Rezension: Der Aufstieg der Jedi-Ritter: Ins Nichts von Tim Lebbon

Der Aufstieg der Jedi-Ritter: Ins Nichts
Der Aufstieg der Jedi-Ritter: Ins Nichts (19. Mai 2014)

Der Blanvalet-Verlag hat mir zu Ostern Tim Lebbons Roman Der Aufstieg der Jedi-Ritter: Ins Nichts zugeschickt, der offiziell am 19. Mai 2014 erscheint. Nachdem ich das Buch nun zu Ende gelesen habe, möchte euch natürlich auch meine Eindrücke in einer Rezension schildern. Bei Ins Nichts handelt es sich um die deutsche Ausgabe von Dawn of the Jedi: Into the Void, einem Tie-in-Roman zur Dark-Horse-Comicreihe Dawn of the Jedi von John Ostrander und Jan Duursema, die hierzulande bei Panini erscheint.

Die Comicreihe und der Roman spielen ca. 25.793 Jahre vor der Schlacht von Yavin auf den bewohnten Welten des Tython-Systems, in das einige Jahrtausende zuvor Wesen aller möglichen Spezies an Bord mysteriöser Schiffe/Artefakte namens Tho Yor gebracht worden waren, die nun auf Tython Teile der Tempel des Je’daii-Ordens sind. Die Je’daii sind – wie die späteren Jedi – Machtbegabte, allerdings vertreten sie eine Philosophie des Gleichgewichts, die besagt, dass man sich weder ganz der Hellen Seite (Ashla) noch ganz der Dunklen Seite (Bogan) verschreiben soll, die von den Monden Tythons Ashla und Bogan repräsentiert werden.

Während die Je’daii auf Tython ihre Studien in der Macht vertiefen und auch das praktizieren, was später angesiedelte Comics als Sith-Alchemie bezeichnen, leben auf den anderen Planeten die Nicht-Machtbegabten, die infolge des wenige Jahre zurückliegenden Tyrannenkriegs Abneigung gegen die Je’daii hegen. Die Je’daii nutzen die Macht für fast alles und in so gut wie jeder Szene wird irgendeine Machtkraft eingesetzt oder es ereignet sich irgendein Machtphänomen.

Die Hauptfigur des Romans ist die Je’daii-Rangerin Lanoree Brock, ein Naturtalent in der Alchemie des Fleisches und notorische Einzelgängerin, die an Bord ihres Friedenshüter-Raumschiffs mit ihrem Droiden Eisenholg das Tython-System durchstreift. Das gesamte Buch wird aus ihrer Perspektive erzählt. Sie bekommt die Mission, einen totgeglaubten Sektenführer zur Strecke zu bringen, der uralte Technologie aktivieren möchte, um aus dem Tython-System zu entkommen – ungeachtet dessen, dass er damit das ganze System auslöschen könnte. Der Haken an der Sache: es handelt sich um ihren Bruder Dalien, der wenige Jahre zuvor vermeintlich starb. Dalien ist das genaue Gegenteil seiner Schwester und in eine wirre Philosophie der Macht-Ablehnung verstrickt, die sich im Laufe des Buches in ihrem vollen Ausmaß entfaltet und durch die gefilterte Perspektive seiner Schwester langsam zum Leser durchsickert.

Dawn of the Jedi: Into the Void (Paperback)
Dawn of the Jedi: Into the Void (US-Paperback) (01.04.2014)

Und so entfaltet sich eine wunderbare Geschichte mit einer interessanten Protagonistin über zwei Zeitebenen. In der Haupthandlung verfolgen wir, wie Lanoree gemeinsam mit dem Twi’lek-Schurken Tre Sana (der aufgrund einer Mutation drei Lekku besitzt) Jagd auf Dalien Brock macht. Gleichzeitig bekommen wir durch Flashbacks in Lanorees Erinnerung mit, wie sich die Tragödie der beiden Geschwister in der Vergangenheit abgespielt hat, als sie ihre Ausbildungsreise über Tython bestritten.

Die Flashbacks sind im Präsens geschrieben und wechseln sich mit der Haupthandlung ab. Dabei gibt es oft Parallelen zwischen den Ereignissen in der Gegenwart und denen Lanorees Vergangenheit und am Ende schließt sich der Kreis zwischen beiden. Interessant ist, dass der Stil des Autors die Übergänge zwischen beiden Handlungssträngen so fließend macht, dass sich eine Filmversion des Buchs im Kopf abspielt. Generell ist zu sagen, dass der Autor seine Landschaften und Charaktere – insbesondere die Protagonistin – sehr dreidimensional und lebendig gestaltet. Schön ist auch, dass der Stand der Technik nicht so hoch ist wie in späterer Zeit, sodass man tatsächlich das Gefühl hat, in einer anderen Epoche zu sein.

Tim Lebbon schafft es, dass man seine Protagonistin, die hier erstmals auftaucht, gleich ins Herz schließt. Man verfolgt sie durch ihre Höhen und Tiefen – und da die Welt, in der die Geschichte spielt, so andersartig ist als das, was wir bisher von Star Wars kennen, ist es spannend, diese Welt mit Lanoree und Tre zu erkunden. Es gab nur eine oder zwei Stellen, an denen das Buch sich etwas zog; ansonsten war es äußerst kurzweilige Unterhaltung. Als Karen-Traviss-Fan war ich auch begeistert, dass jedes Kapitel von einem Zitat eines Machtphilosophen – oder des die Macht hassenden Dalien Brock – eingeleitet wurde.

Panini Sonderband #72: Dawn of the Jedi I - Machtsturm
Sonderband #72: Dawn of the Jedi I – Machtsturm

Jetzt fragt ihr euch sicher, wie sich das Buch zum Comic verhält. Man kann den Roman vermutlich ganz gut lesen, ohne die Comicbände gelesen zu haben, da er einige Wochen vor Beginn des ersten Dawn of the Jedi-Comicbandes Machtsturm angesiedelt ist.

Allerdings ist man als jemand, der zumindest den ersten Band gelesen hat, bereits mit der Welt und diversen Nebenfiguren wie Quan-Jang oder dem Exilanten Daegen Lok vertraut und hat einen leichteren Einstieg. Außerdem überschneiden sich die Ereignisse von Comic und Roman in den letzten 50 Seiten, sodass man den Comic lesen sollte, um zu wissen, was da eigentlich gerade auf Tython los ist. Der Roman erkundet außerdem Orte, die im Comic nur erwähnt werden, und ist somit eine gute Erweiterung des Dawn of the Jedi-Mikrokosmos innerhalb des Star Wars-Universums.

Wem es nichts ausmacht, in einer Ära zu lesen, die einfach ein ganzes Stück anders ist als die Galaxis zur Zeit von Episode IV, der wird mit diesem Buch viel Freude haben. Es gibt zwar wie gesagt ein bis zwei schwächere Stellen, aber es war besonders in der zweiten Hälfte durchgehend spannend. Schade ist nur, dass die Figur des Kriminellen Tre Sana – den ich sehr mochte – neben Lanoree Brock bisweilen etwas verblasst ist, auch wenn er seine Glanzmomente hat. Das, und die Tatsache, dass wir keine Fortsetzung der Lebensgeschichte dieser Figuren bekommen werden, hindert mich daran, die volle Punktzahl zu vergeben.

Daher erhält Der Aufstieg der Jedi-Ritter: Ins Nichts von mir 4 von 5 Holocrons – und eine uneingeschränkte Kauf- bzw. Leseempfehlung. Das Buch macht wirklich Spaß.

Der Rezensent vergibt 4 von 5 Holocrons!
Der Rezensent vergibt 4 von 5 Holocrons!

11 Kommentare

  1. Ich würde das Buch eher Komplettisten empfehlen, da es unterm Strich zwar nett zu lesen war, aber insgesamt doch eher wenig Auswirkungen hat. Außerdem würde ich dann das vorherige Lesen der Comics absolut empfehlen, denn sonst kommt man etwas schwer in das Setting (Tho Yor etc) rein.
    Meine Hauptprobleme waren allerdings eher (MINIMALE SPOILER!!!), dass Frau Ranger auf 8km mit Lasern Raumkämpfe gewinnt (ich glaube die etablierte Entwernung für Laser bei Raumjägern sind ca 1,5km), das schnellste Schiff weit und breit hat und dennoch überholt und abgehängt wird, das Schild ihres Schiffs 500m weit reicht und Raketen an Bord hat mit denen sie auf achtHUNTERTAUSEND km treffen kann… Das sind zugegebenermaßen zwar irgendwie Kleinigkeiten, aber es passt einfach nicht zum Rest. Ja, natürlich befinden wir uns in einer anderen Epoche, abgschnitten vom Rest der Galaxis usw usw aber solche Technologie hätte entweder überdauert oder wäre neu erfunden worden in den 30.000 Jahren bis zur uns bekannten Saga.

    Die Geschichte als solche ist zwar weder erforderlich für das Verstehen der Comics, noch anderer Teile des EUs, doch ist sie erfrischend anders, meist kurzweilig und stellenweise durchaus auch witzig – doch unterm Strich fehlt es mMn an Umfang, Relevanz (vielleicht war auch mal eine Fortsetzung geplant, bevor bekannt wurde, dass die Lizenz von Dark Horse ausläuft) und Detail in der Recherche. Die im Buch angebrachten Comicbuchseiten wären an sich ja auch eine nette Idee, jedoch verwirren sie den Nicht-Kenner der Comics eher, da hier ganz woanders eingestiegen wird und wer die Comics schon gelesen hat, der hat die Seiten ja sowieso schon.

    2,5 von 5 von mir – für Neueinsteiger in das (alte) EU definitiv nicht zu empfehlen, aber wer dringend Star Wars Lesestoff braucht, kann durchaus zugreifen.

    1. Interessante Sichtweise. Das mit den Lasern ist mir z.B. gar nicht aufgefallen. Im Deutschen gibt es diese Comicseiten nicht, da hat man nur den Roman, und natürlich würde ich auch empfehlen, die Comics zu lesen. 😀

      Auf jeden Fall danke für diesen ausführlichen Kommentar – sowas ist hier gerne gesehen. 🙂

    2. Ich habe bisher nur den Roman gelesen und kann bestätigen, dass es ziemlich lange gedauert hat, bis ich drauf gekommen bin, was die Tho Yor sein sollten.

      Und ich muss auch sagen, dass mich die von Loener angesprochenen Kleinigkeiten ziemlich gestört haben. Noch nerviger fand ich allerdings, dass Noghri und Twi’lek vorkamen, obwohl deren Planeten (vor allem Honoghr) erst 1000e Jahre später von der galaktischen Gemeinschaft entdeckt wurden.
      Allgemein hatte ich das Gefühl, dass der Autor nicht besonders viel Ahnung vom EU hatte und es bei den Verantwortlichen wohl auch niemanden gestört hat.
      Trotzdem war das Buch durchaus lesenswert.

    3. Zwar habe ich die Comics auch noch nicht gelesen, aber schon die ersten vier Seiten von „Force Storm“, die es meiner Erinnerung nach irgendwann einmal als Leseprobe von Dark Horse ins Netz verschlagen hat, haben genügt, um mit den wichtigsten „neuen“ Elementen des Romans (Tho Yor etc.) ohne große Verständnisprobleme klarzukommen.

      Zudem war ich vor der Lektüre von „Ins Nichts“ recht skeptisch, was die Comicreihe anging, da sie chronologisch absurd weit weg vom Rest der Saga zu stehen schien. Jetzt bin ich mit dem Roman ca. halb durch und habe ich mir fest vorgenommen, die drei TPBs von „Dawn of the Jedi“ nachzuholen, vor allem, weil ich als SWTOR-Spieler bereits im Roman ständig Verbindungen zu Elementen aus dem Videospiel und teilweise auch den „historischen“ Erläuterungen aus dem „Buch der Jedi“ entdeckt habe.

      @Y Wing Gold1
      Insofern würde ich nicht sagen, dass Tim Lebbon mangelnde EU-Kenntnisse vorzuwerfen sind. Auch das Vorhandensein der eigentlich noch unbekannten Spezies im Tython-System erklärt sich ja aus dem „Tho Yor Arrival“ (keine Ahnung, wie wörtlich das in der deutschen Fassung übersetzt ist), das Florian in seiner Rezension sogar ausdrücklich erwähnt (siehe 2. Absatz).

      @Loener
      Bleiben noch die von dir aufgezeigten, doch recht unstimmigen Entfernungsangaben. Die sind tatsächlich ein ärgerlicher Punkt, wobei ich sowieso noch nie das Gefühl hatte, dass es da irgendwelche einheitlichen Angaben gibt. Daher stören mich solche Fehler inzwischen auch nicht mehr besonders.

      Letztendlich ist „Ins Nichts“ (zumindest in seiner ersten Hälfte) also kein Meisterwerk der SW-Literatur, aber allemal ein sehr unterhaltsamer Abenteuerroman, der mit seinem unkonventionellen Setting Lust auf mehr macht – umso trauriger, dass dieses Experiment sowohl in Comic- als auch in Buchform nicht weitergesponnen wird.

    4. Ja, vielleicht gibt es eine Erklärung für die ganzen Spezies, die eigentlich nicht vorkommen sollten, aber im Buch wird diese kein bisschen ersichtlich (genauso wenig wie die Frage was Tho Yor sind).
      Und man darf als Autor einfach nicht voraussetzen, dass ein Leser garantiert die Comics kennt.

    5. Da gebe ich dir prinzipiell Recht. Aber wenn man mal darüber nachdenkt, verlangt fast jeder SW-Autor, dass man sich zumindest bis zu einem gewissen Grad schon mit dem Universum auseinandergesetzt hat und mit den wichtigsten Technologien, Fraktionen etc. vertraut ist.
      Lebbon geht mit seinem Roman in dieser Hinsicht deutlich weiter als die Mehrheit seiner Kollegen, aber ich habe bisher trotzdem keine Stelle im Roman finden können, wo das Wissen um die Tho Yor zum Verständnis der unmittelbaren Handlung notwendig wäre.
      Ausserdem ist „Into the Void“ – meiner Meinung nach – klar und deutlich als Tie-In-Roman erkennbar. Jedenfalls für Fans, die sich schon mit dem EU beschäftigt haben

      Doch ich stimme sowohl dir als auch loener darin zu, dass das Buch für EU-Neulinge kein geeigneter Einstieg ist.

    6. Dagegen, dass man sich ein wenig mit Star Wars auskennen sollte, um die Romane zu verstehen, sage ich ja gar nichts.
      Aber die Tho Yors hätte man schonmal in einem Absatz erklären können. Und das mit den Spezies fällt natürlich eh nur Hardcore Fans auf, von daher kann man das durchaus verzeihen.

    1. Lanoree Brock taucht zwar in der Comicreihe nicht auf, aber die Ereignisse auf Tython, über die die Meister am Ende sprechen, werden in der Comicreihe fortgesetzt. Lies also die Bände Machtsturm, Der Gefangene von Bogan und im Oktober dann das Finale in Machtkrieg (siehe die verlinkten Titel für mehr Infos) und du hast eine abgeschlossene Geschichte über die Je’daii. 🙂 Der Roman war eine Art Prequel zu den Comics.

    2. Okay. Vielen dank. Werde ich die Comics wohl mal ordern.

      was mich beim letzten Band MACHTKRIEG ein wenig verwundert, ist die beschreibung bei Amazon dazu.

      Ich hoffe, das ist ein Fehler!

    3. Ja, da wurde der Text von Sonderband 82 mit dem von Sonderband 83 (Dark Times) vertauscht. Der Dark-Times-Eintrag hat den Text von Dawn of the Jedi III. Aber keine Sorge, wenn du SB82 bestellst, bestellst du definitiv auch den richtigen Band.

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