Rezension: Geschichten aus einer weit, weit entfernten Galaxis: Spezies, Band I von Landry Quinn Walker

Star Wars: Spezies, Band I - Umschlag
Star Wars: Spezies, Band I – Umschlag

Am 25.07.2016 ist der erste Kurzgeschichtensammelband des Kanons bei Panini erschienen. Langjährige Fans von Star Wars-Kurzgeschichten mussten sich ca. 12 Jahre gedulden, bis nun ein neuer Sammelband erschienen ist. Im Juli 2004 wurde nämlich der bisher letzte Kurzgeschichtensammelband Kampf um die neue Republik bei Blanvalet veröffentlicht und hat uns ein Sammelsurium von Kurzgeschichten aus dem Erweiterten Universum geliefert.

Spezies, Band I besteht aus 6 Kurzgeschichten aus dem Umfeld von Episode VII – Das Erwachen der Macht. Die Szenenwechsel in den Geschichten sind in Kapitel aufgeteilt. Dadurch besteht der Text aus sehr vielen kurzen Kapiteln, was aber das Lesen und auch das Unterbrechen leichter macht.

„Duell auf Jakku“

In dieser Kurzgeschichte geht es um einen Fall für Constable Zuvio. Er ist ein Kyuzo und eine Art Polizist im Niima-Außenposten auf Jakku.
Der Auftritt dieser Figur in Episode VII – Das Erwachen der Macht fiel zwar dem Schnitt zum Opfer, was die Figur aber dennoch nicht uninteressanter macht. Wer einen Blick auf Constable Zuvio werfen will, der kann dies im Buch Star Wars: Das Erwachen der Macht: Die illustrierte Enzyklopädie tun.
Es handelt sich um eine Kriminalgeschichte, die im Star Wars-Universum spielt. Durch die Geschichte erfährt der Leser ein paar kleine Hintergründe zum Niima-Außenposten auf Jakku. Die Kurzgeschichte ist spannend geschrieben und die Charaktere werden für Figuren aus einer Kurzgeschichte sehr ausführlich beschrieben. Die flüssige Erzählung überrascht durch ihre Wendungen und man fiebert mit den Hauptfiguren mit, obwohl man sie nicht aus dem Film kennt.

Ein Rezept für Mord

In der zweiten Kurzgeschichte sind wir in Maz Kanatas Schloss auf Takodana. Der Koch Strono Tuggs, alias „Cookie“, muss einen Mord an seinem Beikoch aufklären und tut dies auf seine eigene Art und Weise: Er veranstaltet ein Wettkochen zwischen den Verdächtigen.
Diese Beschreibung der Geschichte mag etwas seltsam klingen, aber wenn ihr sie lest, erschließt sich euch der Sinn selbst. Somit haben wir bei der zweiten Kurzgeschichte wieder eine Kriminalgeschichte, die aber anders ist als die erste. In der ersten Geschichte haben wir einen „Polizisten“, der sich um den Fall kümmert, hier ist es eher eine Person wie Miss Marple. Die Erzählung ist bis zum Schluss spannend aufgebaut und hat auch einige überraschende Wendungen parat. Sie passt sich sehr gut in das neue Universum ein und erweitert die Örtlichkeit von Maz Kanatas Schloss ohne die Besitzerin darin auftreten zu lassen.

„Alle Tiere groß und klein“

In dieser Kurzgeschichte treffen wir auf den Nu-Cosianer Bobbajo, der als Geschichtenerzähler auf Jakku unterwegs ist. Während ein kleines Dorf mit dem Namen Reestkii von zygerianischen Sklavenhändlern überfallen wird, erzählt er die Ereignisse um die Zerstörung des ersten Todessterns auf eine interessante neue Weise, um die verängstigten Dorfbewohner zu beruhigen. Durch die Zygerianer und die Geschichte zur Zeit von Eine neue Hoffnung werden The Clone Wars, die klassische Trilogie und Das Erwachen der Macht gekonnt miteinander verbunden. Die Figur Bobbajo kennen die meisten bereits aus dem „Force for Change“-Spot mit J.J. Abrams, wo er durchs Bild gelaufen ist. Außerdem kann man die Erzählung von Bobbajo auch als Legende sehen und somit wird hier meiner Meinung nach auch das Thema mit den Legends verbunden. Auch diese Geschichte konnte mich überzeugen und war, anders als die ersten zwei Erzählungen, keine Kriminalgeschichte.

„Das Gesicht des Bösen“

In der vierten Kurzgeschichte sind wir wieder zurück auf Takodana in Maz Kanatas Schloss. Hier leben und arbeiten die Frigosianerinnen Thromba und Laparo als Kryptochirurginnen. Sie experimentieren an Lebewesen und verändern deren Aussehen. Die Diebin Ryn Biggleston triff dort auf die beiden und will mit ihrer Hilfe ihr Äußeres verändern, damit sie untertauchen kann.
Kurz gesagt, diese Geschichte ist Frankenstein meets Star Wars. Das ist noch nicht mal abwegig, da wir ja auch die Kaminoaner haben, die das Klonen beherrschen – warum sollte es nicht auch eine Spezies geben, die Meister in der plastischen Chirurgie sind? Die Szenen im Operationssaal sind gut beschrieben, da es sich aber um ein Jugendbuch handelt, gehen sie nicht ins Detail. Die Geschichte ist insgesamt sehr überzeugend geschrieben und man weiß manchmal nicht, welche Figur man hier lieben oder hassen soll. Wie bei Frankenstein sind die Wissenschaftlerinnen nicht wirklich böse, aber auch nicht gut. Das Ende ist etwas vorhersehbar, das tut der Spannung aber keinen Abbruch.

„Wahre Liebe“

Hier sind wir wieder zurück auf Jakku und erfahren, dass diese Geschichte nach der ersten Kurzgeschichte Duell auf Jakku spielt. Die Hauptpersonen sind Unkar Plutt, der Schrottkönig von Jakku, und zwei seiner Handlanger. Die Handlanger Scoggan, ein Mensch, und Davjan Igo, ein Trandoshaner, wollen ihren Boss betrügen und versuchen, über einen Trick an geheime Informationen zu kommen, um seine Lager zu plündern. Durch diese Geschichte erfährt man etwas mehr über den mürrischen Schrotthändler und seine Position und Machenschaften auf Jakku. Das Besondere daran ist, dass sie sich locker mit der ersten Geschichte verknüpft und somit die Geschichten in diesem Buch nicht nur mit Das Erwachen der Macht zusammenhängen, sondern auch untereinander.

„Der Karmesinrote Korsar und der Schatz des Count Dooku“

Dies ist meiner Meinung nach die beste und spannendste Kurzgeschichte in diesem Buch. Der im Titel erwähnte Schatz stammt aus den Klonkriegen und wird viele Freunde von The Clone Wars freudig überraschen. Ich hoffe, wir werden den karmesinroten Korsaren und seine Mannschaft in noch mehr Abenteuern erleben und noch mehr über ihn erfahren. Der Korsar ist zwar eine Figur aus Maz Kanatas Schloss, aber die Geschichte spielt auf dem Wüstenplaneten Ponemah, der noch viel unwirtlicher ist als die Wüsten Tatooines oder Jakkus. Auch hier haben wir eine kleine Verbindung zwischen den Prequels, der klassischen Trilogie und den Sequels und eine stärkere zu The Clone Wars. Die Geschichte ist, wie der Titel bereits verrät, eine Schatzjagd. Hier könnte man sagen Indiana Jones meets Star Wars, aber so fühlt es sich nicht an. Es ist durch und durch ein Star Wars-Abenteuer, wie ich sie bereits in den Legends geliebt habe.

Fazit

Der Umfang des Buches ist für meinen Geschmack etwas zu gering. Auch wenn es für Kinder von 10 bis 14 Jahren konzipiert wurde, so hätte man doch noch mindestens zwei weitere Geschichten mit hinein packen können. Die Qualität der Geschichten dagegen ist hervorragend, da sie den Leser fesseln. Landry Quinn Walker schafft es, mehrere verschiedene Genres in ein Buch zu packen und dennoch dem Leser das Gefühl zu vermitteln, dass sie alle nah beieinander und vor allem im selben Universum spielen. Selbst Figuren wie Constable Zuvio oder Cookie, die nicht oder nur kurz in Episode VII – Das Erwachen der Macht aufgetreten sind, passen wunderbar in das Star Wars-Universum. Der Band ergänzt den neuen Kanon um sechs weitere gute Geschichten und verknüpft ihn sehr gut mit den bestehenden. Das Design und die Zeichnungen zu Beginn jeder Geschichte geben dem Buch dazu noch eine besondere Note und machen Lust auf mehr. Sicher kann man jetzt auch sagen, dass ein Band wie Palast der dunklen Sonnen mit 19 Kurzgeschichten besser ist, aber dafür ist dieser Band sehr viel liebevoller gestaltet und ist für mich ein Neubeginn der Kurzgeschichtensammelbände. Daher bekommt das Buch von mir verdiente 4 von 5 Holocrons. Das Buch ist sehr gut, hat aber noch Potenzial nach oben. Ich hoffe, dass wir zu Rouge One einen weiteren solchen Band erhalten und dieser dann etwas dicker ausfällt.

Wir danken dem Panini-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Wer kennt die alten Kurzgeschichtenbände (siehe unten) und was meint ihr zu diesem Band im Vergleich?Wer weitere Kurzgeschichten lesen will, dem kann ich auch diese Legends-Werke ans Herz legen. Ihr findet diese Bücher hier bei uns in der Datenbank.

2 Kommentare

  1. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Formulierung „Sicher kann man jetzt auch sagen, dass ein Band wie Palast der dunklen Sonnen mit 19 Kurzgeschichten besser ist, aber dafür ist dieser Band sehr viel liebevoller gestaltet“ richtig verstehe. Ist damit jetzt die Gestaltung des Buches allgemein oder die der einzelnen Geschichten gemeint? Denn obwohl ich dieses Buch hier durchaus schätze – trotz seines Kanonstatus – halte ich die beiden Tatooine-Anthologien für weitaus besser, da es ihnen gelingt, alle Geschichten inhaltlich perfekt ineinander zu verschränken und einige Sachverhalte aus verschiedenen Ansichten zu beleuchten – das liest sich dann beinahe wie ein Roman und weniger wie eine Kurzgeschichtenanthologie. Ich bitte um Klärung 😉

    1. Ich meine die Gestaltung des Buches. Bei den Geschichten hat man hier eine andere Herangehensweise gewählt. Hier wurden andere Geschichten der Figuren erzählt, die nicht in der Handlung von Episode VII münden oder diese streifen. Ich fände es auch langweilig immer wieder so vorzugehen. Das Buch liest sich dadurch natürlich wie eine Sammlung von Kurzgeschichten, was diese in ihrer Qualität aber nicht mindert.

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