mir die ganze Zeit mit den Figuren den Kopf zermartert, was ich in der Situation wohl tun würde, was der Admiral wohl sehen will. Einzelarbeit oder Teamwork? Zusammenwachsen des Teams oder sture Konzentration auf die Aufgabe? Ich glaube, ich hätte versucht, die Gruppe zum Teamwork zu motivieren und eine gemeinsame Lösung zu präsentieren. Dass ich mich damit beim Imperium disqualifiziert hätte, war mir auch klar. ;D Naja, jedenfalls fand ich diese Szene extrem lebensnah und spannend. Jeder war doch schon mal in solchen dämlichen Bewerbungssituationen, wo man gleichzeitig Führungsstärke und Teamgeist zeigen soll. ^^